- Wiener Friedhöfe
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Die Wiener Friedhöfe sind bestehende und ehemalige Friedhöfe im heutigen Stadtgebiet von Wien. Der mit Abstand größte unter ihnen ist der Wiener Zentralfriedhof.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Ursprünglich wurden auch in Wien die Toten in der unmittelbaren Nähe zur Kirche bestattet. Diese mittelalterlichen „Freithöfe“, die rund um die Pfarrkirchen angelegt wurden, waren jedoch nicht nur Begräbnisstätten, sondern auch Orte des öffentlichen Lebens, auf denen auch gehandelt und gefeiert wurde. Der Name Freithof geht auf die Bedeutung „eingefriedeter Ort“ zurück. Später wurde der Begriff zum „Friedhof“ umgedeutet.
Freithöfe gab es zunächst rund um die Ruprechts- und die Peterskirche, später kamen Begräbnisstätten um die Pfarrkirchen St. Stephan[1], St. Michael und zu „Unserer Lieben Frau“ (Schottenstift) hinzu.
Bereits im 16. Jahrhundert gab es jedoch aus Platzmangel und hygienischen Gründen erste Bestrebungen, die Friedhöfe aus der heutigen Altstadt in die Vorstädte zu verlegen. Infolge der großen Opferzahlen, die die Pest forderte, mussten erstmals Friedhöfe außerhalb der Stadtmauern angelegt werden. Ein Beispiel dafür war etwa der Kaiserliche Gottesacker vor dem Schottentor (heute Altes AKH, Höfe 8 und 9), der ab 1561 angelegt und 1576 geweiht wurde. Die protestantischen Wiener ließen sich in der Folge hier bestatten und erhielten ab 1598 eine eigene Abteilung. Ein jüdischer Friedhof wurde erstmals 1629 in der Rossau, Seegasse 9-11, genannt.
Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden die Begräbnisstätten innerhalb der Wiener Stadtbefestigung geschlossen, lediglich die Benützung der Kirchengrüfte wurde weiterhin genehmigt. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts führte die von Kaiser Joseph II. im Zuge seiner Josephinischen Reformen erlassene Seuchen- und Hygieneverordnung zur Auflassung der Friedhöfe innerhalb des die Vorstädte umschließenden Linienwalls (der sich entlang des heutigen Gürtels erstreckte). Die ehemaligen Friedhöfe wurden verbaut oder in Grünflachen umgewandelt. Auch die Bestattungen in Kirchengrüften wurden mit Ausnahme der Kapuzinergruft, der Stephansgruft und des Salesianerklosters wurden nun verboten. Seit diesen Reformen gibt es in den inneren Bezirken der Stadt keinen Friedhof mehr; einzige Ausnahme sind Reste des jüdischen Friedhofs in der Rossau.
Als Ersatz für die aufgelassenen Friedhöfe wurden 1784 außerhalb des Linienwalls fünf communale Friedhöfe angelegt, der Hundsturmer Friedhof, der Matzleinsdorfer Friedhof, der Währinger Friedhof, der Schmelzer Friedhof (statt eines ursprünglich in der Brigittenau geplanten Friedhofs) und der Sankt Marxer Friedhof. Dieser ist als einziger der fünf Friedhöfe erhalten geblieben und steht heute unter Denkmalschutz. Da auch der jüdische Friedhof in der Rossau für Belegungen gesperrt wurde, wurde außerhalb der Linien als Ersatz der Jüdische Friedhof Währing angelegt, der heute nicht mehr belegt wird.
Als Mitte des 19. Jahrhunderts aufgrund der wachsenden Einwohnerzahl Wiens abzusehen war, dass die Kommunalfriedhöfe bald an die Grenzen ihrer Kapazität stoßen würden, wurde von der Stadt Wien die Errichtung eines großen Friedhofs weit außerhalb der damaligen Stadtgrenzen geplant und 1869 schließlich beschlossen. Der Wiener Zentralfriedhof zwischen den späteren Bezirksteilen Simmering und Kaiserebersdorf im Südosten der Stadt wurde 1874 eröffnet und war zu dieser Zeit der größte Friedhof Europas. Auf einem Teil des Areals (1. Tor) wurde ein jüdischer Friedhof errichtet, später kamen ein evangelischer (4. Tor) und ein weiterer jüdischer Friedhof (5. Tor) hinzu. Auf dem interkonfessionellen Hauptteil des Friedhofs entstanden einige kleinere Friedhöfe bzw. Abteilungen verschiedener Glaubensgemeinschaften. 1881 wurde mit der Errichtung einer Ehrengräberanlage begonnen, mittlerweile gibt es auf zahlreichen Wiener Friedhöfen von der Stadtverwaltung ehrenhalber gewidmete Gräber.
1922 wurde die Feuerhalle Simmering, das erste österreichische Krematorium, eröffnet, das der sozialdemokratische Bürgermeister Jakob Reumann gegen den Willen der katholischen Kirche und der christlichsozialen Bundesregierung durchgesetzt hatte. Die Feuerhalle Simmering und der angeschlossene Friedhof befinden sich auf ehemaligem Gartengrund des Schlosses Neugebäude in unmittelbarer Nachbarschaft zum Zentralfriedhof.
1953, in der Nachkriegszeit, wurde vom Gemeinderat die Schließung mehrerer kleinerer städtischer Friedhöfe bis zum Jahr 1975 beschlossen; es handelte sich um Friedhöfe der 1892 eingemeindeten Vororte Wiens (außerhalb des einstigen Linienwalls). 1975 wurden diese Schließungen um zehn Jahre verschoben, da in den betroffenen Stadtteilen emotionale Bindungen an diese Friedhöfe betont wurden.
1980 fand zum Thema, das sich als kontroversiell erwiesen hatte, eine Volksbefragung statt; die regierenden Sozialdemokraten wollten sich wegen der Friedhöfe nicht dem Volkszorn aussetzen. Sie betraf die Friedhöfe Altmannsdorf, Erlaa, Gersthof, Hadersdorf, Heiligenstadt, Hetzendorf, Hirschstetten, Kaiserebersdorf, Kalksburg, Lainz, Leopoldau, Meidling, Pötzleinsdorf, Siebenhirten, Stadlau und Stammersdorf Ort. Die Bevölkerung entschied sich mit klarer Mehrheit gegen die Auflassung.
Der Großteil der Wiener Friedhöfe wird heute von der Friedhöfe Wien GmbH verwaltet, einem Tochterunternehmen der Wiener Stadtwerke, das 2008 durch Ausgliederung der Magistratsabteilung 43 des Wiener Rathauses entstand. Auf den 46 Wiener städtischen Friedhöfen befinden sich etwa 650.000 Grabstellen; mit den neun anderen Friedhöfen befinden sich in Wien rund 778.000 Grabstellen.[2]
Derzeit genutzte städtische Friedhöfe
Name Bezirk Größe
in m²Grab-
stellenGrabstellen
pro m²Gewidmete
Gräber1)Eröffnet Friedhof Oberlaa 10., Favoriten 33.737 4.679 0,14 1 1833 Feuerhalle Simmering 11., Simmering 215.383 46.279 0,21 72 1922 Kaiserebersdorfer Friedhof 11., Simmering 12.060 1.135 0,09 2 Simmeringer Friedhof 11., Simmering 56.955 7.994 0,14 4 Wiener Zentralfriedhof 11., Simmering 2.500.000 330.000 0,13 969 1874 Altmannsdorfer Friedhof 12., Meidling 3.807 583 0,15 – 1784 Hetzendorfer Friedhof 12., Meidling 7.583 1.100 0,15 2 1784 Meidlinger Friedhof 12., Meidling 129.811 18.095 0,14 42 1862 Südwestfriedhof 12., Meidling 241.828 25.671 0,11 6 1921 Hietzinger Friedhof 13., Hietzing 97.175 11.207 0,12 111 1787 Lainzer Friedhof 13., Hietzing 7.248 993 0,14 3 1876 Ober-St.-Veiter Friedhof 13., Hietzing 35.886 4.655 0,13 14 1876 Baumgartner Friedhof 14., Penzing 236.362 33.339 0,14 23 1874 Friedhof Hadersdorf-Weidlingau 14., Penzing 12.868 1.884 0,15 6 1875 Hütteldorfer Friedhof 14., Penzing 49.510 4.652 0,09 9 1811 Ottakringer Friedhof 16., Ottakring 173.461 27.552 0,16 44 Dornbacher Friedhof 17., Hernals 44.047 4.778 0,11 19 1883 Hernalser Friedhof 17., Hernals 161.019 21.864 0,14 29 1872 Gersthofer Friedhof 18., Währing 31.714 4.590 0,14 7 1880 Neustifter Friedhof 18., Währing 150.851 14.835 0,10 40 1880 Pötzleinsdorfer Friedhof 18., Währing 5.544 725 0,13 7 1785 Döblinger Friedhof 19., Döbling 49.981 6.853 0,14 67 1885 Grinzinger Friedhof 19., Döbling 45.265 5.095 0,11 48 1830 Heiligenstädter Friedhof 19., Döbling 20.315 2.655 0,13 10 1873 Sieveringer Friedhof 19., Döbling 37.152 5.299 0,14 9 1885 Groß-Jedlersdorfer Friedhof 21., Floridsdorf 58.138 6.898 0,12 2 1885 Jedleseer Friedhof 21., Floridsdorf 55.994 8.448 0,15 2 1873 Friedhof Stammersdorf-Ort 21., Floridsdorf 8.217 984 0,12 3 1833 Stammersdorfer Zentralfriedhof 21., Floridsdorf 192.970 23.034 0,12 5 1903 Leopoldauer Friedhof 21., Floridsdorf 4.949 964 0,19 1 Strebersdorfer Friedhof 21., Floridsdorf 31.722 1.387 0,04 – 1878 Asperner Friedhof 22., Donaustadt 89.564 6.217 0,07 – 1892 Breitenleer Friedhof 22., Donaustadt 11.987 1.141 0,10 – 1909 Esslinger Friedhof 22., Donaustadt 22.649 1.792 0,08 – Friedhof Hirschstetten 22., Donaustadt 5.959 755 0,13 1 1872 Kagraner Friedhof 22., Donaustadt 55.781 8.175 0,15 3 1887 Stadlauer Friedhof 22., Donaustadt 14.788 2.399 0,16 – 1875 Süßenbrunner Friedhof 22., Donaustadt 5.053 409 0,08 – 1893 Atzgersdorfer Friedhof 23., Liesing 39.282 3.283 0,08 – 1825 Erlaaer Friedhof 23., Liesing 4.651 632 0,14 – 1869 Friedhof Liesing 23., Liesing 47.272 4.305 0,09 7 1784 Friedhof Mauer 23., Liesing 49.378 5.914 0,12 6 1867 Friedhof Rodaun 23., Liesing 12.029 1.453 0,12 – 1783 Friedhof Siebenhirten 23., Liesing 8.511 996 0,12 – Inzersdorfer Friedhof 23., Liesing 95.056 11.426 0,12 1 Kalksburger Friedhof 23., Liesing 7.658 810 0,11 4 1892 1) Anzahl der von der Stadt Wien gewidmeten Gräber
Derzeit genutzte konfessionelle Friedhöfe
- Evangelischer Friedhof Matzleinsdorf
- Evangelischer Friedhof Simmering, siehe Wiener Zentralfriedhof
- Islamischer Friedhof Wien
- Jüdischer Friedhof Simmering, siehe Wiener Zentralfriedhof
- Kahlenberger Friedhof
- Pfarrfriedhof Kahlenbergerdorf
- Pfarrfriedhof Nussdorf
- Pfarrfriedhof Penzing
Friedhöfe, die nicht mehr belegt werden
- Friedhof der Namenlosen (vom Wiener Hafen[3] betreut)
- Jüdischer Friedhof Rossau
- Jüdischer Friedhof Floridsdorf
- Jüdischer Friedhof Währing
- St. Marxer Friedhof (von der MA 42 – Wiener Stadtgärten, von der MA 7 – Kultur und vom Wiener Altstadterhaltungsfonds betreut)
In Parks umgewandelte Friedhöfe
- Allgemeiner Währinger Friedhof, siehe Währinger Park
- Döblinger Ortsfriedhof, siehe Strauß-Lanner-Park
- Donaufelder Friedhof, siehe Hans-Hirsch-Park
- Hundsturmer Friedhof, siehe Haydnpark
- Katholischer Leichenhof Matzleinsdorf, siehe Waldmüllerpark
- Ober-Sankt-Veiter Ortsfriedhof, siehe Streckerpark
- Schmelzer Friedhof, siehe auch Märzpark
- Währinger Ortsfriedhof, siehe Währinger Schubertpark
Verbaute Friedhofsareale
Die einstigen Friedhöfe rund um Kirchen wurden größtenteils verbaut oder großzügiger Platzgestaltung geopfert. Beispiel dafür ist die Virgilkapelle unter dem Stephansplatz, ein Relikt des Friedhofs, der den Stephansdom jahrhundertelang umgab. Die Kapelle wurde mehr als 200 Jahre nach der Auflassung und Zuschüttung 1973 bei U-Bahn-Bauarbeiten wiederentdeckt. Ein anderes Beispiel heute nicht mehr erkennbarer, von städtischer Verbauung erfasster ehemaliger Friedhöfe ist der Soldatenfriedhof Gumpendorf.[4]
Spezielles
Den Wienern wird gelegentlich ein spezielles Verhältnis zum Tod attestiert, weil Beobachtern intensive Begräbnis- und Friedhofsrituale auffallen. 1949 wurde Orson Welles am Schluss des berühmt gewordenen Films „Der dritte Mann“ von Graham Greene und Carol Reed in einer Szene auf dem Zentralfriedhof gezeigt. Georg Kreisler und Topsy Küppers brachten 1969 die LP „Der Tod, das muss ein Wiener sein“ heraus. Wolfgang Ambros beschrieb 1975 in seinem Lied Es lebe der Zentralfriedhof eine nächtliche Feier der ersten hundert Jahre des 1874 eröffneten Friedhofs. Das deutsche Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ widmete sich zu Städtereisen 2007 unter dem Titel A schöne Leich der Donaunekropole Wien,[5] einem Thema, das in den Medien regelmäßig wiederkehrt.
Einzelnachweise
- ↑ Friedhof am Stephansplatz (Version aus dem Internet Archive vom 28. Juli 2004)
- ↑ Monatszeitschrift Datum, Wien, Nr. 11 / 2010, S. 12
- ↑ Website des Wiener Hafens
- ↑ * Michaela Binder: Der Soldatenfriedhof in der Marchettigasse in Wien – Die Lebensbedingungen einfacher Soldaten in der theresianisch-josephinischen Armee anhand anthropologischer Untersuchungen, Phoibos Verlag, Wien, 2008, ISBN 978-3-85161-000-0
- ↑ Benedikt Mandl in: „Spiegel online“, 1. August 2007
Literatur
- Werner T. Bauer: Wiener Friedhofsführer. Genaue Beschreibung sämtlicher Begräbnisstätten nebst einer Geschichte des Wiener Bestattungswesens. Falter Verlag, Wien 2004, ISBN 3-85439-335-0.
- Christopher Dietz: Die berühmten Gräber Wiens. Falco, Klimt, Kraus, Moser, Mozart, Qualtinger, Schiele, Schubert, Strauß u.v.a. Fotos von Wolfgang Ilgner, Sigrid Riedl-Hoffmann und Frank Thinius. Perlen-Reihe, Wien-München 2000, ISBN 3-85223-452-2.
Weblinks
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