Zwangsarbeitslager Ohrdruf

Zwangsarbeitslager Ohrdruf
U.S. Generäle Eisenhower, Bradley und Patton in Ohrdruf (12. April 1945)
Opfer

Das Zwangsarbeitslager Ohrdruf, auch „Ohrdruf-Nord“, wurde gegen Ende 1944 in Ohrdruf, etwa 13 Kilometer südlich von Gotha, als ein Außenlager des KZ Buchenwald eingerichtet.

Die Häftlinge wurden für den Bau umfangreicher unterirdischer Tunnel- und Bunkeranlagen eingesetzt. Im März 1945 hatte das Lager 11.700 Häftlinge. Die zur Tarnung grün angemalten Baracken waren mit zwei Reihen Stacheldraht eingezäunt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Vornutzung des Areals

Seit 1871 wurde ein Gebiet zwischen Ohrdruf, Jonastal und Bittstädt bereits als Manövergelände genutzt, sodass 1906 die Einrichtung eines offiziellen Truppenübungsplatzes vom Reichstag beschlossen und ab 1908 mit dem Ausbau des Geländes begonnen wurde.

Seit 1938 betrieb die Reichspost für die Wehrmacht hier eine geheime Fernmelde-Führungsanlage unter dem Tarnnamen Amt-10[1].

Einrichtung als Kriegsgefangenenlager

1941/1942 wurde ein kleines Lager für sowjetische Kriegsgefangene eingerichtet. Im Herbst 1944 übernahm die SS Teile des Lagers. Die SS richtete auf dem Lagergelände ein Außenkommando Ohrdruf S III des KZ Buchenwald ein. Das Lager bestand in der Zeit vom 6. November 1944 bis Anfang April 1945. Als Besonderheit ist zu vermerken, dass es in der Zeit vom 14. November 1944 bis zum 15. Januar 1945 als selbständiges Konzentrationslager geführt und nicht zum Bestand von Buchenwald zählte – wie sonst alle weiteren Außenlager. Zu S III gehörten neben dem Nord- und Südlager bei Ohrdruf auch die weiteren Lager in der LMuna Crawinkel sowie das so genannte Zeltlager bei Espenfeld.

Die Errichtung des Lagers hängt mit dem beabsichtigten Bau von Stollen bei Jonastal zusammen. Angeblich sollten die Häftlinge dort ab November 1944 ein unterirdisches Hauptquartier für Hitler bauen. Diese Angaben sind jedoch nicht hinreichend belegt und die beabsichtigte Funktion der Stollen bei Jonastal ist ungeklärt.

Am 30. Januar 1945 wurden 1.000 Zwangsarbeiter ins KZ Bergen-Belsen evakuiert, wobei viele von ihnen starben.

Todesmarsch nach Buchenwald

Am 2. April 1945 musste der größte Teil der Häftlinge unter SS-Bewachung in einem Todesmarsch 51 Kilometer nach Buchenwald marschieren. Die Anzahl der Häftlinge, die während des Marsches zusammenbrachen und starben oder von des SS-Bewachern erschossen wurden, kann nur geschätzt werden.

Neben den 60 bis 70 Toten, die offensichtlich vor dem Marsch erschlagen oder erschossen worden waren, weil sie nicht marschfähig erschienen, gab es einige Überlebende, die sich vor den SS-Wachen verstecken und so der erneuten Verschleppung entgehen konnten. Vom Marsch entflohene Häftlinge, unter anderen Andrew Rosner, konnten US-Truppen zum Lager führen (I & R platoon, attached to the Headquarters company des 354th Infantry Regiment, der 89th Infantry Division, Third US Army).

Die Wachmannschaften versuchten vor ihrer Flucht möglichst viele der 3.200 Toten auf offenen Feuern zu verbrennen. Ein Krematorium gab es in diesem Lager nicht.

Befreiung

Das Bild zeigt einen amerikanischen Soldaten vor den in Brand gesetzten Baracken nach der Befreiung. Photogr. Walter E. Cummings am 6. April 1945, USHM

Am 5. April 1945 wurde der Truppenübungsplatz von der 4. US-Panzerdivision erobert, die in Ohrdruf ein Durchgangslager für entlassene sowjetische Kriegsgefangene errichtete.

Es war das erste befreite Lager mit überlebenden Häftlingen, die Auskunft über ihr Schicksal geben konnten. Das Zwangsarbeitslager Ohrdruf wurde am 12. April von den US-Generälen George S. Patton, Omar N. Bradley, Dwight D. Eisenhower besichtigt. Eisenhower beschreibt diese Besichtigung in seinem Tagebuch als einen Schock. Ihm wurde dabei auch der Galgen gezeigt, an dem Hinrichtungen mit Klaviersaiten stattfanden. Er besichtigte am selben Tag das Salzbergwerk, in dem nationalsozialistisches Vermögen eingelagert war.

Der spätere US-Präsident Dwight D. Eisenhower besuchte den Platz kurz darauf und wurde Augenzeuge der von der SS angelegten Massengräber.

Nutzung des Areals durch die Sowjetarmee

Ab 1947 nutzte die sowjetische Armee den Truppenübungsplatz, bis er dann 1991 an das Bundesverteidigungsministerium übergeben wurde.

Übergabe an die Bundeswehr

Im Dezember 1993 wurde der Platz von der Bundeswehr übernommen. Das Gebiet wurde von den russischen Streitkräften jedoch verwahrlost hinterlassen: verfallene Gebäude, Müllhalden und Schuttberge, verseuchte Gewässer, kontaminiertes Gebiet und zahlreiche nicht zur Wirkung gelangte Kampfmittel machten und machen die Aufräumarbeiten noch heute zu einem langwierigen Prozess.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Zwangsarbeitslager Ohrdruf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. SEIDLER, Franz W. ,ZEIGERT, Dieter Die Führerhauptquartiere, 2000, Verlag F.A. Herbig, München, ISBN 3-7766-2154-0
50.83361111111110.754722222222

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем написать реферат

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Ohrdruf — 50° 49′ 41″ N 10° 43′ 58″ E / 50.8281, 10.7328 Ohdruf est une v …   Wikipédia en Français

  • Ohrdruf — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Burg Ohrdruf — im Thüringer Wald Das Haus Mühlberg in Ohrdruf, Thüringen, auch als Burg Ohrdruf bezeichnet, wurde zwischen 1933 und 1935 von Bodo Ebhardt erbaut und wird heute als Bildungsstätte genutzt. Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung …   Deutsch Wikipedia

  • Villa Mühlburg — Burg Ohrdruf im Thüringer Wald Das Haus Mühlberg in Ohrdruf, Thüringen, auch als Burg Ohrdruf bezeichnet, wurde zwischen 1933 und 1935 von Bodo Ebhardt erbaut und wird heute als Bildungsstätte genutzt. Inhaltsverzeichnis 1 Beschreibung …   Deutsch Wikipedia

  • Haus Mühlberg — Burg Ohrdruf im Thüringer Wald Das Haus Mühlberg in Ohrdruf, Thüringen, auch als Burg Ohrdruf bezeichnet, ist ein 1933 vom Bleifarben Fabrikbesitzer Thilo Albin Mühlberg in Auftrag gegebenes Bauwerk. Es wurde zwischen 1933 und 1935 von Bodo… …   Deutsch Wikipedia

  • Crawinkel — Wappen Deutschlandkarte …   Deutsch Wikipedia

  • Liste der Außenlager des KZ Buchenwald — Die Liste der Außenlager des KZ Buchenwald gibt einen Überblick über die zahlreichen Nebenlager von Buchenwald. Das Konzentrationslager Buchenwald war eines der großen Konzentrationslager der SS auf deutschem Boden. Es wurde zwischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Eisenbahnzug aus Buchenwald — Leichen im Evakuierungszug, aufgenommen zwischen 29. April 1945 und 1. Mai 1945 im KZ Dachau Als „Evakuierungszug aus Buchenwald“ (7. April – 29. April 1945) wurde jener Häftlingstransport bekannt, der am 28. April im KZ Dachau ankam, und in dem… …   Deutsch Wikipedia

  • Greunuss — Werner Greunuss als Gefangener 2369 im April 1947 in Dachau. Werner Greunuss im August 1947 beim Buchenwald Hauptprozess …   Deutsch Wikipedia

  • Josef Windeck — Josef Joachim Windeck (* 1903 in Rheydt; † Juli 1977 in Mönchengladbach) war ein deutscher Bauarbeiter, der aufgrund seiner Tätigkeit als Funktionshäftling wegen Mordes im dritten Frankfurter Auschwitz Prozess zu lebenslanger Freiheitsstrafe… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”