- Totenkirche Neckarbischofsheim
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Die Totenkirche in Neckarbischofsheim im Rhein-Neckar-Kreis im nördlichen Baden-Württemberg ist die seit dem 14. Jahrhundert belegte ursprüngliche Pfarrkirche des Ortes, in der sich zahlreiche historische Grabmäler der Herren von Helmstatt befinden, die zu den bedeutendsten Kulturdenkmälern des Kraichgau zählen.[1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die heutige Totenkirche in Neckarbischofsheim wurde erstmals 1329 anlässlich eines Gütertauschs zwischen Raban I. von Helmstatt und dem Bistum Worms als Pfarrkirche erwähnt. Im Zuge dieses Tausch ging das Patronatsrecht der Kirche gegen fünf Höfe in Grombach und den Oberbiegelhof an den Bischof von Worms. Die Kirche war ursprünglich Johannes dem Täufer geweiht und bestand zur Zeit des Tausches bereits seit der Zeit der „Altvorderen“. Die ältesten Bauteile der Kirche zeigen Stilelemente der Spätromanik, weswegen die Erbauung der Kirche vermutlich im 11. oder 12. Jahrhundert anzusiedeln ist. 1348 ging das Patronatsrecht an das Stift Wimpfen über. Die Kirche war ursprünglich kleiner und wurde mehrfach umgebaut. Durch dendrochronologische Untersuchungen konnten Hölzer im Dachstuhl auf 1364 und 1405 datiert werden. Außerdem war die Kirche einst vom Friedhof umgeben. An die Kirche nach Süden angebaut war eine Sakristei und auf dem Friedhof befand sich noch ein zugehöriges Beinhaus.
Zwischen 1350 und 1375 entstanden wohl die friesartigen Chormalereien, die an der Nordseite Szenen aus der Schöpfungsgeschichte des Alten Testaments zeigen, während an der Südseite neutestamentarische Szenen aus dem Leben Jesu dargestellt sind. Der Chorbogen ist innen mit dem Gleichnis von den klugen und törichten Jungfrauen bemalt. Die Ausmalung des Langhauses ist etwas jünger. Die Fensternischen zeigen verschiedene Heilige, an der Nordwand befindet sich eine große Darstellung des Christophorus, am Chorbogen eine Darstellung des jüngsten Gerichts. Vermutlich befand sich im Chor, der später umgebaut und mit Grabmälern versehen wurde, auch einst eine Darstellung Johannes des Täufers. Die im Laufe der Zeit übermalten Wandmalereien wurden 1908 wiederentdeckt und 1910/11 restauriert.
Die Kirche dient nachweislich seit der Mitte des 14. Jahrhunderts als Grabkirche der Herren von Helmstatt, deren bedeutendste Linie zu Bischofsheim saß. Die Adeligen wurden in oder bei der Kirche bestattet. Ihre Gräber wurden mit steinernen Grabplatten abgedeckt, außerdem kamen auch schmuckvolle Grabdenkmale (Epitaphe) zur Aufstellung, die die Verstorbenen als lebensgroße Sandsteinplastiken zeigen. Die ältesten Grabplatten sind die von Raban II. († 1343) und Dieter († 1344). Insgesamt befinden sich in und an der Kirche über 40 historische Grabmäler.
Im 15. Jahrhundert wurde der Chor umgestaltet und erhielt hierbei seine gotischen Fenster. Zweck des Chorumbaus war möglicherweise die Schaffung einer ersten Gruft im Chorbereich, auf die neben schriftlichen Erwähnungen um 1700 auch die außergewöhnliche Fundamenttiefe im Chorbereich von über 3 Metern hinweist. 1575 wurde die nach Süden eingewölbte Sakristei abgebrochen. Von 1593 bis 1595 wurde das Langhaus erweitert und die Empore eingezogen.
Im 17. Jahrhundert verlor die Johanneskirche ihre Bedeutung als Pfarrkirche zugunsten der 1612 vollendeten Neckarbischofsheimer Stadtkirche St. Salvator. 1604 wird die Johanneskirche noch als Pfarrkirche bezeichnet, 1660 ist von der „äußeren Pfarrkirche“ die Rede, so dass zu diesem Zeitpunkt beide Kirchen Pfarrkirchen gewesen sein könnten, 1698 wird die Kirche dann erstmals als „Totenkirche“ bezeichnet und die Stadtkirche St. Salvator scheint zur einzigen Pfarrkirche geworden zu sein.
1769 wurde von Carl Christoph von Helmstatt († 1795) eine neue Gruft angelegt, in der die letzte Beisetzung eines Familienangehörigen 1966 stattfand.
Die Glocke im Glockentürmchen ist mit der Inschrift „M + CCC + LXVI“ vermeintlich auf 1366 datiert, allerdings befindet sich in Altensteig bei Calw eine werkstattgleiche Glocke aus dem Jahr 1467, so dass man daraus als auch aus der Buchstabenstellung der Neckarbischofsheimer Glockendatierung vermutet, dass es sich um einen Gussfehler handelt und die Glocke tatsächlich erst 1466 entstanden ist.
Die Kirche diente ab den 1840er Jahren bis nach dem Zweiten Weltkrieg für katholische Gottesdienste. Von 1973 bis 1975 erfolgte eine umfassende Sanierung der Kirche, wobei auch das im 19. Jahrhundert umgebaute Fenster der Nordseite anhand einer Zeichnung von 1832 rekonstruiert wurde. Gegenwärtig (Herbst 2008) finden weitere Sanierungsmaßnahmen in der Kirche statt, deren Zweck insbesondere die Konservierung der 24 im Außenbereich befindlichen historischen Grabdenkmale ist.[2]
Grabdenkmale
Die Grabdenkmale der Totenkirche sind sowohl Grabsteine und Grabplatten als auch Epitaphe. Überwiegend handelt es sich um Grabdenkmale der Herren von Helmstatt, über die Herkunft ihrer Frauen oder Heirat der Töchter sind auch die Namen und Wappen der Herren von Neipperg, Landschad von Steinach, Herren von Hirschhorn, Herren von Venningen und weiterer Adelsgeschlechter zu finden. Die ältesten Grabmale stammen aus dem 14. Jahrhundert und sind noch in lateinischer Sprache beschriftet, beginnend mit dem Grabmal Eberhards von Helmstatt († 1427) sind die Beschriftungen dann später in deutscher Sprache. Diejenigen Grabplatten, die sich einst im Boden des Chors oder des Langhauses oder auch im Außenbereich befunden haben, sind teils stark abgetreten oder verwittert. Die jeher im Inneren aufgestellten Epitaphe sind besser erhalten.
Die künstlerisch anspruchsvollsten Epitaphe befinden sich an den Chorwänden, allen voran an der Südwand das größte, vier Meter hohe Epitaph des Johann Philipp von Helmstatt (1545-1594) nebst seinen zwei Frauen, das die Personen jeweils lebensgroß plastisch abbildet und aus der Werkstatt des Heilbronner Bildhauers Jakob Müller im späten 16. Jahrhundert stammt. An der gegenüberliegenden Chornordwand sind weitere lebensgroße plastische Darstellungen des Philipp von Helmstatt (1496–1563) und seiner ersten Gemahlin sowie des Christoph von Helmstatt († 1578) zu sehen. Herausragende Bedeutung hat auch das an der Nordwand des Langhauses befindliche, drei Meter hohe Epitaph für Weiprecht I. († 1408), das abermals lebensgroß den Stadtgründer von Bischofsheim unter einem gotischen Baldachin mit beigestellten allegorischen Figuren (Hund und Löwe als Zeichen von Treue und Stärke) zeigt.
Im Innenraum befinden sich folgende Grabplatten und Epitaphe:
- Agnes Philippina von Helmstatt zu Helmstadt († 1632), Tochter des Peter von Helmstatt (Grabstein, Buntsandstein)
- Heinrich von Helmstatt zu Helmstadt (1553–1627) (Grabstein, grauer Sandstein)
- Walburga, geb. von Neipperg († 1604), erste Frau Pleickards I. von Helmstatt zu Hinsingen (Grabstein, grauer Sandstein)
- Magdalena, geb. Hiltmarin († 1429), Frau Weiprechts IV. (Grabstein, grauer Sandstein)
- Hans I. von Helmstatt († 1422), Sohn Weiprechts I. (Grabplatte, grauer Sandstein)
- Dieter von Helmstatt († 1344), Sohn Rabans I. (Grabplatte, grauer Sandstein)
- Raban II. von Helmstatt († 1343), Sohn Rabans I. (Grabplatte, gelber Sandstein)
- Reinhard d. J. von Helmstatt († 1404), jüngster Sohn Weiprechts I. (Grabplatte, grauer Sandstein)
- Johann Philipp von Helmstatt (1545-1594) (Epitaph, grauer Sandstein)
- Agnes, geb. Landschadin von Steinach († 1580), erste Ehefrau Johann Philipps von Helmstatt (Epitaph, grauer Sandstein)
- Dorothea, geb. Landschadin von Steinach († 1606), zweite Ehefrau Johann Philipps von Helmstatt (Epitaph, grauer Sandstein)
- Christoph von Helmstatt († 1578) (Epitaph aus grauem Sandstein, auch dessen Grabstein erhalten)
- Philipp von Helmstatt zu Grumbach (1496–1563) (Epitaph aus grauem Sandstein und Grabplatte)
- Margaretha, geb. von Neipperg (1500–1547), erste Frau Philipps von Helmstatt zu Grumbach (Epitaph, außerdem auch Grabstein aus grauem Sandstein erhalten)
- Kinderepitaph Johann Adam († 1605), Philipp Ludwig († 1617), Maria Agnes († 1619), Kinder Ludwig Carls von Helmstatt und der Agatha Maria von Helmstatt (Sandstein)
- Kinderepitaph Anna Felicitas († 1630) und Johann Carlin († 1631), Kinder Ludwig Carls von Helmstatt und der Anna Wilhelmina von Eltz (Epitaph aus gelbem Sandstein, auch deren Grabstein erhalten)
- Hans Adam von Venningen († 1601), sechsjähriger Sohn des Wilhelm von Venningen und der Helena von Helmstatt (Epitaph aus gelbem Sandstein, auch eine kleine Grabplatte erhalten)
- Kinderepitaph um 1600, mglw. Tochter Johann Philipps von Helmstatt (Keupersandstein)
- Salome von Helmstatt († 1591), Tochter des Philipp von Helmstatt (Grabstein, grauer Sandstein)
- Agatha Maria von Helmstatt († 1619), erste Ehefrau Ludwig Carls von Helmstatt (Grabstein, grauer Sandstein)
- Agatha, geb. von Massenbach († 1604), Witwe Adams von Helmstatt und Mutter Agatha Marias (Grabstein, grauer Sandstein)
- Helena von Eltz, geb. von Seckendorf († 1624), Mutter der Anna Wilhelmina von Eltz (Epitaph, grauer Sandstein)
- Weiprecht I. von Helmstatt († 1408) (Epitaph aus Keupersandstein)
- Weiprecht IV. von Helmstatt († 1445) und zweite Frau Anna von Hirschhorn († 1442) (Grabstein aus Rotmarmor)
- Eberhard von Helmstatt († 1427), Sohn Hans' I. (Grabsteinfragment aus grauem Sandstein)
- Ludwig Carl von Helmstatt (1578–1632), Sohn Johann Philipps von Helmstatt (Grabstein aus grauem Sandstein)
Im Außenbereich der Kirche befinden sich folgende Grabdenkmale:
- Helena, geb, von Morsheim († um 1600) (Grabstein aus rotem Sandstein)
- August Raban von Helmstatt (1776–1842) (Epitaph)
- Johann Philipp von Helmstatt (1545-1594) (Grabstein aus grauem Sandstein)
- Georg Philipp von Helmstatt († 1619) (Grabsteinfragemnt, gelber Sandstein)
- Weiprecht II. von Helmstatt († 1421) (Grabplatte aus rotem Sandstein)
- Anna Adelheid, geb. von Ehrenberg († 1377), Ehefrau Rabans III. (Grabplatte aus gelbem Sandstein)
- Raban III. von Helmstatt († 1393), Sohn Rabans II. (Grabplatte aus gelbem Sandstein)
- Weiprecht III. von Helmstatt († 1478) und Getze von Werberg († 1465) (Grabplatte aus gelbem Sandstein)
- Raban I. (d.J.) von Helmstatt († 1344), Vater Rabans II. und Dieters (Grabstein aus gelbem Sandstein)
- Sibylla Landschadin von Steinach († 1577), Schwägerin des Johann Philipp von Helmstatt (Grabplatte aus gelbem Sandstein)
- Agnes, geb. Landschadin von Steinach († 1580), erste Ehefrau Johann Philipps von Helmstatt (Grabstein aus gelbem Sandstein)
- Sara von Helmstatt (1542-1616), Frau Heinrichs von Helmstatt (Grabstein aus gelbem Sandstein)
- Christoph von Helmstatt († 1578) (Grabstein aus Sandstein)
- Wolfgang Heinrich von Helmstatt (1681–1720) (Grabstein)
- Carl Valentin von Helmstatt (1647-1702) (Grabplatte)
- Pleickard Maximilian Augustin von Helmstatt (1728-1802) (Grabplatte)
- Juliana Charlotta geb. Tritschler von Falkenstein (1690-1761), Frau Wolfgang Heinrichs von Helmstatt (Grabstein)
- Anna, geb. von Neipperg († 1415), Frau Weiprechts I. (Grabsteinfragment aus Buntsandstein)
Außer den genannten Grabmalen sind in der Totenkirche noch das Grabmal des Arztes Rudolf Schlick († 1596), ein nicht mehr lesbarer, vermutlich einem Adeligen gehöriger Grabstein an der äußeren Westwand sowie vier Grabsteine aus dem 17. und 18. Jahrhundert bürgerlicher Herkunft an der südlichen Außenwand erhalten.
Einzelnachweise
- ↑ Förderbericht 2007 der Denkmalstiftung Baden-Württemberg, Seite 3
- ↑ Förderbericht der Denkmalstiftung Baden-Württemberg
Literatur
- Peter Beisel: Die alte Pfarrkirche St. Johann in Neckarbischofsheim 988-1988, hrsg. vom Verein für Heimatpflege, Neckarbischofsheim 1988
- Hermann Stein mit Arnold Scheuerbrand: Ursprung und Geschichte der (Neckar-)Bischofsheimer Hauptlinie der Herren von Helmstatt - Ihre Grabmale und ihre Bauten, Heimatverein Kraichgau, Bretten 2005
Weblinks
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