Wolbert K. Smidt

Wolbert K. Smidt
Smidt beim Vortrag „Agenten für die Freiheit“ 2009

Wolbert K. Smidt (* 1936 Wilhelmshaven[1]) ist ein deutscher Geheimdienstler und Publizist. Er war bis 2001 Erster Direktor beim Bundesnachrichtendienst (BND) und Botschaftsrat I. Klasse in Paris.

Inhaltsverzeichnis

Laufbahn

Nach einem Jurastudium in Mainz, Berlin, München und Kiel und der anschließenden Referendarzeit trat Smidt Mitte der 1960er Jahre in den Bundesnachrichtendienst ein. Seine Tätigkeit begann er in Pullach. Während seiner Laufbahn wurde er unter anderem in der Aufklärung des internationalen Terrorismus und internationaler Wirtschaftsstrukturen eingesetzt. In den 1970er Jahren leitete Wolbert Smidt verschiedene Sonderoperationen.[1]

In den 1980er Jahren ging Smidt für den BND als Resident nach Paris, wo er sowohl als Diplomat als auch Leiter der französischen BND-Außenstelle arbeitete, und war nach 1989 für den Aufbau offizieller Kontakte zu den Geheimdiensten Ostmitteleuropas zuständig. Nach eigenen Angaben war er für diese Dienste auch bezüglich ihrer Neuerrichtung beratend tätig.[2] Zuletzt war er Erster Direktor der Abteilung Operative Aufklärung und war damit für die Beschaffung von Informanten und geheimen Materials zuständig.

Smidt ist Träger des Bundesverdienstkreuzes.[1]

Öffentliche Wirksamkeit

Nach seiner Pensionierung in Paris gründete er 2003 in Abstimmung mit dem Bundeskanzleramt gemeinsam mit hochrangigen deutschen Geheimdienstlern, Journalisten und Wissenschaftlern den Gesprächskreis Nachrichtendienste in Deutschland e. V. (GKND e. V., German Forum for the Discussion of Intelligence) in Berlin, ein „Diskussionsforum über Zukunftsfragen der Dienste in Deutschland“[3], dessen Vorsitzender er seither ist. „Öffentlich gewordene Missstände und mangelnde Transparenz erschweren die allgemeine Akzeptanz“ der Geheimdienste, sagt Wolbert Smidt. „Der Verein wurde mit dem Ziel gegründet, die öffentliche Diskussion darüber zu versachlichen und für „Aufklärung über die Aufklärung“ zu sorgen.“[4]

Er veranstaltete seither regelmäßig wissenschaftliche Tagungen,[5] tritt als Redner auf[6] und gilt als wichtiger Ansprechpartner der deutschen Presse und politischen Stiftungen, insbesondere zu Fragen der internationalen Geheimdienstarbeit zu Terrorismus und „War on Terror“ sowie der Kontrolle der Geheimdienste in der modernen demokratischen Gesellschaft. Frühzeitig bezeichnete er in einem Fernsehinterview die US-amerikanischen Beweise für die Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak als für jeden Geheimdienst erkennbar offensichtlich gefälscht[7]. In Interviews und Publikationen betont er den Vorrang von Bürgerrechten und demokratischen Prinzipien (zu den Sicherheitsgesetzen nach dem 11. September: „Die Sicherheitspakete sind mit „heißer Nadel“ gestrickt worden. Mir gehen die Befugnisse zum Teil auch zu weit, und sie sind nicht immer effizient.“[8] Zum „War on Terror“ äußerte er sich beispielsweise 2005 in 3Sat: „Man hat einfach vergessen zu berücksichtigen, dass, wenn man den Terrorismus bekämpft, seinen eigenen Grundsätzen treu bleiben muss, sonst lohnt sich der Kampf gegen den Terrorismus nicht, wenn man seine eigenen Werte völlig in Frage stellt.“[9]. Zu damals bekanntgewordenen CIA-Geheimflügen sagte er 2005: „Es gibt einigen Anlass zu zweifeln an der Rechtmäßigkeit von vielen Maßnahmen. Es geht hier nicht nur um die Flüge, sondern es geht auch um Entführungen, Entführungen selbst von europäischem Boden.“[10]

Auf Einladung der Bundeszentrale für politische Bildung (BPB) beteiligte er sich 2003 an der Internet- und Buchpublikation Experten-Forum: Antiterrorpolitik in Deutschland.[11] 2004 organisierte er für den GKND in Zusammenarbeit mit der BPB und der Evangelischen Akademie zu Berlin die hochrangig besuchte internationale Tagung Geheimhaltung und Transparanz unter der Schirmherrschaft von Bundestagspräsident Wolfgang Thierse im Umweltforum Berlin.[12] Dabei trat er unter anderem mit Ulrike Poppe auf, mit der er später gemeinsam die Tagungsergebnisse als Buch herausgab. Der Roman von Dieter Kühn Geheimagent Marlowe (Frankfurt am Main 2007) beruht in Teilen auf Angaben von Wolbert Smidt.

Diverses

Er ist nicht zu verwechseln mit dem Hamburger Afrikanisten Wolbert G.C. Smidt[13]. Wolbert K. Smidt ist ein Sohn des Admirals Karl Smidt.

Publikationen

  • Beiträge in: Andrea Szukula (Hrsg.): Anti-Terror-Politik in Deutschland. (PDF) Köln: Lehrstuhl Internationale Politik 2003 (Arbeitspapiere zur Internationalen Politik und Außenpolitik, AIPA 4/2003), siehe auch Bundeszentrale für Politische Bildung: Experten-Forum: Antiterrorpolitik in Deutschland, bpb.de
  • „Haben die Dienste vor dem 11.9.2001 und bei der Aufklärung der Massenvernichtungswaffen im Irak versagt?“ In: Volker Foertsch, Klaus Lange (Hrsg.): Islamistischer Terrorismus: Bestandsaufnahme und Bekämpfungsmöglichkeiten, München: Hanns-Seidel-Stiftung [etc.], 2005, S. 82–98, S. 172–184[14]
  • Brauchen wir eine Nachrichtendienst-Kultur? Fakten, Fragen, Forderungen. In: Volker Foertsch, Klaus Lange (Hrsg.): Islamistischer Terrorismus und Massenvernichtungsmittel, München: Hanns-Seidel-Stiftung 2006 (Argumente und Materialien zum Zeitgeschehen, 50), S. 29–41[15]
  • Wolfgang Krieger, Ulrike Poppe, Wolbert K. Smidt, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): Geheimhaltung und Transparenz, Demokratische Kontrolle der Geheimdienste im internationalen Vergleich, Münster, Lit-Verlag 2007 (Reihe: Demokratie und Geheimdienste, 1)[16]
  • Hans-Georg Wieck, Wolbert Smidt: Sécurité intérieure et extérieure de l’Europe: actions à mener“. 2005, claro.motime.com
  • Systeme parlamentarischer Kontrolle von Geheimdiensten – Versuch eines Vergleichs. In: Wolbert K. Smidt, Ulrike Poppe, Wolfgang Krieger, Helmut Müller-Enbergs (Hrsg.): Geheimhaltung und Transparenz. Demokratische Kontrolle der Geheimdienste im internationalen Vergleich. Lit-Verlag, Berlin 2007, S. 235–256.

Interviews

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Otto Langels: Jenseits von James Bond – Aus dem Leben eines Geheimdienstlers, SWR2 Eckpunkt 22. Juni 2004, 10.05 Uhr. (Manuskript)
  2. 2004 Interview für den Newsletter der Ev. Akademie zu Berlin
  3. bpb.de
  4. eaberlin.de
  5. z. B.: 2005: Organisation der Tagung „Terror im Namen Gottes? Islamische Gewalt und der Blick der Nachrichtendienste“, zusammen mit Eva Horn, in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik: http://www.diejungeakademie.de/pdf/Podium_Islam_Einladung.pdf (PDF) und http://idw-online.de/pages/de/news139027; Tagung „Europäische Nachrichtendienste, Transformation und demokratische Kontrolle (PDF) 2008, veranstaltet mit der Friedrich-Ebert-Stiftung
  6. z. B. 2002: Tagung „Transatlantic Intelligence Cooperation: Past and Future“, Academy for Communication and Information – Strausberg (Berlin), http://www.intelligence-history.org/meeting-2002.htm; 2006: Veranstaltung an der Technischen Universität Dresden: Blockseminar zum Thema „Demokratische Außenpolitik und Geheimdienste: ein Widerspruch?“ (PDF); 2007: „Parlamentarische Kontrolle der Nachrichtendienste im demokratischen Rechtsstaat“, Fachkonferenz der Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin: http://www.kas.de/wf/de/17.27204/
  7. Interview in ZDF-Sendung Frontal21 zu gefälschten Beweisen zur Rechtfertigung des Irak-Krieges, 2003: „FALSCHE BEWEISE, Skandal um Geheimdienst-Dokumente“ http://krisen-und-konflikte.de/irak/archiv/zdf_falsche_beweise_13032003.htm, siehe auch http://www.erwin-leder.com/texte/texte_w/ZDF-Frontal21%5B1%5D.htm und Bericht in der WELT vom 10. Dezember 2003 „‚Unzweifelhaft gefälscht‘ – aber dem Krieg nachgeholfen“: http://www.erwin-leder.com/texte/texte_w/ZDF-Frontal21%5B1%5D.htm
  8. http://www.eaberlin.de/41183_41307.php, siehe auch das Interview von 2006 http://www.tagesspiegel.de/politik/div/;art771,2251176
  9. 3sat.de
  10. spiegel.de
  11. siehe die Internetpräsentation http://www.bpb.de/themen/M55ET5,0,0,Einf%FChrung.html und die Publikation http://www.politik.uni-koeln.de/jaeger/downloads/aipa0403.pdf
  12. Kooperationstagung in Zusammenarbeit mit der Ev. Akademie, der BPB u. a. „Geheimhaltung und Transparenz, Demokratische Kontrolle der Geheimdienste im internationalen Vergleich“, http://www.eaberlin.de/details.php?id=15 und www.bpb.de/files/3VHQQE.pdf (PDF)
  13. siehe dessen Internetseite http://www.aai.uni-hamburg.de/afrika/smidt.html
  14. ulb.tu-darmstadt.de (PDF)
  15. hss.de (PDF)
  16.  : Seite des Verlags zum Buch; siehe auch: 2006 zur Buchveröffentlichung (AFIO Weekly Intelligence Notes): http://www.afio.com/sections/wins/2006/2006-39.html#SecrecyTransparency
  17. siehe dazu auch: 2007 MDR1 Radio Thüringen zu RAF-Terroristen in der DDR, Entdeckt! – Was wusste der Westen?

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