Blue Bird CN 7

Blue Bird CN 7

Der Blue Bird CN 7 ist ein von einer Gasturbine angetriebener britischer Rekordwagen, mit dem Donald Campbell 1960 erstmals versuchte, den Landgeschwindigkeitsrekord für Automobile zu brechen. Das dabei verunfallte und bis zur Unbrauchbarkeit beschädigte Fahrzeug wurde neu hergerichtet und es gelang Donald Campbell am 17. Juli 1964 auf dem Salzbett des Eyre-Sees in Australien, einen Geschwindigkeitsrekord mit 648,709 km/h aufzustellen.

Blue Bird CN 7

Inhaltsverzeichnis

Viereinhalb Jahre Bauzeit für das teuerste Auto der Welt

Die Absicht, den absoluten Landgeschwindigkeitsrekord brechen zu wollen, war von Donald Campbell 1956 bekannt gegeben worden, man begann im selben Jahr mit den Konstruktionsarbeiten. Den Auftrag hierfür erhielt, da es bereits sein Rekordboot geliefert hatte, das in Burgess Hill (Sussex) ansässige Unternehmen Norris Brothers Ltd., das „N“ in der Typenbezeichnung „CN 7“. In Coventry bei der Firma Motor Panels Ltd. wurde das Fahrzeug montiert. Mitüberwacht wurde der Bau des Blue Bird CN 7 von Leo Villa, der schon als Chefmechaniker bei Malcolm Campbell gearbeitet hatte. Aus den Tagen von Campbell senior stammte überdies der weiter benutzte Wagenname „Blue Bird“, für den jener sich nach dem Besuch des gleichnamigen Schauspiels von Maeterlinck entschieden hatte. Mit der Einbindung von zirka 70 im Land befindlichen Firmen als Hersteller von für den Wagen benötigten Spezialteilen und als Sponsoren, blieb Campbells Vorhaben nicht eine Privatangelegenheit, sondern wurde zu einer ausgesprochen britischen Sache.

Man bediente sich aller damals verfügbaren technischen Neuheiten und rüstete den Wagen mit jeglichem verfügbaren elektronischen Gerät aus. Auf die Cockpit-Verglasung wurde von innen eine Anzeige projiziert, die Aufschluss über den Soll- und Ist-Wert beim Beschleunigen gab − eine zu starke Kraftzufuhr konnte ein Durchdrehen der Räder und Schlingern des Wagens bewirken. Ein Proteus 705-Flugtriebwerk wurde für beidseitige Drehmomentabnahme umgebaut und in eine Schalenkarosserie installiert, deren Luftwiderstand am Imperial College mittels Windkanal-Tests optimiert wurde. Weder sollte der Wagen durch die an ihm entlang strömende Luft nach oben gesogen, noch abwärts gedrückt werden − zwar könnte letzteres als einer besseren Bodenhaftung dienend begrüßt werden, doch hätte dies die Reifen überlastet. Dem Ansinnen einer Luftwiderstandsminderung war auch der Verzicht auf eine Vertikale Heckflosse geschuldet, die Aufgabe der Wagenstabilisierung sollten die stark hervortretenden Radverkleidungen übernehmen. Die Dunlop-Reifen selbst waren gut für 765 km/h und geprüft mit Drehzahlen entsprechend 800 km/h. Das Abbremsen erfolgte bei Spitzengeschwindigkeiten durch am Wagenheck angebrachte Bremsklappen, unterhalb einer Geschwindigkeit von 600 km/h kamen pneumatisch betätigte Scheibenbremsen zum Einsatz.

Auf den ersten Blick war das Leistungsgewicht gut: John Cobbs Railton Special (634,3 km/h) hatten zum Bewegen seiner 3150 kg zirka 2500 PS zur Verfügung gestanden, der Blue Bird war anfangs mit 3600 kg etwas schwerer, besaß aber einen 4250 PS leistenden Turbinenantrieb. Der Blick auf einen Konkurrenten wie den Challenger I des Amerikaners Mickey Thompson offenbarte jedoch, dass jener sich bei der Motorleistung längst in der Region des Railton Special befand, bei einem Gewicht von nur 2080 kg. Der Challenger I wurde zum Start auch einfach von einem Hilfsfahrzeug angeschoben, wohingegen man die Proteus-Turbine von außen her mit Batterien startete.

Zurück aus Bonneville mit Schrott und ohne Rekord

Seinen bewunderten Garagenbastler-Konkurrenten, die er „hot-rod boys“ nannte und in deren Projekten ein Faktor von Unwissenheit laut Campbell selbst nach wiederholten Tests immer ein unkalkulierbares Risiko verbleiben ließ, fühlte er sich weit überlegen. Doch „Unwägbarkeiten“ bei Campbells Entwurf wurden von jemand angesprochen, der es wissen musste: Jack Brabham fragte, wie er bei der Sitzposition vorn in dem 9-Meter-Fahrzeug ein Schlingern des Hecks sofort bemerken und in Griff behalten wollte. Die Probe aufs Exempel fand am 16. September 1960 auf den Bonneville Flats statt. Campbell hatte sich über die vorangegangenen zwei Wochen an hohe Geschwindigkeiten herangetastet und wollte nun einen Lauf unternehmen, der ausdrücklich ein Beschleunigungstest sein sollte. Um ein Tempo von 550 km/h herum wollte er auf ein beginnendes Schleudern reagieren und tat dies übermäßig. Der Blue Bird CN 7 überschlug sich, flog durch die Luft und prallte so auf die rechte Seite, dass beide Räder abgerissen wurden. Campbell überlebte verletzt. „Hot-rod boy“ Thompson hatte in diesen Tagen ähnliche Erfahrungen gemacht und kannte das Gegenmittel: Fing man auf dem Salz an zu rutschen, sollte man den Wagen seinen Weg nehmen lassen und ihn dann langsam, Stück für Stück auf die Bahn zurückbringen.

Mit dem zweiten Anlauf Erfolg in Australien

Entgegen anfänglicher Befürchtungen musste der Wagen nicht komplett abgeschrieben werden, zusammen mit der Turbine ließen sich weitere Teile erneut verwenden. Sir Alfred Owen, der Besitzer von Motor Panels, hatte sofort nach dem Unfall angeboten, für Campbell noch einen Blue Bird zu bauen, die Interessengemeinschaft der britischen Zulieferer zog ohne Zögern mit. So kostete der 1962 präsentierte Wagen („CN 7 / 62“) nicht erneut 4 Millionen Dollar und unterschied sich äußerlich vom 1960er-Modell durch zwei Details: Die vollkommen transparente Kabinenhaube war ersetzt worden durch ein solides Kunstharzteil mit kleinem Sichtfenster und am Heck ragte eine Stabilisierungsflosse in 2,35 Meter Höhe. Schleudern war gewöhnlich das Ergebnis von durchdrehenden Rädern, also erhielt „CN 7 / 62“ Sperrdifferentiale. Vorkehrungen wurden getroffen, dass die großen Räder im Fall eines Unfalls nicht durch den Wagenkörper sägen konnten. All dies schlug sich in einem Wagengewicht von 4300 kg nieder, von einem guten Leistungsgewicht konnte keine Rede mehr sein.

Da in Bonneville ein Nachteil offenbar die Kürze der Strecke war, hatte British Petroleum als Alternative den Eyre-See vorgeschlagen, anstrengend über unbefestigte Wege in unvorteilhaftem Gelände zu erreichen, 720 Kilometer nördlich von Adelaide gelegen. 27 Kilometer lang konnte dort im Idealfall die Fahrbahn sein, doch waren die Verhältnisse 1963 und 1964 das genaue Gegenteil von ideal. Für das örtliche Klima außergewöhnliche Regenfälle weichten das Salz auf und ließen den Blue Bird 5 Zentimeter tiefe Spuren hinter sich herziehen, Fahrten wie mit angezogener Handbremse. Nach nervenaufreibenden Monaten, in denen viel Arbeitsaufwand in die Präparierung der Piste floss, konnte Donald Campbell am 17. Juli 1964 dennoch den Weltrekord für radgetriebene Landfahrzeuge auf 648,709 km/h erhöhen.

Seit 1972 ist der Wagen ein Ausstellungsstück des National Motor Museum in Beaulieu (England).

Technische Daten

Allgemeine Daten

Radstand: 4110 mm
Spur vorne/hinten: vorne und hinten 1670 mm
Maße L x B x H: 9120 x 2440 x 1445 mm
Wagengewicht: 3600 kg bis 4300 kg

Antriebsquelle

Typ: Bristol-Siddeley Proteus 705 Gasturbine, umgebaut zur Kraftabnahme auch am hinteren Ende, Kraftturbine unabhängig vom Kompressorenteil
Leistung: 4250 PS bei 11000/min
Kraftstofftank: 2 Tanks à 96 Liter („CN 7 / 62“ ein 60-Liter-Tank)

Kraftübertragung

Antrieb: Allradantrieb
Kupplung: keine
Getriebe: einstufig, David Brown-Achstriebe 3,64:1 mit spiralverzahnten Kegelrädern; vorn Antrieb über Freilauf, kraftschlüssiger Antrieb hinten

Fahrwerk

Rahmen: Hauptrahmenträger aus gelochten Aluminiumprofilen, Karosserie als Monocoque aufgebaut aus Sandwichplatten mit Wabenkern, Deckhäute aus 1,2 mm Blech (Leichtmetall-Legierung), Stützkern aus kunstharzgebundenen 0,05 mm Blech (Leichtmetall-Legierung), 19 mm hoch, 6mm Netzweite
Achsen: hydro-pneumatisches Fahrwerk mit einzeln an Dreieckslenkern aufgehängten Rädern, Feder-Stoßdämpfer-Einheiten von Girling
Bremsen: Am Heck angeordnete Bremsklappen für Geschwindigkeiten über 600 km/h, darunter innenliegende pneumatische Scheibenbremsen von Girling.
Lenkung: Burman Lenkgetriebe, über Ketten und Ritzel betätigte Kugelumlauf-Schnecke
Räder: Dunlop-Scheibenräder aus Stahl, Felge abnehmbar
Reifen: 7,0 x 41 von Dunlop, \varnothing 1321 mm außen; 0,5 mm Naturkautschuk-Protektor auf einer Karkasse aus vierlagiger Kunstseide

Quellen


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