Zum ewigen Frieden

Zum ewigen Frieden

Die Altersschrift Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf (erste Auflage 1795 (zit. als A) 104 S., zweite, erweiterte Auflage 1796 (zit. als B), 112 S.) gehört zu den bekanntesten Werken des deutschen Philosophen Immanuel Kant. So geht die neuzeitliche Bedeutung des Begriffs Frieden entscheidend auf Kants hierin vorgestellte Theorien zurück.

In Form eines Friedensvertrages wendet Kant die Grundsätze seiner Moralphilosophie (vgl. Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Kategorischer Imperativ) auf die Kernfrage der Politik nach dem Frieden zwischen den Staaten an. Auch hier gilt es, von der Vernunft geleitete Entscheidungen zu treffen und nach Gerechtigkeit zu trachten. Dabei stellt er klar, dass der Frieden kein natürlicher Zustand für den Menschen sei und deshalb gestiftet werden müsse. Die Gewährung des Friedens sei Sache der Politik, welche sich der Idee eines allgemeingültigen Rechtssystems unterzuordnen habe; denn so heißt es im Anhang: Das Recht der Menschen muß heilig gehalten werden, der herrschenden Gewalt mag es auch noch so große Aufopferung kosten. Dem Despotismus erteilt Kant eine klare Absage.

Bekannt geworden sind die Ideen des Völkerrechts, das die Verbindlichkeit der zwischenstaatlichen Abkommen einfordert, und die Ausrichtung des Friedens als völkerrechtlichen Vertrag. In den internationalen Beziehungen wird „Zum ewigen Frieden“ den liberalen Theorien zugeordnet. Die Charta der Vereinten Nationen wurde nicht unwesentlich von dieser Schrift beeinflusst.

Inhaltsverzeichnis

Gliederung

Der erste Abschnitt beinhaltet die sechs Präliminarartikel, welche als Verbotsgesetze formuliert sind, der zweite die drei Definitivartikel zum ewigen Frieden unter Staaten, angeschlossen sind zwei Zusätze und der Anhang in zwei Abschnitten.

Erster Abschnitt: die sechs Präliminarartikel

  1. „Es soll kein Friedensschluss für einen solchen gelten, der mit dem geheimen Vorbehalt des Stoffs zu einem künftigen Kriege gemacht worden.“
  2. „Es soll kein für sich bestehender Staat (klein oder groß, das gilt hier gleichviel) von einem anderen Staate durch Erbung, Tausch, Kauf oder Schenkung erworben werden können.“
  3. „Stehende Heere (miles perpetuus) sollen mit der Zeit ganz aufhören.“
  4. „Es sollen keine Staatsschulden in Beziehung auf äußere Staatshändel gemacht werden.“
  5. „Kein Staat soll sich in die Verfassung und Regierung eines andern Staats gewalttätig einmischen.“
  6. „Es soll sich kein Staat im Kriege mit einem andern solche Feindseligkeiten erlauben, welche das wechselseitige Zutrauen im künftigen Frieden unmöglich machen müssen: als da sind, Anstellung der Meuchelmörder (percussores), Giftmischer (venefici), Brechung der Kapitulation, Anstiftung des Verrats (perduellio) in dem bekriegten Staat etc.“

Im ersten der sechs Präliminarartikel beschreibt Immanuel Kant den Unterschied zwischen echtem und unechtem Frieden. Er ist der Ansicht, ein Waffenstillstand führe nur zu einer Kriegspause und somit zu einem unechten Frieden. Friedensschlüsse sollten nicht unter Vorbehalten gemacht werden. Kant sagt außerdem, es müsse ein echter Friedensbund ausgehandelt werden, an den sich beide Kriegspartner halten und der das Konfliktpotenzial aus dem Weg schafft.

Der zweite Präliminarartikel resultiert aus Kants Verständnis eines Staates, nach dem ein Staat kein substanzielles Eigentum (patrimonium) darstellt, sondern als Bezeichnung für eine autonome Gesellschaft fungiert, die sich durch einen verbindlichen gemeinschaftlichen Vertragsschluss zu ebendieser vereinigt hat. Der Verkauf eines solchen Staates hätte nach Kant die "Aufhebung der Existenz des Staates als moralische Person", also eine Art Entwürdigung der im Staat lebenden Menschen zufolge, und würde der Idee des zugrunde liegenden Gesellschaftsvertrages widersprechen.

Im dritten Präliminarartikel bringt Kant zum Ausdruck, dass stehende Heere andere Staaten bedrohen und reizen können. Dies führe zu einem Wettrüsten, bei dem der Mensch als ein bloßes Werkzeug angesehen wird und nicht mehr als selbstständiges Lebewesen. Der Geldmacht kommt laut Kant die gleiche Bedeutung zu. Eine bloß zur Verteidigung ausgelegte Staatsbürgerarmee sei aber mit friedlichen Zielen vereinbar.

In seinem vierten Präliminarartikel sagt Kant, dass ein Staat bei einem anderen Staat keine Schulden machen solle, um einen Krieg zu finanzieren. Der Staat, der das Geld geliehen bekomme, besitze dann die Mittel und die Macht, einen Krieg gegen den anderen Staat anzufangen. Er werde diesen Krieg auch beginnen, da dies in der Natur des Menschen liege. Den Schaden tragen beide Staaten.

In dem fünften Präliminarartikel vertritt Kant das ‚Prinzip der Nichteinmischung’ in die Verfassung eines souveränen Staates: Die Souveränität eines Staates müsse in jedem Fall respektiert werden. Wenn sich ein Staat in die Regierung oder Verfassung eines anderen Staates einmische, seien die Schäden, die durch diesen unrechtmäßigen Eingriff entstünden, erheblich größer als die, die durch das schlechte Beispiel entstehen könnten, das ein Staat darstelle. In einen "kranken" Staat - gemeint ist ein Staat, der sich durch eigene Fehler gespalten hat - dürfe man sich ebenfalls nicht einmischen, weil hier noch eine Selbstregulierung möglich ist.

Im sechsten Präliminarartikel bringt Kant zum Ausdruck, dass auch im Falle eines Krieges gewisse Grundregeln eingehalten werden müssen, damit ein Mindestmaß an Vertrauen erhalten bleibt und somit ein späterer ewiger Frieden überhaupt möglich ist. Wenn dieses Vertrauen nicht mehr vorhanden ist, wird der Frieden zwischen den Staaten nicht von Dauer sein und es kann zu einem Ausrottungskrieg kommen.

Hiernach resümiert Kant, Artikel 1, 5 und 6 seien eine absolute Voraussetzung und Artikel 2, 3 und 4 seien regulativ und bezögen sich auf Republiken. Sie müssten nicht sofort, sollten aber bald umgesetzt werden.

Zweiter Abschnitt: die drei Definitivartikel

Den Definitivartikeln liegt laut Kant das Postulat zugrunde, dass jeder Mensch dreierlei Rechtssystemen angehören muss, wenn ewiger Friede möglich sein soll: dem Staatsbürgerrecht, dem Völkerrecht und dem Weltbürgerrecht (Menschenrecht).

1. Die bürgerliche Verfassung in jedem Staate soll republikanisch sein.

In seinem ersten Definitivartikel befasst sich Kant mit den Prinzipien der Verfassung eines dauerhaft friedlichen Staates. Insgesamt nennt er vier Prinzipien. Das erste Prinzip fordert die „Freiheit der Glieder einer Gesellschaft“, das zweite die „Abhängigkeit aller von einer einzigen gemeinsamen Gesetzgebung“, als drittes „die nach dem Gesetz der Gleichheit [aller Glieder der Gesellschaft] (als Staatsbürger) gestiftete Verfassung.“ Offenbar möchte Kant die Bindung aller Staatsbürger an das Gesetz besonders betonen: „Niemand darf davon ausgenommen sein; alle, auch die Mitglieder einer Regierung oder einer gesetzgebenden Körperschaft, sind davon betroffen“ (Gerhardt, 85). Das vierte Prinzip, das Prinzip der Gewaltenteilung, wird verdeutlicht durch einen Vergleich zwischen den beiden Regierungsarten des Republikanismus und des Despotismus. Die Exekutive und die Legislative sollen in der Republik getrennt werden: „Der Republikanismus ist das Staatsprinzip der Absonderung der ausführenden Gewalt von der gesetzgebenden“. Die Regierung soll die Exekutive und das Volk die Legislative sein. In einer Despotie fallen dagegen beide Gewalten zusammen in eine Hand. Je kleiner die Zahl der Herrscher sei, so Kant, desto mehr sei in ihr das Prinzip der Repräsentativität und mit ihr die Idee der Republik verwirklicht.

Nach Kant ist ein Staat mit republikanischer Verfassung ein friedlicher Staat. Alle Staatsbürger müssen die Folgen ihrer Entscheidungen selbst tragen; sie übernehmen Verantwortung für den Staat. Da die Folgen eines eventuellen Krieges von allen getragen werden müssten, so argumentiert Kant, würden sich die Staatsbürger eher für den Frieden als für Krieg entscheiden. Aufgrund der Eigenverantwortung des Volks sieht Kant den Frieden im republikanisch verfassten Staat für gesichert an.

Das von Kant entworfene Modell eines Staates mit einer republikanischen Verfassung entspricht in etwa einem repräsentativ-demokratischen Rechtsstaat, wie wir ihn heute kennen („Gemeint ist die liberale Demokratie, so wie wir sie heute verstehen, also eine rechtlich verfasste, parlamentarische Staatsordnung“[1]). Kant betont allerdings, dass ein republikanischer Staat nicht zwangsläufig demokratisch sein müsse, da ersteres eine Staatsform beschreibt und letzteres eine Regierungsform. Republikanismus bedeute lediglich Gewaltenteilung zwischen der ausführenden und der gesetzgebenden Gewalt. Eine Demokratie, die nicht repräsentativ sei, entspreche dieser Anforderung nicht.

2. Das Völkerrecht soll auf einem Föderalismus freier Staaten gegründet sein.

Kant weist darauf hin, dass Staaten sich schon durch ihr Nebeneinandersein schaden können und daher (wie einzelne Menschen) verpflichtet sind, aus dem zwischenstaatlichen Naturzustand in einen Rechtszustand überzugehen. Das Recht der Staaten untereinander könne durch einen Völkerbund oder einen Völkerstaat gesichert werden. Der Unterschied zwischen einem Völkerbund und einem Völkerstaat besteht darin, dass in einem Völkerbund die Einzelstaaten selbst bestehen bleiben, und auch ihre Souveränität nicht (oder kaum) eingeschränkt wird, wogegen in einem Völkerstaat, also einer „Weltrepublik“ (B38), die bisherigen Staaten zu einem einzelnen Staat zusammenschmelzen würden, demnach nur noch ein Volk bestehen bliebe.

Kant schließt vorerst die Möglichkeit eines Völkerstaates aus, da er erstens der Meinung ist, dass das der Idee eines Völkerrechts widerspräche (da es das Nebeneinander mehrerer Völker aufheben würde). Zweitens könne es keine übergeordnete Regierungsinstanz geben, da alle Staaten schon eine innerlich rechtliche Verfassung haben und daher für sie doch nicht dasselbe gelten könne wie für einzelne Menschen („aus diesem Zustande herausgehen zu sollen“, B34). Drittens wollen die Staaten nicht aus dem zwischenstaatlichen Naturzustand heraustreten und „ihre wilde (gesetzlose) Freiheit aufgeben“ (B37), da jeder Staat gerade darin seinen Glanz sehe.

Aus diesen Gründen plädiert Kant für die Alternative eines Völkerbundes. Dieser soll in Gestalt eines Friedensbundes, quasi eines multilateralen Friedensvertrages, für die Erhaltung und Sicherheit der Freiheit der Staaten sorgen, „den Strom der rechtscheuenden, feindseligen Neigung aufhalten, doch mit beständiger Gefahr ihres Ausbruchs.“ (B38) Für die Schaffung dieses Völkerbundes spricht nach Kant, dass gemeinsame und verbindliche Rechtssysteme geschaffen würden (internationale Regime, z. B. das Kriegsvölkerrecht oder Friedensverträge, denen vertraut werden kann.

3. Das Weltbürgerrecht soll auf Bedingungen der allgemeinen Hospitalität eingeschränkt sein.

Der dritte Definitivartikel handelt von dem Recht der Hospitalität. Hierbei, so sagt Kant, hat ein Fremder ein Besuchsrecht für ein anderes Land und kann sich somit in diesem Land aufhalten, ohne jegliche Feindseligkeiten zu erfahren, solange er sich selbst auch rechtmäßig verhält. Ein Mensch, der einen fremden Staat betritt, dürfe auch nicht ausgewiesen werden, sofern dies zu seinem Leid geschehe, es sei denn er habe sich feindselig gegen den fremden Staat, in dem er sich befindet, verhalten. Der Fremde habe allerdings kein Gastrecht, auf das er Anspruch erheben kann, sondern nur ein Besuchsrecht, welches jeder Mensch beanspruchen kann, da kein Mensch ein Vorrecht auf bestimmte Orte der Erde habe.

Durch die Nutzung von Transport- und Kommunikationsmitteln rücken auch weit voneinander entfernte Teile der Erde näher zusammen (Globalisierung) und können friedlich in Verhältnisse kommen und z.B. Handel miteinander treiben. Diese Globalisierung berge durch den deutlich erhöhten Verkehr von Menschen durch verschiedene Staaten ein großes Risiko: Wenn nun an einem Ort ein Recht verletzt wird, sei dies auf der ganzen Welt zu spüren und könne den Frieden bedrohen. Kant kritisiert hier auch den Kolonialismus, bei dem die europäischen Staaten ihr Gastrecht missbrauchten.

Aus diesen Gründen sei eine Ergänzung der bereits in jedem Staat festgelegten Menschenrechte durch das Weltbürgerrecht notwendig. Erst so sei ein ewiger Frieden möglich.

Zusätze

Erster Zusatz: Von der Garantie des ewigen Friedens

Die Teleologie müsse man sich, so ergänzt Kant, bei der Natur dazu denken, um die Geschichte zu verstehen. Kant umreist kurz die Menschengerichte: Zuerst lebten die Menschen in einem Naturzustand als kriegerische Jäger und Ackerbauern. Der Ausbau des Handels befriedete sie bereits etwas. Doch es kamen immer wieder Kriege auf. Diese würden irgendwann automatisch zum Frieden führen, da sie den Zusammenschluss der Menschen zu Staaten förderten und in der Zukunft die Bildung eines Völkerbunds bewirken würden. Handel und Diplomatie würden sich immer mehr zu friedlichen Konfliktmitteln entwickeln. Die Friedlichkeit sei dabei keine moralische Pflicht; sie käme vielmehr dadurch, dass sich die Menschen gegenseitig zu Zwangsgesetzen verpflichteten, um sicherer leben zu können. Die Natur führe automatisch zum Recht:

„Das, was diese Gewähr leistet, ist nichts Geringeres, als die große Künstlerin Natur, aus deren mechanischem Laufe sichtbarlich Zweckmäßigkeit hervorleuchtet, durch die Zwietracht der Menschen Eintracht ohne jeglichen Widerwillen emporkommen zu lassen. Denn es liegt in ihrem Wesen, zum Paradiesischen zu streben“

Kant, Zum Ewigen Frieden, Erster Zusatz

Der Mensch sei also von Natur aus vorbestimmt, in Konflikte zu geraten und Kriege zu führen. Jedoch entwachse aus jedem noch so schwerwiegenden Konflikt eine größere Eintracht, welche dem Menschen selbst entspringe und welche nach unbestimmter Zeit zwangsläufig im "ewigen Frieden" ihren Endzustand erreiche.

Zweiter Zusatz: Geheimer Artikel zum ewigen Frieden [nur B]

Kant befürwortet hier den Einsatz von Geheimartikeln für den Fall, dass Vereinbarungen für die Würde einer der abschließenden Parteien abträglich sei. So sollten beispielsweise Herrscher die Philosophen in ihre Herrschaftstätigkeit mit einbeziehen. Dies könne auch geheim erfolgen.

Anhänge

Über die Misshelligkeit zwischen der Moral und der Politik, in Absicht auf den ewigen Frieden

Kant untersucht im ersten Anhang die auf den ersten Blick widersprüchliche Beziehung zwischen Moral und Politik. Er kommt zu dem Schluss, dass es diesen Widerspruch nicht gebe und dass die Politik mit der Moral Hand in Hand gehen müsse, wenn es ein Fortschreiten zum menschlichen Besseren gebe, wovon er ja in "Zum ewigen Frieden" ausgeht.

Er konstatiert: Die Moral habe in jedem Fall eine praktische Bedeutung. Es reiche in einem Staat jedoch nicht aus, wenn Einzelne pflichtgemäß leben wollten; die Mehrheit der Menschen müsse es wollen. Ein Herrscher allerdings habe die höchste Pflicht und spüre diese auch. Für ihn komme es darauf an, klug zu handeln und dem Volk ein Mitspracherecht einzuräumen, damit er von ihm Moral lerne. Die Moral sei kein politisches Mittel, sondern ein politischer Zweck. Ein moralischer Politiker mache es sich zur Maxime, Schlechtes zu reformieren. Der reformistische Weg benötige naturgemäß eine Reifungszeit. Revolutionen vollzögen sich häufig zu schnell und die Urheber einer fehlgeschlagenen Revolution müssten sich dann den Strafen der im alten Staat geltenden Gesetze stellen.

Praktizierende Juristen hielten immer die gegenwärtige Verfassung für die beste. Wenn sie aber über Gesetzgebung entschieden, dann bliebe zu Vieles aus der alten Verfassung daran kleben. Praktizierende Juristen des Despotismus würden eine neue Verfassung nach folgenden Grundsätzen erarbeiten: 1. Eigenmächtige Besitznehmungen des Herrschenden, 2. Leugnung von Verantwortung für Schlechtes, 3. Teile (die Mächtigen, das Volk) und Herrsche.

Die Bosheit der Menschen komme nicht aus ihnen selbst, sondern aus einer noch nicht vollständig entwickelten Kultur. In einem Staat schwäche sie sich jedoch ab, da sich die Menschen gegenseitig zu rechtgemäßem Handeln verpflichteten. Um den Rechtsbegriff komme der Mensch daher weder privat noch öffentlich herum. Kant wirft die rhetorische Frage auf, was höher stehen solle: der Zweck (als moralische Gesinnung) oder die Freiheit (Handle so, dass du wollen kannst, deine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden – der Zweck mag sein welcher er wolle)? Letzteres müsse voran gehen, schließt er, da es eine unbedingte Notwendigkeit für das Rechtsprinzip sei. Wie genau man aber zum ewigen Frieden komme, sei ungewiss. Je weniger Menschen den ewigen Frieden als Zweck beabsichtigten, desto näher seien sie ihm. Das liege am gemeinsamen Willen, eine rechtsgeregelte Gesellschaft zu schaffen. Gesetze seien nicht dazu da, Wohlstand oder Glückseligkeit zu schaffen, sondern um das Recht auf Freiheit und Gleichheit eines jeden zu wahren. Politik könne sich ohne die Moral also keinen Schritt entwickeln.

Von der Einhelligkeit der Politik mit der Moral nach dem transzendentalen Begriffe des öffentlichen Rechts

Aus dem Grundsatz, dass jeder Rechtsanspruch öffentlich bekannt sein müsse, um nicht unrecht zu ein, zieht Kant folgende Schlussfolgerungen, die einen Blick nicht auf seine Moral, sondern auf seinen Rechtsbegriff zulassen:

  1. Im Staatsrecht sei der Widerstand gegen die Staatsgewalt (selbst bei einer Tyrannis) unrecht, weil ein Aufstandsrecht nicht Bestandteil einer Verfassung sein kann.
  2. Im Völkerrecht beinhalte der Begriff des Völkerrechts bereits den der Publizität (Öffentlichkeit). Völkerrecht dürfe nicht auf Zwangsgesetzen beruhen (wie das Staatsrecht), sondern auf einer freien Assoziation von Staaten mit der Absicht, untereinander den Frieden zu erhalten. Es gebe allerdings Fälle, in denen die öffentliche Äußerung von Absichten zu einem dem Ziel entgegensprechenden Ergebnis führe: a) wenn ein Herrscher eine Abmachung mit einem anderen Staat zum Schutze seines Volkes nicht einzuhalten gedenke; b) bei einem geplanten Präventivschlag gegen ein zu mächtig werdendes Nachbarland; c) bei der geplanten Unterwerfung eines separatistischen Landes(teils). Völkerrecht und Moral stimmten aber überein, wenn der Rechtsbund zwischen den Staaten die Entfernung von Kriegen beabsichtige. Trotzdem würden die Verträge oftmals für mächtigere und größere Staaten günstiger ausgelegt. Mit der Moral als Ethik, ist die Politik leicht einverstanden, aber ihre Bedeutung als Rechtslehre streite sie allzu oft ab. Vielmehr sollten Recht und Moral in allen Gesetzen zusammen gültig sein, wo die Publizität dem Zweck des Gesetzes nicht zuwiderlaufe.

Literatur

  • Otfried Höffe (Hg.): Immanuel Kant, zum ewigen Frieden Berlin: Akademie Verlag. 2011. ISBN 978-3-05-005103-1
  • Volker Marcus Hackel: Kants Friedensschrift und das Völkerrecht. Berlin: Duncker und Humblot 2000 ISBN 3-428-10206-1
  • Klaus Dicke, Klaus-Michael Kodalle (Hrsg.): Republik und Weltbürgerrecht: Kantische Anregungen zur Theorie politischer Ordnung nach dem Ende des Ost-West-Konflikts. Weimar; Köln; Wien: Böhlau 1998 ISBN 3-412-13996-3
  • Volker Gerhardt: Immanuel Kants Entwurf "Zum ewigen Frieden": eine Theorie der Politik. Darmstadt: WBG 1995 ISBN 3-534-03214-4
  • Wolfgang Beutin et al.: Hommage à Kant. Kants Schrift "Zum ewigen Frieden". von Bockel Verlag, Hamburg 1996, ISBN 3-928770-61-6.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Volker Gerhardt: Immanuel Kants Entwurf "Zum ewigen Frieden": eine Theorie der Politik. Darmstadt 1995, S. 89.

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