Behandlungswunsch

Behandlungswunsch

Der Behandlungswunsch eines Patienten ist eine wichtige, allerdings nicht die einzig ausschlaggebende Bedingung für eine medizinische Behandlung. Grundsätzlich muss zwischen einem erfüllbaren und unerfüllbaren sowie einem berechtigten und unberechtigten Behandlungswunsch unterschieden werden. In letzterem Fall wird auch von Patientenbegehrlichkeit gesprochen.[1]

Kann eine Person über ihre Behandlung krankheitsbedingt nicht mehr selbst entscheiden und liegt eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung vor, muss entsprechend den gesetzlichen Grundlagen eine Zwangsbehandlung eingeleitet werden - siehe auch: Zwangseinweisung, Unterbringung.

Auf der anderen Seite stehen der Rechtsbegriff der guten Sitten sowie die Behandlungsfreiheit des Therapeuten, sofern er im speziellen Fall nicht ohnehin der Behandlungspflicht unterliegt.

Die Einwilligung (in das Therapieangebot) wieder bildet im deutschen Strafrecht ein Begriffspaar mit dem Einverständnis. Gemeinsamer Oberbegriff ist hier wie dort das Einvernehmen.

Eine Behandlungsmaßnahme wird nicht durchgeführt, wenn für sie weder eine Indikation noch ein Behandlungswunsch besteht. Ebenso gibt es keine Entscheidungsprobleme bei vorhandener Indikation und vorhandenem Behandlungswunsch. Schwierigkeiten bei der Entscheidungsfindung entstehen bei den Konstellationen, bei denen bezüglich Indikation und Behandlungswunsch ein Gegensatz besteht.[2]

Inhaltsverzeichnis

Palliativmedizin

Ausführlich auf Behandlungswünsche eingegangen werden soll im Bereich der Palliativmedizin, wobei in jedem Fall sorgfältig abgewogen werden muss, ob durch die einzuleitetenden Maßnahmen Nutzen oder Schaden für den Patienten überwiegen. Andererseits werden Behandlungswünsche zur eigenen Absicherung im Rahmen einer Patientenverfügung (als der schriftlich festgelegten Vorausverfügung eines einwilligungsfähigen Volljährigen) konkretisiert. Diese wird von ihm für den Fall seiner Verfügungsunfähigkeit erstellt, um bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung nicht unmittelbar bevorstehende Gesundheitsuntersuchungen, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe zu erlauben oder sie zu untersagen - meist, um "in Ruhe sterben"[3] zu können.

Wenn weder Überleben noch langfristiges Wohl des Patienten von äußerst raschem Handeln abhängen, muss der Behandler den mutmaßlichen Patientenwillen des Patienten ermitteln, wenn keine Patientenverfügung vorliegt oder eine vorliegt, "in der die vorausverfügten, an bestimmte Bedingungen geknüpften Behandlungswünsche nicht auf die aktuelle Situation anwendbar sind und aus der auch sonst keine eindeutigen Wertekategorien des Patienten zu ersehen sind."[3]

§ 1901a Abs. 2 BGB regelt folgendes: "Liegt keine Patientenverfügung vor oder treffen die Festlegungen einer Patientenverfügung nicht auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zu, hat der Betreuer die Behandlungswünsche oder den mutmaßlichen Willen des Betreuten festzustellen und auf dieser Grundlage zu entscheiden, ob er in eine ärztliche Maßnahme nach Absatz 1 einwilligt oder sie untersagt."

Beispiele

Hepatitis-C-Behandlung

Die Frage nach dem Ausmaß eines Behandlungswunsches kann dazu dienen, die Wertigkeit von Symptomen für den Patienten zu eruieren bzw. (nach umfassender Aufklärung) die Motivation für eine Behandlung abzuschätzen.[4] Das Ausmaß der Motivation kann in der Praxis über die Terminvergabe "abgeklärt" werden: So erhalten beispielsweise Patienten mit einer Hepatitis C und einem intravenösen Substanzkonsum in der Vorgeschichte den Termin für den Erstkontakt in einigen Wochen. Bei jenen Patienten, die dann auch erscheinen, wird in den meisten Behandlungszentren (soweit keine weiteren Kontraindikationen bestehen) davon ausgegangen, dass sie sich der körperlich und psychisch belastenden Therapie ausreichend lange unterziehen werden. Ein starker Behandlungswunsch wird somit als wichtigster prognostischer Faktor für einen Behandlungserfolg betrachtet.[5]

Akzeptanz von Chemotherapien

In einer viel zitierten Studie von Slevin u.a. (1990)[6] wurde untersucht, wie groß die Heilungsaussichten, die Lebensverlängerung und die Reduktion unangenehmer Symptome sein müssten, um eine sehr belastende oder weniger belastende Chemotherapie zu wählen. Zusammengefasst zeigte sich, dass die Patienten im Gegensatz zu den behandelnden Onkologen, noch mehr zu den behandelnden Hausärzten, am meisten aber im Gegensatz zu betreuendem Pflegepersonal und Gesunden "nach jedem Srohhalm" greifen würden.

Antibiotika bei banalen Infekten

Obwohl Antibiotika bei banalen viralen Infekten nicht wirksam sind[7] und seit Jahren auf diese Tatsache hingewiesen wird, glauben viele Patienten, ihre Beschwerden durch deren Einnahme lindern zu können. An dieser Einstellung hat sich in den letzten Jahren wohl generell, zumindest aber nachgewiesenermaßen nach einem Aufklärungsprogramm in Neuseeland nichts geändert.[8] Obwohl sich die Gruppen weder bezüglich der Anzahl der Krankheits-, Fieber- und Krankenstandstage unterschieden, glaubten die Patienten, die ein Antibiotikum bekommen hatten, dass dieses geholfen habe, und gaben an, auch eine nächste ähnliche Episode medizinisch behandeln zu lassen.[9] [10]

Siehe auch

  • Patientenbegehren

Einzelbelege

  1. Transparenzmängel im Gesundheitswesen: Einfallstore zur Korruption, Grundsatzpapier; Transparency International Österreich, 2007
  2. Selbstbestimmungsrecht von Patientinnen und Patienten - Leitlinie der DRK Kliniken Berlin
  3. a b Husebø/Klaschik: Palliativmedizin, Springer, Springer Medizin Verlag Heidelberg, 2006, 4. Auflage ISBN 978-3-540-29888-5
  4. [http://www.diss.fu-berlin.de/diss/servlets/MCRFileNodeServlet/FUDISS_derivate_000000002215
  5. SEVHEP: Wie und wann soll man eine Hepatitis C behandeln?
  6. ML Slevin, L Stubbs, HJ Plant et al., Attitudes to chemotherapy: comparing views of patients with cancer with those of doctors, nurses and general public. Br Med J 300 (1990), pp. 1458–1460
  7. Arroll B, Kenealy T: "Antibiotics for the common cold and acute purulent rhinitis." Cochrane Database of Systematic Reviews 2005, Issue 3. Art. No.: CD000247.
  8. M. Curry et al.: Public views and use of antibiotics for the common cold before and after an education campaign in New Zealand N Z Med J. 2006 May 5;119(1233):U1957. PMID: 16680174
  9. Little P, Williamson I et al.: Open randomised trial of prescribing strategies in managing sore throat. BMJ. 1997 Mar 8;314(7082):722-7.
  10. Little P, Gould C. et al.: Reattendance and complications in a randomised trial of prescribing strategies for sore throat: the medicalising effect of prescribing antibiotics. BMJ. 1997 Aug 9;315(7104):350-2.

Weblinks

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