Christa Lewek

Christa Lewek

Christa Lewek (* 19. Januar 1927 in Leipzig; † 27. März 2008[1] in Berlin) war eine deutsche Historikerin, Germanistin, Parteifunktionärin der DDR-CDU, evangelische Oberkirchenrätin und Ökumeneaktivistin.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Lewek war die Tochter eines Leipziger evangelischen Pfarrers mit jüdischen Wurzeln, der durch das NS-Regime Repressalien ausgesetzt war. Nach Erlangung ihrer Hochschulreife studierte sie in Leipzig Germanistik, Philosophie und Geschichte. In diesen Jahren wurde sie Mitglied der Christlich-Demokratischen Union und persönliche Mitarbeiterin des damaligen CDU-Vorsitzenden Otto Nuschke. Im Jahre 1958 trat sie in den Dienst der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) für die damals noch der EKD angehörenden Berlin-Brandenburgische Kirche. Mit der Gründung des Bundes der evangelischen Kirchen in der DDR im Jahre 1969 wurde sie Referentin für „Kirche und Gesellschaft“ im Sekretariat des Bundes Evangelischer Kirchen in der DDR. Unter den Leitern dieses Sekretariats Manfred Stolpe, Christoph Demke und Martin Ziegler übernahm sie im Sekretariat deren Stellvertretung.[2]

Sie nahm an zahlreichen Besprechungen und Konferenzen des Kirchenbundes mit westdeutschen und anderen europäischen Kirchengremien teil und verstand es, die besondere Situation und das daraus resultierende Verhalten der Kirchen und Christen der DDR ins kirchlich-ökumenische Gespräch zu bringen und Verständnis für die besondere Situation der DDR-Christen zu wecken.

Besondere öffentliche Aufmerksamkeit erfuhren ihre Person und ihre Tätigkeit durch ein Fernseh-Interview, das der langjährige ehemalige Ständige Vertreter der BRD in Berlin (DDR), Günter Gaus, im Januar 1985 mit ihr führte. Die Wochenzeitung Die Zeit druckte dieses Interview im Juni 1985 im vollen Wortlaut ab unter der Schlagzeile des O-Tons Lewek: „Wir sind kein armes Land.“ Sie sagte dies bei vollem Bewusstsein der wirtschaftlichen und politischen Schwierigkeiten, in denen die Lenker der DDR standen und angesichts des z.T. persönlichkeitsverletzenden Umgangs mit unangepassten Gruppen und Einzelpersonen, gerade im Umfeld der Kirchen, durch die führende SED und den Staatsapparat.

Auch nach ihrer Emeritierung 1988 und dem in Jahresfrist folgenden Untergang der DDR nahm sie weiter Partei für dieses Land. So gehörte sie am 11. Juli 1990 zu den Gründern der Komitees für Gerechtigkeit, die dafür sorgen wollten, dass die ostdeutsche Bevölkerung im Zuge der staatlichen Vereinigung nicht als Bürger zweiter Klasse behandelt werden sollte.[3]

Größere politische Bedeutung bekam ihr Auftreten noch einmal, als sie 1994 vor einem Untersuchungsausschuss anhand ihrer Tagebucheintragung als Entlastungszeuge für ihren ehemaligen Chef Manfred Stolpe auftreten konnte, der sich gegen eine politische und mediale Kampagne zu seiner Verurteilung als Agent des MfS zu wehren hatte.[4]

Christa Lewek blieb unverheiratet. Zu ihren Geschwistern gehören die Pfarrer Kurt Lewek, Radebeul und Gert Lewek, Bernburg.

Veröffentlichungen

  • „Aufgaben und Ergebnisse der Arbeitsgruppe Menschenrechte des Bundes der Evangelischen Kirchen“, in: epd-Dokumentation Nr. 35/91, S.8.
  • „Menschenrechte in christlicher Verantwortung“, hrg. im Auftrag des Sekretariats des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR von Christa Lewek, Manfred Stolpe und Joachim Garstecki, Berlin 1980.
  • Revolution oder Implosion? Berlin: Friedrich-Ebert-Stiftung, Berliner Büro, 1999

Texte von Christa Lewek:

  • Christus incognito im Werk Dostojewskis; Beitrag in Kommission 4 - Europäische Sicherheit und Zusammenarbeit des Weltkongresses der Friedenskräfte in Moskau 25. bis 31. Oktober 1973; Mit Brüdern leben - Vision einer Partnerschaftlichen Kirche. Vortrag in der Evangelischen Akademie Berlin-Brandenburg;
  • Review of regional situations Eastern Europe. XXXII Meeting of Commission of Churches on International Affairs (CCIA), 17. bis 23. April 1977 in Egham/England;
  • Weltkongreß religiöser Repräsentanten für dauerhaften Frieden, Abrüstung und gerechte Beziehungen zwischen den Völkern, Moskau 10. Juni 1977. Beitrag in der Arbeitsgruppe II/Abrüstung; Weltparlament der Völker für den Frieden, Sofia, 23.bis 27. September 1980. Beitrag beim Rundtischgespräch religiöser Vertreter;
  • Christliche Weltkonferenz „Life and Peace“, Uppsala, April 1983. Konferenzvorlage; Weshalb Kirchen für die Menschenrechte eintreten. Interview vom 22. November 1984;
  • Rundfunkkommentar, 16. Dezember 1984 in Radio DDR;
  • Gespräch Günter Gaus mit Christa Lewek am 20. Januar 1985, ARD „Deutsche“;
  • Tagung des Friedensrates der DDR zur Eröffnung des UNO-Jahres des Friedens 1986;
  • Weltkongreß zum Internationalen Jahr des Friedens, Kopenhagen, 15. bis 19. Oktober 1986. Redebeiträge; Vision Europa. Für Elisabeth Adler; Verantwortliches Handeln für Frieden und Gerechtigkeit. Zum Wirken der evangelischen Kirchen in der DDR. Vortrag im Kulturzentrum der DDR, Paris 3. Juni 1987;
  • Rundfunkkommentar, 15. November 1987, Radio DDR;
  • Kirche im Sozialismus - aus Sicht der Kirche. Vortrag auf der Tagung der Kommission SPD und Kirchen zum Thema. „Kirche im Sozialismus - Kirche im pluralen Staat“ vom 11. bis 12. November 1988 in der Evangelischen Akademie Mühlheim/Ruhr; Sprache des Friedens - Kultur des Streites. Verständigung im Gemeinsamen Haus Europa. Rede anläßlich der Verleihung des Ehrendoktors der Universität Rostock am 25. April 1989; *Eine Frau kann nur der zweite Mann sein; Frauen Ost, Frauen West. Was können wir voneinander lernen? Was ist anders?;
  • Christa Lewek im Gespräch mit Annemarie Lofthus Hindal (Oslo) und Joachim Heise am 29. Mai 1991 über ihre kirchenpolitischen Erfahrungen in den fünfziger und frühen sechziger Jahren; Interview mit Dr. Christa Lewek, Erstunterzeichnerin des „Appells zur Gründung von Komitees für Gerechtigkeit“, am 9. Juni 1994;
  • Tagung der Evangelischen Akademie Thüringen „Rückblick auf die Kirche im Sozialismus“ am 26. November 1999 - Beitrag zum Zeitzeugengespräch[5]

Ehrungen

Literatur

  • Joachim Heise (Hg.): Christa Lewek. Kompetent und unbequem. Vorwort des Herausgebers Joachim Heise: „Man muß sie im Auge behalten …“ - Gedanken zum Leben und Wirken von Christa Lewek; Christoph Ehricht: Kirche und Gesellschaft - zwei Annäherungen an und ein literarischer Gruß für Christa Lewek;
  • Leopold Esselbach: Gleichgesinnt; Horst Gienke: „… Schwerter zu Pflugscharen …“ - Gedanken und Erinnerungen zu einem Foto;
  • Brigitte Grell/Hildegard Führ: Auf steinigen Wegen;
  • Christa Grengel: Erinnerung an die ehemalige Kollegin;
  • Martin Herrbruck: Das Kinderkrankenhaus Warschau und Christa Lewek;
  • Günter Krusche: „Wer zur Quelle will, muß gegen den Strom schwimmen“;
  • Albrecht Schönherr: Eine unabhängig denkende Mitstreiterin; Eberhard Schröder: Rückblick, Gruß und Dank mit Segenswünschen - lebenslang;
  • Udo Semper: Zingst 1986; Manfred Stolpe: Christa Lewek im Dienst für Kirche und Gesellschaft;
  • Helmut Zeddies: „Es geht immer um den Einzelnen“. Christa Leweks ökumenische Arbeit für die Menschenrechte; Martin Ziegler: Sprache des Friedens;
  • Ehrhart Neubert: Lewek, Christa. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.

Einzelnachweise

  1. Biographische Angaben aus „Wer war wer in der DDR?“, abgerufen am 21. September 2011.
  2. http://www.uek-online.de/pressemitteilungen/pm89_2008_lewek.html
  3. http://verfolgte-schueler.org/1990-now.htm
  4. http://www.focus.de/politik/deutschland/brandenburg-kalkuliertes-muskelspiel_aid_145732.html
  5. http://www.staat-kirche-forschung.de/deutsch/Publikationen/Inhalte/Monografien/20.html

Weblinks


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