Süßstoff

Süßstoff
In der EU zugelassene Süßstoffe[1]
Name relative Süßkraft
(Saccharose = 1)
Acesulfam (E 950) 130–200
Aspartam (E 951) 200
Aspartam-Acesulfam-Salz (E 962) 350
Cyclamat (E 952) 30–50
Saccharin (E 954) 300–500
Sucralose (E 955) 600
Thaumatin (E 957) 2.000–3.000
Neohesperidin (E 959) 400–600
Steviosid (E 960) 250–300
Neotam (E 961) 7.000–13.000

Süßstoffe sind synthetisch hergestellte oder natürliche Ersatzstoffe für Zucker, die eine wesentlich stärkere Süßkraft haben. Sie haben keinen oder einen sehr geringen physiologischen Brennwert. Außerdem bieten sie Karies verursachenden Bakterien keine Nahrung, da sie von der Mundflora nicht metabolisiert werden. Die Süßkraft der Süßstoffe wird immer auf Saccharose bezogen, die demnach die Süßkraft 1 hat.

Inhaltsverzeichnis

Allgemeines

In der EU zur Zeit nicht zugelassene Süßstoffe
Name relative Süßkraft
(Saccharose = 1)
Alitam 2.000–3.000
Brazzein 500–2.000
Hernandulcin ca. 1.250
Lugdunam 220.000–300.000
Monellin 800–2.000
Pentadin 500

Es zeigen sich z. T. Synergismen zwischen verschiedenen Süßstoffen, wie z. B. zwischen Aspartam und Acesulfam, was zu einer noch höheren Süßkraft führen kann. Auch werden häufig Süßstoffe untereinander oder mit Zuckeraustauschstoffen kombiniert, um einen Süßgeschmack wie bei Saccharose zu erzielen. Dies ist nötig, da einige Süßstoffe erst etwas verzögert oder auch sehr schnell süßen. Bei einigen verbleibt die Süße auch sehr lange im Mund, oder es tritt bei höheren Konzentration Beigeschmack (z. B. lakritz- oder mentholartig) auf. Am Ende des Lutschens einer Süßstoffpille entsteht manchmal auch ein saurer Geschmack.

In der oben stehenden Tabelle finden sich in der EU und Deutschland zugelassene Süßstoffe einschließlich Angaben zu ihrer Süßkraft.

Geschichte

Neben der schon bei den Römern für die Zubereitung von Defrutum bekannten Verwendung von Blei, dem damit giftigen „Bleizucker“ ist das vom deutschen Zuckerchemiker Constantin Fahlberg gefundene „Saccharin“ der älteste künstliche Süßstoff. Es kam 1885 zum ersten Mal auf den Markt. Als es um 1900 dem Zucker Konkurrenz zu machen begann, wurde es auf Druck der Zuckerindustrie in verschiedenen Staaten unter Apothekenzwang gestellt, so dass es nur noch gegen ein Arztzeugnis (zum Beispiel für Diabetiker) erhältlich war. In den beiden Weltkriegen ersetzten Süßstoffe teilweise den Zucker, der damals knapp war.

Gesundheitliche Bewertung

Über die Langzeitwirkung des Einsatzes von Süßstoffen, insbesondere deren Kombinationen, gibt es bisher wenige gesicherte Erkenntnisse. Studien zu möglichen gesundheitsschädlichen Wirkungen sind zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Nach Aussage der Deutschen Gesellschaft für Ernährung gibt es keine Hinweise auf ein erhöhtes Krebsrisiko durch die Verwendung von Süßstoffen. Nur eine Studie habe ein erhöhtes Risiko für Blasenkrebs bei hohem Süßstoffkonsum ergeben.[2][3]

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hält den Einsatz der innerhalb der EU zugelassenen Süßstoffe für gesundheitlich unbedenklich, sofern die jeweiligen Höchstmengen nicht überschritten werden. In der Bewertung aus dem Jahr 2003 heißt es: „Von Verbrauchern wurden wiederholt Fragen nach potentiellen unerwünschten Wirkungen bzw. Nebenwirkungen zum Beispiel bei Verwendung des Süßstoffs Aspartam gestellt. Dabei wurden die im Stoffwechsel aus Aspartam entstehenden Stoffe Asparaginsäure, Phenylalanin und Methanol mit unerwünschten Wirkungen wie Kopfschmerzen, Allergien, neuroendokrinen Veränderungen, Epilepsie oder Hirntumoren in einen mutmaßlichen Zusammenhang gebracht. Nach eingehender Überprüfung […] konnten die vermuteten Zusammenhänge nicht bestätigt werden“.[4]

Aus der Auswertung der zehn bis dahin vorliegenden Studien zum Zusammenhang von Süßstoffen und Krebsrisiko beim Menschen zog eine Forschungsgruppe der Universitätsklinik Köln 2001 vier Schlüsse:[3]

  • Saccharin kann bei Ratten in extrem hohen Dosen Blasenkrebs auslösen, was jedoch auf die spezielle Reaktion von Nagetieren auf Natriumsalze zurückzuführen ist.[3]
  • Nur eine Studie konnte bis 2001 ein leicht erhöhtes Blasenkrebsrisiko (RR 1,3; KI 0,9–2,1) beim Menschen durch starken Süßstoffkonsum über 1,68 g (1.680 mg) pro Tag belegen, das allerdings ebenso durch starken Kaffeekonsum oder durch Harnwegsinfektionen erreicht werden kann. Eine Identifikation der Wirkung einzelner Süßstoffe ist dabei jedoch wegen der üblichen Vermischung nicht möglich.[3]
  • „Trotz teils reißerischer und unwissenschaftlicher Artikel in der Laien- sowie der Fachpresse gibt es bislang keinen fundierten Nachweis, dass der Zuckerersatzstoff Aspartam kanzerogen wirkt.“[3]
  • Über Süßstoffe der zweiten Generation wie Acesulfam-K, Sucralose, Alitam oder Neotam lassen sich keine Aussagen machen, da sie erst seit zu kurzer Zeit im Einsatz waren.[3]

Die festgelegten unbedenklichen Höchstwerte für Süßstoffe liegen zwischen 5 mg/kg Körpergewicht und Tag, zum Beispiel für Saccharin, und 40 mg/kg Körpergewicht und Tag bei Aspartam.[4] Diese Werte werden auf der Grundlage von Tierversuchen festgelegt.[2]

Personen, die unter einer Phenylketonurie leiden, dürfen den Süßstoff Aspartam nicht zu sich nehmen. Daher müssen Produkte, die Aspartam enthalten, in der EU mit dem Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ oder „mit Phenylalanin“ gekennzeichnet sein.[2] Neugeborene werden heute auf Phenylketonurie routinemäßig getestet. Jede eiweißhaltige Ernährung (insbesondere auch Milch, einschließlich Muttermilch) kann Menschen mit Phenylketonurie schädigen.

Blundell/Hill-Hypothese zur appetitsteigernden Wirkung

Im Jahr 1986 berichtete das britische Forscherteam Blundell/Hill im Magazin The Lancet von einem Versuch, bei dem die Testpersonen nach dem Trinken von mit Süßstoff angereichertem Wasser über stärkere Hungergefühle berichteten als nach dem Trinken derselben Menge reinen Wassers. Es wurde jedoch nicht ermittelt, wie viel die Testpersonen später tatsächlich aßen. Seitdem haben zahlreiche Studien die mögliche Wirkung von künstlichen Süßstoffen auf Appetit und Hunger untersucht, wobei die große Mehrzahl die 1986 aufgestellte Hypothese nicht bestätigte bzw. widerlegte. Außer Blundell/Hill fand nur eine Studie Hinweise auf eine appetitsteigernde Wirkung, und zwar bei einem Test mit Kaugummi.[2][5] Eine Meta-Analyse aus dem Jahr 2007 listet 19 Studien auf, von denen drei eine appetitsteigernde und drei eine appetitmindernde Wirkung angeben, alle übrigen ergaben keinen Einfluss von Süßstoff auf Hunger und Kalorienaufnahme.[5]

Mit Bezug auf Blundell/Hill wurde die Hypothese aufgestellt, dass Süßstoffe ebenso wie Zucker eine verstärkte Ausschüttung von Insulin kurz nach ihrer Aufnahme bewirkten (cephalische Insulinreaktion), obwohl diese im Gegensatz zu Zucker und Kohlenhydraten dem Körper keine Glucose zuführen. Kurze Zeit später komme es dann zu einem starken Abfall des Blutzuckerspiegels, was die Hungergefühle erkläre. In mehreren Versuchen wurde jedoch dieser Effekt nicht bestätigt,[5] allerdings zeigt eine Studie aus dem Jahr 1998, dass verschiedene Süßstoffe mit einer bitteren Geschmackskomponente (Natriumsaccharin, Natriumcyclamat, Steviosid und Acesulfam-K), nicht jedoch Aspartam, an isolierten Ratten-Pankreas Inselzellen die Insulinausschüttung signifikant steigern. [6]

Ebenfalls basierend auf Blundell/Hill wurde die Theorie aufgestellt, dass die Verwendung von Süßstoff zu einer verstärkten Energieaufnahme führe und dadurch Übergewicht fördere. Begründet wurde dies zum einen mit der Hypothese der Appetitsteigerung, zum anderen mit der Theorie des kompensatorischen Essverhaltens, wonach der Körper eingesparte Energie bei einer Mahlzeit durch verstärkte Energieaufnahme bei späteren Mahlzeiten ausgleiche oder überkompensiere. Die meisten Studien ergaben jedoch nur eine geringe Energiekompensation im Zusammenhang mit Süßstoffen, im Durchschnitt betrug sie nur 32 Prozent.[2]

Weitere Süßstoffe

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutscher Süßstoffverband e.V.: Sehr viel Süßkraft im Vergleich zum Zucker. Auf: suessstoff-verband.de.
  2. a b c d e Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Süßstoffe in der Ernährung. Auf: dge.de, 2. Mai 2007.
  3. a b c d e f Martin R. Weihrauch u. a.: Künstliche Süßstoffe – Haben sie ein kanzerogenes Potential?. In: Medizinische Klinik 96, 2001, Nr. 11, S. 670–675 (doi:10.1007/PL00002158).
  4. a b Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR): Bewertung von Süßstoffen. Auf: bfr.bund.de, 21. August 2003 (PDF).
  5. a b c F. Bellisle/A. Drewnowski: Intense sweeteners, energy intake and the control of body weight. In: European Journal of Clinical Nutrition 61, 2007, S. 691–700 (PMID 17299484; doi:10.1038/sj.ejcn.1602649).
  6. Willy J. Malaisse et al.: Effects of Artificial Sweeteners on Insulin Release and Cationic Fluxes in Rat Pancreatic Islets In: Cellular Signalling Vol. 10, No. 10,, 1998, S. 627–733 (ISSN 0898-6568/98).

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