Xylitol

Xylitol
Strukturformel
Strukturformel von Xylitol
Xylitol in der Fischer-Projektion
Allgemeines
Name Xylitol
Andere Namen
  • D-Xylitol
  • D-Xylit
  • (2S,4R)-Pentan-1,2,3,4,5-pentol
  • E 967
Summenformel C5H12O5
CAS-Nummer 87-99-0
PubChem 6912
Kurzbeschreibung

farblose, süß schmeckende Kristalle [1]

Eigenschaften
Molare Masse 152,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,52 g·cm−3[2]

Schmelzpunkt

94 °C [1]

Siedepunkt

216 °C[3]

Löslichkeit

leicht löslich in Wasser und Pyridin[3] , wenig in Alkohol [1]

Sicherheitshinweise
EU-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
keine Gefahrensymbole
R- und S-Sätze R: keine R-Sätze
S: keine S-Sätze
LD50

12.500 mg·kg−1 (Ratte, peroral) [5]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Xylitol, auch Xylit (auch Birkenzucker genannt), sind Trivialnamen für Pentanpentol, einen Zuckeralkohol, der als Zuckeraustauschstoff (E 967) verwendet wird. Die Entdeckung geht auf den späteren Nobelpreisträger Emil Fischer zurück.

Die Besonderheit an Xylitol ist seine in verschiedenen klinischen Studien nachgewiesene kariostatische und antikariogene Wirkung. Auf einige Säugetiere, vor allem Hunde, wirkt Xylitol dagegen toxisch (siehe Tiermedizinische Bedeutung).

Inhaltsverzeichnis

Vorkommen, Herstellung und Eigenschaften

Xylitol befindet sich neben Sorbitol als natürlicher Zuckeralkohol in vielen Gemüsesorten (u. a. Blumenkohl) und Früchten (u. a. Pflaumen, Erdbeeren, Himbeeren), wobei der Anteil kleiner als 1 % in der Trockenmasse ist,[6] sowie in der Rinde bestimmter Holzarten (z. B. Birke). Industriell wird Xylitol durch chemische Modifikation von Xylanen (Holzgummi) über den Holzzucker Xylose gewonnen. Die industrielle Herstellung ist aufwändig, Xylitol ist ein verhältnismäßig teurer Zuckeraustauschstoff. Heute erfolgt die Gewinnung häufig aus Resten von Maiskolben nach Abernten der Körner. Möglich ist dabei der Einsatz von gentechnisch verändertem Mais.[7]

Als Intermediärprodukt werden im menschlichen Körper während des Kohlenhydratabbaus täglich 5–15 Gramm in der Leber hergestellt.

Xylitol hat denselben Geschmack und die nahezu gleiche Süßkraft wie Saccharose.[8] Löst sich Xylitol im Mund im Speichel, entzieht es der Umgebung Wärme und erzeugt auf der Zunge einen Kühleffekt (endotherme Lösungswärme) von −153,2 J/g, der ähnlich beschrieben wird wie der erfrischende Geschmack von Menthol.

Der bezogene Nährwert von 10 kJ/g (2,4 kcal/g) ist 40 % geringer als bei Haushaltszucker. Der Stoffwechselweg im menschlichen Körper läuft insulinunabhängig ab, beeinflusst den Blutzucker- und Insulinspiegel nur geringfügig und ist somit für Diabetiker geeignet.

Xylitol ist hitzestabil und karamellisiert nur, wenn es mehrere Minuten auf über 200 °C erhitzt wird. Bei Temperaturen um ca. 100 °C findet keine Karamellisierung statt.

Xylitol ist ein Molekül, das viel Wasser an sich zu binden vermag. Es wird im Dünndarm nur passiv, also langsam und unvollständig resorbiert. Bei regelmäßiger Einnahme kann die Resorptionsrate im Dünndarm durch Enzyminduktion erhöht werden. Bei Einnahme von mehr als 0,5 g Xylitol pro kg Körpergewicht kann eine abführende Wirkung auftreten, welche nach Adaption des Organismus verschwinden kann. Es wurden in Studien Einnahmen von 200 g Xylitol täglich problemlos vertragen. Bei Sorbitol besteht diese Anpassung nicht, daher wirkt Sorbitol immer abführend.

Im Dickdarm wird das restliche Xylitol (etwa 2/3 der eingenommenen Menge) durch Bakterien zerlegt und zu kleinen Fettsäurebestandteilen abgebaut und resorbiert. Diese werden zu Kohlendioxid (CO2) und Wasser verstoffwechselt.

Medizinische Bedeutung

Anti-kariogene Wirkung

Xylitol wurde Anfang der 1970er-Jahre als ein mögliches kariesreduzierendes Kohlenhydrat entdeckt. An der Universität Turku (Finnland) wurden in den Jahren 1972 bis 1975 zwei klinische Studien (bekannt als Turku-Zuckerstudien) durchgeführt, die eine hochsignifikante Reduktion von Karies belegen konnten.

In der ersten, einer zweijährigen Ernährungsstudie wurde Zucker (Saccharose) in allen Lebensmitteln durch Fructose bzw. Xylitol ersetzt. Insgesamt 115 Personen in insgesamt 3 Gruppen nahmen teil. Der Verzehr der Süßmittel belief sich auf 50 bis 67 g pro Tag. Nach der Studie konnte eine Kariesreduktion von 30 % bei Fructose und von über 85 % beim Einsatz von Xylitol ermittelt werden. Zum Vergleich wurde der sogenannte DMFS-Index[9] herangezogen. Die Zunahme des Index war 7,2 in der Saccharose-Gruppe, bei 3,8 in der Fructose-Gruppe und 0,0 in der Xylitolgruppe.

Die zweite Studie wurde gestartet, als bei verschiedenen Probanden während der ersten Studie eine markante Reduktion der DMFS-Werte festgestellt wurden, d. h. dass sie eine sogenannte "Kariesreversion" aufwiesen, wobei bestimmte Kariesläsionen einen Wiedererhärtungsprozess durchgemacht hatten.[10] Rund 100 Personen wurden in Saccharose- und Xylitolgruppen aufgeteilt. Die Süßmittel wurden im Zeitrahmen von einem Jahr in Kaugummis verabreicht, ca. 7 Gramm täglich pro Person. Im Vergleich zur Saccharosegruppe wurde bei den Xylitolprobanden eine Reduktion der Karieszuwachsrate um mehr als 82 % ermittelt. Der Kaueffekt konnte ausgeschlossen werden, da beide Gruppen die gleiche Menge Kaugummi konsumierten. Ein Fazit der Studie ist auch, dass bereits geringe Mengen an Xylitol ausreichen und eine komplette Umstellung des Süßmittels nicht notwendig ist.

Diese Effekte werden dadurch erklärt, dass die kariogenen Streptococcus mutans das Xylitol nicht verstoffwechseln können und damit absterben. Weiterhin werden sie auch daran gehindert, als Plaquebakterien an der Zahnoberfläche anzuheften. Als optimale Xylitolmenge wurden zwischen 5 und 10 Gramm pro Tag in mehreren Portionen ermittelt. Diese kann mittels Kaugummi oder Lutschpastillen aufgenommen werden.

Darüber hinaus regt Xylitol die Speichelproduktion an und fördert die Bildung von Komplexen mit Calcium und Speicheleiweißen in der Mundhöhle, was zu einer Remineralisation von Zahnhartsubstanz führt.

In einer weiteren Turku-Studie aus dem Jahr 2000 wurden die Wechselwirkungen zwischen Müttern, die regelmäßig xylitolhaltige Kaugummis kauten, und ihren Kindern (bis 2 Jahre alt) untersucht.[11] Ergebnis der Untersuchung war, dass der regelmäßige Konsum von Xylitol-Kaugummis den Befall mit Streptococcus mutans signifikant hemmt.

Mittelohrentzündungsvorbeugende Wirkung

In einer finnischen Studie wurde nachgewiesen, dass Kinder, die täglich Xylitol als Sirup oder in Form von Gummibonbons erhielten, im Vergleich zu Kindern einer Kontrollgruppe, die das Süßungsmittel nicht erhielt, 30–40 % weniger häufig an einer Mittelohrentzündung erkrankten.[12]

Osteoporosevorbeugende Wirkung

Im Darm bildet Xylitol Komplexe mit Calcium und erleichtert dessen Resorption. Dies könnte ein noch wenig erforschter Weg zur Vorbeugung von Osteoporose sein.[13][14]

Tiermedizinische Bedeutung

Xylitol hat bei einigen Tierarten (Hunde, Rinder, Ziegen, Kaninchen) einen stark Insulin-ausschüttenden Effekt, der zu einem starken, lebensbedrohlichen Abfall des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie) führen kann. Bei Hunden wurden zudem schwere Leberschädigungen bis zum Leberversagen und Gerinnungsstörungen beobachtet. Bereits eine Dosis von 0,1 g pro kg Körpermasse wirkt für das Tier toxisch.[15][16]

Quellen

  1. a b c Hermann Römpp, Jürgen Falbe und Manfred Regitz: Römpp Lexikon Chemie. 9. Auflage, Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1992.
  2. Material Safety Data Sheet Xylitol bei Fisher Scientific, abgerufen am 24. September 2010.
  3. a b David R. Lide (Hrsg.), CRC Handbook of Chemistry and Physics, S. 3-522, 90th Ed., 2009, Taylor & Francis.
  4. Datenblatt Xylitol bei AlfaAesar, abgerufen am 26. März 2010 (JavaScript erforderlich)..
  5. Xylitol bei ChemIDplus
  6. Angaben aus Karl Herrmann: Inhaltsstoffe von Obst und Gemüse: 50 Tabellen und Übersichten. Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2001, ISBN 3-8001-3139-0
  7. Info bei transgen.de
  8. Hans-Dieter Belitz, Werner Grosch und Peter Schieberle: Lehrbuch der Lebensmittelchemie. Springer, Berlin; 6., vollständig überarbeitete Auflage 2008; ISBN 978-3-540-73201-3; S. 263
  9. Der DMFS-Index beschreibt die Lebensgeschichte von Gesamtkariesprozessen einer Person. Dabei steht: D (decayed) für die Zunahme der Anzahl kariöser Zahnoberflächen; M (missing) wegen Extraktion fehlender Zähne; F (filled) gefüllte Zahnflächen; S (surface) Anzahl der Zahnoberflächen. Der Index wird kritisiert, da er nur den Zuwachs von Karies an gesunden und füllungsfreien Zahnflächen misst.
  10. Der Einsatz von Xylit in der Kariesprophylaxe
  11. Isokangas, P. et al. (2000): Occurence of dental decay in children after maternal consumption of xylitol chewing gum, a follow-up from 0 to 5 years of age. In: J. Dent. Res. Bd. 79, S. 1885-1889. PMID 11145360 PDF
  12. Uhari M., et al. (1998): A novel use of xylitol sugar in preventing acute otitis media. In: Pediatrics. Bd. 102, S. 879-884. PMID 9755259
  13. Mattila, P.T. et al. (2002): Improved bone biomechanical properties in xylitol-fed aged rats. In: Metabolism. Bd. 51, S. 92-96. PMID 11782878
  14. Mattila, P.T. (1999): Dietary xylitol in the prevention of experimental osteoporosis: Beneficial effects on bone resorption, structure and biomechanics. Dissertation, Institute of Dentistry, University of Oulu. PDF
  15. Eric K. Dunayer: Acute hepatic failure and coagulopathy associated with xylitol ingestion in eight dogs.. J Am Vet Med Assoc. 2006, 229(7): S. 1113-1117. PMID 17014359(online-Version)
  16. Xylitol im Hund und Kleintier

Literatur

  • Hayes C. (2001): The effect of non-cariogenic sweeteners on the prevention of dental caries: a review of the evidence. In: J Dent Educ. Bd. 65, S. 1106–1109. PMID 11699985 PDF
  • Laura E. Berk (2005): Entwicklungspsychologie, Verlag: Pearson Studium, Seiten: 288, 289
  • Kauko K. Mäkinen: Der Einsatz von Xylit in der Kariesprophylaxe. pdv Praxis-Dienste und Verlag, Heidelberg 2003, ISBN 3-935802-09-9 , [1]
  • Strübig, Wolfgang (2005): Xylit und Kaugummi - eine ideale kariespräventive Kombination? In: Dentalhygiene Journal. Nr. 4, S. 33–37. PDF
  • Z. Gintner, J. Szöke, A. Patthy, E. Söderling, J. Banoczy (2004): Wirkung von Xylit-Pastillen auf Zahnplaque und Streptococcus mutans. In: Oralprophylaxe & Kinderzahnheilkunde. Bd. 26, S. 93-95. PDF

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Xylitol – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Gesundheitshinweis Bitte den Hinweis zu Gesundheitsthemen beachten!

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Xylitol — Général Nom IUPAC (2R,3R,4S) pentane 1,2,3,4,5 pentanol Synonymes …   Wikipédia en Français

  • xylitol — [zī′lə tôl΄, zī′lətōl΄] n. a crystalline alcohol, CH2OH(CHOH) 3CH2OH, derived from the sugar xylose, used as a sweetener …   English World dictionary

  • Xylitol — Chembox new Name = Xylitol Reference = [ [http://www.sciencelab.com/msds.php?msdsId=9925453 MSDS for xylitol] ] ImageFile = Xylitol .png ImageSize = 200px ImageName = Xylitol IUPACName = ( 2R,3R,4S ) Pentane 1,2,3,4,5 pentol OtherNames =… …   Wikipedia

  • Xylitol — A sweetener found in plants that is used as a substitute for sugar. Xylitol is considered a nutritive sweetener because it provides calories, just like sugar. (Saccharin is an example of a nonnutritive sweetener, one that has no calories.) * * *… …   Medical dictionary

  • xylitol — ksilitolis statusas T sritis chemija apibrėžtis Ksilozės redukcijos produktas. formulė H(CHOH)₅H atitikmenys: angl. xylitol rus. ксилит …   Chemijos terminų aiškinamasis žodynas

  • Xylitol kinase — In enzymology, a xylitol kinase (EC number|2.7.1.122) is an enzyme that catalyzes the chemical reaction:ATP + xylitol ightleftharpoons ADP + xylitol 5 phosphateThus, the two substrates of this enzyme are ATP and xylitol, whereas its two products… …   Wikipedia

  • Xylitol oxidase — In enzymology, a xylitol oxidase (EC number|1.1.3.41) is an enzyme that catalyzes the chemical reaction:xylitol + O2 ightleftharpoons xylose + H2O2Thus, the two substrates of this enzyme are xylitol and O2, whereas its two products are xylose and …   Wikipedia

  • Xylitol pentanitrate — Chembox new ImageFile = Xylitol pentanitrate.png ImageSize = 200px IUPACName = 1,2,3,4,5 Pentakis nitrooxy pentane OtherNames = Section1 = Chembox Identifiers CASNo = 147 16 0 PubChem = SMILES = Section2 = Chembox Properties Formula = C5H7N5O15… …   Wikipedia

  • xylitol — noun Date: 1891 a crystalline alcohol C5H12O5 that is a derivative of xylose, is obtained especially from birch bark, and is used as a sweetener …   New Collegiate Dictionary

  • xylitol — /zuy li tawl , tol /, n. Biochem. a naturally occurring pentose sugar alcohol, C5H12O5, used as a sugar substitute. [ < G Xylit (1891), equiv. to Xyl(ose) XYLOSE + it ITE1; see ITOL] * * * …   Universalium

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”