Bürgerstiftung Rheinviertel

Bürgerstiftung Rheinviertel

Die Bürgerstiftung Rheinviertel ist eine gemeinnützige kirchliche Stiftung mit Sitz in Bonn-Bad Godesberg.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Sie wurde im Jahr 2005 auf Initiative des katholischen Pfarrers Wolfgang Picken für die Bewältigung sozialer, caritativer und gemeindlicher Aufgaben im Gebiet der Bonner Pfarrgemeinde St. Andreas und Evergislus gegründet. Satzungsmäßiger Zweck der Stiftung ist "die Förderung von Jugend-, Bildungs-, Sozial-, Kultur- und Altenarbeit im Seelsorgebereich der Pfarrgemeinden sowie des pfarrlichen Lebens dieser Pfarreien" [1]. Die Bürgerstiftung Rheinviertel ist die erste Stiftung ihrer Art bundesweit. Sie gilt als nationales Pilotprojekt in der privaten Finanzierung bisher kirchenfinanzierter Einrichtungen und Aktivitäten und als vorbildliche Initiative bürgerschaftlichen Engagements.

Vorsitzender der Bürgerstiftung Rheinviertel ist Wolfgang Picken, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas und Evergislus in Bonn-Bad Godesberg und Dechant des Dekanats Bad Godesberg. Der promovierte Politikwissenschaftler und Theologe entwickelte infolge drastischer Sparvorgaben des Kölner Erzbistums im Rahmen des Programms "Zukunft heute" innovative Wege in der Kirchenfinanzierung. Das Erzbistum finanzierte ab diesem Zeitpunkt Gebäude und Versammlungsflächen in den Pfarrgemeinden nur bis zu einem bestimmten Umfang aus Kirchensteuermitteln.[2] Für Unterhalt und Betrieb von darüber hinausgehenden baulichen Objekten wie Pfarrheimen oder Pfarrhäusern mussten die Pfarreien eine andere Finanzierung finden, wenn sie sie nicht veräußern oder abreißen wollten. In Bad Godesberg wurde hierfür das Modell einer Stiftung gewählt.

Rheinviertel

Die Bürgerstiftung Rheinviertel sieht ihre Aufgabe darin, den in einer katholischen Kirchengemeinde vereinten Bad Godesberger Stadtteilen Plittersdorf, Rüngsdorf, Hochkreuz und Villenviertel eine gemeinsame Identität zu geben und damit den Zusammenhalt der Kirchengemeinde zu stärken.[3]

Ziele

Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, die katholische Kirchengemeinde St. Andreas und Evergislus mithilfe vielfältiger Innovationen im sozialen Bereich zum gesellschaftlichen Bindemittel im Rheinviertel werden zu lassen. Gleichzeitig soll die Kirchengemeinde durch ein breites Spektrum an Aktivitäten wieder zum zentralen Ort der Begegnung werden. Darüber hinaus verfolgt die Stiftung das Ziel, über die Errichtung eines dichten sozialen Netzwerkes nachhaltiges bürgerschaftliches Engagement im Rheinviertel zu entfalten.

Projekte

Familienzentrum/Kindergärten

Auf Betreiben der Bürgerstiftung Rheinviertel wurde die Existenz von zwei Kindergärten gesichert und eine neue Kindertagesstätte gegründet. Die Bürgerstiftung Rheinviertel ist Träger von insgesamt 3 Kindertagesstätten und fördert in Zusammenarbeit mit der katholischen Kirchengemeinde St. Andreas und Evergislus und dem Sozialdienst Katholischer Frauen drei weitere Kindertagesstätten. Diese sechs Einrichtungen wurden entsprechend dem vom Land Nordrhein-Westfalen propagierten Modell zu einem Familienzentrum zusammengeschlossen. Die Bürgerstiftung Rheinviertel bietet mit dem Familienzentrum einen Begegnungsraum für Eltern und Kinder. Bei Partnerschafts- und Erziehungsfragen oder auch in sozialen Notlagen wird vor Ort Beratung vermittelt. Aktuell wird der Um- und Ausbau einer der Einrichtungen zu einer behindertenintegrativen Kindertagesstätte vorbereitet. Zudem unterstützt die Bürgerstiftung besonders die Arbeit mit Kindern mit Migrationshintergrund im Regenbogenkindergarten.

Jugendarbeit

Für die Jugendlichen im Rheinviertel wurde mit Unterstützung der Bürgerstiftung der Jugendtreffpunkt Herz–Jesu eröffnet. Der von der Stiftung ermöglichte Jugendreferent steht den Kindern und Jugendlichen als Ansprechpartner zur Verfügung. Er betreut Jugendgruppen, gestaltet offene Angebote und führt Wochenend- und Ferienprogramme durch. Auch hilft der Jugendreferent bei der religiösen, praktischen und beruflichen Orientierung. Ein Zivildienstleistender unterstützt hierbei die pädagogische Arbeit. Die Einstellung eines weiteren von der Stiftung finanzierten Jugendreferenten ist in Vorbereitung, um die Arbeit im erlebnispädagogischen Bereich zu intensivieren.

Hospizarbeit

Die Bürgerstiftung Rheinviertel fördert in den Bonner Altenheimen St. Vinzenzhaus und CBT-Wohnhaus Emmaus jeweils ein Integriertes Hospiz. Beide Hospize entsprechen dem Leitbild der Caritas-Betriebsführungs- und Trägergesellschaft mbH (CBT); sie wurden konzeptionell von der Stiftung entwickelt und werden von ihr finanziert. Die Integrierten Hospize sind integraler Bestandteil des gesamten Pflegekonzeptes und richten sich an die bereits im Altenheim Wohnenden. Der durch die Stiftung ermöglichte Einsatz von Hospizschwestern sowie die palliativmedizinische Weiterbildung und Förderung des Personals sollen sicherstellen, dass Schwerstkranke und Sterbende in Würde und menschlich begleitet Abschied vom Leben nehmen können. In Kooperation von Bürgerstiftung, Bonner Caritas Verband und Hospizverein hat 2009 eine ambulante Hospizschwester ihre Tätigkeit im Rheinviertel aufgenommen. Ihre Aufgabe besteht darin, Menschen zu Hause in ihrer gewohnten Umgebung bei starken Schmerzen und schwerer Pflegebedürftigkeit zu helfen und diese im Sterbeprozess zu begleiten.

Mausoleum von Carstanjen
Mausoleum von Carstanjen

Das Mausoleum von Carstanjen, ein aus dem 19. Jahrhundert stammendes Kulturdenkmal am Bonner Rheinufer, wurde aus Mitteln des Nachlasses des letzten Grafen von Carstanjen restauriert, in eine Unterstiftung in der Verwaltung der Bürgerstiftung Rheinviertel eingebracht und in eine Urnengrabstätte umgewandelt. Mit der Verzeichnung der Namen der Verstorbenen in der Parkanlage möchte die Bürgerstiftung dazu beitragen, dass niemand der Anonymität des Todes überlassen wird.

Ehrenamt

2010 legte die Stiftung eine wissenschaftliche Studie über das Ehrenamt im Rheinviertel vor und stellte bundesweit die erste hauptamtliche Ehrenamtskoordinatorin im gemeindlichen Raum ein. Deren Aufgabe besteht darin, die ehrenamtlichen Helfer der Bürgerstiftung zu begleiten, neue Engagementmöglichkeiten im zwischenmenschlichen Bereich aufzuzeigen und das Potenzial an freiwilligem Engagement gezielt zu heben und im Viertel zu realisieren. Dabei legt sie einen Schwerpunkt auf die Menschen der "Generation 50+" im Rheinviertel, die konfessionsübergreifend zu ehrenamtlichen Engagement angeregt werden.

Klostergründungen

Die Bürgerstiftung Rheinviertel unterstützte die Gründung von vier Ordensniederlassungen im Viertel. Insgesamt setzen sich derzeit fünf Ordensgemeinschaften für die oben genannten sozialen Projekte ein.[4]

Rheinviertel-Akademie

In der im Aufbau befindlichen Rheinviertel-Akademie sollen einem qualifiziertem Publikum aus den verschiedensten Bereichen wie Pädagogik oder Pflege Fortbildungs- und Beratungsangebote zur Verfügung stehen, um anderen Stiftungen, Gemeinden oder Stadtvierteln Hilfestellung bei der Neuausrichtung ihrer Aktivitäten zu geben.

Kritik

Die Bürgerstiftung Rheinviertel erfüllt nicht die Kriterien für das Gütesiegel für Bürgerstiftungen des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen[5]. Nikolaus Turner, Leiter des Arbeitskreises „Bürgerstiftungen“ im Bundesverband, kritisiert "Trittbrettfahrer der Bürgerrechtsbewegung", die "potenzielle Stifter und Spender mit ihrem Namen leicht in die Irre führen, wie z.B. [...] die Bürgerstiftung Rheinviertel mit einem engen kirchlichen Bezug zur katholischen Kirchengemeinde „Rheinviertel“, die der kirchlichen Aufsicht unterliegt."[6] Stiftungsgründer Wolfgang Picken sieht in einer solchen Nichtanerkennung von Bürgerstiftungen, die im Raum der Kirche entstanden sind, eine Diskriminierung der Kirchen durch den Stifterverband.[7].

Auszeichnungen

  • Die Bürgerstiftung Rheinviertel erhielt den 2. Preis beim Publikumspreis des Deutschen Engagementpreises 2010.
  • Die Bürgerstiftung Rheinviertel ist Zukunftsprojekt und Hauptpreisträger des Robert-Jungk-Preises des Landes NRW 2009.
  • Die Integrierten Hospize der Bürgerstiftung Rheinviertel sind Gewinner des Altenheim Zukunftspreises 2009.
  • Die Kindertagesstätte St. Georg der Bürgerstiftung Rheinviertel ist Finalist des Invest in Future Award 2009 für innovative Pädagogik.

Literatur

  • Simone Stein-Lücke, Thomas Schwitalla: Gemeinde im Aufbruch. Selbsthilfe in der Epochenwende. Mit Beiträgen von Udo di Fabio, Meinhard Miegel, Reinfried Pohl, Stephan Eilers und Wolfgang Picken. Bonn 2007
  • Sonderbeilage über die Bürgerstiftung Rheinviertel im Rheinischen Merkur vom 23. Oktober 2010
  • „Ein Veedel packt an und hält zusammen“, Bonner Generalanzeiger vom 11. Juni 2010

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Satzung der Bürgerstiftung Bad-Godesberg-Rheinviertel (PDF). buergerstiftung-rheinviertel.de. Abgerufen am 4. Juli 2011.
  2. Zukunft heute – Weichenstellung für das Erzbistum Köln (PDF). erzbistum-koeln.de. Abgerufen am 4. Juli 2011.
  3. „Wenn Kirche einen Stadtteil mobilisiert“, Rheinischer Merkur vom 17. Dezember 2009
  4. „Symbolträchtige Klosterneugründung“, Tagespost vom 25. August 2009
  5. http://www.die-deutschen-buergerstiftungen.de/de/guetesiegel/die-10-merkmale.html
  6. Turner, Nikolaus (2009). Gemeinsam Gutes anstiften: die Anfänge der Bürgerstiftungsbewegung in Deutschland. BWV Verlag. S. 209. ISBN 3830516576
  7. Vortrag Picken auf dem Deutschen Juristentag 2010, S. 7

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