Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband

Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband

Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband (* 17. April 1898 in Bogliasco; † 24. Mai 1939 in Tübingen) war ein deutscher Althistoriker.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Werk

Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband war der Sohn der Schriftstellerin Lucy Ahrenfeldt. Die Familie Uxkull stammte aus altem Adel. Schon im Alter von neun Jahren, im Herbst 1906,[1] wurden Woldemar und sein Bruder Bernhard von Uxkull-Gyllenband auf der Straße von Ernst Morwitz „entdeckt“, der in engem Kontakt zu dem bekannten Dichter Stefan George stand und auf der Suche nach Zöglingen für den George-Kreis war. Die Brüder wuchsen im Bayerischen Viertel in Berlin auf, wo Morwitz sie privat unterrichtete. Trotzdem blieben ihre schulischen Leistungen hinter den Erwartungen zurück, so dass sie ab 1912 das Gymnasium der Klosterschule Ilfeld im Harz besuchten. Ab 1916 bereitete sich Woldemar von Uxkull in Privatkursen auf das Abitur vor; nun stand er auch in regelmäßigem Kontakt mit Stefan George selbst.[2]

Danach war Uxkull bis 1919 Soldat, legte sein Abitur am Fichtegymnasium in Berlin ab und begann dann ein Studium der Altertumswissenschaften und der Alten Geschichte, zunächst an der Universität München, dann in Berlin und schließlich in Heidelberg. Nachdem er bereits vor und im Krieg mehrmals mit Stefan George Kontakt gehabt hatte, wurde Uxkull Pfingsten 1919 bei einem Treffen in Heidelberg gemeinsam mit Percy Gothein und Erich Boehringer, die er schon aus dem Studium kannte, in den George-Kreis eingeführt. Über den Kreis kam er 1919/1920 auch in Kontakt mit Ernst Kantorowicz, der ein enger Freund wurde und ihm sein wichtiges Buch Kaiser Friedrich der Zweite widmete. Beide wohnten eine Zeitlang in demselben Haus in Heidelberg.[3]

Als Schüler Alfred von Domaszewskis promovierte er 1922 in Heidelberg über die Quellen der Kimon-Biografie des Plutarch. 1923/24 hielt sich Uxkull-Gyllenband in England auf, wo er in der British Library forschte und Vorlesungen in Oxford besuchte. 1925 habilitierte er sich für Alte Geschichte bei Wilhelm Weber in Halle mit einer Untersuchung über Plutarch und die griechische Biographie, eine Erweiterung seiner Dissertation. Nach einigen Lehrstuhlvertretungen nahm er 1932 den Ruf auf den Lehrstuhl für Alte Geschichte der Universität Tübingen an. Einen Ruf nach Kiel lehnte er 1934 ab. Uxkull starb 1939 an den Folgen eines Verkehrsunfalls.

Er war ein Cousin von Alexander, Berthold und Claus Schenk Graf von Stauffenberg, die seit den 1920er Jahren ebenfalls dem George-Kreis angehörten. Vor allem Alexander, ebenfalls Althistoriker, stand ihm nahe. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 geriet Uxkull-Gyllenband in den Einfluss der NS-Propaganda. In einer Ansprache an die Tübinger Studentenschaft aus Anlass von Georges 65. Geburtstag im Juli 1933 interpretierte er den Nationalsozialismus als eine Erfüllung der Visionen Stefan Georges.[4] Daraufhin wandten sich viele seiner alten Freunde von ihm ab. Vor allem der als Jude bereits jetzt diskriminierte Kantorowicz, dem er ein Widmungsexemplar schickte, war entsetzt. Sein Exemplar der Schrift, die er als Beleidigung des Geheimen Deutschland interpretierte, versah Kantorowicz mit vernichtenden Randbemerkungen: „Total verantwortungslos“ – „Kläglich banal“ – „in jedem Grad der Übertreibung und der Ärmlichkeit beleidigend“.[5] Uxkull hielt jedoch noch im selben Jahr den Vortrag Von Spartas Größe, in dem er sich deutlich gegen das totalitäre Sparta und für das demokratischere Athen positionierte. Dieser Vortrag lässt sich als Stellungnahme gegen die nationalsozialistische Ideologie lesen.[6]

Uxkull-Gyllenbands wissenschaftliche Schwerpunkte waren vor allem das klassische Griechenland und die Papyri als Quelle für die Verwaltungs- und Rechtsgeschichte der römischen Kaiserzeit. Seine Studien zu den Biographien Plutarchs fanden keine große Resonanz, zumal Felix Jacoby sie als „merkwürdige Vereinfachung“ kritisierte.[7] Sehr viel einflussreicher war sein oft gelobter Kommentar zum Gnomon des Idios Logos, der bis heute als Standardwerk gilt.[8] Dabei hielt er sich, anders als andere Mitglieder des George-Kreises (z. B. Ernst Kantorowicz), in seinen wissenschaftlichen Veröffentlichungen mit Wertungen und Heroisierungen im Sinne der Georgischen Ideologie zurück.[9] Ein Schüler Uxkull-Gyllenbands war unter anderen Karl Friedrich Stroheker.

Schriften

  • Frühgriechische Plastik. Mit einem Vorwort. Berlin o. J. [1919] (= Orbis Pictus. Weltkunst-Bücherei. Herausgegeben von Paul Westheim, Band 3).
  • Griechische Kultur-Entstehungslehren. Berlin 1924.
  • Plutarch und die griechische Biographie: Studien zu Plutarchischen Lebensbeschreibungen des V. Jahrhunderts. Stuttgart 1927.
  • Das Bildungs- und Wissenschaftsideal im Altertum. Stuttgart 1933.
  • Der Gnomon des Idios Logos, 2: Der Kommentar. Berlin 1934.
  • Die eleusinischen Mysterien. Versuch einer Rekonstruktion. Herausgegeben von Alexander von Bemus. Bündingen-Gettenbach 1957.

Literatur

  • Hartmut Blum: Uxkull-Gyllenband, Woldemar Graf von, Ordinarius für Alte Geschichte, 1898–1939. In: Württembergische Biographien. Band 1, Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-17-018500-5, S. 283.
  • Alexander Schenk Graf von Stauffenberg: Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband. In: Jahresbericht über die Fortschritte der klassischen Altertumswissenschaft. Band 284, 1943, S. 58–60.
  • Wolfgang Schuller: Altertumswissenschaftler im George-Kreis: Albrecht von Blumenthal, Alexander von Stauffenberg, Woldemar von Uxkull. In: Bernhard Böschenstein, Jürgen Egyptien, Bertram Schefold, Wolfgang Graf Vitzthum (Hrsg.): Wissenschaftler im George-Kreis. Die Welt des Dichters und der Beruf der Wissenschaft. de Gruyter, Berlin/New York 2005, S. 209–224, hier S. 209–214.
  • Joseph Vogt: Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband †. In: Gnomon. Band 15, 1939, S. 461–463.

Weblinks

Anmerkungen

  1. Vgl. Ernst Morwitz, Kommentar zu dem Werk Stefan Georges, Klett-Cotta, Stuttgart 1969, S. 416.
  2. Zu Uxkulls Erziehung und Hinleitung zu George vgl. Thomas Karlauf, Stefan George. Die Entdeckung des Charisma, Pantheon, München 2008, S. 378f.
  3. Zum Heidelberger Treffen vgl. etwa Karlauf, Stefan George, S. 485–490, zu Uxkull besonders S. 485f.; zu Kantorowicz S. 548.
  4. Woldemar Graf Uxkull-Gyllenband, Das revolutionäre Ethos bei Stefan George, Broschüre, Tübingen 1933. Dazu Karlauf, Stefan George, S. 625f.; Bernd-Ulrich Hergemöller, Mann für Mann. Biographisches Lexikon zur Geschichte von Freundesliebe und männlicher Sexualität im deutschen Sprachraum, Hamburg 1998, S. 698.
  5. Dazu Eckhart Grünewald, „Übt an uns mord und reicher blüht was blüht!“ Ernst Kantorowicz spricht am 14. November 1933 über das „Geheime Deutschland“, in: Robert L. Benson, Johannes Fried (Hrsg.), Ernst Kantorowicz. Erträge der Doppeltagung Institute for Advanced Study, Johann-Wolfgang-Goethe-Universität, Frankfurt, Steiner, Stuttgart 1997, S. 57–76, hier S. 63 mit den Zitaten.
  6. Dazu Michael Petrow, Der Dichter als Führer? Zur Wirkung Stefan Georges im „Dritten Reich“, Tectum Verlag, Marburg 1995, S. 122f.
  7. Felix Jacoby, in: Historische Zeitschrift, Bd. 139 (1929), S. 186f.
  8. Eine positive Rezension etwa von Friedrich Oertel, in: Historische Zeitschrift, Bd. 152 (1935), S. 325–328. Schuller, Altertumswissenschaftler im George-Kreis, S. 212.
  9. Vgl. Schuller, Altertumswissenschaftler im George-Kreis, S. 212.

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