Y-Trasse

Y-Trasse

Die Y-Trasse Hannover–Hamburg/Bremen ist ein Projekt des Bundesverkehrswegeplanes 1992 und des Bedarfsplanes zum Bundesschienenwegeausbaugesetz 1993 für eine projektierte Eisenbahn-Neubaustrecke zur Aufnahme des Schnellverkehrs von Hannover über Walsrode nach Hamburg und Bremen. Die Bezeichnung lehnt sich an den Y-förmigen Streckenverlauf an. Die Notwendigkeit des Projekts und die vorgeschlagene Realisierungsvariante sind umstritten.

Die Strecke soll durchgehend mit 300 km/h befahrbar sein, im Abschnitt zwischen Visselhövede und Langwedel mit 160 km/h.[1]

Basierend auf der Planungstiefe des Raumordnungsverfahrens, geht die DB Netz AG von notwendigen Investitionskosten in Höhe von 1,3 Milliarden Euro (Preisstand: 1999) aus.[1] Ein Zeitungsbericht (März 2008) spricht von vier Milliarden Euro[2].

Inhaltsverzeichnis

Planung

Anlass der Planungen war in den 1990er Jahren Überlegungen zur Effizienzsteigerung im Personenverkehr. Der Hauptgrund für die neue Trasse ist die zumeist hohe Frequentierung der bestehenden Hauptstrecke Hamburg–LüneburgUelzenCelle–Hannover/Lehrte (Siehe auch: Bahnstrecke Hannover–Hamburg). Durch eine teilweise Entmischung von Hochgeschwindigkeits- und Nah-/Güterverkehr erhofft man sich höhere Kapazitäten für den Güterverkehr und eine verbesserte Pünktlichkeit.

Am 23. März 2001 wurde das Raumordnungsverfahren abgeschlossen.[3] Nach Fertigstellung der Strecke soll die Fahrzeit im Personenverkehr zwischen Hamburg und Hannover von 69 auf 56, zwischen Bremen und Hannover von 54 auf 46 Minuten sinken.[1] (Im Jahresfahrplan 2008 liegt die Fahrzeit zwischen den Hauptbahnhöfen Hamburg und Hannover bei rund 75 Minuten). Der jetzige InterCity von Hamburg nach Hannover soll dabei weiterhin über Uelzen verkehren, um die Mittelstädte auf dieser Strecke nicht vom Fernverkehr abzuschneiden.

Die Personen- und Güterverkehrsprognose für den Bundesverkehrswegeplan 2003 geht nach Fertigstellung der Y-Trasse von etwa 260 zusätzlichen Trassen aus, die täglich für den Güterverkehr zur Verfügung stehen sollen. 120 Trassen sollen dabei auf der Neubaustrecke geschaffen werden, 140 Trassen auf den Bestandsstrecken frei werden.[1]

Im Sommer 2008 stellte die DB Netz AG den Antrag, die Gültigkeit der ursprünglich auf acht Jahre (bis März 2009) befristeten landesplanerischen Feststellung zu verlängern. Nach eigenen Angaben haben sich die wesentlichen Planungsparameter gegenüber dem Raumordnungsverfahren nicht verändert, sodass kein neues Verfahren notwendig sei. Im Februar 2009 gab das Raumordnungsministerium diesem Antrag statt.[3]

Verlauf

Die Y-Trasse soll nach dem Raumordnungsverfahren bei Isernhagen aus der jetzigen Hauptbahn Hannover–Celle–Hamburg abzweigen und entlang der A 7 und A 27 bis westlich von Walsrode führen. Von dort führt sie auf einer neuen Trasse durch die Lintelner Geest nach Norden. Bei der Ortschaft Tadel westlich von Visselhövede zweigt der Bremer Ast mit einer Verbindungskurve an die Bahnstrecke Uelzen–Langwedel, die bis Langwedel ausgebaut werden soll, ab. Der Hamburger Zweig soll weiter über Brockel und Scheeßel verlaufen und dort in die „Rollbahn“ Bremen–Hamburg einmünden.[4]

Die im Rahmen des Raumordnungsverfahrens am häufigsten diskutierte Alternativvariante führt von Langenhagen durchgängig an der A 7 bis in den Landkreis Harburg, wo verschiedene Anschlüsse an bestehende Strecken zwischen Buchholz und Ashausen denkbar sind. Diese „Autobahnvariante“ ist jedoch im Raumordnungsverfahren ausgeschieden, da die neu zu bauende Strecke länger wäre und der Anschluss Richtung Bremen nicht mit vertretbaren Mitteln erreichbar schien. Die Radien der Autobahn sind für eine autobahnparallele Trassierung der Hochgeschwindigkeitsstrecke darüber hinaus an mehreren Stellen nicht geeignet[5]. Befürworter dieser Variante weisen jedoch darauf hin, dass nur sie eine deutliche Steigerung der Streckenkapazitäten sowie eine nennenswert kürzere Fahrzeit Hannover–Hamburg ermöglichen würde (Verkürzung um 20 bis 25 Minuten gegenüber heute) und dass der Bremer Ast nachrangig sei.

Im Rahmen der Planungen war ein Regionalbahnhof im Bereich Walsrode oder bei Visselhövede im Gespräch, der jedoch in den Plänen der Bahn nicht mehr auftaucht. Vor Ort ist er weiterhin Gegenstand der öffentlichen Diskussion. Die Walsroder Bürgermeisterin Silke Lorenz fordert einen eigenen ICE-Bahnhof für Walsrode und beruft sich auf Unterstützung durch den Landesverkehrsminister Walter Hirche.[6] Der Nutzen eines solchen Bahnhofes ist – wie auch das ganze Streckenprojekt – umstritten.

Stand der Planung

Die Planungen waren aus finanziellen Gründen, aber auch Zweifeln an der Sinnhaftigkeit des Projektes wiederholt ins Stocken geraten.

Bahn-Vorstandschef Hartmut Mehdorn bekräftigte Ende März 2007[7], dass die Y-Trasse für das Unternehmen eine hohe Priorität habe. Kurzfristig strebt das Unternehmen an, die Planfeststellungsverfahren einzuleiten. Der Bund übernimmt in einem ersten Schritt die weiteren Planungskosten in Höhe von etwa 50 Millionen Euro.[8] In einem Gespräch mit Hamburgs Erstem Bürgermeister Ole von Beust erklärte Mehdorn Ende August 2007, die Y-Trasse, nach Stuttgart 21, als nächstes Großprojekt auf den Weg bringen zu wollen.[9]

Im Investitionsrahmenplan bis 2010 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes sind Investitionen in Höhe von 1.283,9 Millionen Euro für das Projekt vorgesehen (Preisstand: 2006). Bis 2005 wurden davon insgesamt 3,5 Millionen Euro aufgewendet. Zwischen 2006 und 2010 sollen Bundesmittel in Höhe von 15,0 Millionen Euro investiert werden. Über diesen Zeitraum hinaus wird ein Finanzierungsbedarf in Höhe von 1.265,5 Millionen Euro angesetzt (Bundesmittel ab 2011, Eigenmittel DB AG und Beiträge Dritter ab 2006).[10]

Im Oktober 2008 nahm die Deutsche Bahn die Vorbereitung für das Planfeststellungsverfahren auf. Die Finanzierung übernehmen Bund und Land. Um den stark wachsenden Hafenhinterlandverkehr bis zur Realisierung der Strecke aufnehmen zu können, wird eine kurzfristige Nutzung von „Nebenbahnen“ geprüft. Um langfristig Engpässen in den Knoten von Hannover und Hamburg vorzubeugen, wird die Realisierung von Ausbaumaßnahmen im Zuge der Y-Trasse geprüft.[11]

Zweifel, Kritik sowie Alternativkonzepte

Mit dem weiteren Ausbau der Häfen in Hamburg und Bremerhaven (Bremischen Häfen), sowie dem Neubau des JadeWeserPorts wird mit einer deutlichen Zunahme des Güterverkehrs von der Küste ins Landesinnere gerechnet. Dieser Entwicklung trägt die für den Schnellverkehr geplante Y-Trasse nicht Rechnung. Weder für den Hamburger Hafen noch für den Jade-Weser Hafen sowie die Bremischen Häfen sind aufgrund der weiterhin bestehenden Engpässe an den Knotenpunkten (Bremen Hauptbahnhof, Bahnhof Hamburg-Harburg und Buchholz (Nordheide)) durch das Projekt nennenswerte Kapazitätssteigerungen zu erwarten. Der ursprünglich nicht vorgesehene Mischverkehr von Hochgeschwindigkeitszügen und Güterverkehr auf der Neubaustrecke führt zu gegenseitigen Behinderungen, in Hannover müssten die Personenzugstrecken durch den Hauptbahnhof durch Güterzüge mitbenutzt werden, da kein Anschluss an die Güterumgehungsbahn bestünde.

Es bestehen weiterhin starke Zweifel am wirtschaftlichen und verkehrstechnischen Nutzen der Strecke. Kritiker wie der Verkehrsclub Deutschland oder Pro Bahn[12] wenden ein, dass sich die angestrebten zusätzlichen Kapazitäten für den Güterverkehr kurzfristiger, preisgünstiger und im Ergebnis effizienter durch einen Ausbau bestehender Strecken schaffen lassen. Das Personenverkehrsaufkommen und die Fahrzeitverkürzungen seien zu gering, um den Neubau zu rechtfertigen. Auch die Osthannoversche Eisenbahnen bemängeln, dass die Trasse zu spät komme und zu teuer sei.[13]

Auch eine Studie von Thomas Siefer von der Universität Hannover ergab, dass die derzeitigen Planungen „nicht zu der notwendigen Kapazitätssteigerung für den Güterverkehr führen“.[14]

Gegen den Streckenbau haben sich in nahezu allen betroffenen Gemeinden Bürgerinitiativen gebildet, die unter anderem gegen die Zerschneidung der Landschaft und mehrerer Ortschaften durch die Streckenführung (etwa in Brockel), gegen den abschnittsweisen Verlauf durch bisher naturbelassenes Gelände und gegen die zu erwartende Lärmbelastung protestieren. Sie werden dabei von Umweltschutzorganisationen und Teilen der regionalen Politik unterstützt.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dorothee Menzner, Dr. Gesine Lötzsch, Heidrun Bluhm, Lutz Heilmann und der Fraktion DIE LINKE., – Drucksache 16/7913 vom 28. Januar 2008
  2. „Ohne Y-Trasse droht der Megastau“. In: Göttinger Tagblatt, 16. März 2008
  3. a b Y-Trasse: Verlängerung der Geltungsdauer der Landesplanerischen Feststellung. Eurailpress, 19. Februar 2009
  4. mgrobe.free.fr – Bundesverkehrswegeplan 2003, Teil Schiene, ABS/NBS Hamburg/Bremen–Hannover (Y-Trasse)
  5. Thomas Siefer, Christian Kollenberg: „Ertüchtigung des norddeutschen Eisenbahnnetzes für den wachsenden Schienengüterverkehr“, Hannover, 2007, S. 42 (S. 48 in der PDF-Datei)
  6. Weiterhin Streit um die geplante "Y-Trasse". Radio Bremen vom 9. Juni 2008
  7. Deutsche Bahn AG: Mehdorn bekräftigt Zusagen für Norddeutschland. Presseinformation vom 30. März 2007
  8. Erfolg für Gedaschko: Y-Trasse kommt doch in Hamburger Abendblatt vom 20. April 2007
  9. Mehdorn will Y-Trasse in Norddeutschland bauen. In: Yahoo news vom 29. August 2007
  10. Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung: Investitionsrahmenplan bis 2010 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes, April 2007
  11. Planer nehmen Y-Trasse in Angriff. In: Die Welt, 20. Oktober 2008
  12. Pro-Bahn-Mitgliederzeitschrift „der Fahrgast“ 1/2007, S. 15, 16 u. 20
  13. Zweifel an der geplanten Y-Trasse der Bahn wachsen. In: Welt online, 15. Juli 2008
  14. http://www.stiftung-bauindustrie.de/siefer.pdf, Zusammenfassung, S. 2 (S. 60 der pdf-Zählung)

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