Waechtersbacher Keramik

Waechtersbacher Keramik
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Die Waechtersbacher Keramik im hessischen Brachttal-Schlierbach wurde 1832 von den Fürsten zu Ysenburg und Büdingen und Teilhabern gegründet. Einstmals lautete der Unternehmensname (Firma) Waechtersbacher Keramik Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg und Büdingen GmbH, aktuell ist WAECHTERSBACH GERMANY eine Marke der Könitz Porzellan GmbH in Thüringen. Geschäftsführer ist Turpin Rosenthal. Die Produktion in Brachttal-Schlierbach trägt den Namen Keramische Fertigungsstätte Brachttal GmbH.

Die Manufaktur produzierte bis zum September 2011 hochwertiges Steingutgeschirr in den alten Fabrikgebäuden, die sie 1838 bezogen hat und die ein herausragendes Beispiel für Industriearchitektur im 19. Jahrhundert darstellen.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Eierbecher mit Tablett, Steingut, 1930er Jahre
Verwaltungsbebäude
Fabrikgebäude

Produzierte die Waechtersbacher Keramik in den Anfangsjahren von 1832 bis etwa 1845 hauptsächlich einfaches, weißes Gebrauchsgeschirr, so wurden in den 1850ern mit den ersten Kupfer-Umdruckverfahren aufwendigere Arbeiten ausgeführt. Die Kapazität und Qualität der Arbeiten steigerte sich bis zum Ende des 19. Jahrhunderts, als die Fabrik unter der Leitung von Max Roesler im Historismus ihren ersten Höhepunkt erreichte. Äußerst qualitätvolle und technisch aufwendige Arbeiten belegen den hohen Standard in der Fabrikation, der von vielen Konkurrenten kopiert wurde. War die Waechtersbacher Keramik bis dato nur lokal vertreten, belieferte sie nun das gesamte Deutsche Reich.

Max Roesler verließ die Fabrik im Streit, weil ihm eine Beteiligung seitens des Fürsten verwehrt wurde und gründete die Max Roesler Feinsteingutfabrik in Rodach.

Am 1. April 1901 wurde Christian Neureuther die Gründung des Keramischen Ateliers Wächtersbach mit Zustimmung der Fabrikleitung der Wächtersbacher Steingutfabrik gestattet. Erst 1903 gelang es auf Betreiben des Direktors Dr. Ehrlich bei Ferdinand Maximilian zu Ysenburg und Büdingen in Wächtersbach innerhalb der Wächtersbacher Steingutfabrik eine selbstständige Kunstkeramische Abteilung unter Christian Neureuther anzugliedern.

Im Jahre 1901 beteiligte sich die Wächtersbacher Steingutfabrik mit Neureuther an den Ausführungen einiger keramischer Entwürfe, die von Joseph Maria Olbrich und Hans Christiansen herrührten und für die erste Darmstädter Ausstellung - Ein Dokument Deutscher Kunst - bestimmt waren. Die Fabrik erhielt hierfür die Plakette Darmstadt 1901. Für die zweite Ausstellung der Darmstädter Künstlerkolonie im Jahre 1904 wurden mehrere Vasen nach Entwürfen von Paul Haustein umgesetzt. In etwa ab 1906 kam es zur Zusammenarbeit mit Albin Müller, dem damals neuen Mitglied der Darmstädter Künstlerkolonie.

Durch den enormen Erfolg und die wegweisenden Entwürfe konnte das Unternehmen Konkurrenten wie Villeroy&Boch weit hinter sich lassen. Nach dem Tode Neureuthers 1921 wurde die Kunstabteilung von Eduard Schweitzer übernommen, jedoch bereits 1929 wieder geschlossen. Trotzdem konnte man in den 1930er Jahren mit Ursula Fesca eine weitere renommierte Entwerferin verpflichten. Fesca setzte sehr früh Bauhaus-Ideen um und entwarf Serien, die dem allgemeinen Zeitgeschmack so weit voraus waren, dass sie erst nach dem 2. Weltkrieg produziert wurden. Wegen Krankheit verließ Fesca von 1933 bis 1945 die Fabrik. Dadurch und wegen rigider Produktionsbeschränkungen setzte ein Niedergang ein, was Kapazität, Qualität und Innovation betrifft.

Nach dem Zweiten Weltkrieg konnte die Produktion mit Frau Fesca wieder aufgenommen werden und Waechtersbach entwickelte sich zum größten Keramikhersteller Deutschlands. Seit den 1960er-Jahren exportiert das Unternehmen seine Erzeugnisse auch nach Amerika. In den letzten 20 Jahren ist Waechtersbach Keramik zu einem Sammelgebiet geworden, das beständig neue Anhänger findet.

Sammlungen

Nennenswerte Bestände an historischer Waechtersbacher Keramik sind in folgenden Museen zu finden:

Aktuelles

Am 21. Januar 2005 wurde die Fabrik nach 173 Jahren in Familienbesitz an die BEFI GmbH in Wain bei Laupheim verkauft. Über das Vermögen der Gesellschaft ist mit Beschluss des Amtsgerichts Hanau vom 1. Januar 2006 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. „Unter schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen konnte das Unternehmen daran anschließend fortgeführt werden“, heißt es in einer Presseerklärung.

Am 28. Juni 2006 teilten Geschäftsführer Klaus-D. Michels und Rechtsanwalt Dr. Göran Berger mit, dass die im Insolvenzverfahren stehende Gesellschaft die Produktion im Juli 2006 ruhen lassen und die Mitarbeiter zum 1. Juli 2006 für einen Monat freistellen will. Mitte September 2006 wurde die Produktion in Schlierbach nach fast drei Monaten Unterbrechung wieder angefahren. Die Waechtersbacher Keramik wurde von Turpin Rosenthal, einem ehemaligen Ikea-Manager, im September 2006 übernommen und als Tochterunternehmen der Könitz Porzellan GmbH geführt. 2007 feierte das Traditionsunternehmen mit den einzigartigen Effektglasuren sein 175-jähriges Unternehmensbestehen.

Im September 2011 meldete die Keramische Fertigungsstätte Brachttal GmbH Insolvenz an[1].

Literatur

  • Neureuther, Christian (Verlag: Strauch & Zahn, Hamburg): Ornamente (10 Blätter + Titel). Hamburg/Schlierbach wohl 1900/01
  • Ruppel, Jacob: Die Geschichte der Steingutfabrik, 1876 aufgestellt von Jacob Ruppel. Schlierbach 1907
  • Wächtersbacher Steingutfabrik G.m.b.H./Verlag DIE SCHAULADE G.M.B.H., Bamberg (Hrg.): Hundert Jahre Waechtersbach (1832-1932) - zum 8. Juni 1932 (42 Seiten, Jubiläumsbroschüre). Bamberg/Schlierbach 1932
  • Wächtersbacher Keramik (Hrg.): Colour Comedies - Internationaler Architekten- und Designer-Workshop der Waechtersbacher Keramik - Michael Graves, Zaha Hadid, Elizabeth Garouste/Mattia Bonetti, Atsushi Kitagawara, Jo Laubner und Ettore Sottsass. 1992 ISBN 3926048905
  • Frensch, Heinz/Frensch, Lilo: Wächtersbacher Steingut. 1995 ISBN 3784579507
  • Wurzel, Thomas (Hrg.): Ausstellungskatalog "Wächtersbacher Steingut - Die Sparkassen-Kulturstiftung Hessen-Thüringen". Kassel 2001
  • Rinn, Ludwig/Vonderau-Museum, Fulda (Hrg.): Markentafel Wächtersbacher Keramik. 2002 ISBN 3935590288
  • Kirchner, Volker (Hrg.): Der große Streik in der Wächtersbacher Steingutfabrik. Brachttal 2004
  • Schulte-Wülwer, Ulrich/Museumsberg Flensburg (Hrg.): Wächtersbacher Steingut. Die Sammlung Angelika Jensen. Flensburg 2006
  • Berting, Ulrich/Neidhardt, Erich (Hrg.): Wächtersbacher Steingut - Figuren und Figürliches. Brachttal 2007
  • Heß, Pascal; Museum für angewandte Kunst Frankfurt (Hrg.): Wächtersbacher Keramik, Spiel von Haut und Körper. Frankfurt 2008

Weblinks

 Commons: Waechtersbacher Keramik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Frankfurter Rundschau: Waechtersbacher-Keramik restlos am Ende, abgerufen am 12. Oktober 2011

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