Winnig

Winnig
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August Winnig (* 31. März 1878 in Blankenburg/Harz; † 3. November 1956 in Bad Nauheim) war Gewerkschafter und Schriftsteller.

Bedeutend ist Winnig als Beispiel eines Sozialdemokraten und Gewerkschafters, der sich über die Burgfriedenspolitik im Ersten Weltkrieg und konterrevolutionäres Engagement nach der Novemberrevolution zum völkischen Nationalisten und Antisemiten entwickelte. Bekannt ist sein Werk Vom Proletariat zum Arbeitertum, das zuerst 1930 erschien. Nach 1933, spätestens 1937 Wandlung zu einer konservativen, christlichen Grundhaltung.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Winnig wuchs als eines von zwölf Kindern im Haushalt eines Totengräbers auf. 1892 begann er mit einer Maurerlehre, die er 1895 abschloss. Ab Sommer 1896 engagierte er sich sozialistisch, er schrieb für die sozialdemokratische Parteipresse, organisierte einen Ortsverband der Maurergesellen und beteiligte sich an Streiks. Wegen einer Auseinandersetzung mit Streikbrechern wurde er inhaftiert.

1904 wurde er Mitarbeiter, später dann Chefredakteur, der Gewerkschaftszeitschrift Grundstein. Es folgte die Wahl in die Hamburger Bürgerschaft für die SPD. Als Funktionär des Bauarbeiterverbandes organisierte er 1910 einen großen Bauarbeiterstreik mit, der mit der Annahme geringfügiger Lohnerhöhungen und dreijährigem Streikverzicht der Gewerkschaft endete. 1912 wurde er Vorsitzender des Bauarbeiterverbandes.

Während des Ersten Weltkrieges gehörte Winnig zum intellektuellen Umfeld der Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe, die, ausgehend vom „Augusterlebnis“ 1914 und dem Zusammenbruch der "Internationale", die Idee des „nationalen Sozialismus“ und der „Volksgemeinschaft“ vertrat. Allerdings war die Lensch-Cunow-Haenisch-Gruppe nicht antisemitisch, wie es Leute wie Winnig und auch Gustav Noske in späteren Jahren wurden, ihrem Umfeld gehörten jüdische Sozialdemokraten wie Alexander Parvus und Ernst Heilmann an.

Seit Oktober 1918 war Winnig Reichsgesandter und nach dem Ausbruch der Revolution in Deutschland Generalbevollmächtigter für die besetzten baltischen Länder. Winnig unterzeichnete die Anerkennungen der Republiken Estland und Lettland. Um auf die lettische Regierung politischen Druck auszuüben wollte er die Räumung des Baltikums verzögern und strebte dazu die Schaffung von freiwilligen Kampfverbänden an. Winnig forderte für die Deutsch Baltische Minderheit ein viertel der Sitze im lettischen Volksrat um das „Deutschtum im Osten“ zu erhalten. Aufgrund solcher Maßnahmen verringerte sich seine Popularität in der SPD.

In die Weimarer Nationalversammlung gewählt, unterstützte er in der SPD Eberts Kandidatur als Reichspräsident gegen Philipp Scheidemann. Unter der neuen Regierung wurde er Oberpräsident von Ostpreußen. In dieser Funktion bekämpfte er die Revolutionäre und organisierte die Aufstellung von Freikorps. Beim Kapp-Putsch unterstützte er Kapp gegen die von der SPD gestellte Reichsregierung. Nach dessen Ende verlor er darum sein Amt und wurde aus der SPD sowie der Gewerkschaft ausgeschlossen.

1922 begann er ein Studium an der Universität Berlin, er beschäftigte sich dort mit Geschichte, Nationalökonomie und Geographie. In dieser Zeit begann er auch als Schriftsteller bekannt zu werden (hauptsächlich mit seinen autobiographischen Werken).

1927 trat er der so genannten Alten Sozialdemokratischen Partei bei, 1930 der Volkskonservativen Vereinigung. Im selben Jahr erschien auch sein Werk Vom Proletariat zum Arbeitertum, in dem er den von ihm beschrittenen Weg resümiert und als Vorbild darstellt.

Während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft wandelte sich Winnig (wie er in seinen Aufzeichnungen Aus zwanzig Jahren berichtet) vom national denkenden Sozialisten zum Vertreter einer christlich-konservativen, am Gedanken einer europäischen Kooperation orientierten Grundhaltung, was ihn in die Nähe von Widerständlern des 20. Juli 1944 brachte, die in seinem Potsdamer Haus ein- und ausgingen. Er selbst blieb nach dem 20. Juli von Verfolgungen frei und gehörte nach 1945 zu den Gründern der CDU.

1945 lebte er wieder in Blankenburg, das er zusammen mit der herzoglich braunschweigischen Familie, dem Landrat des Kreises Blankenburg und anderen Menschen im Juni 1945, kurz vor dem Einrücken der Roten Armee, verließ, um sich in Vienenburg / Niedersachsen niederzulassen.

Für seine Verdienste zeichnete ihn der Bundespräsident am 29. März 1955 mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland aus. August Winnig starb am 3. November 1956. Sein Grab und jenes seiner Ehefrau ist auf dem Waldfriedhof in Blankenburg am Harz noch erhalten.

Zitate

Blut und Boden sind das Schicksal der Völker.“
Eröffnungssatz seiner Schrift Befreiung (1926) und des Buches Das Reich als Republik (1928) (siehe auch: Blut- und Bodenideologie)
„Der Sieg der nationalsozialistischen Bewegung ist mit der Kraft dieser Jugend unseres Volkstums errungen. Durch diesen Sieg hat der Arbeiter die große Führung ergriffen.“
Nach drei Jahren, Nachwort zur Neuauflage von Vom Proletariat zum Arbeitertum. 1933

Werke (in Auswahl)

Autobiographische Werke:

  • Frührot. Ein Buch von Heimat und Jugend. 1924 (erste Ausgabe 1919)
  • Das Buch Wanderschaft (Erweiterung des letzten Teils von 'Frührot', enthält Winnigs Erlebnisse als Maurergeselle), 1941
  • Der weite Weg (berichtet von seinem Werdegang als Gewerkschaftler bis zum Ersten Weltkrieg). 1932
  • Heimkehr (berichtet von seiner Tätigkeit im Baltikum 1918 bis zum Kapp-Putsch). 1935 (hierzu gibt es auch frühere Teilveröffentlichungen (Am Ausgang der deutschen Ostpolitik, 1921))
  • Die Hand Gottes, 1938 (autobiographische Erlebnisse mit religiösem Hintergrund)
  • Das Unbekannte. (Erlebnisse aus dem Reich des Übersinnlichen) 1940
  • Aus zwanzig Jahren. 1925 bis 1945, 1948 (zuerst erschienen 1945 unter dem Titel Rund um Hitler für die Kriegsgefangenenhilfe des Weltbundes der Y.M.C.A.Genf/London)

Literarische Werke:

  • (Hrsg.) Jungblut. Handwerkslieder, Wanderlieder und Volkslieder
  • Preußischer Kommiß. Soldatengeschichten Berlin, Vorwärts-Verlag 1910 (seitdem nicht mehr erschienene, seinerzeit verbotene antimilitaristische Geschichten, die auf eigenen Erlebnissen beruhen)
  • Die ewig grünende Tanne. 1927 (Erzählungen, illustriert von A. Paul Weber)
  • Wunderbare Welt (Roman). 1938
  • In der Höhle. 1941 (Erzählung)
  • Morgenröte 1958 (gesammelte Erzählungen, aus diversen Veröfftlichungen gesammelt)

Sonstiges:

  • Der große Kampf im deutschen Baugewerbe. 1910
  • Der Burgfriede und die Arbeiterschaft, Reihe: Kriegsprobleme der Arbeiterklasse, Heft 19, 1915
  • Der Krieg und die Arbeiterinternationale, in: F. Thimme, C. Legien (Hrsg.), Die Arbeiterschaft im neuen Deutschland. 1915
  • Marx als Erlebnis, in: Glocke 4, 1 v. 4.5.1917, 138-143
  • Der Glaube an das Proletariat. 1924, neue Fassung 1926
  • Die geschichtliche Sendung des deutschen Arbeiters. Die deutsche Außenpolitik. Vortrag in Halle/Saale. 1926
  • Das Reich als Republik. (gesammelte Aufsätze und Reden) 1928
  • Vom Proletariat zum Arbeitertum. 1930, (Sonderausgabe) 1933, (mit einem Nachwort: »Nach drei Jahren«) - (mehrere Neuauflagen bis 1945)
  • Der Arbeiter im Dritten Reich. 1934
  • Arbeiter und Reich. = Erbe und Verpflichtung. 1. Auf falscher Bahn, 2. Die große Prüfung, 1937
  • Europa. Gedanken eines Deutschen 1937 (bereits dem konservativen Widerstand zuzuordnender Essay, Kritik am Totalitarismus des Sowjetsystems wurde als Kritik am NS-Staat verstanden)
  • Der deutsche Ritterorden und seine Burgen. 1939

Literatur

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  • Klaus Grimm: Jahre deutscher Entscheidung im Baltikum. Essen: Essener Verl. Anst. 1939.
  • Max Kemmerich: August Winnig. Geb. 31.3.1878. Ein deutscher Sozialist. In: Militärpolitisches Forum. Neumünster, Holstein, 4 (1955), 3, S. 6-15.
  • Wilhelm Landgrebe: August Winnig. Arbeiterführer, Oberpräsident, Christ. Lahr-Dinglingen: Verl. d. St.-Johannis-Druckerei 1961.
  • Wilhelm Ribhegge: August Winnig. Eine historische Persönlichkeitsanalyse. Bonn-Bad Godesberg: Verlag Neue Gesellschaft 1973. (= Schriftenreihe des Forschungsinstituts der Friedrich-Ebert-Stiftung; 99) ISBN 3-87831-147-8
  • Hannah Vogt: Der Arbeiter. Wesen und Probleme bei Friedrich Naumann, August Winnig, Ernst Jünger. 2., durchges. Aufl. Grone-Göttingen: Schönhütte 1945.
  • Frank Schröder: August Winnig als Exponent deutscher Politik im Baltikum 1918/19. Hamburg: Baltische Ges. in Deutschland e.V. 1996. (= Baltische Reihe; 1)
  • Cecilia A. Trunz: Die Autobiographien von deutschen Industriearbeitern. Freiburg im Breisgau: Univ. Diss. 1935.

Weblinks


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