- Trägheitsellipsoid
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Ein Trägheitsellipsoid ist eine Veranschaulichung der Trägheitseigenschaft eines starren Körpers. Es ist die normierte Form des Energieellipsoids.
Inhaltsverzeichnis
Energieellipsoid
Die Rotationsenergie eines starren Körpers ist eine quadratische Form der Komponenten der Winkelgeschwindigkeit. Eine positiv definite (die Hauptträgheitsmomente sind nicht-negativ) quadratische Form beschreibt im Allgemeinen ein dreiachsiges Ellipsoid, das hier Energieellipsoid heißt:
(Erot: Rotationsenergie, : Trägheitstensor, : Winkelgeschwindigkeit) Die quadratische Form komponentenweise ausgeschrieben lautet
Da Erot konstant ist, bewegt sich die Spitze des ω-Vektors auf der Oberfläche des Ellipsoids, wenn der Startpunkt des Vektors im Ursprung (= Ellipsoidzentrum) liegt.
Ist eine Fläche durch gegeben, so steht der Gradient an jedem Punkt dieser Fläche senkrecht zur Fläche. Daraus ergibt sich für das hier betrachtete Energieellipsoid:
Somit folgt, dass der Drehimpuls immer senkrecht auf dem Energieellipsoid steht. Der Drehimpuls ist also parallel zur Normalen des Ellipsoids in dem Punkt, an dem die Spitze des Winkelgeschwindigkeitsvektors das Ellipsoid berührt. Damit ist ersichtlich, dass und nur entlang der Hauptträgheitsachsen parallel sind. Die sechs unabhängigen Komponenten des Trägheitstensors entsprechen den 3 Hauptträgheitsmomenten und der Orientierung der Hauptträgheitsachsen, also der Form und Ausrichtung des Ellipsoids.
Mittels einer Hauptachsentransformation erhält man die Hauptträgheitsmomente Θi (Eigenwerte des Trägheitstensors) und die Hauptträgheitsachsen (Eigenvektoren). Die Rotationsenergie ergibt sich in den neuen Koordinaten ωi (die Hauptträgheitsachsen bilden die Basisvektoren des gedrehten Koordinatensystems):
bzw. umgeformt
Aus letzter Gleichung lassen sich die Halbachsen des Energieellipsoids direkt ablesen:
Trägheitsellipsoid
Das Trägheitsmoment bezüglich einer beliebigen Drehachse ist:
Mit dem Vektor erhält man eine quadratische Form bezüglich , das Trägheitsellipsoid:
Diese Normierung ändert nicht die Form des Energieellipsoids, sondern nur dessen Größe. Das Trägheitsellipsoid spiegelt die Trägheitseigenschaften eines starren Körpers wider und ist von dessen Bewegung unabhängig. Eine beliebige Drehachse schneidet das Ellipsoid im Abstand vom Zentrum des Ellipsoids.
Komponentenweise geschrieben:
Im von den Hauptträgheitsachsen aufgespannten Koordinatensystem (Hauptachsentransformation) schreibt sich das Trägheitsellipsoid mit den Hauptträgheitsmomenten Θi:
Die korrespondierenden Energie- und Trägheitsellipsoide haben die gleiche Orientierung im Raum, aber die Längen der Hauptachsen sind verschieden:
- Trägheitsellipsoid:
- Energieellipsoid:
Trägheitsellipsoide spezieller Körper
- Unsymmetrische Kreisel besitzen ein 'echtes' Ellipsoid als Trägheitsellipsoid, da . Beispiel: Quader mit drei ungleichen Seiten oder gewinkelte Moleküle wie NO2.
- Symmetrische Kreisel besitzen ein Rotationsellipsoid als Trägheitsellipsoid, da zwei Hauptträgheitsmomente gleich sind, z.B. Θ1 = Θ2. Bei rotationssymmetrischen Körpern ist die Symmetrieachse stets eine Hauptträgheitsachse, die beiden Hauptträgheitsmomente um beliebige dazu senkrechte Achsen sind gleich. Beispiele: Kreiszylinder, lineare Moleküle. Es ist jedoch zu beachten, dass nicht jeder symmetrische Kreisel rotationssymmetrisch ist. Beispiel: Quadratische Säule.
- Prolater Kreisel Θ1 = Θ2 > Θ3 besitzt ein lang gestrecktes Rotationsellipsoid entlang der Symmetrieachse des Ellipsoids. Beispiel: Zigarre.
- Oblater Kreisel Θ1 = Θ2 < Θ3 besitzt ein gestauchtes Rotationsellipsoid entlang der Symmetrieachse des Ellipsoids. Beispiele: Puck, näherungsweise die abgeplattete Erde.
- Anschaulich entspricht ein langgestrecktes Trägheitsellipsoid einem langgestrecktem Körper.
- Kugelkreisel oder sphärische Kreisel besitzen eine Kugel als Trägheitsellipsoid, da Θ1 = Θ2 = Θ3. Hat ein Körper bezüglich dreier verschiedener Achsen gleiche Trägheitsmomente, so muss das Trägheitsellipsoid eine Kugel sein. Dies hat zur Folge, dass das Trägheitsmoment bzgl. jeder Achse gleich ist. Die Form des Körpers muss jedoch nicht der einer Kugel entsprechen. Zum Beispiel besitzt ein Würfel drei gleiche Trägheitsmomente Θ bzgl. der Flächennormalen am Mittelpunkt der Seitenflächen. Folglich handelt es sich um einen Kugelkreisel und das Trägheitsmoment um die Raumdiagonale ist ebenfalls gleich Θ. Ebenso ist ein regelmäßiger Tetraeder ein Kugelkreisel.
Literatur
- Wolfgang Demtröder: Experimentalphysik. 4. neu bearbeitete und aktualisierte Auflage. Band 1: Mechanik und Wärme. Springer Verlag, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-26034-x.
- Wolfgang Nolting: Grundkurs Theoretische Physik. Band 1: Klassische Mechanik. 8. Auflage. Springer Verlag, Berlin u. a. 2006, ISBN 3-540-34832-8 (Springer-Lehrbuch).
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