- Theatermaschinerie
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Die Bühnenmaschinerie bezeichnet technische und mechanische Hilfsmittel, die für eine Theateraufführung eingesetzt werden.
Inhaltsverzeichnis
Maschinen und ihre Funktionsweise
Theatermaschinen im ursprünglichen Sinn dienten dazu, um durch Laufwerke, Trommeln und Seilwinden Versatzstücke aus der Versenkung emporsteigen oder in diese verschwinden zu lassen (aus den sog. charonischen Treppen), um Schiffe bei hohem Seegang zu zeigen, Drachen Feuer schnauben, Wasserfälle fließen und Wolken ziehen zu lassen, aber auch um Brandopfer auf Altären darzubringen. Figuren konnten mittels einer Flugmaschine fliegen oder himmlische Erscheinungen als „Deus ex machina“ (mit Hilfe der Mechane, ein Kran mit dem der deus ex machina auf die Szene herabstürzte) vom Himmel herabsteigen. Bühnenmaschinen dienten aber auch zur rein mechanischen Bewegung des Vorhangs, der Prospekte, der Kulissen und der Sofitten.
Bei der Windmaschine wurde grobes Leinenzeug über ein Holzrad mit Kurbel gespannt, drehte man das Rad, rieb es sich am Stoff und erzeugte das Geräusch eines heulenden Sturms.
Die Regenmaschine war nach ähnlichem Prinzip eine mit Erbsen oder kleinen Steinen gefüllte rotierende Trommel.
Die Donnermaschine war eine Vorrichtung zum Nachahmen des Donners. Sie befand sich in den Theatern der Griechen und Römer, die sie Bronteion (Bronteum) nannten, hinter der Bühne und bestand aus einem ehernen Kessel, in den aus Schläuchen Steine geschüttet wurden, wodurch ein donnerähnliches Getöse entstand. Gegenwärtig bedient man sich dazu entweder einer Art Pauke oder eines langen, schräg gestellten Holzschlauches, durch den man Steine hinabrollen lässt, die an innen angebrachten Leisten aufschlagen, endlich auch schwerer, auf eckigen Rädern ruhender Wagen, die auf dem Schnürboden auf eigens dazu hergerichteten Bahnen hin- und hergefahren werden.
Für die Versenkung wurde früher eine Klappe geöffnet, der Teufel etwa stellte sich auf die dem Bühnenboden ähnelnde Fahrstuhlklappe im Keller und Helfer luden Steingewichte auf eine Zugvorrichtung. Wenn das Gewicht des Schauspielers erreicht war, entfernen die Techniker die Verriegelung und der Teufel erschien auf der Bühne.
Die Drehbühne ist als drehbarer Teil des Bühnenbodens in der Mitte der Bühne fest eingebaut oder als Plattform aufgelegt (Drehscheibe). Eine Drehbühne hat schon Leonardo da Vinci 1490 entworfen, dem japanischen Kabuki-Theater war sie seit dem 17. Jahrhundert geläufig, für das europäische Theater wurde sie 1896 in München neu entwickelt. Ursprünglich wurde sie eingeführt, um den schwerfälligen illusionistischen Ausstattungen des 19. Jahrhunderts rasche Szenenwechsel zu ermöglichen. Im Wiener Volkstheater gab es noch bis in die Achtziger Jahre des 20. Jahrhunderts eine hand-betriebene Drehbühne, bei der ein Dutzend Bühnenarbeiter auf der Drehscheibe stehend diese mit ihren Füßen zum Drehen brachten, indem sie sich außerhalb der Scheibe mit Krücken gegen den Bühnenboden abstützten.
Historische Entwicklung
Antike
Schon im antiken römischen Kolosseum gab es Einrichtungen einer höchst komplizierten Bühnenmaschinerie, wie Falltüren, Rampen und Aufzüge. Mit Hilfe eines komplexen Systems von Winden und Flaschenzügen konnten aufwändige Dekorationen und Bühnenbilder in die Arena befördert werden. Innerhalb weniger Minuten konnte sich zur Überraschung der Zuschauer beispielsweise eine komplette Wald- oder eine Wüstenlandschaft aus dem Boden erheben. Der Film Gladiator (2000) von Ridley Scott bietet eine gute Rekonstruktion einiger dieser Einrichtungen bei Gladiatorenkämpfen.
Der „Deus ex machina“ (Der Gott aus der Maschine), war die göttliche Instanz im antiken Theater, die im letzten Augenblick vor der Katastrophe durch ihr Eingreifen alles noch zum Guten wendete. Sie findet sich in der antiken Tragödie, besonders bei Euripides, wo der Gott auf einer kranähnlichen Flugmaschine über der Spielfläche schwebte. Kräne mit Flaschenzügen waren seit 750 v.Chr. bekannt, und zwar als mit Seilen verspannte Einbaumkräne, die über drei („Trispastos“) oder fünf Rollen („Pentespastos“) liefen; um 225 v.Chr. soll Archimedes sogar einen Kran mit Vielrollenzug („Polyspastos“) konstruiert haben. Die Kräne wurden verwendet beim Bau, in den Häfen und Steinbrüchen; sie mussten immerhin – etwa bei der Errichtung des Parthenon in Athen – Gewichte von neun Tonnen mehr als zehn Meter hoch stemmen. Im Theater kamen dagegen Schwenkkräne zum Einsatz. Mit ihrer Hilfe konnte die eingreifende Gottheit von außen auf die Bühne gehievt werden. Auch eine Rollplattform (Ekkyklema) kam zum Einsatz, mit deren Hilfe Vorgänge, die in der sog. Skene ("hinter den Kulissen") stattfinden mussten, auf die Bühne zu transportieren.
Mittelalter und Renaissance
Mit großem Aufwand wurden in den mittelalterlichen Kathedralen Aufführungen, etwa zur Feier von Christi Himmelfahrt, inszeniert. In Florenz wurde mit einer Theater-Maschinerie von Filippo Brunelleschi solch ein Schauspiel aufgeführt, im Laufe dessen Jesus dem Ölberg zuschritt. Eine zeitgenössische Schilderung beschreibt den Fortgang:
- „Als er die Spitze erreicht, hört man ein Donnern. Die über dieser Szene, im offenen Dachstuhl der Kirche hängende Sphaera öffnet sich und Gottvater erscheint im Glanze vieler Kerzen. Knaben, die Engel darstellen, umkreisen ihn. Größere Engel, auf Scheiben gemalt, drehen sich ebenfalls im Kreise. Von dieser Engelssphaera schwebt eine Wolke ins Kirchenschiff hinab. Auf ihr stehen zwei als Engel gekleidete Knaben mit goldenen Flügeln. [...] Daraufhin schwebt Christus mit Hilfe von sieben Seilen aufwärts der Wolke entgegen und segnet zugleich die beiden Marien und die Apostel. Als er die Wolke erreicht, knien die auf ihr stehenden Engel vor ihm nieder. Viele in der Wolke verborgene Lichter werden sichtbar und verbreiten überirdischen Glanz. Christus, nunmehr von Engeln begleitet, fährt weiter himmelwärts. In dem Augenblick aber, da er die Sphaera mit Gottvater erreicht, verstummt plötzlich die Musik und es ertönt ein Donnergrollen. Der Sohn Gottes ist zu Gottvater aufgefahren.“
Brunelleschi gestaltete 1497 auch die Maschinerie eine Verkündigungsszene in San Felice in Piazza als Auf- und Abstieg zu den Sphären unter dem Kirchendach; die Auferstehung vom Tode wurde dagegen mit beweglichen Heilanden und fahrbaren Grabschreinen in Szene gesetzt.
Schon Leonardo da Vinci entwarf 1490 eine Drehbühne für den raschen Szenenwechsel zweier Dekorationen, die Erfindung der auswechselbaren Perspektivenszenerie wird aber entweder Castro (1543), Ferrara (1561) oder Florenz (1566) zugeschrieben. Frühere Versionen benutzten die drehbaren Häuser („periaktoi“) des römischen Architekten Vitruv (14 v.C.).
Auch im elisabethanischen Theater gelangten einfache Maschinerien zum Einsatz, so versinkt in Shakespeares „Macbeth“ (1606) zu den Worten „Warum sinkt dieser Kessel?“ beispielsweise ein Kessel im Bühnenboden.
Barocktheater
Das barocke Theaterspiel und die französische sowie italienische Oper waren sehr aufwendig gestaltet und erforderten einen professionellen Bühnenaufbau. So entstand in mehreren Bauphasen von 1681 bis 1683 eine Kulissenbühne mit Schnellverwandlung. Mitte des 17. Jahrhunderts in Italien erfunden, sollte sie über zweihundert Jahre lang die Bühnentechnik des europäischen Theaters bestimmen.
Der italienische Architekt Nicola Sabbatini (1574-1654) revolutionierte das Design, die Beleuchtung und die Maschinerie des Barocktheaters. Er entwarf hoch entwickelte Maschinen, die realistische visuelle Effekte wie das Meer, Stürme, Donner, Blitze, Feuer, Hölle, fliegende Götter und Wolken vortäuschten, veröffentlicht in seinem Buch „Pratica di fabricar scene e macchine ne' teatri“ von 1638. Unter seinen vielen innovativen Erfindungen, die überraschende Effekte erlaubten und die als „scènes à l'italienne“ bekannt wurden, waren:
- Engelsflügel: flache Platten an der Bühnenseite, die wie die Seiten eines Buches gedreht wurden
- Periaktoi: bemalte Dreiecks-Konstruktionen, die gedreht werden konnten
- Aufrollbare Vorhänge, die sich von oben herabgelassen und über die vorhergehende Szene geschoben wurden
- Portcullis: flache Szenenteile, die mittels Gegengewichten aus der Unterbühne hochgezogen wurden
Die beliebten „Intermezzi“ (Zwischenakt-Einlagen) des 16. Jahrhunderts, die später die Gattung der Oper begründeten, verwendeten sechs Grundtypen als Dekoration (Wolkenszene im Himmel, köstlicher Garten, Felsenhöhle mit Drachen, Höllenszene, Wasserszene mit Meerjungfrauen, Delphinen und Schiff und eine weitere Wolkenszene), wobei besonders Himmel, Meer und Hölle für spektakuläre Maschinerien und Effekte geeignet waren. Berühmt wurde das Seeungehauer aus „Andromache“ im venezianischen Teatro San Cassiano von Francesco Guitti (1637).
Besonders häufig im Einsatz waren die Wolkenmaschinen, die Gottheiten zu befördern hatten, dramatische Aktionen erlaubten und die oft über eine eigene Beleuchtung verfügten, die aber auch die technische Apparatur verschleierten.
In Florenz wie anderswo wurden Stoffwahl und Dramaturgie neuer Stücke wesentlich von den bühnentechnischen Gegebenheiten bestimmt (ausgehend vom Teatro degli Uffizi in Florenz). Seit 1589 verfügte das Theater der Medici über spektakuläre Maschinen: „Cinque macchine-nuvole con movimento verticale, Monte Parnaso con grotte praticabili, drago mobile (beweglicher Drachen), carro su nuvola con movimento orizzontale, onde marine, galea all’occasione si trasforma in conchiglia di Tetide, delfino mobile (beweglicher Delfin), città di Dite-inferno“, die bei allen späteren Aufführungen Verwendung finden mussten.
Die Einführung der Kulissenbühne, also der auf Holzwände gemalten Bühnenbilder, wird allgemein dem Architekten Giovanni Battista Aleotti (1546-1636) zugeschrieben, der 1606 ein Theater in Ferrara sowie 1618 in Parma das berühmte Teatro Farnese baute, das erste Theater mit feststehendem Proszeniumsbogen. Das Aufkommen der Kulissenbühne eröffnete neue szenische Möglichkeiten, die Bühnenarchitekten errichteten pompöse, in die Tiefe reichende Kulissenwände, die Paläste und Parkanlagen vortäuschten. Eine aufwendige Bühnenmaschinerie erlaubte Versenkungen und Entschwinden nach oben und bot große Möglichkeiten für technische Einrichtungen zur Verlebendigung von Schauplätzen der Erde, des Himmels, des Meeres, der Hölle usw., wie sie vor allem die Barockoper erforderte.
Die Eröffnung des Teatro Novissimo in Venedig mit „La Finta Pazza“ von Francesco Sacrati brachte 1641 eine Neuerung: Der Architekt Giacomo Torelli (1608-1678) verband Kulissenpaare mit einem Flaschenzugsystem, wodurch sie blitzschnell und von nur einer Person ausgewechselt werden konnten, die die Gewichte in Bewegung setzte. Zuvor hatte man für jede Kulisse einen Bühnenarbeiter gebraucht, der sie in der Schiene vorwärts bewegte. Torelli durchbohrte die Bühne und hängte jede Kulisse an einen hohen Rahmen, die durch die Schlitze im Bühnenboden geführt wurden und der sich auf einer Schiene unter der Bühne hin- und her bewegen konnte. Alle Wagen waren durch Seile mit einer Zentralwalze verbunden. Je nach Art der eingesetzten Bühnenmaschinerie standen bis zu drei Kulissenflügel direkt hintereinander und ermöglichten so einen aufeinander folgenden Wechsel des Bühnenbildes. Diese Erfindung breitete sich rasch in großen Teilen Europas aus, ein vollständig erhaltenes System ist im schwedischen Schlosstheater Drottningholm noch im Originalzustand von 1766 erhalten und in Verwendung (Ingmar Bergman verfilmte hier 1974 Mozarts „Zauberflöte“).
Torelli setzte seine Erfindungen mit der Einführung der Perspektivbühne fort, indem er durch Leinenbordüren Zimmerdecken vortäuschte und mit Brettern zwischen den Kulissen die erste „Guckkastenbühne“ schuf. 1654 ging Torelli nach Paris, andere Bühnenbildner aus Venedig taten es ihm gleich; Lodovico Burnacini ging nach Wien, Francesco Santurini nach München. Inigo Jones, der viele Jahre in Italien verbracht hatte und von Andrea Palladio und Giulio Parigi beeinflusst war, wurde in der Folge der wichtigste Bühnenarchitekt am englischen Hof. Ab 1640 verwendete er ein kompliziertes System flacher Kulissen in Leitschienen. Alle diese technischen Entwicklungen am Hofe setzten sich bald auch an den Privattheatern durch, bis diese Entwicklung von den Puritanern 1642 gestoppt wurden.
Im Textbuch der Oper „L'Argia“, die 1655 anlässlich des Übertritts der abgedankten schwedischen Königin Christine zum katholischen Glauben in Innsbruck aufgeführt wurde, ist eine genaue Liste der benötigten Bühnenmaschinerie angeführt, wie z.B. ein fliegender Wagen für die Göttin Venus.
1683 wurde die Bühnenmaschinerie im Ekhof-Theater in Gotha in Betrieb genommen. Die Kulissenflügel auf der linken und rechten Seite der Szene stehen in sogenannten Kulissenwagen, die sich unter der Bühne befinden. Damit können die Kulissen entlang der Schlitze im Bühnenboden, den „Freifahrten“, aus dem Blickfeld der Zuschauer hinaus und wieder herein gefahren werden. Jeweils drei Kulissenflügel stehen direkt hintereinander und ermöglichen so drei aufeinanderfolgende Wechsel des Bühnenbildes. Damit, zum Erstaunen der Zuschauer, die Kulissen, der Rückprospekt und die die Bühne nach oben abschließenden „Soffitten“ gleichzeitig verwandelt werden konnten, sind alle Teile mit einem ausgeklügelten System von Seilen und Wellbäumen untereinander verbunden. Innerhalb von Sekunden konnte so ein komplettes Bühnenbild ausgewechselt werden. Heute ist die Kulissenbühne mit Schnellverwandlung nur noch in ganz wenigen Exemplaren erhalten, das Ekhof-Theater ist das älteste Schlosstheater der Welt mit vollständig erhaltener Bühnenmaschinerie.
1758 konstruierte der Theatermaschinist Johann Christian Keim die Bühnenmaschinerie im Schlosstheater Ludwigsburg, die auch noch erhalten ist. Diese erlaubt bis heute einen sekundenschnellen Kulissenwechsel auf offener Bühne (11 Sek.). Dazu kamen technisch-sinnliche Effekte durch Regen- und Windmaschinen, einen kaminartiger Resonanzraum als Donnerschacht und reizvolle Überraschungen durch Versenkungen und Schieber (Deus ex machina-Effekte). Ein großer Wellbaum in der Unterbühne ist mit seinen Antriebstrommeln das zentrale Element für die Verwandlungen des Bühnenbilds, er zieht die Kulissenwagen. Eine variable Oberbühne, bewegliche Seitenkulissen und eine komplizierte Beleuchtung mit offenen Flammen vervollständigten die raffinierte Bühnentechnik.
Ausführliche Darstellungen der Bühnenmaschinerie waren die 49 Kupferstiche in der Enzyklopädie von Denis Diderot und d'Alembert die die Ausstattung des 1770 erbauten Pariser Opernhauses im Palais Royal nach Entwürfen des „Architecte de Menus Plaisiers Machiniste de'l Opera de Paris“ M. Giraud zeigten und die einen genauen Querschnitt durch die Theatertechnik des Ancienne Régime bieten, etwa die Bewegung des Vorhangs, der Prospekte, der Kulissen, Sofitten, und die Funktion der eigentlichen Theatermaschinen.
Zaubertheater im 19. Jahrhundert
Die Zauberoper, das Zauberstück oder „Zauberspiel“ ist ein Theatergenre, das zumeist mit aufwändiger Bühnentechnik realisiert wurde, die Verwandlungen auf offener Szene, Versenkungen und weitere spektakuläre Auftritte und Abgänge ermöglichte.
Die geradezu filmischen Regieanweisungen der Zauberstücke verlangten nach einer neuen Bühnenmaschinerie. Goethe hat sie im „Vorspiel auf dem Theater“ in „Faust I“ (1808) erwähnt:
- Drum schonet mir an diesem Tag Prospekte nicht und nicht Maschinen!
- Gebraucht das groß- und kleine Himmelslicht, die Sterne dürfet ihr verschwenden;
- An Wasser, Feuer, Felsenwänden, an Tier- und Vögeln fehlt es nicht.
- So schreitet in dem engen Bretterhaus den ganzen Kreis der Schöpfung aus
- Und wandelt mit bedächtger Schnelle vom Himmel durch die Welt zur Hölle!
Die Maschinenkomödie war eine Variante des Volksstücks oder Volkstheaters und betrieb mit Bühnentechnik, Kostümen und Requisiten einen hohen Aufwand und versuchte, beständig zu verblüffen. Häufig waren Verwandlungen auf offener Szene, wie etwa eine Hütte, die zu einem Schloss wird. Mozarts Zauberflöte ist in mancher Hinsicht eine Maschinenkomödie (z.B. Auftauchen der Königin der Nacht, Durchwandern von Feuer und Wasser).
In London entstand die besondere Landesspezialität der „Zauberoper“, in der „Special Effects“ eine große Rolle spielten. Wichtiges Beispiel ist Händels „Alcina“ (1735), aber auch Kompositionen von Jean-Baptiste Lully, Henry Purcell, Christoph Willibald Gluck, Joseph Haydn und Claudio Monteverdis „L’Orfeo“. Händels „Rinaldo“ (1711) bot eine Fülle von Möglichkeiten für spektakuläre Theatermaschinerie, wie man sie damals schätzte, und auch Händels zweite Oper, „Teseo“ nach Racine war ein Fest barocker Theatermaschinerie und wurde am Londoner Haymarket Theatre ein grandioser Erfolg. 2004 wurde sie vom Goethe-Theater in Bad Lauchstädt neu produziert. Das Goethe-Theater (erbaut 1802 durch Heinrich Gentz) ist das einzig original erhaltene klassizistische Theater mit einer funktionsfähigen und hölzernen Bühnenmaschinerie in Europa.
Die spanischen „Comedias de Magia“ begeisterte während der Romantik im 18. und 19. Jahrhundert das zeitgenössische Publikum mit Magie und Technik, die immer mehr zusammen wirkten, da die Bühnenmaschinerie eine zentrale Bedeutung für die Umsetzung hatte, etwa in „Don Juan Tenorio“ von José Zorrillas. Das Publikum sah in den magischen Szenen der „Comedias“ fliegende Schauspieler oder andere Effekte wie das plötzliche Verschwinden von Personen, Verwandlungen oder das automatische Angehen einer Kerze. Aber charakteristisch an den Magiekomödien waren auch die Chöre, die Tänze und die sichtbaren Feuerregen. Zum Repertoire der Technik gehörte auch die Falltür, die zu dieser Zeit modern wurde. Zudem gab es eine „caxa de truenos“, mit Hilfe derer ein Gewitter hervorgerufen werden konnte.
Im 19. Jahrhundert wurde mit dem Aufkommen des Märchenspiels und des Melodrams die Bühnenmaschinerie durch zahlreiche Effekte bereichert, in den Zauberspielen des Alt-Wiener Volkstheaters in den Stücken Ferdinand Raimunds (1790-1836) spielten sie in der Vermischung von Feenwelt und volkstümlicher Handlung eine große Rolle. In „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ (1828) etwa kämpft Rappelkopf gegen die Geister seiner drei verstorbenen Frauen, das Gesicht der Vierten erscheint ihm im Mond, als ein Blitzschlag den Wald in ein Meer verwandelt, auf dem der Alpenkönig in einem Boot erscheint:
- Rappelkopf steigt auf den Baum. Die Weiber verschwinden, es schlagt in die Hütte ein, sie steht in hellen Flammen. Heftiger Regen, Sturmgeheul und Donner. Die Wasserflut schwillt immer höher, bis sie Rappelkopf, der sich auf den Gipfel des Baumes rettet, bis an den Mund steigt, so daß nur die Hälfte seines Hauptes mehr zu sehen ist. - Schnelle Verwandlung: Der Nachen verwandelt sich in zwei Steinböcke mit goldenen Hörnern. Der Baum, auf dem Rappelkopf steht, in einen schönen Wolkenwagen, in dem sich der Alpenkönig und Rappelkopf befinden. Das Wasser verschwindet. Das ganze Theater verwandelt sich in eine pittoreske Felsengegend, die Teufelsbrücke in der Schweiz vorstellend, auf welcher Kinder, als graue Alpenschützen angekleidet, Böller losfeuern, während der Wolkenwagen über die Bühne fährt. (Ferdinand Raimund: Der Alpenkönig und der Menschenfeind, 1. Aufzug, 21. Auftritt)
Neuzeit
Max Reinhardt zog 1903 in Shakespeares „Sommernachtstraum“ alle Register modernster Technik, um die Zuschauer regelrecht in das Bühnengeschehen mit hineinzuziehen und damit zum Bestandteil jener phantastischen Welt zu machen, die er für sie perfekt durchorganisiert hatte. Begeisterung rief die Drehbühne hervor, auf die der Wald samt seiner Bewohner installiert war. Der Zuschauer „schwang sich im Geist auf das Drehscheibenkarussell, um mitzutun in der Welt des theatralischen Spiels“.
Seit Bertolt Brecht (im epischen Theater) und zuvor teilweise schon bei den russischen Konstruktivisten, z. B. Kasimir Malewitsch oder Tatlin begann die Offenlegung der Bühnenmaschinerie als Mittel der Desillusionierung.
Die Revue wurde am Anfang des 20. Jahrhunderts in ganz Europa beliebt und präsentierte Ausstattungsstücke, die mit riesigem Aufwand an Kostümen und Dekorationen, Lichteffekten und der Bühnenmaschinerie das Publikum beeindruckte und die in anderen Großstadttheatern besonders in England und Amerika übernommen und in denen die Schaukünste oft zum Selbstzweck umgeformt wurden.
Im Musical und anderen Formen modernen Showtheaters wird größtenteils mit einer sehr aufwendigen Bühnenmaschinerie gearbeitet, spektakuläres Beispiel dafür ist der auf die Bühne herabfallende Luster in „Das Phantom der Oper“ von Andrew Lloyd Webber.
Literatur
- Faszination der Bühne. Verlag Rabenstein, Bayreuth ISBN 3-928683-25-X
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