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Zunderschwamm Zunderschwamm (Fomes fomentarius)
Systematik Klasse: Agaricomycetes incertae sedis Ordnung: Porenpilze (Polyporales) Familie: Porlingsartige (Polyporaceae) Gattung: Zunderschwämme (Fomes) Art: Zunderschwamm Wissenschaftlicher Name Fomes fomentarius (L.) J.J. Kickx Der Zunderschwamm (Fomes fomentarius) ist eine Art der Gattung Fomes aus der Familie der Polyporaceae (Porlingsartigen). Der Name entstand aus der früheren Verwendung als Zunder.
Inhaltsverzeichnis
Merkmale
Fruchtkörper
Der Zunderschwamm bildet mehrjährige, konsolenförmige Fruchtkörper, die bis zu 30 Jahre alt werden können. Sie erreichen eine Breite von 10 bis 30 Zentimetern, in Ausnahmefällen auch bis 60 Zentimeter Breite und bis 20 Zentimeter Dicke und Höhe. An Birken ist er jedoch meist deutlich kleiner. Mit zunehmendem Alter und bei Verbrauch des besiedelten Substrates wird der jährliche Zuwachs geringer, so dass relativ hohe, hufförmige Fruchtkörper entstehen. Eine ähnliche Beobachtung lässt sich bei Fruchtkörpern mit zunehmender Höhe am Substrat machen.
Die Fruchtkörper sind oberseits hell- bis dunkelgrau, ältere Fruchtkörper können fast schwarz werden. Junge, noch nicht überwinterte Fruchtkörper sind wie die Zuwachszone älterer Exemplare gelb bis rostbraun gefärbt. Die Oberfläche der Fruchtkörper ist konzentrisch rillig bis gefurcht und mit einer harten Kruste bedeckt, die sich mit Kaliumhydroxid durch den Farbstoff Fomentariol blutrot verfärbt.
Die oft leicht nach innen gewölbte Unterseite des Zunderschwammes besteht aus einer glatten, grau- bis ockerbraunen Porenschicht. Die Poren sind dickwandig und rundlich; in einem Abschnitt von einem Millimeter befinden sich zwei bis vier Poren. Auf Druck verfärben sie sich leicht braun. Die Röhren sind in Schichten angeordnet. Diese Zonen entsprechen – wie auch die Wachstumszonen der Oberfläche – den Wachstumsschüben des Pilzes. Da mehrere solche Schübe pro Jahr auftreten können (oft zwei pro Jahr), kann aus der Zahl der Schichten nicht auf das Alter des Fruchtkörpers geschlossen werden.
Im Innern des Pilzes befindet sich das weiche Pilzgeflecht des Myzelialkerns. Dieser wird von einer verhältnismäßig dünnen Tramaschicht umgeben, die sich außerdem über den gesamten Bereich unter der Kruste erstreckt. Die Trama färbt sich mit Kaliumhydroxid schwarz. Wie andere baumbewohnende Pilzarten zeigt auch der Zunderschwamm den Geotropismus, das heißt, neu zuwachsende Fruchtschichten werden mit der Unterseite zum Erdboden ausgerichtet, bildet ein Fruchtkörper nach dem Umstürzen des Wirtsbaumes neue Fruchtschichten, werden diese um etwa 90° gegenüber den schon vorhandenen ausgebildet.
Mikroskopische Eigenschaften
Der Zunderschwamm besitzt eine aus drei Formen bestehendes Hyphensystem (trimitisch), bestehend aus generativen Hyphen, Skeletthyphen und Bindehyphen. Erstere sind zylindrisch, dünnwandig und hyalin; die Septen (Trennwände der Hyphen) besitzen Schnallen. Die Binde- und Skeletthyphen sind hingegen dickwandig und gelb- bis hellgoldbraun gefärbt. Die Bindehyphen sind verzweigt und Skeletthyphen nicht oder kaum vorhanden. Es existieren keine Zystiden.
Die Basidien haben eine keulige Form sowie eine Schnalle an der Basis. Sie sind hyalin und besitzen vier Sporen. Diese sind zylindrisch bis lang ellipsoid geformt und 15–22 × 4,4–7 Mikrometer groß. Sie sind hyalin, inamyloid und besitzen eine glatte Oberfläche. Das Sporenpulver ist weiß.
Ähnliche Arten
Der Zunderschwamm kann mit Arten der Gattung Lackporlinge verwechselt werden. Diese besitzen jedoch oft eine kräftig braun gefärbte Hutoberseite; die Poren färben sich auf Druck dunkelbraun. Ein sicheres Unterscheidungsmerkmal sind die warzigen Sporen gegenüber den glatten beim Zunderschwamm. Auch die Feuerschwämme können ihm ähnlich sehen. Sie unterscheiden sich durch ihre feste, holzartige Konsistenz mit nicht eindrückbarer Hutkruste. Darüber hinaus besteht eine Ähnlichkeit mit dem Rotrandigen Baumschwamm, der allerdings meist an Nadelholz zu finden ist und eine hellere Trama und nicht verfärbende Poren aufweist.[1]
Ökologie
Der Zunderschwamm ist ein Schwächeparasit und Saprobiont an Laubhölzern, sehr selten auch an Nadelbäumen. Hauptsubstrat des Zunderschwammes in Mitteleuropa ist die Rotbuche, daneben werden Birken und Pappeln besiedelt, er kann aber auch an anderen Laubgehölzen vorkommen. In Europa gibt es eine Süd-Nord-Verteilung des Hauptsubstrates, im Süden des Kontinentes wird Fagus als Hauptwirt gefunden, im Norden Birkenarten, diese Substratgrenze fällt in Deutschland in etwa mit dem Nordrand der Mittelgebirge zusammen. Fruchtkörper werden in allen Phasen der Holzzersetzung des Pilzes gebildet.
Der Zunderschwamm ist ein typischer Bewohner älterer Bestände. Bevorzugte Waldarten sind Buchen, Tannen-Buchen und buchenreiche Hainbuchen-Eichen-Wälder. Auch in Mooren, Heiden und alten Birkenbeständen ist er zu finden. Weniger häufig ist der Pilz dagegen an beschatteten Hängen und Erlen-Auwäldern.
Der Zunderschwamm dringt in seine Wirtsbäume über Ast- und Stammwunden ein, und verursacht im Kernholz eine intensive Weißfäule, die den befallenen Baum häufig in mehreren Metern Höhe abbrechen lässt. Der Zunderschwamm kann am abgestorbenen Substrat noch längere Zeit als Saprobiont weiterleben.
Verbreitung
Der Zunderschwamm ist neben Indien und Pakistan vor allem holarktisch verbreitet, wo er meridional bis boreal vorkommt. In Asien, Nordamerika und Europa ist der Pilz weit verbreitet. Außerdem ist er in Nordafrika und auf den Kanarischen Inseln anzutreffen. In Europa ist der Zunderschwamm überall zu finden.
Über die Häufigkeit und die Gefährdung des Zunderschwammes gehen die Ansichten in der Literatur auseinander, während Krieglsteiner ihn in die Gefährdungsgruppe G 3 (noch häufig, aber mit starker Rückgangstendenz) einordnet, wird er in anderen Publikationen als gemein beschrieben. Als Grund für den Rückgang wird von Krieglsteiner vor allem die starke forstwirtschaftliche Verjüngung der Wälder gesehen. Hinzu kommen die Abnahme alter und kranker Laubbäume, die aufgrund ihres schwachen Zustandes entfernt werden, sowie das Umforsten in Nadelholzbestände, das Absenken des Grundwassers, eine Intensivierung der Landwirtschaft und die Urbanisierung. In Süddeutschland ist es in unbewirtschafteten Wäldern der häufigste Pilz, in intensiv bewirtschafteten Waldgebieten fehlt er hingegen ganz.[2]
Bedeutung
Schon im Neolithikum wurde die locker-filzige Mittelschicht des Pilzes, die so genannte Trama, zu Zunder verarbeitet (siehe auch Ötzi). Durch diesen Verwendungszweck hat der Pilz seinen Namen erhalten. Zunderschwämme wurden etwa in dem schwedischen Pfahlbau Alvastra und der Schussenrieder Feuchtbodensiedlung Ehrenstein bei Ulm gefunden.
In der Neuzeit wurde in einem aufwändigen Verfahren diese Hyphenschicht eingeweicht, gekocht, geklopft, in Salpeterlösung oder Urin eingelegt und getrocknet. Dabei erhielt man eine rehbraune filzartige Masse, die durch auftreffende Funken sofort zu glimmen anfing. Unbehandelten Zunder verarbeitete man im Mittelalter und der Neuzeit auch zu Westen und Kappen. Außerdem wurde er bis ins 19. Jahrhundert in Apotheken als blutstillende Wundauflage unter der Bezeichnung Fungus chirurgorum (sog. Wundschwamm) verkauft. Die Nachfrage nach den Zunderschwämmen war in dieser Zeit so hoch, dass der Pilz zeitweise aus Skandinavien, Böhmen und Ungarn importiert wurde und in einigen Gebieten Deutschlands zur Rarität wurde.
Heute ist das wirtschaftliche Interesse am Zunderschwamm gering. Er findet im Wesentlichen nur noch dekorative Verwendung in Blumengestecken, Kränzen und Pflanzschalen. In Rumänien werden für den Touristenmarkt noch Kappen, Hüte, Taschen, Untersetz-Deckchen und sonstige Objekte hergestellt.
Von forstwirtschaftlicher Bedeutung ist der Zunderschwamm als einer der wichtigsten und häufigsten Weißfäuleerreger an Buchen, der besonders im Zusammenhang mit der Buchen-Rindennekrose Schäden verursachen kann.
Der Zunderschwamm war Pilz des Jahres 1995.
Literatur
- Heinz Butin: Krankheiten der Wald- und Parkbäume. Diagnose, Biologie, Bekämpfung. 2 Sporentafeln. 3., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Thieme, Stuttgart und New York 1996, ISBN 3-13-639003-2
- P. Schütt, H. J. Schuck und B. Stimm: Lexikon der Baum- und Straucharten. Nikol-Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2002
- German J. Krieglsteiner: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil. Ständerpilze: Gallert-, Rinden-, Stachel- und Porenpilze. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3528-0.
- H. Dörfelt und G. Jetschke: Wörterbuch der Mycologie. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg-Berlin 2001, ISBN 3-8274-0920-9
Weblinks
Commons: Zunderschwamm – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Michael Kuo: Fomes fomentarius. www.mushroomexpert.com, Februar 2010.
- „Brennt wie Zunder“ – Experimentelle Archäologie im Landschaftsmuseum Obermain Kulmbach
- Der Zunderschwamm bei Tom Volks’s Fungus of the month
Einzelnachweise
- ↑ Ewald Gerhardt: BLV Handbuch Pilze. BLV, München 2006, ISBN 3-8354-0053-3. S. 462. (für den gesamten Absatz)
- ↑ http://www.springerlink.com/content/b3p2117160514552
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