Ferdinand Raimund

Ferdinand Raimund
Ferdinand Raimund; Lithographie von Joseph Kriehuber 1835

Ferdinand Raimund, eigentlich Ferdinand Jakob Raimann (* 1. Juni 1790 in Wien; † 5. September 1836 in Pottenstein) war ein österreichischer Dramatiker und gemeinsam mit Johann Nestroy Hauptvertreter des Alt-Wiener Volkstheaters.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Ferdinand Raimund war der Sohn des eingewanderten böhmischen Drechslermeisters Jakob Raimann. Nach dem Tode seines Vaters 1804 durchlief er eine Lehre bei dem Zuckerbäcker Ludwig Dehne. Als „Numero“ bot er Süßwaren seines Meisters in den Pausen an und machte dabei die erste Bekanntschaft mit dem Theater. Um Schauspieler zu werden, gab er schließlich sein Handwerk auf. 1808 schloss er sich umherziehenden Komödianten an und ging mit ihnen auf Tournee durch die Provinz.

In Meidling wurde er infolge eines Sprachfehlers abgelehnt und in Pressburg einen Tag nach seinem Debüt gekündigt. Von 1809 an bis 1814 tourte er mit verschiedenen Schauspieltruppen durch Westungarn.

1814 kehrte er nach Wien zurück und feierte am Theater in der Josefstadt seine ersten Erfolge. Sein künstlerischer Durchbruch gelang ihm 1815 mit dem Stück Die Musikanten am Hohen Markt des späteren Schwiegervaters Josef Alois Gleich, einem Werk des Alt-Wiener Volkstheaters. Der Erfolg war so überwältigend, dass Gleich bis 1817 noch vier Fortsetzungen schrieb.

Raimunds Grab in Gutenstein

Seit 1817 gehörte Raimund dem Ensemble des Theaters in der Leopoldstadt an, davon zwei Jahre, 1828 bis 1830, sogar der Direktion. Hier spielte Raimund nicht nur, sondern er führte auch Regie.

Ab 1820 war er mit der Soubrette Aloisia Gleich unglücklich verheiratet und hatte nebenbei ein Verhältnis mit Antonie Wagner, mit der er bis 1829 zusammen lebte. Raimunds Liebesaffären und seine Vorstellung von der idealen Liebe prägten ebenso in starkem Maße die Fabeln seiner Stücke wie seine Hypochondrie und der Ehrgeiz, eigentlich zum „Tragiker“ geboren zu sein.

Seit 1823 widmete er sich verstärkt der Schriftstellerei. Trotz seines Ziels, des tragischen Charakterfachs, errang er seine großen Erfolge in komischen Charakterrollen. Immer wieder wurde er von Depressionen heimgesucht.

1829 versuchte sich Raimund auch an Tragödien (Die unheilbringende Zauberkrone oder König ohne Reich, Held ohne Mut, Schönheit ohne Jugend) und fiel beim Publikum durch. Da auch die Kritik kein gutes Haar an ihm ließ, verließ Raimund 1830 das Theater in der Leopoldstadt. Er trat immer seltener auf und zog sich 1834 auf sein Gut Pernitz (Raimundvilla) zurück. Als Raimund von einem – fälschlicherweise von ihm für tollwütig gehaltenen – Hund gebissen wurde, versuchte er sich in der Nacht vom 29. August auf den 30. August 1836 zu erschießen.

Am 5. September 1836 verstarb Ferdinand Raimund in Pottenstein im Alter von 46 Jahren. Er liegt auf dem Bergfriedhof zu Gutenstein begraben.

Bedeutung

Ferdinand Raimund auf der 50-Schilling-Banknote (1970)

Raimunds Stücke sind große szenische Sinnbilder vom Glück in einer geordneten Welt mit utopischen Ausblicken in ein höheres Reich der Liebe und Freiheit. Raimund prägte eine für das auf die Lachfunktion reduzierte Volkstheater andere und richtungweisende Dramatik, in der die komischen Volksfiguren neue Rollen übernehmen. Der Einfluss seines verfremdenden Märchentheaters als Utopie und Spiegel der Wirklichkeit ist für die weitere Entwicklung des Volksstücks und der Dramatik im 20. Jahrhundert unbestritten.

Sein Konterfei ist auf der 50-Schilling Banknote von 1970 zu sehen.

Werke

Ferdinand Raimund als Aschenmann in Der Bauer als Millionär (Lithographie von Kriehuber nach Moritz von Schwind)

Von 1823 bis 1834 verfasste Raimund acht Bühnenwerke, die gemeinsam mit dem Werk Nestroys den literarischen Höhepunkt der Alt-Wiener Volkskomödie darstellen. In sein Schaffen mündeten die Traditionen des Barocktheaters, des Stegreifspiels, des Wiener Zauberstücks, der Lokalposse, der Parodie und des bürgerlichen Schauspiels. Die Mischung von Humor, Melancholie und erzieherischer Absicht sicherte ihm einen breiten Erfolg beim Publikum.

Literatur

  • Jürgen Hein: Ferdinand Raimund. Metzler, Stuttgart 1970. (= Sammlung Metzler; 92; Abteilung D, Literaturgeschichte)
  • Jürgen Hein, Claudia Meyer: Ferdinand Raimund, der Theatermacher an der Wien. Ein Führer durch seine Zauberspiele. Lehner, Wien 2004. (= Quodlibet; 7) ISBN 3-901749-38-1
  • Jürgen Hein: Das Wiener Volkstheater. Raimund und Nestroy. Darmstadt, Wissenschaftliche Buchgesellschaft 1978. (= Erträge der Forschung; 100) ISBN 3-534-07774-1
  • Günter Holtz: Ferdinand Raimund - der geliebte Hypochonder. Sein Leben, sein Werk. Lang, Frankfurt am Main u.a. 2002. ISBN 3-631-39162-5
  • Yong-Ho Kim: Der Ernst von Ferdinand Raimunds Spielen unter besonderer Berücksichtigung der Traditionsbezüge und der gesellschaftlichen Funktion seines Theaters. Lang, Frankfurt am Main 1991. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 1, Deutsche Sprache und Literatur; 1269) ISBN 3-631-44177-0
  • Felix Kreissler: Das Französische bei Raimund und Nestroy. Notring der wiss. Verbände Österreichs, Wien 1967.
  • Raimund, Nestroy, Grillparzer - Witz und Lebensangst, hrsg. v. Ilija Dürhammer. Ed. Praesens, Wien 2001. ISBN 3-7069-0113-7
  • Raimund-Brevier, hrsg. v. Gottfried Riedl. Verlag Johann Lehner, Wien 1999. ISBN 3-901749-17-9
  • Ferdinand Raimund - Stätten seines Lebens, Gottfried Riedl. Verlag Johann Lehner, Wien 2000. ISBN 3-901749-20-9
  • Ferdinand Raimund. Bilder aus einem Theaterleben, Gottfried Riedl. Verlag Johann Lehner, Wien 2005. ISBN 3-901749-41-1.
  • Ian Roe: Ferdinand Raimund. Biographie, Meteore Band 5, Wehrhahn Verlag, Hannover 2010, ISBN 978-3-86525-174-9.
  • Frank Schaumann: Gestalt und Funktion des Mythos in Ferdinand Raimunds Buehnenwerken. Bergland, Wien 1970.
  • Renate Wagner: Ferdinand Raimund. Kremayr u. Scheriau, Wien 1985. ISBN 3-218-00425-X
  • Gunther Wiltschko: Raimunds Dramaturgie. Fink, München 1973.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Ferdinand Raimund – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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