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Die Weichseleiszeit, auch Weichselkaltzeit oder Weichselglazial, ist die bisher jüngste der in Nordeuropa und im nördlichen Mitteleuropa aufgetretenen Vergletscherungsphasen (Glazial) durch das skandinavische Inlandeis während des Eiszeitalters. Namensgeber ist der Fluss Weichsel in Polen. Nach der internationalen Gliederung, die auf den Sauerstoff-Isotopenstufen beruht, beginnt die Weichseleiszeit in der Stufe 5.4 und endet mit dem Ende der Isotopenstufe 2.
Die Vergletscherungen im Alpenraum, die ungefähr im selben Zeitraum stattfanden, werden als Würmeiszeit bezeichnet.
Inhaltsverzeichnis
Ablauf der Weichseleiszeit
Die Weichseleiszeit begann vor etwa 117.000 Jahren[1] nach dem Ende der Eemwarmzeit mit einer deutlichen Abkühlung, die die wärmeliebenden Waldgesellschaften verdrängte. Hier gab es um ca. 100.000 Jahre vor heute (Isotopenstufe 5.4) und vor 60.000 Jahren (Isotopenstufe 4) ausgesprochen kalte Abschnitte. Der lange Zeit umstrittene frühweichselzeitliche Eisvorstoß vor 60.000 bis 70.000 Jahren im Schalkholz-Stadial, der zumindest die südliche und südwestliche Ostseeküste erreicht hat, gilt mittlerweile als gesichert. Unklar ist nach wie vor, wie weit dieser Vorstoß über die heutige Ostseeküste hinaus nach Süden reichte.
Die Zeit des Weichselhochglazials, die Periode massiver Vergletscherungen, setzte erst mit der Isotopenstufe 2 vor etwa 30.000 Jahren ein (Angaben beziehen sich auf den norddeutschen Raum). Der Eisvorstoß des skandinavischen Inlandeises im Hochglazial war, verglichen mit der Gesamtdauer der Weichseleiszeit, eine eher kurze Episode, die aber die norddeutsche Landschaft entscheidend geformt hat. Noch vor 25.000 Jahren war das Gebiet südlich der Ostsee nicht vergletschert; vor etwa 22.000 bis 21.000 Jahren[1] im Brandenburger Stadium erreichte das Eis seine maximale Ausdehnung ungefähr 50 km südlich von Berlin. Die heutige Ostseeküste Mitteleuropas war vor etwa 13.000 Jahren und der Berliner Raum schon vor mehr als 17.000 Jahren wieder eisfrei. Vor etwa 14.500 Jahren endete das Hochglazial und Norddeutschland wurde endgültig eisfrei.[1]
Sowohl im Früh- als auch Spätglazial gab es mehr oder weniger regelmäßige Zwischenerwärmungen (Interstadiale) und erneute Kälte-Rückfälle (Stadiale).
Nach dem letzten dieser Rückfälle, der "Jüngeren Dryas", endete dieses Glazial mit einem abrupten Temperaturanstieg ca. 9640 v. Chr.[2] Damit begann gleichzeitig unser heutiges Interglazial, das Holozän.
Ausdehnung des Inlandeises
Die Ausdehnung des Eisschildes war in der Weichseleiszeit, verglichen mit den älteren Eiszeiten (Elster- und Saaleeiszeit), deutlich geringer.[3] In Deutschland endete der maximale Eisvorstoß des Weichselglazials etwa an der Linie der heutigen Städte Flensburg, Rendsburg, Hamburg, Ahrensburg, südlich Schwerin, Havelberg, Brandenburg an der Havel, Luckenwalde, Lübben und Guben, also innerhalb des nordostdeutschen Tieflandes. Die Elbe sowie der warthestadiale (saaleeiszeitliche) Südliche Landrücken wurden von dem weichselzeitlichen Inlandeis nicht überschritten, sie unterlagen durch Bildung von Niederterrassen und Aufwehungen von Binnendünen und Löss in dieser Zeit periglazialem Einfluss.
Gliederung
Während des Hochglazials der Weichseleiszeit gab es in Norddeutschland drei große Vorstoßphasen des Eises, das Brandenburger, das Pommersche und das Mecklenburger Stadium, welche kurz aufeinander folgten.[3] Jede Vorstoßphase hinterließ eine Gruppe von Endmoränen, eine so genannte Staffel. Während des Brandenburger Stadiums erreichte das Eis seine maximale Ausdehnung (südlich die Glogau-Baruther Urstromtalung und nordwärts folgend die Potsdamer Urstromtalung vorgelagert). Diese Linie wird auch als Brandenburger Eisrandlage bezeichnet. Zum Brandenburger Stadium gehört auch die Frankfurter Staffel, die nordöstlich von Berlin verläuft. Die zweite große Vorstoßphase ist das Pommersche Stadium mit der sehr gut ausgebildeten Pommerschen Eisrandlage nördlich von Eberswalde. Der dritte große Vorstoß, das Mecklenburger Stadium mit der Rosentaler Staffel erreichte nur noch Mecklenburg-Vorpommern. Umstritten ist nach wie vor, wie weit das Inlandeis zwischen den einzelnen Stadien nach Norden zurückschmolz.
Jedes der Stadien hat einen eigenen Geschiebemergel abgelagert. Die kleineren Staffeln wie die Frankfurter Staffel haben keinen eigenen Geschiebemergeltyp.
Landschaftsbild im Vereisungsgebiet
Diese letzte Kaltzeit hat durch ihr Vordringen und Zurückweichen eine vielfältige Jungmoränenlandschaft hinterlassen. Typisch dafür sind frische, gut ausgebildete Formen der Glazialen Serie. Dazu gehören die Urstromtäler mit Talsandflächen, in denen sich Abschnitte der heutigen Flussläufe von Elbe, Oder, Havel und Spree befinden. Zu nennen ist das Glogau-Baruther Urstromtal das die Brandenburger Eisrandlage entwässerte, das Warschau-Berliner Urstromtal mit der zugehörigen Frankfurter Staffel und das Thorn-Eberswalder Urstromtal, welches die Pommersche Eisrandlage entwässerte.[4]
Ein weiteres Relikt aus der Zeit ist die fast unüberschaubare Seenlandschaft der Mecklenburgischen Seenplatte. Auch Brandenburg und das Schleswig-Holsteinische Hügelland (Ostholstein) sind reich an weichselglazialen Seen, so etwa der Plöner See in der Holsteinischen Schweiz. Einige Seen wie der Schweriner und der Ratzeburger See sind in Gletscherzungenbecken entstanden.
Ein weiteres Beispiel für den von der Weichseleiszeit hinterlassenen Formenschatz bietet der Baltische oder Nördliche Landrücken. Er besteht aus lebhaft gegliederten und vielfach hintereinander gestaffelten Endmoränenwällen und begleitet die heutige Ostseeküste bis nach Nordpolen. In Pommern und Masuren werden dabei stellenweise Höhen bis über 300 m NN erreicht, so bei Wieżyca, südwestlich von Danzig 329 m und 312 m südlich von Ostroda. Die höchsten Erhebungen aus dem Pommerschen Stadium sind im deutschen Teil des Nördlichen Landrückens die Helpter Berge. Sie erreichen eine Höhe von 179 m nordöstlich von Neubrandenburg) in Mecklenburg-Vorpommern.[5]
Ausklang der Weichseleiszeit
Der Ausklang der bisher jüngsten Eiszeit in Mitteleuropa ist gekennzeichnet durch den etappenweisen Rückzug des Eises nach Norden. Durch das Abschmelzen des Eises stieg der vorher stark gesunkene Meeresspiegel wieder an. In einem komplizierten Wechselspiel von Eisstauseen und Meeresvorstößen bildete sich über mehrere Stadien wie den Ancylussee mit dem Baltischen Eisstausee, dem Yoldiameer und dem Litorinameer die heutige Ostsee aus.[3] Dem Rückzug des Eises folgte eine Wiederbesiedlung durch Pflanzen und Tiere. Mit ihrer Nordwanderung gingen verschiedene Siedlungswellen von Jäger- und Sammlerkulturen einher.
Siehe auch
Literatur
- H. Liedtke & J. Marcinek: Physische Geographie Deutschlands, Justus Perthes Verlag, Gotha 1995
Einzelnachweise
- ↑ a b c Quartärstratigraphie von Niedersachsen und benachbarten Gebieten. Tabelle des Landesamts für Bergbau, Energie und Geologie Niedersachsen (pdf, 49 kByte)
- ↑ Friedrich M, Kromer B, Spurk M, Hofmann J, Kaiser KF.(1999): Paleo-environment and radiocarbon calibration as derived from Late Glacial/Early Holocene tree-ring chronologies. In: Quarternary International 61:27–39.
- ↑ a b c Hohl, Rudolf (Hrg.): Die Entwicklungsgeschichte der Erde. 6. Auflage, Werner Dausien Verlag, Hanau 1985, 703 S. ISBN 3-768-46526-8, S. 410ff
- ↑ Schmitt, Eckart et al. (1975): Harms Handbuch der Geographie - Deutschland. 26. Auflage, Paul List Verlag, München, 432 S. ISBN 3-471-18803-7, S. 70
- ↑ Schmitt et al. 1975, S. 65ff
Die Kaltzeiten des QuartärsAlpenraum Norddeutschland Zeitraum (Tsd. Jahre) Biber-Kaltzeit Brüggen-Kaltzeit Donau-Kaltzeit Eburon-Kaltzeit Günz-Kaltzeit Menap-Kaltzeit ~640–540 Mindel-Kaltzeit Elster-Kaltzeit ~475–370 Riß-Kaltzeit Saale-Kaltzeit ~230–130 Würm-Kaltzeit Weichsel-Kaltzeit ~115–10
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