Straßenname

Straßenname
Straßennamensschild aus den 1970er-Jahren

Als Straßenname bezeichnet man den Namen, den eine Straße zur Unterscheidung von anderen Straßen trägt. Straßennamen im weiteren Sinne sind dabei auch die Namen von Plätzen und Brücken.

In europäischen Städten tragen die Straßen meist (Wort-)Namen (eine bekannte Ausnahme ist hier z. B. die Quadratestadt Mannheim), zwischenörtliche Verbindungsstraßen werden meist mit einer nach einem bestimmten System vergebenen Nummer bezeichnet. So unterscheidet man in Deutschland in Bundesautobahnen (A), Bundesstraßen (B), Staatsstraßen bzw. Landesstraßen (St/S/L), Kreisstraßen (K) und Gemeindestraßen. All diese Gattungen besitzen jeweils eine eigene Nummerierung nach einem eigenen System. Außerhalb Europas sind Straßennamen nicht immer üblich, so besitzen z.B. in Japan die Straßen im Allgemeinen keine Namen und die Adressierung und Orientierung erfolgt stattdessen nach den umfassten Parzellen bzw. Häuserblöcken.

Straßennamen können ein Instrument der Geschichtspolitik und der Erinnerungskultur sein.[1]

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Geschichte der Straßen(wort)namen zeigt, dass es in den unterschiedlichen Epochen bestimmte Muster gab, nach denen Straßen benannt wurden. Im Mittelalter gab es in größeren Städten meist zahlreiche kleine Gassen, und in jeder dieser Gassen lebte eine andere Handwerkszunft bzw. Bevölkerungsschicht. So trifft man heute in Altstädten noch häufig auf Straßennamen wie Schustergasse, Fleischergasse, Krämergasse oder Müllergasse. Ebenfalls häufig anzutreffen sind Namen nach Bevölkerungsgruppen (z. B. Hugenottengasse oder Judengasse). Auch wurden Straßen im Mittelalter häufig nach Heiligen bzw. den Patrozinien angrenzender Kirchen benannt (z. B. Marienstraße und Johannesstraße), vor allem in Städten mit mehreren Kirchengemeinden. In der Erfurter Altstadt bestand eine besonders kleinteilige Gemeindestruktur mit über 25 Pfarreien, deren Namenspatronen noch heute in den meisten Fällen die an der Kirche anliegende Straße bezeichnen.

Im Zeitalter des Absolutismus war es üblich, Straßen nach dem aktuellen Monarchen zu benennen, eine Tradition, die in Deutschland bis 1918 Bestand hatte. Hierbei entstanden Straßennamen wie Friedrichstraße, Wilhelmstraße, Maximilianstraße oder Ludwigstraße.

In der Gründerzeit, als am Rande der Großstädte sehr schnell neue Viertel wuchsen, begann man im jeweiligen Viertel, alle Straßen nach demselben Muster zu bezeichnen. Zum Beispiel tragen im Bayerischen Viertel in Berlin-Schöneberg die meisten Straßen Namen bayerischer Städte (z. B. Augsburger Straße, Bayreuther Straße oder Ansbacher Straße). Auch wurden hier manchmal flächendeckend Straßen nach bestimmten Persönlichkeiten benannt, z. B. die Löbervorstadt in Erfurt, wo die meisten Straßen nach Dichtern und Musikern benannt sind (Schillerstraße, Goethestraße, Mozartstraße).

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurden viele Straßen nach bedeutenden lebenden NS-Persönlichkeiten benannt bzw. umbenannt (z. B. Adolf-Hitler-Straße).

Politisch motivierte Umbenennungen von Straßen gab es auch in der DDR, wo Namen wie Friedrich-Engels-Straße, Karl-Marx-Straße, Leninstraße, Ernst-Thälmann-Straße, Karl-Liebknecht-Straße oder Rosa-Luxemburg-Straße (also ausschließlich verstorbene Persönlichkeiten) zum „Standardrepertoire“ in größeren Städten gehörten. Auch begann man in der DDR, Straßennamen nach dem Muster „Straße des/der“ zu konstruieren, beispielsweise Straße des Aufbaus, Straße des Friedens, Straße der Widerstandskämpfer, Straße der Nationen, Straße des Komsomol, Straße der deutsch-sowjetischen Freundschaft, Straße der Jugend oder Straße des 7. Oktober (Nationalfeiertag der DDR).

Straßen, deren Namen in direktem Bezug zum Nationalsozialismus standen (insbesondere die zahlreichen Adolf-Hitler-Straßen), wurden nach 1945 in beiden Teilen Deutschlands vollständig umbenannt. Nach der Wiedervereinigung begann Anfang der 1990er Jahre eine zweite Welle der Straßenumbenennungen, bei der in Ostdeutschland vor allem Straßennamen, die realsozialistischen Politikern gewidmet waren (z. B. Otto-Grotewohl-Straße oder Leninallee), geändert wurden. Die Namen sozialistischer Theoretiker oder prä-realsozialistischer Politiker wie etwa Karl Marx, Friedrich Engels, Karl Liebknecht oder Rosa Luxemburg wurden hingegen vielerorts belassen.

Eine Besonderheit bei der Praxis der Benennung von Straßen in der DDR stellte die Stadt Halle-Neustadt dar, bei der – ähnlich dem System in Mannheim und ganz nach der städteplanerischen Mode der 1960er Jahre – gänzlich auf Straßennamen verzichtet wurde und stattdessen jeder Häuserblock eine Blocknummer erhielt. In den meisten Straßen standen mehrere Häuserblöcke, so dass man sich tatsächlich nicht nach Straßen(namen) orientieren konnte, was bei Besuchern oft zu Verwirrung führte. Diese Praxis wurde 1990 zugunsten herkömmlicher Straßennamen geändert.

In der Bundesrepublik und auch im wiedervereinten Deutschland gab es seit 1945 verschiedene „Trends“, Straßen zu benennen. Wurden neue Wohngebiete angelegt, so benannte man die Straßen meist nach einem einheitlichen Muster, z. B. nach Pflanzen (z. B. Lindenstraße, Kastanienstraße oder Wacholderweg) oder Tieren (z. B. Bussardweg, Falkenstraße oder Löwenstraße).

Häufig sind Straßen jedoch auch nach örtlichen Begebenheiten (z. B. Bergstraße, Talstraße oder Wiesenstraße), alten Flurbezeichnungen oder der Stadt in die sie führen, benannt.

Zu den häufigsten Straßennamen zählen unter anderem Bezeichnungen wie Bahnhofstraße, Dorfstraße, Hauptstraße, Goethestraße oder Lindenstraße, die in Filmen und Büchern häufig verwendet werden, um zu suggerieren, dass die Handlung überall oder irgendwo an einem nicht näher bestimmten Ort spielen könnte (ähnlich dem Ortsnamen Springfield).

In Deutschland gibt es in den letzten Jahren den deutlichen Trend, neue Straßen nach Frauen zu benennen, um die Dominanz der Straßen, die nach Männern benannt wurden, zurückzudrängen. Dies hat zur Folge, dass in vielen Neubaugebieten sämtliche Straßen nach bekannten Frauen benannt werden. Einige Städte haben sogar entsprechende Verordnungen erlassen, die die Vergabe weiterer nach Männern benannter Namen verbieten, solange das Geschlechterverhältnis nicht ausgeglichen ist.

In Deutschland ist es in der Regel nicht üblich, Straßen nach Lebenden zu benennen. Eine Ausnahme ist zum Beispiel der Kurt-Romstöck-Ring in Neumarkt in der Oberpfalz, der anlässlich seines 80. Geburtstages nach dem ehemaligen Oberbürgermeister benannt wurde.

Schreibweise

Es gibt verschiedene Schreibweisen für Straßenbezeichnungen, welche jedoch häufig zu Verwirrungen führen (was wiederum zu falsch geschriebenen Straßennamen führt, teilweise sogar zu falschen offiziellen Beschilderungen):

  • klassische Bezeichnung nach Subjekten: z. B. Lindenstraße (falsch: Linden-Straße), Meisenweg und Schlossplatz
  • veraltete Namensbezeichnung ohne Vornamen und ohne Bindestrich (wird nicht mehr verwendet): z. B. Goethestraße (falsch: Goethe-Straße), Dürerweg und Schillerplatz
  • aktuelle Namensbezeichnung mit Vornamen und mit Bindestrichen: z. B. Johann-Wolfgang-von-Goethe-Straße, Albrecht-Dürer-Weg und Friedrich-Schiller-Platz
  • nach Ortschaften oder bestimmten Plätzen benannte Straßen: z. B. Hauptstätter Straße (benannt nach der früheren Hauptstätte), Feuerbacher Weg, Cottbusser Platz und Stuttgarter Straße. Die Schreibweisen Stuttgarter-Straße oder Stuttgarterstraße werden in Deutschland und Österreich weithin als falsch angesehen, sind in der Schweiz und in Liechtenstein hingegen üblich und gängiger als die getrennt geschriebene Variante. (Beispiele: Schaffhauserplatz in Zürich, Lörracherstrasse oder Grenzacherstrasse in Riehen bei Basel.)
  • nach Eigenschaften benannte Straßen: z. B. Krumme Straße (falsch: Krumme-Straße oder Krummestraße), Blauer Weg und Alter Platz

Die Deklination von Adjektiven in Straßennamen geschieht regional unterschiedlich. So bleiben im Ruhrgebiet die Straßennamen in der Regel grammatisch unangepasst (z. B. „in der Hohe Straße“), während in vielen anderen deutschsprachigen Gegenden normal dekliniert wird.[2] Die im schweizerischen und österreichischen Raum verbreiteten zusammengeschriebenen Straßennamen werden im Allgemeinen nicht dekliniert.

Straßennamen in den Vereinigten Staaten

Eine besondere Systematik der Straßennamen gibt es in vielen Städten in den Vereinigten Staaten, das bekannteste Beispiel ist hier der Stadtteil Manhattan von New York. Die Straßen sind hier planmäßig in einem Gitter angeordnet. Die Straßen verlaufen in Ost-West-Richtung, die kleinsten Nummern sind im Süden. Die „Streets“ sind teils mit Nummern und teils mit Namen versehen. Die nummerierten Straßen erhalten westlich der 5th Avenue den Vorsatz „West“, östlich davon „East“, Beispiel: East 14th Street.

Die „Avenues“ verlaufen rechtwinklig dazu in Nord-Süd-Richtung. Die Avenues sind durchnummeriert (zum Beispiel „Fifth Avenue“), einige haben jedoch eigene Namen.

Manche Straßen eines Namens sind auch nicht zusammenhängend, zum Beispiel bestehen die 2nd Avenue bis 48th Avenue in San Francisco aus jeweils zwei Teilen südlich und nördlich des Golden Gate Parks. Eine bedeutende Ausnahme in Manhattan, die nicht in dieses Schema passt, ist der Broadway, der in einer Diagonale verläuft.

Extreme

Den längsten deutschen Straßennamen hat die Bischöflich-Geistlicher-Rat-Josef-Zinnbauer-Straße in Dingolfing (Quelle: Geodaten von FUZZY! Post™, Stand: Juli 2007).

Sehr häufig umbenannt wurden Straßen bis heute besonders in Ostdeutschland, was sich am Beispiel der Magdeburger Allee in Erfurt-Ilversgehofen, die in 80 Jahren acht verschiedene Namen trug, nachvollziehen lässt:

  1. Hauptstraße hieß sie bis zur Eingemeindung Ilversgehofens in die Stadt Erfurt.
  2. Poststraße hieß sie zwischen 1912 und 1933
  3. Horst-Wessel-Straße hieß sie nach Horst Wessel zwischen 1933 und 1945
  4. Straße der Guten Hoffnung hieß sie 1945/46
  5. Weißenseer Allee nach der Stadt Weißensee zwischen 1946 und 1950
  6. Stalinallee zwischen 1950 und 1961
  7. Karl-Marx-Allee zwischen 1961 und 1990
  8. Magdeburger Allee seit 1990[3]

So lässt sich an Straßennamen manchmal auch die politische Geschichte des Landes nachvollziehen.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Fachtagung des Landschaftsverband Westfalen-Lippe zur Umbenennung NS-belasteter Straßennamen am 12. Juli 2011
  2. Bastian Sick: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod Folge 3. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2006, ISBN 3-462-03742-0, S. 182 ff.
  3. Walter Blaha u. a.:Erfurter Straßennamen in ihrer historischen Entwicklung. Erfurt 1992. S. 109.

Literatur

  • Johanna Sänger: Heldenkult und Heimatliebe. Straßen- und Ehrennamen im offiziellen Gedächtnis der DDR. Christoph Links, Berlin 2006, ISBN 3-86153-398-7. (Rezension)
  • Berchtold Weber: Strassen und ihre Namen. Am Beispiel der Gemeinde Bern. Stämpfli, Bern 1990, ISBN 3-7272-9850-2.
  • Marion Werner: Vom Adolf-Hitler-Platz zum Ebertplatz. Eine Kulturgeschichte der Kölner Straßennamen seit 1933. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2008, ISBN 978-3-412-20183-8.

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