Bulgarisches Fürstentum

Bulgarisches Fürstentum
Fürstentum Bulgarien
Княжество България
Knjaschestwo Balgaria
1878–1908
Nationalflagge des Fürstentums Bulgarien Wappen des Fürstentums Bulgarien
Flagge des Fürstentum Bulgarien Wappen des Fürstentum Bulgarien
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Zweites Bulgarisches Reich
Osmanisches ReichKönigreich Bulgarien
Amtssprache Bulgarisch
Hauptstadt Sofia
Regierungsform Fürstentum
Staatsgründung
1878
1878

1908

De-facto-Unabhängigkeit
Internationale Anerkennung durch den Berliner Kongress
Anerkennung durch das Osmanische Reich und Umwandlung zum Königreich


Die aufständischen Gebieten während des Aprilaufstands von 1876 und die Grenzen Bulgariens nach der Konferenz von Konstantinopel.
Das Fürstentum Bulgarien nach dem Vertrag von San Stefano

Das Fürstentum Bulgarien (bulgarisch Княжество България; Transkription: Knjaschestwo Balgaria) war ein Staat, der von 1878 bis 1908 existierte. Er wurde nach dem Berliner Kongress von 1878 durch Herauslösung aus dem Osmanischen Reich gegründet. Das Fürstentum unterlag jedoch nominell der Souveränität des Osmanischen Reiches und blieb diesem als Vasallenstaat tributpflichtig. Die Hauptstadt des Fürstentums war Sofia.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Am Ende des 14. Jahrhunderts musste sich das Zweite Bulgarische Reich dem Osmanischen Reich unterwerfen.

Nach Jahrhunderten osmanisch-türkischer Besetzung Bulgariens, wegen der Länge und der Brutalität im letzten Jahrhundert dieser Herrschaft spricht man in Bulgarien von einem mehr als 500 Jahre andauernden Joch, setzte die Epoche der Bulgarischen Nationalen Wiedergeburt und die Lösung der Bulgarischer Frage ein. Ähnlich wie in Westeuropa knüpfte sie an antike und frühere bulgarische und byzantinische Traditionen. Sie führte in kultureller Hinsicht zur Durchsetzung der Bulgarische Sprache in Kirche und Schule, welche das bis dahin dominierende Griechische ablöste. Die kirchliche Unabhängigkeit wurde durch das Dekret von Sultan Abd ul Aziz vom 28. Februar 1870 erreicht. Dadurch erlangte die Bulgarisch-Orthodoxe Kirche nach der Jahrhunderte andauernden Osmanischen Herrschaft erneut eine begrenzte Unabhängigkeit. Unter dem Namen Bulgarisches Exarchat wurde die Kricheninstitution nun dem Sultan unterstellt. Um 1800 erhob sich der geistig-nationale Widerstand, mit der Forderung nach Unabhängigkeit, dessen spätere Ausprägung von den Ideen der Ideologen Georgi Rakowski und Wassil Lewski gezeichnet war.

Die blutige Niederschlagung der Aufstände von 1875 (Stara Sagora Aufstand in Stara Sagora) und 1876 (Aprill-Aufstand) einerseits und das Bestreben der Großmächte, vor allem jedoch Russlands zur Lösung der Bulgarischen Frage andererseits, führte zunächst zu der von dem damaligen britischen Premierminister Benjamin Disraeli einberufenen, zwischen dem 23. Dezember 1876 und 20. Januar 1877 stattgefundenen internationalen Konferenz von Konstantinopel. Obwohl sie ein oder zwei - teilweise unabhängige - Autonomiegebiete innerhalb des Osmanischen Reiches vorhersah und somit zum ersten Mal die Grenzen eines bulgarischen Staates in der Neuzeit beschrieb, blieb die Konferenz ohne nennenswerte Resultate. Daraufhin erklärte das Russische Reich dem Osmanischen Reich den Krieg (Russisch-Osmanischer Krieg von 1877 bis 1878).

Geschichte

Der Russisch-Osmanische Krieg von 1877 bis 1878 endete mit dem Sieg des Russischen Reiches, der im Frieden von San Stefano vom 3. März 1878 von den Osmanen anerkannt wurde. In diesem Friedensvertrag wurde die Gründung eines größeren Bulgariens, welches alle von Bulgaren bevölkerten Gebiete des Balkans umfassen sollte, gemäß der im Vorjahr in Konstantinopel gescheiterte Konferenz, vereinbart. Das Russische Reich strebte ein großes slawisches Fürstentum auf dem Balkan an, was jedoch von den anderen europäischen Großmächten abgelehnt wurde. Gemäß dem Friedensvertrag von San Stefano sollte der neue Staat Bulgarien, zunächst für zwei Jahre unter russischer Verwaltung stehen.

Drei Monate später wurde auf dem Berliner Kongress vom 13. Juni 1878 und endete am 13. Juli 1878 der Friedensvertrag von San Stefano teilweise wieder zugunsten des Osmanischen Reiches revidiert. Die Fläche des bulgarischen Staates umfasste nicht mehr 172.000 km², laut Frieden von San Stefano, sondern nur noch 63.750 km² für das Fürstentum Bulgarien. Der bulgarische Staat wurde schließlich nur auf das Territorium zwischen der Donau um dem Balkangebirge (entspricht grob dem heutigen Nordbulgarien), sowie das Feld von Sofia und die Süddobrudscha begrenzt. In Nordbulgarien liegt auch die alte bulgarische Hauptstadt Weliko Tarnowo. Während die neu errichtete Provinz Ostrumelien (entspricht grob dem heutigen Südbulgarien) über einen autonomen Status verfügte, verblieben andere bulgarische Gebieten, wie Makedonien und Ostthrakien, innerhalb des Osmanischen Reiches und ohne einen solchen Autonomiestatus. Die Gebiete um die Bulgarische Morawa (jenseits der Südwestgrenze des heutigen Bulgariens) und Pirot (jenseits der Nordwestgrenze des heutigen Bulgariens) wurden dem Königreich Serbien überlassen, die Norddobrudscha (jenseits der Nordostgrenze des heutigen Bulgariens) dem Königreich Rumänien.

Für die Bulgaren war der Berliner Friedensvertrag eine große Enttäuschung[1]. Sie waren erwartungsgemäß mit den gezogenen engen Grenzen unzufrieden. Als Reaktion gegen die Entscheidungen des Berliner Kongresses brach im Herbst 1878 im Nordosten Makedoniens der Kresna-Raslog-Aufstand aus, der allerdings von regulären osmanischen Truppen niedergeschlagen werden konnte[1].

1885 erfolgte gegen den Willen Russlands und der europäischen Großmächte die Vereinigung Ostrumeliens mit dem Fürstentum Bulgarien. Diese Vereinigung kam durch einen Putsch in Plowdiw im September 1885 zustande. Die Großmächte intervenierten nicht, da sie sich wegen Machtkämpfen untereinander nicht einigen konnten. Die bulgarische Besetzung Ostrumeliens dauerte nicht lange und die Provinz wurde am 17. April 1886 wieder nominell der Osmanischen Souveränität unterstellt. Ostrumelien blieb jedoch unter bulgarischer Kontrolle und die Hohe Pforte machte mit dem Tophane-Vertrag vom 24. März 1886 große Zugeständnisse, indem sie den Fürsten des Fürstentums Bulgariens als General-Gouverneur der osmanischen Provinz Ostrumelien anerkannte.

Kurz nach der Vereinigung mit Ostrumelien erklärte Serbien Bulgarien den Krieg, mit der Hoffnung auf leichte Gebietsgewinne, da die Aufmerksamkeit und Kräfte in Bulgarien ganz auf Ostrumelien gerichtet waren. Der Serbisch-Bulgarischer Krieg dauerte vom 14. bis 28. November 1885. Die Bulgaren besiegten die Serben in der Schlacht von Sliwniza (bei Sliwniza) vom 17. bis 19. November 1885.

Am 5. Oktober 1908 wurde schließlich die Unabhängigkeit Bulgariens, genauer des Fürstentums Bulgariens, durch das Osmanische Reich anerkannt und das Fürstentum Bulgarien wurde in das Königreich Bulgarien umgewandelt.

Die Verfassung des Fürstentums Bulgariens war die Verfassung von Tarnowo (16. April 1879)

Herrscher

Auf dem Berliner Kongress war vereinbart worden, dass das Fürstentum Bulgarien von einem Fürsten regiert wird, der von einer Versammlung, bestehend aus prominenten bulgarischen Vertretern, gewählt werden soll und von den Großmächten bestätigt werden muss. Der Fürst sollte kein Russe sein. Man einigte sich dann jedoch auf Alexander I. von Battenberg als Kompromiss, obwohl er ein Neffe des russischen Zaren Alexander II. war.

Die Große Volksversammlung (bulg. Велико народно събрание) wählte 1879 den Deutschen Alexander I. von Battenberg zum Fürsten. Er hatte als Freiwilliger auf russischer Seite am Russisch-Osmanischen Krieg teilgenommen. Alexander I. war von 1879 bis 1886 Fürst des Fürstentums Bulgariens.

Die Vereinigung mit Ostrumelien machten Fürst Alexander I. sehr populär unter den Bulgaren. Das Russische Reich wurde jedoch zunehmend unzufriedener mit seinen liberalen Tendenzen. Fürst Alexander I. hatte zu Amtsantritt noch konservative Ansichten und stand in Opposition zu Stefan Stambolow, der als Ministerprädisent mit seiner liberal-demokratischen Partei die Macht hatte. Ab 1885 entwickelte der Fürst jedoch zunehmend Sympathien für seine neue Heimat, seine Einstellung änderte sich und er wurde zunehmend liberaler. Der Fürst unterstützte auch die Vereinigung mit Ostrumelien. Die Russen brachten 1886 eine Gruppe bulgarischer Militärs dazu, einen Putsch gegen Fürst Alexander durchzuführen und ihn zu stürzen. Der Fürst wurde zur Abdankung gezwungen und ging nach Russland ins Exil.

Diese Militärs blieben jedoch nicht lange an der Macht, sondern wurden ihrerseits durch einen Gegenputsch unter Leitung von Stefan Stambolow gestürzt. Stambolows Gegenputsch führte dazu, dass die putschenden Militärs ihrerseits ins Ausland fliehen mussten. Stefan Stambolow war vom 28. August 1886 bis 3. September 1886 Staatsoberhaupt des Fürstentums Bulgarien, während des ersten Exils von Alexander I. Stambolow wollte Alexander I. wieder einsetzen. Bald wurde Alexander I. wieder als Fürst eingesetzt. Der umgehend folgende Einspruch des russischen Zaren führte dazu, dass Alexander I. erneut gezwungen war abzudanken.

Es wurde ein Regentenrat eingesetzt, der unter der Leitung von Stefan Stambolow stand und die Regierungsgeschäft bis zur Wahl eines neuen Fürsten führte. In dieser Zeit - vom 28. August 1886 bis 3. September 1886 - war Stefan Stambolow wieder Staatsoberhaupt des Fürstentums Bulgarien, solange der Fürstenthron vakant war.

Der neue Fürst war ab dem 7. Juli 1887 (gregorianischer Kalender) ebenfalls ein Deutscher: Ferdinand I. von Sachsen-Coburg. Ferdinand I. war der Kandidat des Habsburger Reiches, weshalb die Russen ihn ablehnten. Seine Anerkennung durch die Osmanen und die europäischen Großmächte erlangte er allerdings erst 1896. Anfangs arbeitete Ferdinand I. mit Stambolow zusammen, ihre Beziehung verschlechterte sich 1894 jedoch merklich. Stambolow trat zurück und wurde im Juli 1895 bei einem Attentat getötet. Ferdinand beschloss danach wieder Beziehungen mit den Russen aufzunehmen, weswegen er zu einer konservativen Politik zurückkehrte.

Ferdinand I. heiratete 1893 seine erste Frau Marie Louise von Bourbon-Parma, mit der er vier Kinder hatte. Seine Frau war Italienerin. Ihre Familie war streng katholisch und stellte Ferdinand noch vor der Hochzeit die Bedingung, dass seine Kinder, insbesondere der Thronfolger den katholischen Glauben annehmen. Deshalb musste auch die Verfassung von Tarnowo geändert werden.

Auf Druck des russischen Zaren musste ihr erstgeborener Sohn (Boris III.; *1894) jedoch am 2. Februar 1896 vom Katholizismus zum Orthodoxen Glauben wechseln. Das war die Bedingung der Russen, bevor sie einer Verbesserung der Beziehungen zwischen dem Fürstentum Bulgarien und dem Russischen Reich zustimmten.

Drittes Bulgarisches Reich

Mit dem Fürstentum Bulgarien, genauer mit dem im Frieden von San Stefano vereinbarten Staat Bulgarien, begann das Dritte Bulgarische Reich (bulg. Трета българска държава; Transkription: Treta balgarska darzhawa), als Nachfolger des Ersten und Zweiten Bulgarischen Reiches. Das ist jedoch nicht im Sinnes eines Großreiches zu verstehen, wie die vorherigen Bulgarischen Reiche, sondern eher als dritte Etappe im Bestehen der bulgarischen Staatlichkeit. Die wörtlichen Übersetzung aus dem Bulgarischen "Dritter Bulgarischer Staat" sagt es treffender oder auch "Drittes Bulgarisches Königreich", wie es auf Russisch genannt wird.

Das Fürstentum Bulgarien war der Name des ersten bulgarischen Staates der Neuzeit. Das heutige Bulgarien sieht sich als Teil dieses Dritten Bulgarischen Reiches.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Mehmet Hacisalihoglu: Die Jungtürken und die Mazedonische Frage (1890–1918), R. Oldenbourg Verlag, München, 2003, ISBN 3-486-56745-4, S. 48

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