- Valentinian II.
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Valentinian II. (* Herbst 371 wohl in Augusta Treverorum, heute Trier; † 15. Mai 392 in Vienne), eigentlich Flavius Valentinianus, war von 375 bis zu seinem Tod römischer Kaiser im Westen, bis zu dessen Tod als Mitkaiser seines Halbbruders Gratian. Seine Regierungszeit stellt eine Besonderheit da, denn Valentinian II. kam bereits in sehr jungem Alter auf den Kaiserthron. Dadurch hebt er sich von den meisten Kaisern, welche seit der Reichskrise des 3. Jahrhunderts regierten, ab, die zumeist erfahrene Generäle waren. Man kann die Kaisererhebung Valentinians als Vorspiel auf das 5.Jahrhundert verstehen, in welchem oft junge Kaiser von ihren Beratern und Generälen kontrolliert wurden.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Augustus des Westens
Valentinian II. wurde im Alter von vier Jahren 375 nach dem plötzlichen Tod seines Vaters Valentinian I. von den Truppen in Aquincum zum Augustus (Kaiser) im Westen des Imperium Romanum ausgerufen. Seine Kaisererhebung wurde offenbar maßgeblich vom germanischen Heermeister (magister militum) Merobaudes betrieben.[1] Valentinians 17-jähriger Halbbruder Gratian, der schon acht Jahre zuvor von seinem Vater zum Augustus erhoben worden war, stimmte ihr ebenso wie sein Onkel, der nun dienstälteste Kaiser (senior Augustus) Valens, der im Osten des Reiches residierte, schließlich zu.
Das Reich wurde nominell zwischen den drei Augusti geteilt (blieb aber staatsrechtlich eine Einheit). Gratian bekam die transalpinen Provinzen, während Valentinian Italien, Teile von Illyrien und Africa zugesprochen wurden und Valens für den Osten zuständig blieb. Freilich konnte Valentinian, der in Mailand residierte, aufgrund seines Alters nicht eigenständig regieren, so dass Gratian de facto weiterhin den ganzen Westteil des Reiches beherrschte.
Nach dem gewaltsamen Tod des Valens in der Schlacht von Adrianopel im Juli 378 wurde das Kaiserkollegium Anfang 379 um Theodosius I. erweitert, den Gratian als Nachfolger seines Onkels Valens zum Kaiser im Osten ernannte.
Justina
Valentinian, wenngleich als römischer Kaiser grundsätzlich juristisch mündig, stand lange faktisch unter der Vormundschaft seines Halbbruders Gratian, vor allem aber unter dem Einfluss seiner Mutter Justina, die ihn bis zu ihrem Tod um 388 beherrschte. Justina war Arianerin und stand damit im Gegensatz zu dem in Mailand äußerst mächtigen und populären katholischen Bischof Ambrosius, einem weiteren wichtigen Ratgeber des Kaisers (siehe auch Streit um den Victoriaaltar im Jahr 384).[2]
Ambrosius widersetzte sich immer häufiger den Anordnungen Valentinians, vor allem in Bezug auf dessen Toleranzedikt zugunsten der Arianer, was schließlich in dem erstmals geäußerten Anspruch der Kirche gipfelte, auch über Kaiser richten zu dürfen. Ein dritter wesentlicher Berater des Kaisers war der fränkische Heermeister Bauto († um 385).
Magnus Maximus
Im Jahr 383 brach bei den römischen Truppen in Britannien ein Aufstand aus. Ihr Kommandeur Magnus Maximus wurde schließlich von der Armee in Britannien, Belgien, Germania prima und Secunda zum Augustus ausgerufen. Gratian zog dem Usurpator entgegen, doch ließen ihn seine Truppen im Stich und liefen zu Magnus Maximus über. Gratian wurde kurz darauf in Lyon ermordet, im Jahr 387 überschritt Magnus Maximus dann die Alpen und marschierte auf Mailand zu.
Valentinian und seine Mutter flohen nach Thessalonike zu Theodosius I., dem Kaiser im Osten und Ehemann von Valentinians Schwester Galla. Theodosius I. setzte Valentinian wieder ein, nachdem er Maximus geschlagen hatte und dieser 388 von seinen eigenen Soldaten getötet worden war.
Tod und Nachfolge
Valentinian selbst residierte seit 389 in Trier und Vienne, doch gelang es ihm auch jetzt nicht, eine selbstständige Regierungstätigkeit auszuüben, obwohl er nun formal der senior Augustus war. Dies war vor allem der mächtigen Stellung des fränkischen Heermeisters Arbogast geschuldet, der faktisch den Westen regierte, wohl gedeckt von Theodosius. Arbogast soll sogar einen Freund Valentinians, der ihm öffentlich widersprochen hatte, vor den Augen des Kaisers ermordet haben. Als Valentinian Arbogast ein Entlassungsschreiben übergab, zerriss Arbogast dieses, denn da nicht er, sondern Theodosius ihn eingesetzt habe, könne ihn auch nur dieser entlassen: "Weder hast du mir die Macht gegeben, noch kannst du sie mir nehmen."[3] Arbogast gelang allerdings die Sicherung der römischen Grenze gegen die Franken, die schon 388 plündernd in Gallien eingefallen waren und eine römische Strafexpedition vernichtet hatten; dies geht aus dem Bericht des Sulpicius Alexander hervor, der im Geschichtswerk des Gregor von Tours erhalten ist (siehe auch Marcomer).[4]
Valentinian, dessen Charakter in den Quellen gelobt wird, der aber schwer unter der Bevormundung Arbogasts gelitten haben muss, wurde am 15. Mai 392 erhängt in seinem Palast in Vienne aufgefunden. Die Umstände seines Todes sind nicht vollkommen klar: Nach Aussage mehrerer Quellen wurde er auf Veranlassung Arbogasts ermordet; es hieß, er sei beim Baden erdrosselt worden. Da es diesen Autoren aber vielfach darum ging, Theodosius I. positiv und als Rächer Valentinians darzustellen, ist Vorsicht geboten: Wahrscheinlich beging der junge Kaiser aufgrund seiner Machtlosigkeit Selbstmord. In diesem Fall wäre Arbogast natürlich wenigstens eine indirekte Schuld kaum abzusprechen. Da nicht erkennbar ist, welchen Vorteil sich der Heermeister vom Tod Valentinians hätte versprechen können, ist diese Lesart nach Ansicht der meisten Althistoriker plausibler (vgl. Croke 1976).
Arbogast bat Theodosius jedenfalls um die Erhebung oder Entsendung eines neuen Augustus für den Westen. Doch Theodosius, der vielleicht keinen seiner beiden jungen Söhne in die Hände des Heermeisters fallen lassen wollte, blieb drei Monate tatenlos. Im August ließ Arbogast daher den Rhetor Eugenius von den Truppen zum Kaiser ausrufen. Dieser war ein eher toleranter Christ und verständigte sich, nachdem Annäherungsversuche an Ambrosius von Mailand gescheitert waren, bald mit den heidnisch-senatorischen Kreisen um Virius Nicomachus Flavianus, einem prononcierten Heiden, wenngleich auffällt, dass sich mehrere prominente Heiden, darunter Quintus Aurelius Symmachus, sehr zurückhaltend verhielten. Es kam zu einem letzten Aufbäumen des Heidentums im Westen, das in Rom im folgenden Jahr dazu führte, dass die Tempel wieder geöffnet wurden. Die moderne Forschung misst dem religiösen Aspekt der Auseinandersetzung allerdings zumeist keine große Bedeutung mehr bei, da auf beiden Seiten Christen und Heiden standen. Die militärische Reaktion des Theodosius erstickte die vorsichtige heidnische Restauration aber bald: Theodosius erließ Gesetze, die das Heidentum endgültig reichsweit verbieten sollten. 394 besiegte er Eugenius in der Schlacht am Frigidus; sowohl Eugenius als auch Arbogast verloren in diesem Zusammenhang ihr Leben, das Imperium war daraufhin zum letzten Mal (und nur kurzzeitig) wieder unter der Herrschaft eines einzigen Kaisers vereint (auch wenn es formal drei Augusti gab, nämlich neben Theodosius auch seine beiden Söhne).[5]
Literatur
- Alan Cameron: The Last Pagans of Rome. Oxford University Press, Oxford u.a. 2011, ISBN 978-0-19-974727-6.
- Brian Croke: Arbogast and the Death of Valentinian II. In: Historia. Band 25, 1976, S. 235–244.
- Wilhelm Enßlin: Valentinian II. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band VII A,2, Stuttgart 1948, Sp. 2205ff.
Weblinks
Commons: Valentinian II. – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Walter E. Roberts: Fachwissenschaftliche Kurzbiografie (englisch) aus De Imperatoribus Romanis (inkl. Literaturangaben).
- Josef Rist: Valentinian II.. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL).
Anmerkungen
- ↑ An diesem Beispiel wird die starke Rolle der Heermeister (den ranghöchsten Offizieren des Heeres) deutlich, die diese im spätrömischen Reich insbesondere im Westen des Imperiums gegenüber schwächeren Kaisern spielen konnten. Siehe dazu auch unten die „Arbogast-Affäre“.
- ↑ Der Begriff „Arianer“ ist sehr unscharf, da damit teils ganz unterschiedliche christlich-theologische Strömungen bezeichnet werden. Allgemein vertraten diese die Ansicht, Jesus sei nur von Gott-Vater geschaffen worden. Näheres dazu in den Artikeln Arius und Arianismus.
- ↑ Zosimos 4,53.
- ↑ Gregor von Tours, Historiae 2,9.
- ↑ Zum gesamten Vorgang, einschließlich der Ermordung Valentinians, vgl. auch Harmut Leppin: Theodosius der Große. Darmstadt 2003, S. 205ff.
Vorgänger Amt Nachfolger Valentinian I. und Gratian Römischer Kaiser
375–392Theodosius I. Kategorien:- Kaiser (Rom)
- Valentinianer
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- Gestorben 392
- Mann
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