Tariq Aziz

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Tariq Aziz

Tariq Aziz (arabisch ‏طارق عزيز‎, DMG Ṭāriq ʿAzīz; syrisch-aramäisch ܜܪܩ ܥܙܝܙ, im Umlauf sind auch die Schreibungen Tareq Mikhail Aziz, Tarik Mikhail Asis oder Tarek Aziz; * 28. April 1936[1] oder 1. Juli 1936[2][3] in Mosul[1]) war von 1983 bis 1991 Außenminister sowie von 1979 bis 2003 Vizepremierminister des Irak. Er war langjähriger enger Berater von Präsident Saddam Hussein und als Angehöriger der chaldäisch-katholischen Kirche einziges christliches Mitglied der irakischen Führung.[4]

Inhaltsverzeichnis

Leben

Aziz wurde als Mikhail Yuhanna in eine chaldäisch-katholische Familie geboren, die aus dem Ort Tal Kaif bei Mosul stammt.[1] Sein Vater war Kellner. Er studierte an der philosophischen Fakultät der Universität Bagdad und wurde Chefredakteur der Zeitung ath-Thaura, dem Zentralorgan der Baath-Partei. Während des Studiums machte er auch die Bekanntschaft mit Saddam Hussein. Um seine Karriere voranzubringen, war es hilfreich, die Identität als Christ zu verleugnen und sich als säkularer Araber zu definieren. Deshalb legte er auch seinen christlichen Namen ab.

Politische Karriere

Aziz mit Vladimir Putin im Kreml am 26. Juli 2000

Seit 1974 war er Informationsminister, ab 1977 gehörte er dem Revolutionären Kommandorat und dem Regionalkommando der Partei an. Am 1. April 1980 verübten Mitglieder der schiitischen Dawa-Partei in Bagdad ein Attentat auf ihn das er leicht verletzt überlebte.[5] Von 1983 bis 1991 war er Außenminister und von 1979 bis 2003 war Tariq Aziz Vizepremierminister des Irak. Bekannt wurde Aziz besonders während der Golfkrise nach dem irakischen Einmarsch in Kuwait im Vorfeld des Zweiten Golfkrieges. Als sein Treffen mit dem US-Außenminister James Baker in Genf am 9. Januar 1991 ergebnislos zu Ende ging, galt der Krieg als unvermeidbar.[6]

Aziz selbst hatte an der Universität von Baghdad einen Bachelorabschluss in englischer Sprache erworben. Als Christ fungierte er als das moderate Aushängeschild des Regimes gegenüber dem Ausland. Ausserdem schützte Aziz seine Identität als Mitglied der christlichen Minderheit vor Saddams allgegenwärtiger Paranoia, da er keine Verbindungen im Clansystem der mehrheitlich muslimischen Iraker hätte bilden können die ihm eine ernsthafte Machtposition erlaubt hätten. Aziz selbst befehligte keine massiven Repressionsunternehmungen während Saddams Herrschaft. Er rechtfertigte jedoch öffentlich die Grausamkeit des Regimes. So rechtfertigte er die öffentliche Zurschaustellung von als israelischen Spionen verurteilten irakischen Juden als auch die Ermordung von Kommunisten, Dissidenten und Kurden.[7]

Irakkrieg

15 Tage nach dem Zusammenbruch des Saddam-Regimes infolge des Irakkrieges, am 24. April 2003, stellte sich Aziz der Kriegskoalition unter Führung der US-Amerikaner. Seither befand er sich mit Zustimmung der irakischen Regierung in US-amerikanischer Haft, bis er im Juli 2010 an die irakischen Behörden überstellt wurde.[8][9] Unmittelbar nach seiner Verhaftung 2003 zeigten sich seine Angehörigen zuversichtlich über eine baldige Freilassung. Weder Hilfegesuche bei der französischen Regierung noch beim damaligen Papst brachten die erhoffte Haftverschonung. Im Januar 2006 ließ Aziz durch seine Anwälte für den Fall der Freilassung bei der italienischen und der kroatischen Regierung Asylgesuche stellen. Während die Italiener eine Prüfung des Gesuches zu gegebener Zeit zusagten, lehnte Kroatien dies ab.[10] Im Januar 2010 erlitt Aziz nach Angaben seines Sohnes einen Schlaganfall.[11] Auch nach seiner Verhaftung stand Aziz loyal zu Saddam Hussein.

Verurteilungen

Inwieweit Aziz in kriminelle Handlungen von Saddam Husseins Regime involviert war, wurde in einem irakischen Gerichtsverfahren behandelt. Am 29. April 2008 erschien Tariq Aziz erstmals vor dem Sondertribunal für die Verbrechen des Regimes von Saddam Hussein. Ihm wurde zur Last gelegt, dass er 1992 als Mitglied des Revolutionsrates einen Befehl zur Hinrichtung von 42 Großhändlern mitunterzeichnet habe, denen Preistreiberei vorgeworfen wurde. Die Regierung habe mit diesem Urteil von Versorgungsengpässen ablenken wollen, die durch Sanktionen gegen den Irak hervorgerufen worden waren.[12] Das Tribunal verurteilte Aziz im März 2009 wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Mordes zu 15 Jahren Haft. Vom Vorwurf der Beteiligung an einem Massaker von 1999 an schiitischen Demonstranten sprach es ihn hingegen frei.[13][14]

Im August desselben Jahres wurde Aziz zu einer weiteren Strafe von sieben Jahren Haft wegen der Beteiligung an der Vertreibung der Kurden im Nordosten des Landes verurteilt.[15]

In einem dritten Verfahren verurteilte das Sondertribunal Aziz am 26. Oktober 2010 zum Tode. Das Sondertribunal machte Aziz damit für die Verfolgung von Mitgliedern religiöser Parteien, speziell der Islamischen Dawa-Partei, in den 1980er Jahren verantwortlich.[16] Aziz trat daraufhin in den Hungerstreik und fiel den Angaben seines Anwalts zufolge wenige Tage später ins Koma.[17] Beide Sachverhalte wurden kurz darauf von einem Gerichtssprecher dementiert.[18]

Russland forderte den Irak auf, auf die Todesstrafe aus humanitären Gründen zu verzichten. Das russische Außenministerium verwies auf Gesundheitsprobleme und auf das fortgeschrittene Alter von Aziz. Der Vatikan ließ verlauten, dass das Leben von Aziz verschont werden müsse um „die Versöhnung und die Wiederherstellung von Frieden und Gerechtigkeit im Irak“ zu unterstützen.[19]

Iraks Präsident Dschalal Talabani will das Todesurteil gegen Aziz nicht unterzeichnen. Dies kündigte der Politiker in einem Interview vom 17. November 2010 des französischen Nachrichtensenders France 24 an. Als Grund gab er an, dass er weder das Todesurteil gegen Aziz, noch ein anderes unterzeichnen werde, da er als Sozialdemokrat gegen die Todesstrafe sei. Außerdem sympathisiere er mit Aziz, da dieser ein irakischer Christ sei. Auch sei Aziz mit 70 Jahren ein alter Mann.[20][21] Talabani hatte sich bereits beim Todesurteil Saddam Husseins geweigert, dieses zu unterzeichnen. Dennoch ordnete Ministerpräsident Nuri al-Maliki die Hinrichtung von Saddam Hussein an, die 2006 vollstreckt wurde.[22] Auch das Europaparlament forderte den Irak auf, das Todesurteil nicht zu vollstrecken.[23] Aziz′ Anwalt Badie Arif geht davon aus, dass sein Mandant exekutiert wird.[24]

Am 29. November 2010 wurde Aziz in einem weiteren Prozess wegen seiner Rolle bei Verbrechen des Regimes von Saddam Hussein gegen die Kurden zu zusätzlich zehn Jahren Haft verurteilt. Dieses Urteil ist unabhängig vom Todesurteil vom 26. Oktober 2010, das weiter besteht.[25][26][24][27][28]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Tarik Aziz in: Munzinger-Archiv, abgerufen am 30. November 2010
  2. U.S. Designates 55 Most Wanted Iraqi Officials Part of Ongoing Effort to Secure and Return Iraqi Assets to the Iraqi People in: U.S. Department of the Treasury vom 24. Juni 2003, abgerufen am 1. Dezember 2010
  3. EUR-lex: Verordnung (EG) Nr. 1210/2003 des Rates vom 7. Juli 2003 über bestimmte spezifische Beschränkungen in den wirtschaftlichen und finanziellen Beziehungen zu Irak und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 2465/1996 Amtsblatt Nr. L 169 vom 8. Juli 2003 S. 0006 - 0023, abgerufen am 15. Juli 2010
  4. Radio Vatikan: Irak: Ringen um Religionsfreiheit vom 1. Januar 2007
  5. Birgit Cerha: Ex-Außenminister Asis zum Tode verurteilt. In: Frankfurter Rundschau. 26. Oktober 2010, abgerufen am 27. Oktober 2010 (deutsch).
  6. Deutschlandfunk: Vor 20 Jahren: Der irakische Überfall auf Kuwait und der Krieg am Golf vom 2. August 2010, abgerufen am 27. Oktober 2010
  7. Efraim Karsh, Inari Rautsi : Saddam Hussein - A political biography, New York, 1991, S. 114, 119, 139, 145-148, 186f, 211, 232-237, 240-242, 26of, 265, 269
  8. Tages-Anzeiger: Tarik Asis ausgeliefert: Nun droht ihm die Todesstrafe vom 14. Juli 2010, abgerufen am 15. Juli 2010.
  9. Associated Press: Iraq: US hands over Tariq Aziz, other detainees vom 14. Juli 2010, abgerufen am 20. August 2010
  10. NZZ: Tarik Aziz will Asyl in Italien oder Kroatien vom 19. Januar 2006, abgerufen am 15. Juli 2010
  11. Berner Zeitung: «Chemie-Ali» zum vierten Mal zum Tode verurteilt vom 17. Januar 2010, abgerufen am 15. Juli 2010
  12. FAZ: Das zivile Gesicht der Diktatur Saddam Husseins vom 30. April 2008
  13. Saddams Außenminister Tarek Aziz freigesprochen in: NZZ vom 3. März 2009, abgerufen am 15. Juli 2010
  14. Tariq Aziz guilty of Iraq murders. In: BBC News, 11. Mai 2009. Abgerufen am 26. Oktober 2010. 
  15. NZZ: Saddam-Getreue wegen Kurdenvertreibung verurteilt vom 3. August 2009, abgerufen am 15. Juli 2010
  16. FAZ: Todesurteil gegen ehemaligen Stellvertreter Saddam Husseins, 26. Oktober 2010.
  17. „Tariq Aziz im Koma“, Iran German Radio vom 31. Oktober 2010.
  18. „Irakischer Gerichtssprecher dementiert Meldungen über Hungerstreik Tariq Aziz“, Iran German Radio vom 1. November 2010.
  19. Vatikan und Russland bitten um Gnade für Todeskandidaten Asis in: Zeit Online vom 27. Oktober 2010
  20. Iraks Präsident verweigert Unterzeichnung von Asis' Todesurteil in: Financial Times Deutschland vom 17. November 2010
  21. President Talabani says he will not sign Aziz execution order in: France 24 vom 17. November 2010
  22. Iraks Präsident lehnt Todesurteil gegen Asis ab in: Spiegel Online vom 17. November 2010
  23. EU-Parlament verlangt Gnade für Tarik Asis in: Tages-Anzeiger vom 25. November 2010
  24. a b Saddam aide Aziz convicted in Kurdish case: in Reuters vom 29. November 2010
  25. Asis zusätzlich zu zehn Jahren Haft verurteilt in: RP Online vom 29. November 2010
  26. Tariq Aziz Sentenced to 10 Years in Prison Over Fourth Set of Iraq Charges in: Bloomberg vom 29. November 2010
  27. Tariq Aziz given additional 10-year jail term for persecution of Shia Kurds in: The Guardian vom 29. November 2010
  28. Iraqi Court Sentences Tariq Aziz to 10 Years for Saddam-Era Crimes Against Shiite Kurds in: Fox News vom 29. November 2010

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