Taschendieb

Taschendieb

Taschendiebstahl gehört zur Straßenkriminalität und ist eine Form des Diebstahls, bei der der Täter, der Taschendieb, eine fremde bewegliche Sache, die sich im unmittelbaren Einflussbereich einer anderen Person befindet (z. B. Bekleidungs- oder Handtasche, Rucksack, Einkaufstüte am Körper), an sich bringt. Neben Geldbörsen gehören seit der weiten Verbreitung von Mobiltelefonen auch Handys zu den bevorzugten Beutestücken von Taschendieben.

Äußere Umstände wie Gedränge an öffentlichen Plätzen oder Menschenansammlungen begünstigen die Durchführung der Tat, weshalb die Kriminalpolizei regelmäßig zu besonderer Aufmerksamkeit an solchen Örtlichkeiten aufruft. Teilweise wird auch der modus operandi Anrempeln und Ablenken (z. B. vorgetäuschtes Wechselansinnen) angewandt. In den letzten Jahren sind in manchen Großstädten Deutschlands immer wieder Taschendiebe in Erscheinung getreten, die tatsächlich oder vermeintlich (aber nicht nachprüfbar) unter 14 Jahre alt sind und daher weder strafrechtlich belangt noch für längere Zeit festgenommen werden können. In vielen Fällen ergibt sich aufgrund polizeilicher Ermittlungen der Verdacht, dass eine erwachsene Person die Kinder zum Diebstahl angestiftet hat; Teilweise ist auch Bandenkriminalität im Spiel.

In Deutschland haben Taschendiebstähle in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Jährlich werden über 110.000 derartige Straftaten mit einer Schadenssumme von über 24 Mio. Euro gemeldet. In Berlin werden zum Beispiel über 300 Taschendiebstähle pro Tag begangen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass viele Betroffene einen Taschendiebstahl gar nicht anzeigen, weil sie nicht glauben, dass der oder die Täter ermittelt werden können und man seine gestohlenen Wertsachen wieder zurück bekommt.

Im Mittelalter wurden Taschendiebe als „Beutelschneider“ bezeichnet. Der Begriff impliziert die Beschreibung des Vorgangs: Zu der Zeit war es üblich, das Barvermögen in einem Beutel am Gürtel zu führen. Auch diese Diebe machten sich vielfach das Gedränge auf Straßen oder bei einem Menschenauflauf zunutze. Schon damals nutzten die Täter ebenfalls die Möglichkeit, das Opfer anderweitig abzulenken, um den Beutel unbemerkt abzuschneiden.

Ähnliche Methoden finden auch heute wieder Anwendung, vor allem in Touristengegenden. Dort schneiden die (häufig mit Mopeds motorisierten) Taschendiebe den Riemen von Handtasche oder Rucksack durch und entreißen diese dem Besitzer.

Inhaltsverzeichnis

Strafrechtliche Verfolgung

  • Strafrechtlich fällt der Taschendiebstahl regelmäßig unter den Tatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB in Deutschland, § 127 StGB in Österreich).
  • Wird Gewalt gegen das Opfer angewandt, so kommen Raub (§ 249 des deutschen StGB) oder räuberische Erpressung (§ 255 des deutschen StGB) in Betracht.

Künstlerische Verarbeitung des Themas

Taschendiebstahl gibt es seit tausenden von Jahren, hier eine Abbildung aus dem 16. Jahrhundert (Der Misanthrop)
  • Das von dem Maler Hieronymus Bosch geschaffene Bild Der Gaukler zeigt eine Situation des späten Mittelalters, die ein Zusammenwirken zweier Taschendiebe vermuten lässt: Während eine Person von einem Taschenspieler abgelenkt wird, ist ein hinter dem Opfer stehender Mann im Begriff, dessen Geldbeutel an sich zu bringen.
  • Stefan Zweig schildert in seiner Novelle Unvermutete Bekanntschaft mit einem Handwerk eindrucksvoll die Arbeitsweise eines Taschendiebs in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts.
  • Robert Bressons Film Pickpocket von 1959 zeigt das Leben eines jungen Mannes, der die Kunst des Taschendiebstahls lernt. Die Taschendiebstähle, die in Pickpocket dargestellt werden, wurden von Kassagi – einem Pariser Meister des Taschendiebstahls – choreografiert, der auch im Film [1] mitspielt.
  • Im Musikvideo für Karma Chameleon von Culture Club tritt ein Taschendieb auf einem Mississippi-Raddampfer auf, der nach Entdeckung über Bord geworfen wird.

Bühnentaschendiebstahl

Zauberkünstler präsentieren gelegentlich zu Unterhaltungszwecken Diebstahl auf der Bühne. Während kriminelle Diebe günstige Situationen oder das Überraschungsmoment ausnutzen oder gar Gewalt anwenden, muss ein Bühnentaschendieb sein Opfer perfekt ablenken können und eine Vielzahl an Griffen beherrschen. Es ist tatsächlich möglich, unbemerkt Armbanduhren, Krawatten und sogar Hosenträger zu stehlen. Der Reiz dieser Kunst besteht darin, dass man dem Dieb zum Teil sogar bei der normalerweise geheimen Arbeit zusehen kann. Das „Spiel in fremden Taschen“ ist kontrovers, da der Künstler im wahrsten Sinne des Wortes in die Privatsphäre des Zuschauers „eingreift“. Es bedarf daher eines Maximums an Charme, um diese Provokation zu relativieren und beim betroffenen Zuschauer das Gefühl zu vermeiden, vorgeführt zu werden. Manche Bühnentaschendiebe beherrschen ihr Fach so meisterhaft, dass dem Publikum der Tabubruch vor Faszination nicht bewusst wird. Bühnentaschendiebstahl folgt eigenen Regeln und ist nur begrenzt als echter Taschendiebstahl einsetzbar.

Siehe auch

Literatur

  • Adrion, Alexander: Taschendiebe: Der heimlichen Zunft auf die Finger geschaut (1992)

Weblinks

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