- Lebenslange Freiheitsstrafe
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Die lebenslange Freiheitsstrafe (umgangssprachlich oft mit lebenslänglich abgekürzt) ist in fast allen Staaten, in denen die Todesstrafe abgeschafft ist, die höchste Strafe, die das Strafrecht kennt. Innerhalb Europas ist die lebenslange Freiheitsstrafe in Kroatien, Norwegen, Portugal und Spanien abgeschafft.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Im Sanktionsrecht der Antike und des Mittelalters spielte Freiheitsentzug als Strafe nur eine sehr geringe Rolle. Zu lebenslanger Haft wurden gewöhnlich nur Täter verurteilt, die eigentlich hingerichtet werden sollten, aber vom jeweiligen Herrscher begnadigt wurden oder – bei Inquisitionsprozessen – ihre Lehren bzw. ihren Glauben aus Angst vor dem Tode widerriefen.
Deutsches Strafrecht
Unter einer lebenslangen Freiheitsstrafe versteht man in Deutschland einen Freiheitsentzug auf unbestimmte Zeit – mindestens aber 15 Jahre. Danach kann der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden (§ 57a StGB). Am 31. März 2004 befanden sich in der Bundesrepublik Deutschland insgesamt 2098 zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilte Personen im Strafvollzug oder in der Sicherungsverwahrung.
Ausgestaltung der Rechtsfolgen
Die lebenslange Freiheitsstrafe wird in § 38 Abs. 1 StGB als Ausnahme der zeitigen Freiheitsstrafe definiert, da ihre Dauer unbestimmt ist. Liegt ein gesetzlicher Milderungsgrund vor, so tritt an ihre Stelle eine Freiheitsstrafe von 3 bis zu 15 Jahren (§ 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB).
Die lebenslange Freiheitsstrafe kann gemäß § 54 Abs. 2 StGB nicht als Gesamtstrafe aus einzelnen zeitigen Freiheitsstrafen verhängt werden. So kann selbst ein hundertfacher schwerer Raub höchstens mit 15 Jahren Freiheitsstrafe sanktioniert werden, wobei unter entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen anschließende Sicherungsverwahrung verhängt werden kann.
Aus mehreren lebenslangen Freiheitsstrafen wird nach § 54 Abs. 1 StGB nur eine lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe gebildet. Diese Regelung wurde durch das 23. StrÄndG von 1986 (BGBl. I S. 393) eingeführt. Seither sind Urteile wie „zweimal lebenslang wegen Doppelmordes“ nicht mehr zulässig.
Im Jugendstrafrecht findet die lebenslange Freiheitsstrafe keine Anwendung, in diesem Bereich liegt die Höchststrafe bei 10 Jahren Jugendstrafe. Bei Heranwachsenden, die nach Erwachsenenstrafrecht verurteilt werden, kann anstelle von lebenslanger Freiheitsstrafe auf Freiheitsstrafe von 10 bis zu 15 Jahren erkannt werden. (§ 106 Abs. 1 JGG)
Verfassungsrechtliche Zulässigkeit
Einem Verurteilten muss die grundsätzliche Möglichkeit eingeräumt werden, irgendwann die Freiheit wiederzuerlangen. Allein die Möglichkeit der Begnadigung nach z. B. 30 oder 40 Jahren Haft reicht dazu nicht aus. Dies gebieten nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Juni 1977 das Rechtsstaatsprinzip und die Menschenwürde (BVerfGE 45, 187). Die lebenslange Freiheitsstrafe ist nach Maßgabe der Entscheidungsgründe mit dem Grundgesetz gerade noch vereinbar, jedoch nie als absolute Strafe.
Gesetzliche Regelung
Demgemäß sind in § 57a StGB die Bedingungen für eine vorzeitige Freilassung auf fünfjährige Bewährung festgelegt:
- 15 Jahre Freiheitsstrafe müssen verbüßt sein. Dabei sind Zeiten, die der Gefangene aus Anlass der Straftat in Untersuchungshaft verbracht hat, vollumfänglich anzurechnen.
- Die Freilassung kann unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden. Das Gericht hat auf der Grundlage des Gutachtens eines Sachverständigen zu entscheiden, ob davon ausgegangen werden kann, dass der Strafgefangene in der Freiheit keine weiteren Straftaten begeht. Allerdings kann aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht schon die Vermutung, der Entlassene werde z. B. gelegentlich Cannabis konsumieren, die weitere Vollstreckung der lebenslangen Haft rechtfertigen. Auch darf das Gericht seine ablehnende Entscheidung nicht ohne Weiteres damit begründen, dass der Verurteilte noch nicht im Rahmen von Vollzugslockerungen gezeigt habe, dass er in Zukunft keine Straftaten begehen werde: Es muss auch prüfen, ob die Justizvollzugsanstalt zu Recht keine Lockerungen gewährt hatte.[1][2]
- Die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten darf keine weitere Vollstreckung gebieten. Hat das Gericht bei seinem Urteil über die Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe eine solche festgestellt, so kann der Straftäter nicht mit einer vorzeitigen Entlassung nach frühestens 15 Jahren rechnen (obgleich dies rechtlich durchaus zulässig wäre), wobei die durchschnittliche Haftdauer bei „Lebenslänglichen“ in Deutschland bei 17 – 20 Jahren liegt. Besondere Schuldschwere ist zu bejahen, wenn gegenüber vergleichbaren Taten ein deutlich höheres Maß an Schuld vorliegt – aufgrund der Tat (mehrfacher Mord, Amoklauf, erbarmungslose Brutalität, höchst grausame bzw. qualvolle Behandlung des Opfers), der Motive (besondere Verwerflichkeit) oder der Täterpersönlichkeit (abartige sexuelle oder gewalttätige Neigungen). Zwar darf der Verurteilte nach wie vor auf eine Freilassung hoffen, jedoch verlängert sich durch das Feststellen der besonderen Schwere der Schuld die durchschnittliche Haftdauer von 17 bis 20 Jahren auf etwa 23 bis 25 Jahre. Allerdings ist zu beachten, dass es bis dato keinerlei gesetzliche Normierung des Begriffes „besondere Schwere der Schuld“ gibt. Gerichte müssen sich bei der Entscheidung daher meist an Urteilsbegründungen des Bundesgerichtshofes orientieren. Soweit die lebenslange Freiheitsstrafe als Gesamtstrafe erlassen wurde, werden alle Taten zusammengenommen bewertet (§ 57b StGB).
- Der Verurteilte muss einwilligen. Auf seinen Antrag trifft die Strafvollstreckungskammer ihre Entscheidung. Lehnt sie ab, so kann in der Regel alle zwei Jahre (Absatz 4) ein neuer Antrag gestellt werden, woraufhin erneut überprüft wird, ob die Voraussetzungen für eine Entlassung aus der Haft vorliegen.
Statistische Daten
Laut einer Erhebung des Bundesjustizministeriums für alle Länder (1998) beträgt die durchschnittliche Haftzeit der lebenslangen Freiheitsstrafe im Bundesdurchschnitt 19,9 Jahre. Detaillierte statistische Daten zur lebenslangen Freiheitsstrafe sind nur von den Landesjustizministerien zu erhalten. Eine standardisierte Anfrage an die Justizministerien der Länder Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern (als Stichproben) ergab Folgendes: In Bayern liegen sehr detailliert aufgeschlüsselte statistische Daten aus den Jahren 1996-2000 vor. Sie berücksichtigen nur Haftzeiten von Entlassenen. Über die tatsächliche Haftdauer der immer noch Inhaftierten gibt es keine statistischen Angaben. Zurzeit verbüßen in Bayern 248 Gefangene eine lebenslange Haftstrafe. Zwischen 1996 und 2000 wurden aus der JVA Straubing (nur von dort gibt es hierüber Daten) 25 Gefangene mit diesem Urteil entlassen, davon vier nach 15 Jahren, einer nach 37 Jahren Haft (längste Haftdauer). Die durchschnittliche Haftzeit zu „lebenslänglich“ Verurteilter beträgt in Bayern 21,84 Jahre. Auch in Niedersachsen stehen nur Zahlen nach Entlassung zur Verfügung. „Statistische Unterlagen zur Vollzugsdauer der Gefangenen werden hier nicht geführt,“ sagt die Pressestelle des Justizministeriums. Seit 1982 sind 31 „Lebenslängliche“ in Niedersachsen entlassen worden, 10 davon mit 15 Jahren, einer mit 27 Jahren Haft (längste Haftdauer).
Auch Hafturlaub muss dem Gefangenen ermöglicht werden. Allerdings kann dies gemäß § 13 Absatz 3 StVollzG erst geschehen, wenn mindestens zehn Jahre der Strafe verbüßt sind.
Anwendung
Im deutschen Recht sehen das Strafgesetzbuch (StGB) und das Völkerstrafgesetzbuch (VStGB) für folgende Vorsatzdelikte zwingend eine lebenslange Haftstrafe vor:
- Mord (§ 211 StGB)
- besonders schwerer Fall des Totschlags (§ 212 Abs. 2 StGB),
- Völkermord (§ 6 Abs. 1 VStGB)
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 und 2 VStGB)
- Kriegsverbrechen gegen Personen - in der Form der vorsätzlichen Tötung (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB)
Bei bestimmten Taten im ersten Abschnitt des Strafgesetzbuches beträgt der Strafrahmen „lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren“:
- Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80 StGB)
- Hochverrat gegen den Bund (§ 81 StGB)
Derselbe Strafrahmen gilt für einige Qualifikationsdelikte, bei denen wenigstens leichtfertig der Tod eines anderen Menschen verursacht wurde:
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 Abs. 3 VStGB )
- Kriegsverbrechen gegen Personen - in der Form der Geiselnahme mit Todesfolge (§ 8 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 Nr. 2 VStGB )
- Sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176b StGB)
- Sexuelle Nötigung und/oder Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 178 StGB)
- Raub/Räuberische Erpressung (§ 251 StGB)
- Brandstiftung (§ 306c StGB)
- Erpresserischer Menschenraub (§ 239a Abs. 3 StGB)
- Geiselnahme (§ 239b Abs. 2)
- Herbeiführen einer Explosion durch Kernenergie (§ 307 Abs. 3 StGB)
- Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion (§ 308 Abs. 3 StGB)
- Missbrauch ionisierender Strahlen (§ 309 Abs. 4 StGB)
- Räuberischer Angriff auf Kraftfahrer (§ 316a Abs. 3 StGB)
- Angriffe auf den Luft- und Seeverkehr (§ 316c Abs. 3 StGB).
Bei zwei dieser Qualifikationsdelikte muss der Tod jedoch vorsätzlich herbeigeführt werden:
- Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Methoden der Kriegsführung (§ 11 Abs. 2 VStGB)
- Kriegsverbrechen des Einsatzes verbotener Mittel der Kriegsführung (§ 12 Abs. 2 VStGB)
Für bestimmte Straftaten gegen die äußere Sicherheit wird eine lebenslange Freiheitsstrafe als Alternative zu einer Haftstrafe von mindestens fünf Jahren vorgesehen:
- besonders schwerer Fall des Landesverrats (§ 94 Abs. 2 StGB)
- Verrat illegaler Geheimnisse (§ 97a StGB)
- besonders schwerer Fall der friedensgefährdenden Beziehungen (§ 100 Abs. 2 StGB)
Mit Ausnahme des Mordes und der Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch verjähren alle der oben genannten Straftaten spätestens nach 30 Jahren.
Österreichisches Strafrecht
Österreich normiert in § 18 Strafgesetzbuch (StGB) die Freiheitsstrafe, die entweder auf bestimmte Zeit (höchstens zwanzig Jahre) oder „auf Lebensdauer“ verhängt werden kann. Die Verhängung der Freiheitsstrafe auf Lebensdauer ist nach § 36 StGB bei Personen ausgeschlossen, die zur Zeit der Straftat noch nicht 21 Jahre alt waren. Der § 46 Abs. 6 StGB regelt die Möglichkeit einer bedingten Entlassung: 15 Jahre müssen im Gefängnis zugebracht worden sein; und es muss angenommen werden können, dass der Verurteilte keine weiteren strafbaren Handlungen begehen werde. Die „Probezeit“ beträgt nach der bedingten Entlassung 10 Jahre (§ 48 Abs. 3 letzter Satz StGB, in Kraft seit dem 1. November 2009).
Die Freiheitsstrafe auf Lebensdauer wird überwiegend für Straftaten verhängt werden, die vorsätzlich begangen wurden und den Tod von mindestens einem Menschen zur direkten Folge hatten. Als Ausnahme davon kann Beihilfe zum Selbstmord gelten, für dieses Delikt beträgt die maximale Haftstrafe fünf Jahre. Auch Straftaten, die nicht mit dem Tod von Menschen in Verbindung stehen, können mit lebenslanger Freiheitsstrafe geahndet werden, nämlich die Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und der organisierte Drogenhandel, wenn der Täter in der betreffenden Organisation eine führende Stellung einnimmt. Ausschließlich für Völkermord wird jedoch zwingend eine lebenslange Haftstrafe verlangt, in allen anderen Fällen kann sie alternativ zu einer zeitlich begrenzten Strafhaft ausgesprochen werden.
Folgende Delikte können mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft werden:
- Mord (§ 75 StGB)
- Erpresserische Entführung mit Todesfolge (§ 102 Abs. 3 StGB)
- Schwerer Raub mit Todesfolge (§ 143 Satz 3 StGB)
- Brandstiftung mit Todesfolge (§ 169 Abs. 3 StGB)
- Herstellung und Verbreitung von Massenvernichtungswaffen mit dem Wissen um ihre unmittelbare Benutzung (§ 177a Abs. 2 StGB)
- Luftpiraterie mit Todesfolge für eine größere Anzahl Menschen (§ 185 Abs. 2 StGB)
- Vorsätzliche Gefährdung der Sicherheit der Luftfahrt mit Todesfolge für eine größere Anzahl Menschen (§ 186 Abs. 3 StGB)
- Vergewaltigung mit Todesfolge (§ 201 Abs. 2 StGB)
- Schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen mit Todesfolge (§ 206 Abs. 3 StGB)
- Völkermord (§ 321 Abs. 1 StGB)
- Organisierter Drogenhandel, wenn der Täter eine führende Stellung in der Organisation einnimmt (§ 28(5) SMG)
Schweizerisches Strafrecht
Das Schweizerische Strafrecht ermöglicht gemäß Art. 40 StGB „lebenslängliche Freiheitsstrafe“ als höchste Strafe „wo das Gesetz es besonders bestimmt“. Dies trifft konkret auf vier Tatbestände zu: als Alternative zu einer Freiheitsstrafe von nicht unter zehn Jahren auf Mord (Art. 112 StGB) sowie Völkermord (Art. 264 StGB), als Alternative zu einer Freiheitsstrafe von nicht unter drei Jahren auf den schweren Fall des Angriffs auf die Unabhängigkeit der Eidgenossenschaft (Art. 266 Ziff. 2 Abs. 2 StGB) und alternativ zu einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr auf den besonders schweren Fall der Geiselnahme (Art. 185 Ziff. 3 StGB). Ebenso wie in den deutschsprachigen Nachbarstaaten muss dem Gefangenen die Chance gegeben werden, irgendwann wieder ein Leben in Freiheit zu führen. Nach 15 Jahren, im besonderen Fall schon nach 10 Jahren, kann der zur lebenslangen Freiheitsstrafe Verurteilte von der Behörde bedingt entlassen werden (Art. 86 Abs. 5 StGB). Vollzugslockerungen in Form des Arbeits- und Wohnexternats nach Art. 77a StGB sind auch bei lebenslanger Freiheitsstrafe möglich.
Weitere Tatbestände, welche mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedroht sind, bestehen im Schweizerischen Militärstrafgesetz. Es handelt sich dabei namentlich um gewisse Fälle von Ungehorsam vor dem Feind, Meuterei vor dem Feind, Feigheit vor dem Feind, Kapitulation, Wachtverbrechen vor dem Feind, Spionage und Geheimnisverrat, militärischer Landesverrat, Freischärlertum, Dienst in einer feindlichen Armee, andere Begünstigung des Feindes, Plünderung, Kriegsraub oder Geiselnahme.
Neben der lebenslangen Freiheitsstrafe sieht das Schweizerische StGB auch die Verwahrung als Maßnahme vor, die über die regelmäßige Vollstreckungsdauer der lebenslangen Freiheitsstrafe hinausreichen kann (Art. 64 ff. StGB). Hierbei handelt es sich nicht um eine Form der Strafe, sondern um eine Form der Gefahrenabwehr. Die als Reaktion auf den Mord am Zollikerberg im Jahr 2004 durch das Volk angenommene sog. Verwahrungsinitiative (Art. 123a der Bundesverfassung [1]) bestimmt seither: Wird ein Sexual- oder Gewaltstraftäter in den Gutachten, die für das Gerichtsurteil nötig sind, als extrem gefährlich erachtet und nicht therapierbar eingestuft, ist er wegen des hohen Rückfallrisikos bis an sein Lebensende zu verwahren. Frühzeitige Entlassung und Hafturlaub sind ausgeschlossen.
Im Oktober 2010 wurde erstmals in der Schweiz ein Straftäter mit der Maßnahme der lebenslangen Verwahrung verurteilt. Dem Verurteilten steht die Möglichkeit der Berufung zu.[3][4]
US-Recht
In den USA dauert die lebenslange Freiheitsstrafe auf Bundesebene generell bis zum Tod des Verurteilten an. Wird der Täter von einem Bundesgericht verurteilt, so hat er keinerlei rechtlichen Anspruch auf eine Freilassung, allein der Präsident kann ihn begnadigen.
In den einzelnen Bundesstaaten gelten hingegen unterschiedliche Regeln, vielerorts wird dem Verurteilten das Recht auf eine zweite Chance eingeräumt. Zumeist wird schon im Urteil eine Strafe verhängt, welche die lebenslange Haft mit einer Mindestverbüßungszeit verknüpft, nach der eine Freilassung erfolgen kann, z. B. „15 Jahre bis lebenslang“ oder „25 Jahre bis lebenslang“. In anderen Staaten ist (ähnlich wie in Deutschland) per Gesetz festgelegt, nach welcher Mindesthaftzeit der zu lebenslanger Haft Verurteilte eine Entlassung auf Bewährung beantragen kann (z. B. in Texas nach 40 Jahren und in Kalifornien nach 50 Jahren). Trifft dies nicht zu, so können in der Regel Regierungsbeamte eine Begnadigung aussprechen bzw. Amnestie gewähren. Da im Common Law normalerweise keine Gesamtstrafe verhängt wird, kann es durch die Addition von Urteilen zu Haftdauern kommen, welche die Lebenserwartung des Täters übersteigen, beispielsweise eine 200-jährige Strafe. Es sind auch Prozesse bekannt, in denen auf Haftstrafen von mehreren tausend Jahren erkannt wurde. Es gibt aber auch eine Vielzahl von Bundesstaaten, in denen es keine Möglichkeit gibt, bei einer lebenslangen Haftstrafe vorzeitig, sei es auf Bewährung oder durch Begnadigung, entlassen zu werden.
Diese langen Verbüßungszeiten sind hauptsächlich dadurch zu erklären, dass in vielen US-Bundesstaaten die Inhaftierung von Schwerverbrechern bis zu ihrem natürlichen Ableben als einzige annehmbare Alternative zur Todesstrafe angesehen wird. Die Gesellschaft soll geschützt werden, der Schwerstverbrecher erhält keine „zweite Chance“, aber dennoch ist jederzeit eine Änderung des Urteils möglich.
Internationale Übersicht
Kritik
Immer wieder werden Stimmen von Verbänden und Rechtswissenschaftlern laut, auf die lebenslange Freiheitsstrafe komplett zu verzichten. Hierbei führen Kritiker die folgenden Argumente ins Feld:
- Sie widerspricht dem Resozialisierungsgedanken des Strafrechts (§ 2 Satz 1 StVollzG), denn der Verurteilte wird für die Dauer seines gesamten Lebens aus der Gesellschaft ausgegrenzt.
- Der Täter wird auf eine unmenschliche, die Menschenwürde nicht angemessen berücksichtigende Weise bestraft. Laut § 3 Abs. 2 StVollzG müssen schädliche Folgen des Freiheitsentzuges verhindert werden. Die lebenslange Freiheitsstrafe führt jedoch vor allem zu langfristigen psychischen Schäden: Soziale Fähigkeiten, das Selbstwertgefühl und die Selbstwahrnehmung gehen verloren, der Gefangene isoliert sich, sieht keine Perspektive mehr, vereinsamt und verkümmert.
- Die Gesellschaft profitiert überhaupt nicht von der Vollstreckung lebenslanger Haft, schwere Straftaten werden durch sie nicht vermieden. In Ländern, die sie abgeschafft haben, war kein Anstieg von Tötungsdelikten festzustellen.
- Eine vorzeitige Freilassung ist zwar in den meisten Staaten möglich, die Anwendung der entsprechenden Paragraphen jedoch zu willkürlich, die entsprechenden Bedingungen zu ungenau definiert. Insbesondere für die Feststellung der „besonderen Schwere der Schuld“ gibt es keine einheitlichen Kriterien.
Literatur
- Werner Nickolai (Hrsg.): Lebenslänglich: Kontroverse um die Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe. Lambertus-Verlag, Freiburg im Breisgau 1993. ISBN 3-7841-0691-9
- Hartmut-Michael Weber: Die Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe – Für eine Durchsetzung des Verfassungsanspruchs. Nomos-Verlag, Baden-Baden 1999. ISBN 3-7890-4666-3
- Gabriele Kett-Straub: Die lebenslange Freiheitsstrafe: Legitimation, Praxis, Strafrestaussetzung und besondere Schwere der Schuld. Mohr Siebeck, Tübingen 2011. ISBN 978-3-16-150741-0.
Einzelnachweise
- ↑ Bundesverfassungsgericht (3. Kammer des Zweiten Senats): Beschluss vom 30. April 2009 – 2 BvR 2009/08 –. 30. April 2009, abgerufen am 8. Mai 2009 (HTML, insbesondere Absätze 32 und 33 der Entscheidung).
- ↑ Pressemitteilung Nr. 49/2009 : Verfassungsbeschwerde gegen Ablehnung der Aussetzung des Restes einer lebenslangen Freiheitsstrafe erfolgreich. Bundesverfassungsgericht - Pressestelle -, 8. Mai 2009, abgerufen am 8. Mai 2009: „Die Gerichte haben eine Entlassung des Beschwerdeführers auf Bewährung unter Hinweis auf seine fehlende Erprobung in Lockerungen abgelehnt, ohne eigenständig zu prüfen, ob die Versagung von Lockerungen durch die JVA rechtmäßig war. Nur wenn die Versagung auf hinreichendem Grund beruht, darf die fehlende Erprobung des Gefangenen bei der Prognose ohne Einschränkungen zu seinem Nachteil verwertet werden.“
- ↑ Erstmals lebenslängliche Verwahrung angeordnet in: NZZ Online vom 7. Oktober 2010
- ↑ Lebenslängliche Sicherheitsverwahrung Videobeitrag in 10vor10 vom 7. Oktober 2010 (drei Minuten)
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