Zenon (Kaiser)

Zenon (Kaiser)
Tremissis des Zenon mit „Siegerkranz“ und „Globus“

Zenon, griechisch Ζήνων, lateinisch Flavius Zeno, († 9. April 491), war vom 29. Januar 474 bis zu seinem Tod oströmischer Kaiser. Als Alleinherrscher regierte er ab (17.?) November 474, unterbrochen von einem 20-monatigen Exil Januar 475 bis August 476.

Volksaufstände und religiöse Flügelkämpfe prägten seine Regierungszeit. Außenpolitisch war er recht erfolgreich. In seine Regierungszeit fiel das „offizielle“ Ende des weströmischen Kaisertums (476 bzw. 480), während er das Oströmische Reich stabilisieren konnte.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Die frühen Jahre bis zur Thronbesteigung

Tarasicodissa (oder Trascalissaeus), wie er vor seiner Regierung genannt wurde, war ein Mitglied des Stammes der Isaurier, der in Isaurien im südwestanatolischen Bergland lebte. Die Römer betrachteten dieses „wilde Bergvolk“ als Barbaren, obwohl sie seit über zwei Jahrhunderten bereits das römische Bürgerrecht besaßen und Reichsangehörige des Imperium Romanum waren. Die häufig zu findende Behauptung, Tarasicodissa sei ein isaurischer "Häuptling" gewesen, ist eine Annahme der modernen Forschung, die keinerlei Rückhalt in den Quellen hat (Croke 2005). Vielmehr dürfte er einer von vielen römischen Soldaten isaurischer Herkunft gewesen sein, die damals den oströmischen Kaisern dienten.

Dem oströmischen Kaiser Leo I. fiel Tarasicodissa auf, als er 466 Papiere vorlegte, die den Sohn des mächtigen Heermeisters Aspar des Hochverrats verdächtig machten. Um sich unabhängiger von Aspar zu machen, setzte der Kaiser nun auf Tarasicodissa als Gegengewicht und leitete langsam die Entmachtung des magister militum ein, dem er ursprünglich seinen Thron verdankte. Zwei Jahre später galt Tarasicodissa, der sich nun Zenon nannte (nach einem anderen Isaurier, der um 440 hohe Ämter bekleidet hatte), bereits als der fähigste General Leos. Während er einen erfolgreichen Feldzug in Thrakien geführt haben soll (bei dem er knapp einem Mordanschlag entging), versenkten seine innenpolitischen Widersacher 468 beinahe die gesamte Flotte des Reiches im Kampf mit den Vandalen, als West- und Ostrom gemeinsam vergeblich versuchten, die afrikanischen Provinzen zurück zu erobern. Leo ließ 471 Aspar beseitigen, und als Tarasicodissa in die Hauptstadt zurückkehrte, wurde er zum magister militum ernannt. Zusätzlich durfte er Leos Tochter Ariadne heiraten. Auch wenn Leo dies alles wohl nur zur Absicherung der Beziehungen zum neuen starken Mann geplant hatte, entsprang dieser Verbindung ein Sohn, der als Leo II. seinem Großvater 474 nachfolgte. Um größere Akzeptanz bei den römischen Eliten und mehr Rückhalt in der größtenteils griechischen Bevölkerung des östlichen Reiches zu erhalten, nahm Tarasicodissa nun auch offiziell den griechischen Namen Zenon an. Ob er tatsächlich, wie die ältere Forschung annahm, Anführer einer "isaurischen Partei" in Konstantinopel war, wird inzwischen bezweifelt.

Zenon führte die oströmischen Armeen als General angeblich von Erfolg zu Erfolg: Er vertrieb die Vandalen unter König Geiserich aus Epirus und verjagte die Hunnen und Gepiden aus den Gebieten südlich der Donau - wobei unklar ist, wie stark diese Erfolge von der kaiserlichen Propaganda übertrieben wurden.

Elf Tage nach dem Tod Leos I. wurde Zenon von seiner Frau Ariadne und Kaiserinwitwe Verina als Augustus zum Mitregenten gekrönt, da der kleine Sohn noch zu jung war. Als Leo II. bereits im November 474 starb, übernahm sein Vater die Alleinherrschaft.

Zenon als Kaiser

Zenon wurde vom Volk und den Eliten allerdings wegen der fragwürdigen Legitimität seiner Herrschaft nicht akzeptiert; es kam zu Revolten. Seine Schwiegermutter Verina schmiedete angeblich ein Komplott, um ihren Bruder Basiliskos, der 468 der verantwortliche Admiral der gescheiterten Afrikaexpedition gewesen war, auf den Thron zu bringen, was im Januar 475 auch gelang. Zenon und seine ebenfalls unpopulären isaurischen Soldaten mussten Konstantinopel verlassen und flüchteten nach Antiochia in Syrien. Er war gezwungen, die nächsten 20 Monate im Exil auszuharren, und nutzte diese Zeit, um eine Armee aufzubauen. Die Misswirtschaft des Basiliskos ermöglichte es Zenon, im August 476 Konstantinopel ohne Gegenwehr wieder einzunehmen, nachdem im Vorfeld eine weitere Armee unter General Illus zu ihm übergelaufen war und auch der Kaiserneffe Armatus die Seiten gewechselt hatte. Basiliskos wurde nach Phrygien oder Kappadokien verbannt, wo er kurz danach umkam. Den gleichnamigen Sohn des Armatus erhob Zenon im Herbst 476 unter dem Namen Leo zum Caesar, setzte ihn aber schon im folgenden Jahr wieder ab und steckte ihn ins Priestergewand; Armatus ließ er umbringen.

Kurz nach der Restauration seiner Herrschaft über Ostrom war Zenon gezwungen, eine folgenschwere Entscheidung zu treffen: Odoaker hatte Romulus Augustulus, den letzten Kaiser Westroms, abgesetzt, und bat um Anerkennung als offizieller Vertreter des oströmischen Kaisers, um Italien als rex und Statthalter Zenons allein zu regieren. Zenon verwies darauf, dass es noch einen legitimen Westkaiser gebe, nämlich den bereits 475 aus Italien vertriebenen Julius Nepos, an den sich Odoaker wenden solle. Doch zugleich redete er diesen in seiner Antwort als patricius an, was der Germane als Zustimmung auslegte. 480 starb Nepos in Dalmatien, und Zenon war fortan formal gesamtrömischer Kaiser. Jedoch schrieb er offenbar im Unterschied zu Leo I. die Westgebiete faktisch ab, als sich Odoaker nach einigen Jahren nicht mehr an die Vereinbarungen hielt: Zenon dürfte wohl der oströmische Kaiser mit dem geringsten Interesse am Westen gewesen sein. Ironischerweise führte gerade diese Konzentration auf Ostrom dazu, dass das Reich die innere Stärke gewann, um später unter Justinian I. eine teilweise erfolgreiche Rückgewinnung der verlorenen Gebiete versuchen zu können.

Von ihrem Reich in Afrika aus machten die Vandalen noch immer das Mittelmeer unsicher, indem sie Städte plünderten und Piraterie betrieben. Zenon schickte daher schon 474 eine Delegation nach Karthago, um Geiserich als unabhängigen Herrscher anzuerkennen und ihm die Rechtmäßigkeit seiner Eroberungen zu garantieren. Der greise Geiserich nahm an, und dieser Friede hielt über ein halbes Jahrhundert - er war allerdings nach oströmischer Lesart an Geiserich und seine Familie gebunden.

Mit dem persischen Sassanidenreich, dem großen Rivalen im Osten, konnte Zenon wie sein Vorgänger Frieden halten, wobei sich die Beziehungen allerdings sehr verschlechtert zu haben scheinen, als der Kaiser den Schlachtentod des Großkönigs Peroz I., der 484 gegen die Hephthaliten gekämpft und verloren hatte, auszunutzen versuchte, um die Perser zur Übergabe der reichen Stadt Nisibis zu zwingen. Trotz ihrer zeitweiligen Schwäche verweigerten die Perser dies, und ihr König Kavadh I. forderte im Gegenzug Tribute von den Römern - schließlich führte diese Entwicklung unter Zenons Nachfolger Anastasius (s. u.) zum Krieg.

Seit 472 wuchsen die Ostgoten zu einer immer stärkeren Bedrohung heran. Theoderich der Große und Theoderich Strabo zwangen Zenon, ihnen hohe Würden zu verleihen, um sie davon abzuhalten, Konstantinopel anzugreifen oder ihren Nutzen aus den dynastischen Wirrnissen um Zenon zu ziehen. Dennoch war Theoderich Strabo an einer weiteren Verschwörung um Verina beteiligt, die, angeführt von seinem Schwager Marcianus, den Tod des Generals Illus zum Ziel hatte. Im Jahre 479 zerschlug der loyale Illus diese Revolte. Infolge einer Auseinandersetzung um Zenons jüngeren Bruder Flavius Longinus wurde Illus 483 zum Staatsfeind erklärt, was dieser mit offener Rebellion und der Ausrufung des Leontius zum Gegenkaiser (484) in Kilikien beantwortete. Der Aufstand wurde 488 nach vierjährigem Bürgerkrieg niedergeschlagen, wobei Illus den Tod fand.

Seit dem Tod des Theoderich Strabo 481 war Theoderich, der Sohn Thiudimirs, alleiniger Kriegsherr der Goten und wurde zu einer zunehmenden Bedrohung auf dem Balkan. Zenon entledigte sich dieses Problems, indem er ihn 488 zur Befreiung Italiens von der Herrschaft Odoakers, dessen Eigenmächtigkeiten der Kaiser nicht mehr akzeptieren wollte, schickte. Theoderich siegte nach vierjährigem Kampf und baute dort sein Reich auf, das formal jedoch Ostrom unterstellt war (den Sieg über Odoaker hat Zenon nicht mehr erlebt). Denn bei allem Desinteresse am Westen hielt auch Zenon grundsätzlich an der Idee eines geeinten Imperium Romanum fest - auch wenn die eine Hälfte dieses Reiches sich nun unter germanischer „Verwaltung“ befand und Zenon anders als andere oströmische Herrscher nicht willens oder nicht in der Lage war, dort militärisch einzugreifen.

Religionspolitisch leitete Zenon in den 80er Jahren des 5. Jahrhunderts eine Verfolgung von Heiden in Alexandria ein, die vor allem auf die heidnischen Philosophielehrer abzielte. Der bekannte Philosoph Horapollon wurde gefoltert und trat später, allerdings auf eigenen Entschluss, zum Christentum über. Mit den Monophysiten versuchte er zu einem Ausgleich zu gelangen. Der Kompromiss, der im Henotikon formuliert wurde, führte allerdings zum Bruch mit Rom und zum sogenannten akakianischen Schisma (484 bis 519), ohne eine Einigung mit den Monophysiten zu bewirken.

Am 9. April 491 verschied Zenon, und da er sein einziges Kind bereits lange überlebt hatte, nahm sich seine Frau Ariadne ein führendes Mitglied des Hofes, Flavius Anastasius, zum Mann und Nachfolger in kaiserlichen Würden. Longinus hatte das Nachsehen und wurde übergangen (das Kaisertum war auch in der Spätantike formal nicht erblich). Zenon wird zwar oft als eher schwacher und nachlässiger Herrscher beschrieben, doch stabilisierte er das Reich nachhaltig, und bei seinem Tod war es wohl bei weitem schlagkräftiger als zuvor - allerdings sollte es Anastasius überlassen bleiben, den Einfluss der Isaurier gewaltsam zu brechen und den Kaiser wieder zum wahrhaft souveränen Herrscher zu machen.

Literatur

  • Brian Croke: Dynasty and Ethnicity: Emperor Leo I. and the Eclipse of Aspar. In: Chiron 35, 2005, S. 147–203.
  • Arnold Hugh Martin Jones: The Later Roman Empire 284–602. A Social, Economic and Administrative Survey. Blackwell, Oxford 1964 (3 Bände, Nachdruck in 2 Bänden 1986), S. 224–230.
  • Gregor Weber: Zeno. In: Manfred Clauss (Hrsg.): Die römischen Kaiser. 55 historische Portraits von Caesar bis Iustinian. Beck, München 1997, ISBN 3-406-42727-8, S. 412–415.

Weblinks

 Commons: Flavius Zeno – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien


Vorgänger Amt Nachfolger
Leo II. Kaiser von Byzanz
474491
Anastasios I.

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