Thomas Lansius

Thomas Lansius

Thomas Lansius (Lanß) (* 16. Februar 1577 in Perg; † 22. Dezember 1657 in Tübingen). Er promovierte als Doktor beider Rechte bei Johannes Harpprecht an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

Bereits 1606 wurde er von Herzog Friedrich von Württemberg zum ordentlichen Professor für Politik, Geschichte und Beredsamkeit am Tübinger Collegium Illustre (Adelshochschule) berufen. 1611 holte ihn Herzog Johann Friedrich von Württemberg auf einen der beiden juristischen Lehrstühle des Kollegiums. Lansius war bis zu seinem Tod am Collegium Illustre tätig.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kindheit und Jugend

Thomas Lanß war der Sohn des Tuchscherers Lienhart Lanß aus Perg in Oberösterreich

Thomas Lanß[1] wurde als Sohn des Tuchscherers und späteren Perger Marktrichters Leonhart (Lienhart) Lanß († 1598) und dessen Ehefrau Anna (geborene Weiglin, † 1597) in Perg geboren und besuchte dort die Schule. Sein Talent, das sich durch Schärfe des Verstandes, Genauigkeit des Gedächtnisses und Richtigkeit des Urteils auszeichnete, wurde bereits zu dieser Zeit erkannt.

Mit knapp 14 Jahren meldete er sich zum Kriegshilfsdienst für den Kampf gegen die in Ungarn vorrückenden Türken, kehrte bald schwer leidend in seine Heimat zurück, um seine Ausbildung fortzusetzen. Er kam an die Evangelische Landschaftsschule (der Vorläuferschule des heutigen Akademischen Gymnasiums) in Linz, wo er bis zur Vollendung des 16. Lebensjahres blieb und dabei unter anderen Georg Calaminus als Lehrer hatte.

Studium und Reisen

Die ungünstige Entwicklung der Verhältnisse für den Protestantismus in Österreich bewegten ihn dazu, sein Vaterland zu verlassen und seine Studien im Ausland fortzusetzen.

Auf Anraten von Eltern und Freunden begab er sich auf Reisen und gehörte zu den Hörern der bekannten Lehrer der damaligen Zeit an verschiedenen Universitäten, beispielsweise in Tübingen, in Marburg (Hessen) und in Paris. Er studierte die verschiedensten Wissensgebiete wie (lateinische und griechische Literatur und Kunst, Pflege der orientalischen Sprachen, Naturwissenschaften, insbesondere Physiologie, weiters Mathematik, Moralphilosophie, Beredsamkeit und Staatswissenschaften.

Mit knapp 20 Jahren legte er die Disputation Über die Grundstoffe der natürlichen Dinge vor, die er seinem Vater widmete. In der Folge studierte er an den Universitäten in Tübingen, Marburg und Wittenberg Philosophie und Rechtswissenschaften.

Im Jahr 1600 wurde er in Zusammenhang mit einem wissenschaftlichen Rechtsstreit in Marburg genannt. Er blieb dort bis 1601. Weitere Stationen seiner Bildungsreisen waren 1602 Frankfurt am Main und Paris, wobei er sich an Abraham Hölzel von Sternstein (um 1580–1651), einem vornehmen Österreicher, anschloss, um den Hof, die Hohe Schule und den berühmten Handel kennenzulernen. Hölzel wurde später sein Schwager.

Von Paris aus durchwanderte er ab 1603 die Champagne, Lothringen, Elsass, die Herzogtümer Markgrafschaft Baden, Schwaben, Franken, Hessen, die Herzogtümer Braunschweig und Lüneburg, Bremen und Oldenburg, Westfalen, Friesland, das verbündete Belgien, die Herzogtümer Geldern, Cleve und Berg, Köln und Trier, das Herzogtum Luxemburg, Hannover, Flandern und Brabant. Weiters London und zurück nach Paris. 1604 ging es nach Rom, von dort neuerlich nach London, weiter nach Süddeutschland und an den Rhein. Die letzte dieser Reisen ging nach Ungarn und Böhmen, wo er sich in Prag am kaiserlichen Hof aufhielt.

Heirat und Professur am Collegium Illustre

Wilhelmstift in Tübingen, Fassade mit Ausnahme des Ostflügels noch aus der Zeit des Collegium Illustre
Schloss Hohentübingen, vielleicht gehörte eines der Häuser unterhalb des Schlosses dem Thomas Lansius, angeblich ist 1647 bei einem Angriff ein Turm auf dessen Haus gestürzt

Am 3. September 1604, dem Tag seiner Promotion bei Johannes Harpprecht als Doktor beider Rechte, heiratete er Susanna, geborene Schnepff (Tochter des Tübinger Theologieprofessors Dietrich Schnepf). Diese verstarb 1621 und Lansius war danach 1624 bis zu seinem Tod mit Anna Maria Kaspar (Tochter des vormaligen Tübinger Bürgermeisters Rudolf Kaspar) verheiratet. Deren gemeinsame Tochter Maria Susanna heiratete Wolfgang Adam Lauterbach.

Lansius[2], wie er sich seit seiner Promotion nannte, wurde 1606 zum ordentlichen Professor für Politik, Geschichte und Beredsamkeit sowie ab 1611 zusätzlich auf einen der beiden juristischen Lehrstühle am Tübinger Collegium Illustre (Adelshochschule) berufen. Er wirkte dort 51 Jahre, bis zu seinem Tod 1657, und galt dort als dessen erfolgreichster Lehrer. An der Universität von Tübingen wirkte der mehrfach als Visitator und Kommissar.

Einerseits erhielt er viele Rufe auf Lehrstühle, die er alle ablehnte, andererseits übte die Lehranstalt unter seiner Wirkung Anziehungskraft auf Adelige in ganz Mitteleuropa aus. Er pflegte Kontakte mit vielen Gelehrten seiner Zeit, unter anderem hat ihm der Tacitus-Kommentator, Württembergisch-Mömpelgardische Diplomat und Kanzler Christoph Forstner (1598–1668)[3], eines seiner Hauptwerke, die Centuriae Hypomnematum politicorum (Straßburg 1623), gewidmet. Er galt als geschätzter juristischer Berater von Fürstenhöfen, beispielsweise war er das lebendige Archiv des Stuttgarter Hofes, und Freunden, darunter Johannes Kepler, dem er vermutlich gemeinsam mit Christoph Besold im gegen dessen Mutter, Katharina Kepler, angezettelten Hexenprozeß half.

Das Haus von Thomas Lansius mit Bibliothek in Tübingen (heutige Adresse Neckarhalde 15), geriet 1647 während des 30jährigen Krieges im Zuge der Belagerung von Schloss Hohentübingen durch französische Truppen in Gefahr und wurde schwer beschädigt.

Münzsammlung des Thomas Lansius

Thomas Lansius hinterließ eine Sammlung von 24 goldenen, 1100 silbernen und 1092 bronzenen Münzen. Die Sammlung wurde im Jahr 1672 durch den Hofbibliothekar Peter Lambeck für das kaiserliche Münzkabinett in Wien um 1200 (oder 1800) Gulden erworben und kam so aus Tübingen nach Wien.[4]

Die Münzen waren zuvor dem Hartungischen Glückshafen einverleibt. Sophia Helena Hartung, Witwe, quittierte den Empfang der bar erhaltenen Zahlung für die insgesamt 2.216 Münzen. Es dürfte sich überwiegend um römische Münzen gehandelt haben. Aus dieser Sammlung wurden 1752 auf Befehl der Kaiserin Maria Theresia durch Valentin Jamerai Duval[5] und Erasmus Froelich[6] die selteneren und wertvolleren der kaiserlichen Münzsammlung einverleibt.[7]

Werke

  • Thomas Lansius: Dissertatio de lege regia. Tübingen 1602
  • Thomas Lansius: Orationes seu consultatio de principatu inter provincias Europae. Tübingen 1613
  • Diverse Festreden (z.B. Pro Illustri Collegio) für verschiedene Persönlichkeiten
  • Familienpredigten
  • Einige Disputationen (z.B. De cura religionis, De lege regia oder De prarogativa inter milites ac subditos)
  • Bernhard Fabian: Handbuch der historischen Buchbestände in Deutschland, Österreich und Europa
    • Universitätsbibliothek Tübingen: Der Fachbereich Statistik an der Universität Tübingen wird durch Schriften von drei Professoren repräsentiert, darunter zwei von Thomas Lansius aus dem 17. Jahrhundert,
    • Ratsbibliothek Schwäbisch Hall: Zur Rhetorik und Panegyrik liegen vornehmlich Werke des 17. und 18. Jhs vor, unter anderem von Thomas Lansius (Ratsbibliothek Schwäbisch Hall)
  • Thomas Lansius, digitalisiert und Online zugänglich[8]

Einzelnachweise

  1. Florian Eibensteiner und Konrad Eibensteiner: Das Heimatbuch von Perg, Oberösterreich. Selbstverlag, Linz 1933, S. 166ff auf Basis einer 87-seitigen, in lateinischer Schrift abgefassten Abhandlung in einem Sammelband der Universität Tübingen
  2. Teichmann: Lansius, Thomas. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 700.
  3. P. Stälin: Forstner, Christoph von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 7, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 191 f.
  4. Max Doblinger: Zur Pflege der Numismatik in Oberösterreich, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines, 92. Band, Linz 1947, S 260f PDF
  5. Karl Weiß: Duval, Valentin Jamerai. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 5, Duncker & Humblot, Leipzig 1877, S. 499 f.
  6. Karl Werner: Fröhlich, Erasmus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 132–134.
  7. Joseph Bergmann: Sitzungsbericht der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Classe, 19. Band, 1856 Text
  8. Thomas Lansius digitalisierte Werke Online-Abfrage

Literatur

  • Karl Klüpfel: Geschichte und Beschreibung der Universität Tübingen. Tübingen 1849, ND Aalen 1977;
  • Michael Philipp: Vom Ursprung und der Entwicklung der politischen Wissenschaft. Magnus Hesenthalers Antesignanus politicus und die Lehre der Politik in Tübingen im 17. Jahrhundert (im Erscheinen)
  • Florian Eibensteiner und Konrad Eibensteiner: Das Heimatbuch von Perg, Oberösterreich. Selbstverlag, Linz 1933
  • Franz Lebsanft: Sprachanekdoten in der Tübinger Consultatio de principatu inter provincias Europae des Thomas Lansius. In: Richard Baum, Klaus Böckle, Franz Josef Hausmann und Franz Lebsanft (Hrsg.): Geschichte der Sprachwissenschaft und der neueren Philologien, Festschrift für Hans Helmut Christmann zum 65. Geburtstag. Tübingen 1994, S. 207–216
  • Joseph Demmler, Professor der Theologie zu Tübingen, Die Leichenpredigt auf Thomas Lansius, Tübingen 1658
  • Christoph Caldenbach, Panegyricus memoriae ac honori Thom. Lansii, Tübingen 1658
  • Hesenthaler, Professor am Collegium Illustre, Thomae Lansii cineres seu oratio de vita ejus beatoque excessu, Tübingen 1658
  • Johann Friedrich Jugler, Beiträge zur juristischen Bibliographie, Leipzig 1777, S 72ff PDF

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