- Ralf Georg Czapla
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Ralf Georg Czapla (* 1964 in Erkelenz) ist ein deutscher Literatur- und Kulturwissenschaftler. Seit seiner Habilitation 2008 lehrt er am Germanistischen Seminar der Universität Heidelberg Neuere deutsche und Vergleichende Literaturgeschichte. Seit 2010 ist er außerdem als Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Projekt »Europa Humanistica« der Heidelberger Akademie der Wissenschaften beschäftigt.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Ralf Georg Czapla studierte Germanistik, Latinistik, Komparatistik und Mittellateinische Philologie an der Universität Bonn und wurde dort 1992 mit einer Dissertation zur Mythenrezeption bei Arno Schmidt promoviert. 1990 erwarb er das Erste, 1994 das Zweite Staatsexamen für das Lehramt an Gymnasien. Nach seiner Promotion arbeitete er als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrbeauftragter an den Universitäten in Bonn, Paderborn, Marburg, Saarbrücken und Heidelberg. 2006 und 2007 lehrte er als Gastdozent an der Università degli Studi di Roma »Tor Vergata«. 2008 habilitierte er sich an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über die Bibelepik der Frühen Neuzeit. Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten in Freiburg im Breisgau und Bern schlossen sich an.
Czapla erhielt mehrere Studien- und Forschungsstipendien. Die Arbeit am Dissertationsvorhaben wurde von 1991 bis 1992 durch ein Graduiertenstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung unterstützt. Zwischen 2001 und 2003 war Czapla als Postgraduierter Stipendiat des Graduiertenkollegs »Die Bibel - ihre Entstehung und ihre Wirkung« der Universität Tübingen. Von Mai bis Juni 2007 erhielt er ein Forschungsstipendium der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel.
2009 wurde Czapla als Nachfolger von Hans Wollschläger zum Ersten Vorsitzenden der Rückert-Gesellschaft e.V gewählt, nachdem er bereits seit 2006 zum Herausgebergremium der Rückert-Studien gehört hatte. Er ist außerdem Mitglied der Goethe-Gesellschaft Siegburg e.V. und hat einen Sitz im Kuratorium der Stiftung Goethe-Bibliothek i. Gr.
Forschungsgebiete
Czaplas Forschungsgebiete umfassen die Literatur des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit, der Goethezeit sowie des 19. und 20. Jahrhunderts bis hin zur Gegenwart. Der überwiegende Teil seiner Arbeiten ist kulturwissenschaftlich angelegt und verlässt den engeren Rahmen der Germanistik zu Gunsten einer komparatistischen Perspektive, die auch sozialgeschichtliche und ideologiekritische Aspekte integriert. Mit der Edition, Übersetzung und Kommentierung der lateinischen Bibeldichtungen des Andreas Gryphius hat Czapla das in der Forschung bislang nur wenig beachtete Frühwerk des schlesischen Barockdichters einem größeren Publikum erschlossen. Im 19. Jahrhundert gilt sein Interesse neben kanonisierten Schriftstellern wie August Wilhelm Schlegel, Wilhelm Raabe und Theodor Storm zu Unrecht in Vergessenheit geratenen Dichtern wie Friedrich Rückert und August von Platen, deren literarhistorische Relevanz er in Aufsätzen und Sammelbänden nachgewiesen hat. Als Beiträger gewann er u.a. renommierte Liedinterpreten wie Dietrich Fischer-Dieskau und Christian Gerhaher. Die Beschäftigung mit der Gegenwartsliteratur macht einen dritten Forschungsschwerpunkt aus. Sie reicht von den Autoren des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit über Nachkriegsautoren wie Werner Bergengruen, Arno Schmidt und Johannes Bobrowski bis hin zu dem 2010 zusammen mit dem Künstler Jochen Gerz im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres 2010 initiierten Ausstellungsprojekt »2-3 Straßen«. Czaplas Publikationen lassen neben historisch-systematischen Schwerpunkten auch thematische erkennen. Dazu gehört das Verhältnis von Literatur und Religion ebenso wie die Rom- und Italiendichtung verschiedener Jahrhunderte, die Fotografie in intermedialer Perspektive, die Rezeption der Antike in der deutschen Literatur sowie das Interesse an kritischen Zugriffen auf bisher eher wenig beachtete literarische Produkte des Nationalsozialismus und der frühen Bundesrepublik. Neuland für die Literatur- wie für die Geschichtswissenschaft haben die Arbeiten zu Joseph Goebbels[1] und Carlo Schmid erschlossen. Fachdidaktische Publikationen zeugen von Czaplas Bestreben, die fachwissenschaftlichen Erkenntnisse für den schulischen und universitären Unterricht aufzubereiten. Im Rahmen eines Drittmittelprojekts erarbeitet Czapla derzeit eine im Schnittpunkt von Wirtschaftsgeschichte und Theaterwissenschaft stehende Monographie über den Industriellen Friedrich Baur und seine Schwester, die Ausdruckstänzerin Claire Bauroff, die in zweiter Ehe mit dem Philosophen Paul Schrecker verheiratet war und in Kontakt zu Hermann Broch, Herbert Burgmüller, Erwin Piscator, Paul Cassirer und Hans Brandenburg stand.
Schriften (in Auswahl)
- Ralf Georg Czapla: Mythos, Sexus und Traumspiel. Arno Schmidts Prosazyklus »Kühe in Halbtrauer«. Paderborn: Igel, 1993 (Literatur- und Medienwissenschaft 15).
- Andreas Gryphius: Herodes. Der Ölberg. Lateinische Epik. Hg., übersetzt und kommentiert von Ralf Georg Czapla. Berlin: Weidler, 1999 (Bibliothek seltener Texte 4).
- Ralf Georg Czapla: Die Entfesselung des Prometheus. Erlösungssehnsucht und Geschichtseschatologie in Gedichtentwürfen des jungen Joseph Goebbels. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 29,1 (2004), S. 55-83.
- Ralf Georg Czapla/Ulrike Rembold (Hg.): Gotteswort und Menschenrede. Die Bibel im Dialog mit Wissenschaften, Künsten und Medien. Vorträge der interdisziplinären Ringvorlesung des Tübinger Graduiertenkollegs »Die Bibel – ihre Entstehung und ihre Wirkung« 2003-2004. Frankfurt am Main/Berlin/Bern/Brüssel/New York/Oxford/Wien: Lang, 2006 (Jahrbuch für Internationale Germanistik A 73).
- Ralf Georg Czapla: »nach Maß gearbeitet«. Hermann Brochs Gedichte für die Tänzerin Claire Bauroff. Mit einer Edition des Briefwechsels Bauroff – Broch und von Auszügen aus der Korrespondenz Bauroff – Burgmüller. In: Jahrbuch zur Kultur und Literatur der Weimarer Republik 12 (2008), S. 69-113.
- Ralf Georg Czapla/Anna Fattori (Hg.): Die verewigte Stadt. Rom in der deutschsprachigen Literatur nach 1945. Bern/Berlin/Brüssel/Frankfurt am Main/New York/Oxford/Wien: Lang, 2008 (Jahrbuch für Internationale Germanistik A 92).
- Ralf Georg Czapla (Hg.): Von Goethe bis Gregorovius. Friedrich Rückert und die Romdichtung des 19. Jahrhunderts. Würzburg: Ergon, 2009 (Rückert-Studien 18).
- Ralf Georg Czapla (Hg.): Friedrich Rückert und die Musik. Tradition – Transformation – Konvergenz. Würzburg: Ergon, 2010 (Rückert-Studien 19).
- Claire Bauroff: »Wandlung aber ist das Leben«. Gedichte. Hg. und mit einem Nachwort versehen von Ralf Georg Czapla. Bonn: Bernstein, 2011.
- Ralf Georg Czapla: »Das Vollkommene duldet nur Anbetung und Opfer« – Eine Romreise mit den Augen Stefan Georges. Zu Carlo Schmids »Römischem Tagebuch«. In: Ralf Bogner/Ralf Georg Czapla/Robert Seidel/Christian von Zimmermann (Hg.): Realität als Herausforderung. Literatur in ihren konkreten historischen Kontexten. Festschrift für Wilhelm Kühlmann zum 65. Geburtstag. Berlin/New York: de Gruyter, 2011, S. 511-529.
Weblinks
- Literatur von und über Ralf Georg Czapla im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Ralf Georg Czapla im Marquis Who's Who in the World 2012
- Ralf Georg Czapla im Germanistenverzeichnis
- Ralf Georg Czapla im Bernstein-Verlag
- Ralf Georg Czapla bei »2-3 Straßen«
- Rückert-Gesellschaft e.V.
- Stiftung Goethe Bibliothek i. Gr.
- Zur Website von Ralf Georg Czapla
Einzelnachweis
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