AHA-Berlin e.V.

AHA-Berlin e.V.
Das Logo der AHA

Die Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft e. V. (kurz AHA-Berlin e. V. oder umgangssprachlich AHA) wurde am 19. März 1974 in West-Berlin gegründet, und ist damit sowohl die zweitälteste schwule Gruppierung der Zweiten Deutschen Schwulenbewegung als auch der am längsten bestehende schwule Verein der modernen deutschen Schwulenbewegung. Sie wurde von ehemaligen Mitgliedern der IHWO (International Homosexual World Organisation) als Gegenpol zur eher links-politisch und sozialistisch orientierten Homosexuellen Aktion Westberlin (HAW) gegründet und ist damit seit über drei Jahrzehnten in einer der Hochburgen der lesbischen und schwulen Szene, Berlin, aktiv.

Inhaltsverzeichnis

Bedeutung

Die AHA nimmt Modellcharakter für die frühen selbstorganisierten Schwulenzentren im deutschsprachigen Raum ein und ist bis heute die einzige Organisation dieser Art, die ihre Existenz ohne staatliche Fördergelder aufbauen konnte. (Eine vergleichbare Vorbildfunktion nimmt heute das Mann-O-Meter für staatlich unterstützte schwule Informationszentren ein.) Des weiteren trug sie maßgeblich dazu bei, die Lesben- und Schwulenbewegung in ihrer Anfangszeit auf eine breite Basis zu stellen und hat seit ihrer Gründung eine wichtige Katalysatorfunktion für die Entstehung neuer Organisationen.

Geschichte

Gedenkstein Homosexuelle Opfer des Nationalsozialismus am Nollendorfplatz

1974–1984: Die Motivation für ihre Gründung war die – für viele – zu große Nähe zu kommunistischen oder SEW-nahen Positionen, die der HAW unterstellt wurde. Gerade im ersten Jahrzehnt ihres Bestehens sprach die AHA im Gegensatz zur HAW eine breitere Basis an. Durch Flugblattaktionen, Mitorganisation des Berliner CSD und durch andere öffentliche Aktionen trug sie in dieser Zeit wesentlich zur gesellschaftlichen Akzeptanz der schwulen Minderheit in Berlin bei. Die AHA vertrat auch gemäßigte Positionen beim berüchtigten Tuntenstreit, der bei einer von der AHA mit initiierten Diskussionsveranstaltung Parteien auf dem Prüfstand zum Thema schwuler Wahlprüfsteine 1980 in der Bonner Beethovenhalle eskalierte.

In den frühen Jahren bildeten sich aus dem direkten Umkreis der AHA die ersten Gruppen, die in gesellschaftliche Großorganisationen hineinwirken wollten. So entstanden zum Beispiel die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) und die schwule Lehrergruppe in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, die beide in ihrer Anfangszeit die AHA auch noch als Treffpunkt nutzten. Als eine der zentralen Organisationen der zweiten deutschen Schwulenbewegung war die AHA 1982 mit über 200 Mitgliedern auch der größte schwule Verein Deutschlands. Die seit 1977 erschienene (zunächst nur vereinsinterne) Zeitschrift AHA-Info wurde ab 1979 monatlich herausgegeben und sowohl überregional als auch international bezogen und archiviert.

Das Vereinslogo der AHA von 1991 bis 2007

1984–1994: 1985 bot die AHA die erste schwule Jugendgruppe in Berlin an, seit 1989 findet dort außerdem jährlich das überregionale Jugendtreffen Warmer Winter statt. Aus den diversen Gruppenangeboten der AHA gingen auch in diesen Jahren immer wieder eigenständige Vereinsgründungen hervor, so unter anderem der schwule Sportverein Vorspiel SSL e. V. Während dieser Zeit hatte sie sich auch vom bürgerlich-liberalen Verein zu einer links-alternativen Gruppierung gewandelt, die nun zunehmend auch teilweise die Rolle der HAW übernahm, aus der mittlerweile das SchwuZ mit einer starken Ausrichtung als Veranstaltungsort hervorgegangen war.

Zeitweise beherbergte die AHA, als sie noch im westberliner Teil der Friedrichstraße residierte, auch das Treffen Berliner Schwulengruppen (TBS). In dessen Rahmen wurden (in den Räumen der AHA) bis in die 90er-Jahre die Christopher-Street-Days (CSD) vorbereitet, sowie die Zeitschrift Siegessäule gegründet. Mit dem Erscheinen der Siegessäule wurde das AHA-Info eingestellt. In der Friedrichstraße stellte die AHA von 1985 bis 1989 auch dem neu gegründeten Schwulen Museum die ersten Ausstellungs- und Archivräume zur Verfügung. Zusammen mit der HuK Berlin ist die AHA außerdem Initiatorin des 1989 am Nollendorfplatz eingerichteten Gedenksteins in Form eines Rosa Winkel für die Opfer der Homosexuellenverfolgung während des Nationalsozialismus.

Ebenfalls 1989 zog die AHA an den Mehringdamm 61 um und legte so den Grundstein für den schwulen Kiez am Mehringdamm. Dieser entstand dort in den folgenden Jahren, nachdem ihr das Schwule Museum (ebenfalls 1989) und das SchwuZ (1995) an die gleiche Adresse gefolgt waren. Im Laufe der Jahre siedelten sich in der unmittelbaren Nachbarschaft außerdem eine zunehmende Zahl von Cafés, Bars und anderen Gewerbebetrieben aus der schwulen Szene an, die heute das Bild des Kiezes abrunden.

Der sogenannte Homo-Hof am Mehringdamm 61, welcher früher auch die AHA beherbergt hatte
Der Wagen der AHA auf dem Berliner CSD 2002

1994–2008: Mitte 1990er-Jahre organisierte die AHA mit dem ersten Alternativen CSD den Vorläufer des heutigen Kreuzberger bzw. Transgenialen CSD und gehörte in der Folgezeit zu den Kritikern der zunehmenden Kommerzialisierung des „großen“ CSD. Mitte der 1990er-Jahre hat sich die AHA von einem rein schwulen zu einem lesbisch-schwulen Projekt emanzipiert.

Seit den 90er-Jahren hat die AHA auch eine zunehmende Bedeutung als Kulturveranstaltungsort sowohl innerhalb der Berliner Tunten- und Transgender-Subkultur als auch darüber hinaus gewonnen.

Die Vereinsräume am Mehringdamm beherbergten über Jahrzehnte ein breites Spektrum an Veranstaltungen, das unter anderem Jugendgruppen, Kultur- und Kleinkunstveranstaltungen, Partyveranstaltungen und Workshops umfasste. Darüber hinaus wurden auch Coming-out- und Counseling-Gruppen sowie Organisations- und Vorbereitungskommittes für Festveranstaltungen (in der Vergangenheit auch für den Berliner CSD) angeboten. Zusätzlich zu seinen eigenen Veranstaltungen und Gruppen überließ der Verein seine Räume auch anderen Gruppen in der lesbisch-schwulen Szene, wie etwa dem Transgenderprojekt Wigstöckel, der Drag-King-Gruppe Kingz of Berlin, den Schwestern der Perpetuellen Indulgenz (S.P.I.) oder Theaterprojekten, für regelmäßige Veranstaltungen. Die AHA unterstützt außerdem aktiv die direkte Arbeit in der HIV-Prävention von Projekten wie den S.P.I. oder mancheck.

Die AHA heute

Infolge der Arbeit eines im März 2008 gewählten neuen Vereinsvorstands stand die AHA im November 2008 plötzlich am Rand der Zahlungsunfähigkeit, nachdem in den Vorjahren die Vereinskasse stets gut gefüllt gewesen war. Darauf hin wurde der Vorstand am 16. Dezember 2008 mit 2/3-Mehrheit abgewählt. Unabhängig davon verfügte das Wirtschafts- und Ordnungsamt Kreuzberg im November zudem die Schließung der Vereinsräume aufgrund einer anonymen Anzeige, da keine Genehmigung zur Verwendung als Schank- und Speisebetrieb vorlag.[1][2] Der Vermieter kündigte den Mietvertrag der AHA fristlos, woraufhin der Verein die Räume am Mehringdamm zum 31. Dezember 2008 verlassen hat. Vereinsbesprechungen sowie einzelne Gruppen und Veranstaltungen finden derzeit an wechselnden Orten statt. Insgesamt blickt die AHA daher im Moment in eine ungewisse Zukunft.

Die AHA war in den letzten Jahrzehnten eine zentrale Institution der Berliner Lesben- und Schwulenszene. Sie stellt an sich den Anspruch, nicht-kommerziell, basisdemokratisch und politisch engagiert zu sein. Vereinsentscheidungen werden monatlich in einem öffentlichen Plenum getroffen. Sie ist das einzige schwule Projekt in Berlin, das vollständig auf ehrenamtlicher Basis und ohne finanzielle Unterstützung aus Fördertöpfen arbeitet. Die AHA ist dadurch politisch, inhaltlich und finanziell unabhängig und konnte so bislang (neben ihren eigenen Gruppen und Veranstaltungen) vor allem auch als Plattform für neue Projekte und Interessengruppen ein zentrale Rolle spielen.

Weiterführende Informationen

siehe auch:

Weblinks:

Quellen:

Einzelnachweise:

  1. Die AHA macht weiter! – Pressemitteilung des AHA-Berlin e.V. vom 17. Dezember 2008
  2. Informationen zur aktuellen Notlage der AHA – Darstellung des Vereins zu den Vorgängen im Jahr 2008.

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