Viktor Kaplan

Viktor Kaplan
Viktor Kaplan

Viktor Kaplan (* 27. November 1876 in Mürzzuschlag, Steiermark; † 23. August 1934 in Unterach am Attersee) war ein österreichischer Ingenieur. Er ist der Erfinder der nach ihm benannten Kaplan-Turbine.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Kaplan wurde als drittes Kind in der Familie eines Eisenbahnbeamten geboren. Sein Bruder Karl wurde 1871 in Agram und seine Schwester Anna Luise 1873 in Lekenik ebenfalls in Kroatien geboren. Anna Luise starb bald nach der Geburt. Die Volksschule besuchte Kaplan in Neuberg an der Mürz und Hetzendorf, heute ein Stadtteil von Wien, die Wiedner Realschule, Waltergasse 7. Als Kind und Jugendlicher zeigte er auffällige technische Begabung, baute aus einfachen Bestandteilen unter anderem einen Fotoapparat und eine Dampfmaschine, die tatsächlich funktionierten.

Nach Ablegung der Maturitätsprüfung am 10. Juli 1895 studierte Kaplan an der Technischen Hochschule in Wien von 1895 bis 1900 Maschinenbau. Nach Abschluss seines Studiums mit der 2.Staatsprüfung am 15. Juni 1900 leistete Kaplan als Einjährig-Freiwilliger und sogenannter Maschinenbau-Eleve seinen Militärdienst bei der k.u.k. Kriegsmarine in Pola auf der Halbinsel Istrien im damaligen Kronland "Küstenland", heute zu Kroatien gehörig.

Seine erste Anstellung nahm Kaplan als Turbinenkonstrukteur am 25. Oktober 1901 in der Leobersdorfer Maschinenfabrik, die zur Budapester Firma Ganz & Co gehörte. Dort hatte er die Idee eines verbesserten Verbrennungsmotors mit einem um 23 Prozent höheren Wirkungsgrad. Da er diesen Motor ohne Absprache mit seinem Chef am 16. März 1903 in einer Versammlung des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins in Wien vorstellte, erhielt er die Kündigung, die wieder zurückgezogen wurde.

Er bekam danach die Stelle eines Konstrukteurs an der Deutschen Technischen Hochschule Brünn und trat dort am 31. Oktober 1903 seinen Dienst an der Lehrkanzel für Maschinenlehre und Maschinenbau bei Alfred Musil an. Dieser war der Vater von Robert Musil, der vor seiner Schriftstellerkarriere ebenfalls das Maschinenbaustudium in Brünn absolviert hatte und von 1902 bis 1903 als Assistent an der Technischen Hochschule in Stuttgart tätig war.[1]

Mit Brünn verband Kaplan drei Jahrzehnte seines Lebens. Hier entstanden praktisch alle seine Erfindungen. 1909 habilitierte sich Kaplan, und am 18. September des selben Jahres heiratete er die gebürtige Wienerin Margarete Strasser, mit der er die Töchter Gertraud und Margarete hatte. 1912 wurde er zum ao. Professor für Wasserkraftmaschinen ernannt, 1918 erhielt er die ordentliche Professur.

Viktor Kaplans Persönlichkeit wird als urwüchsig, naturliebend und humorvoll beschrieben. Wo es aber um seine Turbinen ging, habe Kaplan alles andere vergessen: so sei er einmal kurz vor einem Festvortrag im Frack noch kurz ins Labor zu einer Versuchsturbine geeilt, habe begonnen, diese zu regulieren und sei daraufhin triefend nass in den Festsaal geholt worden.

Im Februar 1922 erkrankte Kaplan schwer. Im Jahre 1926 wurde ihm das Ehrendoktorat der Deutschen Technischen Hochschule Prag verliehen. 1931 ließ er sich nach einer schweren Kopfgrippe pensionieren. Darauf zog sich Kaplan auf seinen 1920 erworbenen Landsitz Rochuspoint in Unterach zurück, wo er am 23. August 1934 an einem Schlaganfall verstarb. Seine letzte Ruhe fand Viktor Kaplan in der Rochuspointer Familiengruft.

Kaplan-Turbine

Turbine des Kraftwerks Niederhausen an der Nahe, Inbetriebnahme 1928; zu besichtigen an der Staustufe Mettlach

Kaplans lebenslanges Hauptinteresse galt den Wasserturbinen und der energetischen Nutzung von Wasserkraft. Seine bahnbrechende Erfindung der Wasserturbine mit einstellbaren Laufschaufeln, die für Flüsse mit großen Wassermengen und geringen bis mittleren Gefällen bestimmt ist, geht auf das Jahr 1912 zurück. Kaplan arbeitete bereits seit 1910 an der Turbine, als ihm Heinrich Storek, der damalige Chef der Gießerei und Maschinenfabrik Ignaz Storek für seine Forschungen ein bescheidenes Labor im Kellergeschoss der Technischen Hochschule einrichten ließ.

Kaplans bedeutende Erfindung fand zunächst Ablehnung seitens der etablierten Turbinenfabriken. In den Jahren 1912 bis 1913 meldete Kaplan vier seiner Haupterfindungen nacheinander zum Patent an:

  • das Leitrad für Turbinen mit primär axial angeströmtem Laufrad; 28. Dezember 1912: ÖP Nr. 74388
  • einstellbare Ausführung der Laufschaufeln; 7. August 1913: ÖP Nr. 74244
  • die Gestaltung des schaufellosen Raums zwischen dem Leit- und Laufrad
  • die kammerlose Ausführung der Laufschaufeln

Später kam noch das Kaplansche Saugrohr hinzu.

Seine Erfindungen wurden den weltgrößten Turbinenherstellern und der Öffentlichkeit 1917 im Rahmen seines Vortrages im Österreichischen Ingenieur- und Architektenverband vorgestellt. Der praktischen Umsetzung der Ergebnisse seiner intensiven Forschungsarbeit standen der erbarmungslose Wettbewerb und Widerstand besonders seitens deutscher und schweizerischer Firmen im Wege, deren Produktionsprogramm sich auf Francis-Turbinen stützte. Darüber hinaus wurde die Realisierung durch zahllose Patentstreite verzögert, die den Erfinder sehr viel Kraft kosteten. Neben den bürokratischen Verzögerungen wurde seine Arbeit auch erheblich vom Beginn des Ersten Weltkrieges im Jahre 1914 beeinträchtigt.

Die erste Kaplanturbine der Welt, mit einem Durchmesser von 60 cm, und einer Leistung 26 kW, wurde 1918 durch die Fa. Storek in Brünn gebaut und 1919 in der Börtel- und Strickgarnfabrik in Velm (Niederösterreich) in Betrieb genommen. Diese erste Turbine wurde bis 1955 genutzt und steht heute im Technischen Museum Wien.[2] Erst mit der Realisierung einer Kaplan-Turbine von 5,7 m Laufdurchmesser für das schwedische Großkraftwerk Lilla Edet begann aber die eigentliche weltweite Durchsetzung der neuen Erfindung.

Zurzeit sind weltweit Tausende von Kaplan-Turbinen im Einsatz. Der Anteil der Kaplanturbine an der weltweiten Wasserkrafterzeugung beträgt nach einer Schätzung derzeit maximal zehn Prozent. (Bei mittleren Gefällen werden Francis-, bei großen Gefällen Pelton-Turbinen verwendet.)

Werke

  • Bau rationeller Francisturbinen-Laufräder und deren Schaufelformen für Schnell-, Normal-und Langsam-Läufer, München und Berlin, 1908
  • Einrichtung und Versuchsergebnisse des Turbinenlaboratoriums an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn, Zeitschrift des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins, Wien, 1912
  • Wie die Kaplanturbine erstand, Wasserkraft-Jahrbuch 1925/26
  • Theorie und Bau von Turbinen-Schnellläufern, in Zusammenarbeit mit Professor Alfred Lechner, München und Berlin, 1931 (2. Auflage)

Auszeichnungen

  • 1926: Ernennung zum Ehrendoktor der Deutschen Technischen Hochschule in Prag
  • 1930: Goldene Medaille des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins
  • 1934: Ernennung zum Ehrendoktor der Deutschen Technischen Hochschule Brünn

Denkmäler

Kaplan hat zahlreiche Würdigungen erfahren (Auswahl):

  • Gedenktafel im Bundesrealgymnasium Wien IV. Waltergasse
  • Mausoleum - Letzte Ruhestätte auf dem Landsitz Rochuspoint, Unterach am Attersee
  • Kaplandenkmal - Freizeitgelände, Unterach am Attersee
  • Kaplandenkmal in Velm, Gemeinde Himberg, NÖ
  • Kaplan-Themenweg, Unterach am Attersee
  • Büste vor der Elektrotechnischen Fakultät der Technischen Universität in Brünn
  • Büste in der Aula des Hauptgebäudes der TU-Wien
  • Büste in der Steirischen Ehrengalerie im Burghof 2 der Grazer Burg
  • Büste im Technischen Museum Wien (derzeit nicht aufgestellt)
  • Gedenktafel bei der Firma Storek (heute Šmeral) in Brünn
  • Gedenktafel am Bahnhofsgebäude in Mürzzuschlag
  • Kaplandenkmal, Volks-und Hauptschule Neuberg an der Mürz
  • Kaplandenkmal, Volksschule Hönigsberg
Viktor Kaplan auf 1000-Schilling-Banknote (1961)

Weiters sind rund 70 Plätze, Straßen, Gassen und Wege in Österreich und eine Straße in Brünn (Tschechien) nach Viktor Kaplan benannt. Auch tschechische Münzen und österreichische Briefmarken wurden Viktor Kaplan gewidmet. Auf der 1000 Schilling-Banknote aus dem Jahr 1961 ist Kaplan abgebildet.[3]

Literatur

  • Martin Gschwandtner: Aurum ex Aquis. Viktor Kaplan und die Entwicklung zur schnellen Wasserturbine.Phil. Diss. Salzburg 2006, zwei Bände.
  • Martin Gschwandtner: Gold aus den Gewässern. Viktor Kaplans Weg zur schnellsten Wasserturbine. München, Ravensburg 2007.
  • Martin Gschwandtner: Viktor Kaplans Patente und Patentstreitigkeiten. München, Ravensburg 2007.
  • Martin Gschwandtner: Viktor Kaplans Leben und Lebenswerk. Festvortrag, gehalten anlässlich der Bundesversammlung der BRUNA am 29.September 2007 im Großen Saal des ehemaligen Dominikanerklosters ("Prediger" genannt ) in Schwäbisch Gmünd.
  • Gerhard Maresch; Technisches Museum Wien; Sonderausstellung zur 50. Wiederkehr seines Todestages (Hrsg.): Wasserkraft / Viktor Kaplan / 1876–1934. Eigenverlag des Technischen Museums, Wien 1984.

Einzelnachweise

  1. Der Wasser-Mann: Zum 130. Geburtstag von Viktor Kaplanauf Radio Praha vom 28. November 2006, abgerufen am 15. Februar 2009
  2. Foto auf der Webseite des Technischen Museums (abgerufen am 11. Juni 2010]
  3. Banknoten aus Österreich abgerufen am 7. März 2009

Weblinks

 Commons: Viktor Kaplan – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

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