Brigitte Margret Ida Mohnhaupt

Brigitte Margret Ida Mohnhaupt

Brigitte Margret Ida Mohnhaupt (* 24. Juni 1949 in Rheinberg) ist ein ehemaliges Mitglied der Rote Armee Fraktion (RAF). Sie gilt als einer der führenden Köpfe der sogenannten „zweiten Generation“ und war maßgeblich an den Planungen der Anschläge des Deutschen Herbstes beteiligt. Nach ihrer Verhaftung 1982 wurde sie wegen neunfachen Mordes und mehrfachen Mordversuchs zu fünfmal lebenslanger Freiheitsstrafe und zusätzlich 15 Jahren verurteilt.

Nach Verbüßung der gerichtlich festgelegten 24 Jahre Mindesthaftzeit wurde sie am 25. März 2007 auf Bewährung entlassen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Jugend und Studium

Ihre Kindheit verlebte die Tochter eines Verlagskaufmannes in Rheinberg als Einzelkind in bürgerlichen Verhältnissen. Nach der Scheidung ihrer Eltern 1960 blieb Brigitte Mohnhaupt bei ihrer Mutter. Einer der Lehrer am Schönborn-Gymnasium in Bruchsal, an dem sie 1967 ihren Abschluss machte, beschrieb sie als „eine leistungsmäßig gute, ja sogar eigentlich sehr gute Schülerin, allerdings nicht übermäßig fleißig und auch nicht übermäßig interessiert“.[1] Nach dem Abitur wollte Mohnhaupt Journalistin werden und schrieb sich an der Philosophischen Fakultät der Universität München für ein Studium der Zeitungswissenschaften und Geschichte ein. Dort bekam sie Kontakt zur linken Szene und zog mit ihrem Freund Rolf Heißler, ebenfalls ein späteres RAF-Mitglied, in die Kommune in der Metzstraße 15 ein. Sie lernte dort die „Prominenz“ der linken Szene kennen und war bald selbst eine bekannte Persönlichkeit.[2]

Mitwirkung in der RAF

Im Jahr 1971 schloss sie sich der RAF an und beteiligte sich an Organisation, Logistik und Waffenbeschaffung.[3] Am 9. Juni 1972 wurde sie in Berlin verhaftet und wegen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Körperverletzung und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Nach einer Tätlichkeit gegen eine Justizvollzugsbeamtin erhielt sie weitere zwei Monate Haft und musste die Gesamtstrafe absitzen.

Ein Kassiber von Gudrun Ensslin aus dem Jahr 1973, in dem diese den wichtigsten gefangenen Mitgliedern der RAF Decknamen für die Kommunikation über das RAF-Infosystem gibt, legt die Vermutung nahe, dass Mohnhaupt schon zum erweiterten Kern der ersten Generation gehörte.[4]

Diese Vermutung wird weiter erhärtet durch ihren spektakulären Auftritt am 22. Juli 1976 als Zeugin beim Stammheimer Prozess gegen Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Jan-Carl Raspe. Gleich zu Beginn ihrer Vernehmung erklärte sie, dass sie nur die Fragen der eigenen Anwälte beantworten würde, denn „für das Verhältnis zwischen uns und dem Gericht, der Justiz, der Bundesanwaltschaft, ist der genaue Begriff Krieg“. Die Bombenanschläge auf US-Einrichtungen im Mai 1972, bei denen vier amerikanische Soldaten getötet wurden, rechtfertigte sie während der Vernehmung u. a. mit der Begründung, dass Westdeutschland eine „US-Kolonie“ und ein „Subzentrum des US-Imperialismus“ sei.[5]

Die letzten Monate ihrer Haft verbrachte sie im Hochsicherheitstrakt der Justizvollzugsanstalt Stuttgart und hatte dort jeden Tag mehrere Stunden Umschluss mit Andreas Baader, Gudrun Ensslin und anderen führenden Mitgliedern der ersten Generation. Mit diesen kam sie überein, die RAF nach ihrer Haftentlassung neu zu organisieren.

Rolle in der zweiten Generation der RAF

Nach ihrer Entlassung am 8. Februar 1977 nahm sie Kontakt zu anderen RAF-Mitgliedern, unter anderem Christian Klar, auf. Sie selbst sah sich dabei von Anfang an in einer leitenden Position, und auch Andreas Baader bestätigte in einem aus dem Gefängnis geschmuggeltem Dokument, „dass die Mohnhaupt jetzt 'ne Art Befehlsgewalt hat“. Die Unterstützung durch die erste RAF-Generation und ihr Auftreten führten dazu, dass sie sich zur Führungsperson der zweiten Generation entwickelte.[6] Im Verlauf des Jahres werden die Pläne zur so genannten „Offensive 77“ entwickelt mit dem Ziel, die Freilassung der noch inhaftierten Mitglieder zu erpressen.

Am 7. April 1977 war Mohnhaupt an der Ermordung des Generalbundesanwaltes Siegfried Buback und seiner beiden Begleiter beteiligt. Am 30. Juli 1977 erschoss sie gemeinsam mit Christian Klar den Bankier Jürgen Ponto. In beiden Fällen konnte jedoch nicht eindeutig geklärt werden, wer die tödlichen Schüsse abgegeben hatte. Mohnhaupt und Klar schweigen in diesem Fall bis heute zum Tathergang. Diese Attentate markierten den Beginn des so genannten Deutschen Herbstes. Auch an dem gescheiterten Anschlag auf das Gebäude der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe soll sie beteiligt gewesen sein.[7] Während der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer, bei der vier seiner Begleiter und schließlich auch Schleyer selbst ermordet wurden, trat Mohnhaupt als Rädelsführerin auf.

Nach der Schleyer-Entführung wuchs der Fahndungsdruck auf die RAF, so dass Mohnhaupt und andere RAF-Mitglieder unter anderem nach Paris und Bagdad auswichen. Am 11. Mai 1978 wurde Mohnhaupt zusammen mit Sieglinde Hofmann, Rolf Clemens Wagner und Peter-Jürgen Boock in Jugoslawien verhaftet. Für die Auslieferung nach Deutschland forderte Jugoslawien den Austausch von acht Exilkroaten, was die Bundesregierung ablehnte. Am 17. November 1978 durften die Gefangenen auf Beschluss des Belgrader Kreisgerichts in ein Land ihrer Wahl ausreisen, worauf diese sich nach Aden, die damalige Hauptstadt des Südjemen, ausfliegen ließen.[8]

Anfang 1979 kehrte Mohnhaupt nach Europa zurück und organisierte zunächst von Brüssel aus den gescheiterten Mordanschlag auf den Nato-Oberbefehlshaber Alexander Haig am 25. Juni 1979. Im Sommer 1979 verlegte sie ihr Hauptquartier nach Paris und führte dort im August zusammen mit Sieglinde Hofmann (laut BKA-Präsident Horst Herold „die Stabschefin der Mohnhaupt“) Gespräche mit einem Vertreter der italienischen Rote Brigaden bzgl. „gemeinsamer Aktionen“.[9]

Das Jahr 1980 verbrachte sie weitgehend damit, die Überreste der „Bewegung 2. Juni“ in die RAF zu integrieren (u. a. gehören von da an Inge Viett und Juliane Plambeck zur RAF) und einer Reihe von ausstiegswilligen Mitgliedern (u. a. Susanne Albrecht und Silke Maier-Witt) die Übersiedlung in die DDR zu ermöglichen. Den Kontakt zum ostdeutschen Staatssicherheitsdienst stellte Inge Viett her.[9]

Anfang 1981 kehrte sie verdeckt nach Westdeutschland zurück und beteiligte sich am 15. September 1981 in Heidelberg am Attentat auf den US-General Frederick Kroesen, der dabei verletzt wurde.

Verhaftung und zweite Gefängnisstrafe

Am 11. November 1982 wurde Brigitte Mohnhaupt beim Aufsuchen eines von der Polizei observierten RAF-Erddepots in einem Waldstück bei Heusenstamm verhaftet. Die RAF-Terroristen hatten an abgelegenen Stellen meist in Wäldern Erdlöcher ausgehoben und dort ihre Waffen gelagert. Das Erddepot in Heusenstamm war zufällig gefunden worden und die Polizei hatte es solange observiert, bis einer der Terroristen auftauchte. Das Oberlandesgericht Stuttgart verurteilte Mohnhaupt am 2. April 1985 wegen Beteiligung an den neun Morden des Jahres 1977, wegen des versuchten Mordes an Frederick Kroesen und seinen drei Begleitern 1981, sowie wegen der versuchten Ermordung von mindestens fünf Staatsanwälten zu fünf lebenslangen Einzelfreiheitsstrafen und einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren.[10] Aufgrund der zwischenzeitlich geänderten Rechtslage wurde die ursprüngliche Strafe auf Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 16. Juli 1986 zur einer lebenslangen Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe zusammengefasst. Brigitte Mohnhaupt befand sich zuletzt bis zu ihrer Entlassung in der JVA Aichach, in der sie insgesamt 22 Jahre ihrer Strafe verbüßte.

Vorzeitige Haftentlassung auf Bewährung

Mit Beschluss vom 15. März 2006 lehnte das Oberlandesgericht Stuttgart eine Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung ab und setzte wegen der besonderen Schwere der Schuld eine Mindestverbüßungsdauer von 24 Jahren fest. Auf erneuten Antrag von Brigitte Mohnhaupt setzte das Oberlandesgericht Stuttgart mit Beschluss vom 12. Februar 2007 den Strafrest für die Dauer von fünf Jahren zur Bewährung aus.[11] Am 25. März 2007 wurde Mohnhaupt aus der Haft entlassen. Zusammen mit Christian Klar war sie das am längsten inhaftierte ehemalige RAF-Mitglied.

Nach ihrer Entlassung wurde Mohnhaupt unter die Aufsicht eines Bewährungshelfers gestellt, außerdem muss sie Auflagen über die Meldung des Wohnsitzes und der Arbeitsstelle erfüllen.[12]

Literatur

  • Stefan Aust: Der Baader-Meinhof-Komplex. Hoffmann & Campe, Hamburg 2005, ISBN 3-455-09516-X.
  • Butz Peters: Tödlicher Irrtum. Die Geschichte der RAF. Argon-Verlag, Berlin 2004, ISBN 3-87024-673-1.

Einzelnachweise

  1. Volker Wagener: Wer ist Brigitte Mohnhaupt? In: Deutsche Welle, 12. Februar 2007
  2. Butz Peters: Die Mordmaschine. In: Rheinischer Merkur, 1. Februar 2007
  3. rafinfo.de: Brigitte Mohnhaupt
  4. http://www.bundesarchiv.de/aktuelles/aus_dem_archiv/galerie/00166/index.html?index=0&id=0&nr=1#
  5. Pieter Bakker Schut: Stammheim
  6. Thomas Holl: Baaders Bevollmächtigte. In: FAZ, 12. Februar 2007
  7. Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg: „Rote Armee Fraktion“ Chronologie
  8. Wolfgang Gast: Ohne Gnade. Dennoch frei. In: die tageszeitung, 13. Februar 2007
  9. a b Butz Peters: Tödlicher Irrtum
  10. Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 2. April 1985, Aktenzeichen 5-1 StE 1/83
  11. Pressemitteilung des OLG Stuttgart vom 12. Februar 2007
  12. Mohnhaupt lebt in Baden-Württemberg. In: Focus online, 26. März 2007

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