- Zukunftsforschung
-
Die Futurologie (lat. futurum „Zukunft“ und -logie) ist eine Sammelbezeichnung für das Bemühen, die Zukunft mit wissenschaftlichen Methoden auf verschiedenen Gebieten und bis zu einem gewissen Grade vorherzusagen [1]. Der Begriff Futurologie wurde 1943 von Ossip K. Flechtheim eingeführt. Flechtheim selber sieht in der Futurologie eine Synthese aus Ideologie und Utopie (Quelle: Flechtheim: Futurologie S.307) und räumt ein, dass in dem Begriff nicht der Anspruch auf Wissenschaftlichkeit steckt (Quelle: Flechtheim: Futurologie S.233).
Aus diesem Bemühen hat sich später die Zukunftsforschung entwickelt, die viel stärker die Nähe zur Wissenschaft sucht (daher auch forschung). Vielmehr ist sie eine aus der Praxis heraus entstandene problemgetriebene Disziplin. Nimmt man Poppers Logik der Forschung als Referenz, so zielt Wissenschaft auf das Finden der Wahrheit, von Erkenntnissen und Erklärungen. Obwohl es keine absolute Wahrheit geben kann, so kann man sich ihr annähern. Dazu wird Zeitlosigkeit, Kontextlosigkeit, Widerspruchsfreiheit und Allgemeingültigkeit vorausgesetzt. Da Zukunft noch nicht materialisiert ist, kann sie selber jedoch lediglich gedacht werden, entzieht sich insofern also jeglicher wissenschaftlichen oder empirischen Überprüfung. Solange sich die Ansprüche an Wissenschaftlichkeit nicht ändern oder wenigstens eine Theorie der Zukunft eine wissenschaftliche Grundlage bilden kann, wird es bei dem (guten und notwendigen) Bemühen bleiben. Trendforscher und Zukunftsforscher sehen in der gesuchten Nähe zur Wissenschaftlichkeit eine Aufwertung ihrer Arbeit und eine Distanzierung zur Spekulation.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Begriff Futurologie wurde 1943 von Ossip K. Flechtheim eingeführt. Die Zukunftsforschung ist im Wesentlichen in den USA entstanden, hauptsächlich nach dem Zweiten Weltkrieg. In Europa war Frankreich das Pionierland, mit Autoren wie Bertrand de Jouvenel und Jean Fourastié sowie mit der staatlichen „Planification“ und der Association Futuribles.
Definition
Rolf Kreibich (2000) schreibt: „Die Zukunftsforschung unterliegt in Abgrenzung zu zahlreichen pseudowissenschaftlichen Tätigkeiten wie ‚Trendforschung‘, ‚Prophetie‘ oder ‚Science Fiction‘ grundsätzlich allen Qualitätskriterien, die in der Wissenschaft an gute Erkenntnisstrategien und leistungsfähige Modelle gestellt werden: Relevanz, logische Konsistenz, Einfachheit, Überprüfbarkeit, terminologische Klarheit, Angabe der Reichweite, Explikation der Prämissen und der Randbedingungen, Transparenz, praktische Handhabbarkeit u. a.“
Für Matthias Horx ist Zukunftsforschung "nichts anderes als eine nach vorn blickende Geschichtswissenschaft, die sich allerdings auf andere Wissenschaften bezieht und in der Lage sein muss, sie zu verknüpfen. Um nur einige zu nennen: Spieltheorie, Systemtheorie, Anthropologie, Ökonomie, aber auch Evolutionsbiologie und Psychologie. Es gibt viele Wissenschaften, die ein guter Zukunftsforscher kennen und bündeln muss, um daraus letzten Endes komplexe Modelle zu erstellen. Das ist die Aufgabe"[1].
Zukunftsmodell
Die Beschäftigung mit der Zukunft erfordert eine strenge Unterscheidung zwischen tatsächlichem Wissen, Glaube, Vermutung und Spekulation. Die Darstellung verdeutlicht das. Schon Platon und Kant bemühten sich um Differenzierung (Liniengleichnis). Nur die wenigsten Dinge der Zukunft sind absolutes Wissen (z.B Naturgesetze). Leider werden oftmals in Diskussionen und Thesenpapieren Vermutungen als Wissen dargestellt. Eine neutrale Differenzierung nach dem Wissensspektrum des Zukunftsmodells macht den Wissenstand zum Thema transparent und bewusst.
Die andere Achse stellt das Spektrum der Veränderung dar und verdeutlicht, dass sich die Zukunft nicht linear aus dem heute entwickelt. Das Spektrum beginnt mit dem konstanten Bereich über die Veränderungen mit steigender Veränderungsdynamik bis hin zum Chaos.
In diesem Zukunftsraum ergeben sich bestimmte Bereiche (z.B. die Trends), die mit speziellen Methoden im Sinne der Zukunftsforschung untersucht werden können. Das Modell zeigt, dass mit Trends nur ein kleiner Teil im Zukunftsraum abgedeckt wird, auch wenn Trends oftmals die wohl populärsten Zukunftsinstrumente sind. So wie die Gegenwart durch reichlich Widersprüche gekennzeichnet ist, so wird es auch in Zukunft nicht ganz widerspruchsfrei zugehen - was durch die Widersprüche manifestiert wird. Ein ganz wesentliches Element sind die Neuerungen. Man kann heute nicht wissen, was wir in Zukunft wissen werden, aber man kann es in die Überlegungen mit aufnehmen. Es wird irgend etwas geben, was wir heute noch nicht wissen so wie zu Bismarcks Zeiten auch niemand etwas vom Internet gewusst hat.
Methoden der Futurologie
- Besichtigung der Zukunft (z. B. im Ausland)
- Brainstorming
- Collective-Notebook
- Computersimulation
- Cross-Impact-Analyse
- Delphibefragung
- Historische Analogie
- Methode 635
- Morphologische Analyse (Kreativitätstechnik) nach Fritz Zwicky
- Netzplantechnik
- Nutzwertanalyse
- Papiercomputer
- Perspektiven-Werkstatt
- Relevanzbaum
- Roadmapping
- Rollenspiel
- Simulation
- Synektik
- Systemanalyse
- Szenarien
- Technikfolgen-Abschätzung
- Trendextrapolation
- Verflechtungsmatrix
- Zukunftskonferenz
- Zukunftswerkstatt
Berühmte Futurologen (Wissenschaftler)
- Alvin Toffler
- Arnim Bechmann
- Bertrand de Jouvenel
- Daniel Bell
- Dennis L. Meadows
- Erich Jantsch
- Freeman Dyson
- Herman Kahn
- Jean Fourastié
- Ossip K. Flechtheim
- Ray Kurzweil
- Robert Jungk
- Rolf Kreibich
- Thomas Malthus
Deutsche Trend- und Zukunftsforschungsinstitute
Literatur
- Bertrand de Jouvenel: Die Kunst der Vorausschau. 1967.
- Hans-Peter Dürr, Rolf Kreibich (Hrsg.): Zukunftsforschung im Spannungsfeld von Visionen und Alltagshandeln. IZT, Berlin 2004. ISBN 3-929173-64-6
- Rolf Kreibich: Zukunftsforschung. IZT, Berlin 2006. Download über das Internetangebot des IZT.
- Dennis Meadows: Die Grenzen des Wachstums. dva, Stuttgart 1972.
- Herman Kahn, Anthony J. Wiener: Ihr werdet es erleben. Molden, Wien [u. a.] 1967.
- Flechtheim, Ossip K.: Futurologie. Der Kampf um die Zukunft. Verlag Wissenschaft und Politik. Köln 1971.
- Pillkahn, Ulf: Trends und Szenarien als Werkzeuge der Strategieentwicklung. Publicis 2007. ISBN 978-3895782862
Fachzeitschriften
- Bibliographie prospective
- Blickpunkt Zukunft
- Forecasting
- Future Survey
- Futures Research Quarterly
- Futures: The Journal of Forecasting and Planning
- Futuresco
- Futuribles
- Futurics
- International Review of Strategic Management
- Long Range Planning
- proZukunft
- Strategic Management Journal
- swissfuture Magazin für Zukunftsmonitoring
- Technological Forecasting & Social Change
- The Futurist
- The International Journal of Forecasting
- The Journal of Business Strategy
- WFSF Bulletin
- World Futures
- Zukünfte
- Zukunftsforschung
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Futurologie. Definition in Wissen.de.
Weblinks
Die beiden Weltverbände der Zukunftsforschung sind:
Wikimedia Foundation.