Vipiteno

Vipiteno
Sterzing
(ital.: Vipiteno)
Wappen von Sterzing Lage von Sterzing
Bezirksgemeinschaft Wipptal
Provinz: Bozen (Südtirol)
Region: Trentino-Südtirol
Staat: Italien
Einwohner (VZ 2001 / 31.12.2008): 5.785 / 6.203
Sprachgruppen
laut Volkszählung 2001:
75,03 % deutsch
24,67 % italienisch
00,30 % ladinisch
Koordinaten 46° 54′ N, 11° 26′ O46.911.4333333333337Koordinaten: 46° 54′ N, 11° 26′ O
Meereshöhe: 935 - 2.714 m (Zentrum 948 m)
Fläche /
Dauersiedlungsraum:
33,18 / 1,18 km²
Fraktionen: Ried, Thuins, Tschöfs
Nachbargemeinden: Brenner, Freienfeld, Pfitsch, Ratschings
Partnerschaft mit: AustriaAustria Kitzbühel (Tirol/Österreich), seit 1971
Postleitzahl: 39049
Vorwahl: 0472
ISTAT-Nummer: 021115
Steuernummer: 81005970215
Politik
Bürgermeister (2005): Dr. Fritz Karl Messner (SVP)

Sterzing (ital. Vipiteno) ist eine Stadt am Eisack in Südtirol. Zur Gemeinde Sterzing zählen neben der Stadt selbst die Ortschaften Tschöfs, Thuins und Ried. Aufgrund der Lage zwischen den alpinen Übergängen Jaufen- und Brennerpass sowie Penserjoch war Sterzing seit altersher eine wichtige Handelsstadt. Als Einkaufsstadt und Wirtschaftsstandort hat sie auch heute große Bedeutung im südlichen Wipptal.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte und Wirtschaft

Besiedelungsspuren finden sich schon aus prähistorischer Zeit. 14 v. Chr. entstand unter Drusus die römische Siedlung Vipitenum. Deren Name diente als Vorlage für die 1923 im Zuge der "Italienisierung" aus politischen Gründen geschaffene italienische Ortsbezeichnung Vipiteno.

Der Ortsname Sterzing kann 1180 (in der Schreibweise Sterzengum, vom altbaiuwarischen Sterzingen) erstmals urkundlich nachgewiesen werden. Graf Meinhard II. von Tirol erhob die Siedlung ca. 1280 zur Stadt und erweiterte durch Neuausweisungen von Baugrund "in agris et campis" (in Äckern und Feldern) den Altstadtkern durch das Areal südlich vom Zwölferturm, die so genannte Neustadt.

Ausgezeichnet durch ein Handelsprivileg begann der Ort am Südhang der wichtigen Brennerroute aufzustreben. Den steilsten Aufschwung erlebte die Stadt im 15. Jahrhundert: Als um 1400 im Wipptal der Bergbau einsetzte (vor allem Silberminen wurden erschlossen), wählten viele Unternehmer die Stadt als Firmensitz. Sie gestalteten ihre Häuser im Stil der Patrizier vielfach neu und überbauten die ältere Bausubstanz. Auf diese Gründerzeit gehen die charakteristischen Bauten der Stadt zurück.

Das Hl. Geistspital mit Hl. Geistkirche wurde 1399-1402 erbaut, das Wahrzeichen der Stadt, der Zwölferturm, wurde 1468-1472, das Rathaus mit spätgotischer Stube 1468-1474 und der Ansitz Jöchlsthurm mit angeschlossener St. Peter- und Paulskirche 1474 und 1496 errichtet. An der Peripherie der Stadt erbauten die Bürger 1417-1456 den Chor der Pfarrkirche; die spätgotische Kirchenhalle (das Langhaus) entstand 1496-1524. Der Hochaltar im Kirchenchor enthält fünf Figuren des sogenannten Multscher-Altars des Ulmer Meisters Hans Multscher, aufgestellt 1459. Der Altar, ein Kunstwerk von europäischem Rang, ist leider nur fragmentarisch erhalten; einige der großen Bildtafeln (1,70 x 1,85 m) sind im nahegelegenen Museum in der ehemaligen Deutschordenskommende ausgestellt.

Sterzing spielte wegen der günstigen, geographisch zentralen Lage im Wipptal in der Geschichte Tirols trotz der geringen Einwohnerzahl zeitweilig eine bedeutende Rolle als Handels- und Marktplatz, Gerichtssitz, Tagungsort wichtiger Versammlungen und Beratungen, Verkehrsknotenpunkt, Zentrum des Bergbaues, bäuerlicher Wirtschaft, Kultur und Kunst.

Ende des 16. Jahrhunderts beginnt mit der Erschöpfung der Silbervorkommen der wirtschaftliche Niedergang der Stadt, der bis Ende des 19. Jahrhunderts anhält. Die Entsumpfung des Sterzinger Mooses ermöglicht die Entwicklung einer leistungsfähigen Landwirtschaft.

In den ersten Nachkriegsjahren diente Sterzing aufgrund der Nähe zum Brennerpass als wichtiger Durchgangsort einer sogenannten „Rattenlinie“, eine Route, auf der hochrangige Nationalsozialisten aus Europa flüchteten. Sterzing diente diesen Reisenden häufig als vorübergehende Unterkunft. Der Sterzinger Pfarrer, wie auch andere katholische Geistliche in Südtirol, beteiligte sich als Fluchthelfer. So verhalf er etwa Adolf Eichmann zu einer Unterkunft im Franziskanerkloster Bozen.[1]

Die über Jahrhunderte vorherrschende Kleinstadtstruktur, geprägt durch Handel und Gewerbe, befindet sich in einem Umbruch: Neben Handel und Verwaltung haben in der heutigen Zeit Gesundheitsversorgung, Sport und Tourismus an Bedeutung gewonnen; der Fremdenverkehr hat sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig entwickelt. Die Wirtschaftsstruktur im einzelnen: Handel (186 Betriebe), Handwerk (159), Landwirtschaft (143), Hotels und Gaststätten (103), Industrie (28).

Bilder

Söhne und Töchter der Stadt

  • Vigil Raber (* um 1490; † Dezember 1552), zunächst Maler und Restaurator, später Autor, Sammler, Verleger sowie Spielleiter von weltlichen und geistlichen Theater-Stücken (Sterzinger Spiele, Sterzinger Osterspiel, Sterzinger Fastnachtsspiel, Sterzinger Neidhartspiel)
  • Michael Gaismair (* 1490 in Tschöfs bei Sterzing; † 15. April 1532 in Padua), Sozialrevolutionär, Bauernführer (gescheiterte Bauernaufstände in Tirol von 1525 bis 1529)
  • Michael Schütz, genannt Toxites (* 19. Juli 1514 in Sterzing; † August 1581 in Hagenau im Elsaß), Humanist, Arzt und Dichter
  • Kasper Goltwurm (* 1524 in Sterzing; † 1559 in Weilburg), lutherischer Theologe, "Reformator von Nassau"
  • Johann Baptist Gänsbacher (* 8. Mai 1778 in Sterzing; † 13. Juli 1844 in Wien), Komponist, Dirigent und Kapellmeister
  • Josef Hirn (* 10. Juli 1848 in Sterzing; † 7. Februar 1917 in Bregenz/Vorarlberg), Historiker. Ab 1890 Universitätsprofessor in Innsbruck, 1899-1914 in Wien; 1895-1901 Mitglied des Tiroler Landtags
  • Karl Domanig (* 3. April 1851 in Sterzing; † 9. Dezember 1913 in St. Michael in Bozen), Schriftsteller (Tiroler Heimatdichter), Numismatiker
  • Konrad Fischnaler (* 10. Dezember 1855 in Sterzing; † 14. Februar 1941 in Innsbruck), Geschichts- und Heimatforscher, Kustos am Ferdinandeum in Innsbruck
  • Johann Kofler Apotheker und Bürgermeister, erneuerte die Struktur der Stadt an der Wende zum 20. Jahrhundert
  • Gerhard Riedmann (* 12. Mai 1933 in Sterzing; † 25. November 2003 in Bozen), Lehrer, Schriftsteller, Theatermann
  • Hanspaul Menara (* 1945 in Sterzing), Südtiroler Landeskundler, freischaffender Schriftsteller und Fotograf
  • Alexander Langer (* 22. Februar 1946 in Sterzing; † 3. Juli 1995 in der Toscana durch Freitod), Politiker, Visionär
  • Alex Schwazer (* 26. Dezember 1984 in Sterzing), Leichtathlet und Olympiasieger über 50 km Gehen bei den Sommerspielen 2008 in Peking

Ehrenbürger

  • Wilhelm Egger (* 14. Mai 1940 in Innsbruck; 16. August 2008 in Bozen, aufgewachsen nach dem Tod des Vaters 1945 in Sterzing), Bischof der Diözese Bozen-Brixen, Ehrenbürger seit Mai 2000[2]
  • Josef Rampold (* 18. Januar 1925 in Sterzing; † 12. November 2007 in Bozen), Bergsteiger, Journalist, Autor und Heimatkundler, Ehrenbürger seit 1994[2]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Gerhard Mumelter: Nazi-Fluchtweg Südtirol. Rezensions von Gerals Steinachers Buch Nazis auf der Flucht. Wie Kriegsverbrecher über Italien nach Übersee entkamen. Der Standard, 3. Jänner 2009, S. Album A 5
  2. a b Erna Egger, Sterzing in Trauer; in Neue Südtiroler Tageszeitung, Nr. 165 vom 19. August 2008, S. 17

Weblinks


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