Tourenwagen

Tourenwagen

Als Tourenwagen bezeichnet man Personenkraftwagen aus Großserienproduktion, die in modifizierter Form zu Motorsport-Rennen eingesetzt werden. Sie müssen aber „zum normalen Verkauf an die Kundschaft bestimmt“ sein (Originaltext des ISG).

BMW Schnitzer CSL 1973
Vauxhall Astra Sport, BTCC 2006

Ein gerne verwendetes Synonym ist Produktionswagen. Diese werden von den bekannten Autoherstellern in erster Linie für den Massenmarkt und die reguläre Teilnahme am Straßenverkehr in großen Stückzahlen gebaut. Mit den notwendigen Sicherheitseinrichtungen (Überrollkäfig, Feuerlöscher, ggf. Hosenträgergurte, Hauptschalter) können diese Autos im Motorsport eingesetzt werden, in einigen wenig riskanten Wettbewerben wie Automobil-Slalom und Gleichmäßigkeitsprüfungen (GLP) auch in unveränderter Form.

Wichtigste Grundlage für eine Anerkennung in den weiter unten genannten Fahrzeugklassen ist die von der FIA dokumentierte Homologation im FIA-Regelwerk.

Die Internationalen Fahrzeugklassen sind (beginnend mit den seriennächsten):

alle wiederum unterteilt nach Hubraum.

Zusätzlich gibt es in jedem Land nationale Fahrzeugklassen. In Deutschland sind das

  • Gruppe G (seriennäher als Gr. N, unterteilt nach Leistungsgewicht),
  • Gruppe F bzw. F-2005 (ungefähr wie Gr. A), und
  • Gruppe H (freier als Gr. F).

Die Gruppen F und H werden wieder nach Hubraum eingeteilt. Wenn bei einem Auto Änderungen (Tuningmaßnahmen) durchgeführt (und im DMSB-Wagenpass deklariert!) wurden, die die erlaubten übersteigen, kann es vielfach in der nächsthöheren Gruppe gewertet werden.

GT-Fahrzeuge haben im Serienzustand nur zwei Sitze und zählen teils zu Kategorie I (Serienproduktionswagen, dann Gruppe B), als GT2/GT1 aber zu Kategorie II (Rennwagen). Die Letzteren nehmen an den populären internationalen Wettbewerben wie 24 Stunden von Le Mans, oder der FIA GT Meisterschaft teil.

Zusätzlich gibt es noch Spezialklassen wie Markenpokale, DMSB Gruppe 2 l und 1,8 l sowie die eindeutig den Rennwagen zuzuordnende Klasse 1. Diese fahren im Allgemeinen ohne Unterteilung. Möglich sind aber getrennte Wertungen für Vorjahresautos, Nachwuchsfahrer, „Prominente“ usw.

Geschichte

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Die erste Tourenwagen-Rallye Deutschlands wurde im Jahr 1905 von Sir Hubert von Herkomer organisiert. Diese sogenannten Herkomer-Konkurrenzen wurden bis 1907 ausgetragen und galten als Zuverlässigkeitsprüfungen für Automobile, wodurch dieser neue Sport in Deutschland populär wurde. Der Sieger der Rallye bekam den Herkomer-Preis verliehen, der von dem Künstler selbst kreiert und aus purem Sterlingsilber geschaffen war. Noch bis in die Gegenwart gilt diese 40 kg schwere Trophäe mit dem Siegerbildnis als der wertvollste private Automobilpreis der Welt.

Bis 1981 waren die viersitzigen Wagen im FIA-Regelwerk in die Gruppe 1, Gruppe 2 und Gruppe 5 (aufsteigende Tuningstufe) eingeteilt.

Startaufstellung zum 6-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring am 8. Juli 1973

In den Sechziger- und Siebzigerjahren des vergangenen Jahrhunderts war die wirklich große Zeit der Tourenwagenrennen. Dies entstand wegen der Konkurrenzsituation Alfa-Romeo (GTA, GTAm) zu BMW (1800 TISA, 1602, 2002) und Ford (Lotus Cortina, Escort Twin Cam) bei den Wagen bis zwei Liter Hubraum und BMW (CSL) zu Ford (Capri RS) bei den hubraumstärkeren Fahrzeugen. Es gab eine heiß umkämpfte und sehr populäre „Tourenwagen-Europameisterschaft“, deren spektakulärstes Rennen die 6 Stunden für Tourenwagen auf der Nürburgring-Nordschleife war. Hubert Hahne gelang es am 6. August 1966 im Rahmenprogramm des Großen Preises von Deutschland als ersten Fahrer, auf seinem Werks-BMW 2000 TI die Nordschleife im Rennen mit einem Tourenwagen unter 10 Minuten (09:58,5 Minuten) zu umrunden.

Durch die gemessen an heutigen Rennwagen relative Seriennähe konnten auch reine Privatteams noch konkurrenzfähig teilnehmen und zogen damit Zehntausende polarisierter Fans zu den Strecken. Dazu kam, dass zu dieser Zeit die Fahrerlager – und die Fahrer(!) – meist mehr oder weniger zugänglich waren. Man konnte durchaus am Nürburgring am Morgen des 6-Stunden-Rennens in der Gaststätte unter der Haupttribüne mit Rennstars am gleichen Tisch sitzen und sich unterhalten.

Hans-Peter Joisten vor Hans-Joachim Stuck 1973

Darüber hinaus gab es noch die alte, sehr straßenähnliche Piste der Nordschleife ohne jegliche Auslaufzonen (bis 1973); und für einen Fahrer, der von der Strecke abkam, hieß es in der Regel „Hecke auf, Hecke zu“, und verschwunden war er. Aber es gab auch Bäume an der Strecke, die manchem zum Verhängnis wurden. Für die Zuschauer war die Nähe zur Piste naturgemäß ein starker Magnet und schon Tage vor dem Rennen sah man am Brünnchen Menschen in den Bäumen hocken, wo sie sich ihre „Logenplätze“ in den Ästen zimmerten.

Diverse „Ringschlachten“ sind legendär. Erinnert sei an Namen wie Hubert Hahne, Eugen Boehringer, Dieter Quester, Sir John Whitmore, Andrea de Adamich, Jacky Ickx, Jochen Mass und Hans-Joachim Stuck. Aber auch Peter Lindner (Jaguar Mk II) ist unvergessen, der 1964 mit seinem Jaguar E-Type in Montlhéry tödlich verunglückte. Er lieferte sich packende Duelle mit Eugen Boehringer auf Mercedes 300 SE.

In den 1980er Jahren wurde die DTM bzw. die Deutsche Tourenwagen-Meisterschaft populär, in der seriennahe Fahrzeuge wie BMW M3, Mercedes 190, Ford Sierra, Opel Kadett, Audi V8 usw. eingesetzt wurden. Diese Autos hatten eine normale Blechkarosse, alle Änderungen mussten vorher genehmigt (nach FIA Gruppe A homologiert) werden.

DTM-Boliden wie dieser Mercedes werden zwar aus Marketing-Gründen fälschlicherweise als Tourenwagen bezeichnet, haben jedoch Gitterrohrrahmen-Fahrgestelle, über die eine Plastikhülle gestülpt wird

Ab 1993 wurden in der DTM jedoch so genannte Klasse 1-Fahrzeuge eingesetzt, die nur äußerlich den Serienwagen glichen. Insbesondere bei der heutigen DTM handelt es sich um reinrassige Rennwagen, denen eine Plastikhülle aufgesetzt wurde. Für diese trifft die Definition des Artikels 251 im Anhang J des Internationalen Sportgesetzes der FIA zu: „Ausschließlich zu Wettbewerbszwecken einzeln gebaute Fahrzeuge“. Man könnte sie auch als Tourenwagenprototypen bezeichnen.

Ab 1990 entwickelte man in der BTCC ähnlich wie in Deutschland an einem Nachfolgereglement für die Gruppe A Tourenwagen. Anders als in Deutschland entstand hier wieder ein seriennahes Reglement der Supertourenwagen, das ab 1994 von der FIA international als Klasse 2 Reglement ausgeschrieben wurde. Viele nationale Meisterschaften trugen hiernach ihre Rennen aus. Im Super Tourenwagen Cup wurde dieses Reglement auch in Deutschland angewandt.

Seit 2002 schreibt die FIA das Super 2000 Reglement, als Nachfolger für die Supertourenwagen, international aus, das für die Tourenwagen-Europameisterschaft entwickelt wurde und 2005 in die Tourenwagen-Weltmeisterschaft (WTCC), die ihre Rennen weltweit austrägt, überging.

Im Breitensport werden auf der Nürburgring-Nordschleife in VLN, RCN und 24h Nürburgring eine Vielzahl von echten Tourenwagen aus der Großserienproduktion eingesetzt, da diese besonders als Gebrauchtfahrzeuge kostengünstig zu erwerben sind.

Siehe auch

Weblinks


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