Woldemar Hermann

Woldemar Hermann

Woldemar Hermann (* 20. Juni 1807 in Dresden; † vermutlich 15. April 1878 ebenda) war ein deutscher Architekt und Maler.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Aquarell „Rom vom Monte Mario“, Woldemar Hermann 1830
„Entwurf zur Umaendrung eines Weinbergshauses in der Lößnitz“ (vermutlich die Hantzsch-Villa), Woldemar Hermann 1843
Aussichtsturm Jägerberg (Blechburg), Ölgemälde von Woldemar Hermann, 1844

Hermann wuchs in Dresden in einer Beamtenfamilie in bescheidenen Verhältnissen auf. Obwohl sein Vater früh verstorben war, konnte der kunstsinnige Junge im Alter von 13 Jahren ab 1820 die Dresdner Kunstakademie besuchen, während er den Beruf des Maurers erlernte.

1826, mit neunzehn Jahren, entwarf Hermann für einem wohlhabenden Gönner als ersten großen Auftrag das klassizistische Gebäudeensemble im Coselschen Garten in Dresden, darunter die Schwanenvilla an der Holzhofgasse (heute Altenzentrum der Diakonie) sowie das 1945 zerstörte Wasserpalais. Auf Vermittlung des Leiters der Kunstakademie erhielt Hermann 1828 für diese Leistung ein königliches Stipendium für eine zweijährige Bildungsreise nach Frankreich und Italien. Die wichtigste Station war für ihn Rom, da er dort, neben seinen architektonischen Studien, Anschluss an die Künstlerkolonie der Nazarener fand.

1831 entwarf Hermann ein neues Dresdner Hoftheater am Zwinger, für das er vom sächsischen Prinzen Friedrich viel Beifall erhielt, dessen Entwurf jedoch nicht realisiert wurde. Erst Gottfried Semper baute später aufgrund seiner eigenen Entwürfe von 1837 das neue Hoftheater. Zwischen 1832 und 1834 entstand sein architektonisch bedeutendstes Gebäude, das Römische Haus in Leipzig für den Musikverleger Härtel, welches für den später in Griechenland wirkenden Architekten Ernst Ziller das wichtigste Vorbild für die Realisierung von Heinrich Schliemanns Wohnpalais Iliou Melathron werden sollte. 1843/1844 errichtete Hermann im Auftrag des Dresdner Weinhändlers August Traugott Hantzsch anstelle des bestehenden, aus dem 17. Jahrhundert stammenden Herrenhauses die neogotische Hantzsch-Villa auf dem Jägerberg in der Oberlößnitz nebst Künstlicher Ruine und einem damals weithin sichtbaren, heute verfallenden Aussichtsturm, der Blechburg, von dem aus der Blick bis nach Dresden frei war. Trotz verschiedener Umbauten vor allem durch die Gebrüder Ziller zeigt das Haupthaus auf dem Jägerberg heute noch Hermanns Handschrift.

Zwischen den Revolutionen von 1830 und 1848 listet Hermanns Bautagebuch an die siebzig Bauprojekte auf, darunter „Um- und Neubauten von Gutshäusern und Villen des sächsischen Land- und des Leipziger Buchhändleradels, Kirchenrestaurierungen, Dekorationsaufträge, etwa für den Saal des Leipziger Gewandhauses, die Salomonisapotheke am Dresdner Neumarkt oder - bis heute erhalten - das Schillerzimmer des Weimarer Schlosses“.[1] Die meisten seiner gebauten Werke sind nicht mehr erhalten. Ähnlich wie Christian Gottlieb Ziller mit seinem eigenen Landhaus in der Lößnitz hatte auch Hermann schon vor Semper auf eine Wiederbelebung der Renaissance in Sachsen hingewirkt.

Mit der Revolution von 1848 legte Hermann aus von ihm nicht bekanntgegebenen Gründen seinen Beruf als Architekt nieder und widmete sich nur noch der Malerei, wovon er seine Familie jedoch kaum ernähren konnte. Hermann gehörte zum Freundeskreis von Ludwig Richter. Ebenso wie viele seiner Künstlerfreunde reiste er mehrfach nach Rom, aber auch nach Umbrien, in die Toskana, nach Venedig und nach Capri. Auf diesen Reisen stellte er unzählige Skizzen her, die als Vorlagen für seine Gemälde dienten und bis heute in privaten Sammlungen überdauert haben.

Einsam und verarmt fand Hermann den Freitod in der Elbe, vermutlich am 15. April 1878. Er wurde auf dem Kirchhof in Weistropp beerdigt.

2007 zeigte das sächsische Landesamt für Denkmalpflege eine größere Ausstellung mit Werken aus dem „beeindruckenden künstlerischen Nachlass Woldemar Hermanns“,[2] welche auf Initiative und mit Hilfe des Kötzschenbrodaer Pfarrers Michael Schleinitz, eines Ururenkels des Künstlers, zustande kam. Ihm und seiner Familie sind auch die Veröffentlichungen von Hermanns Bautagebuch sowie der Notizen über dessen Jugendjahre zu verdanken.

Werk

Bauten und Entwürfe

Römisches Haus, Woldemar Hermann
  • 1826: klassizistisches Gebäudeensemble im Coselschen Garten mit dem Wasserpalais (1945 zerstört) und der Schwanenvilla an der Holzhofgasse, Dresden
  • 1831: Nicht realisierter Entwurf für ein neues Hoftheater am Zwinger, Dresden
  • 1832/1834: Römisches Haus für den Verleger Härtel in Leipzig (1903 abgerissen)
  • 1844: Neubau der neogotischen Hantzsch-Villa statt eines Herrenhauses nebst Künstlicher Ruine und Aussichtsturm Blechburg (auf dem Oberlößnitzer Jägerberg)

Schriften

  • Woldemar Hermann; Eckhart Schleinitz (Hrsg.); Michael Schleinitz (Hrsg.): Tagebuch meines Wirkungskreises in der Architektur. Hermanns Bautagebuch von 1826 bis 1847. Verlag Notschriften, Radebeul 2006, ISBN 978-3-933753-88-5.

Literatur

  • Walther Schleinitz: Aus Jugendtagen des romdeutschen Baumeisters und Malers Woldemar Hermann (1807-1878). Verlag Notschriften, Radebeul 2005, ISBN 978-3-933753-60-1.
  • Friedbert Ficker, Gert Morzinek, Barbara Mazurek: „Ernst Ziller – Ein sächsischer Architekt und Bauforscher in Griechenland; Die Familie Ziller“, Kunstverlag Josef Fink, Lindenberg i. Allgäu 2003, ISBN 3898700763.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Woldemar Hermann, ein fast vergessener Architekt, von Frank Andert
  2. Woldemar Hermann; Kabinettausstellung im Landesamt für Denkmalpflege Sachsen

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