Tr’ondek Hwech’in First Nation

Tr’ondek Hwech’in First Nation

Die Tr’ondek Hwech’in First Nation (auch Tr’ondëk Hwëch’in First Nation oder Tr’ondek Hwech’in Han Nation) ist eine der kanadischen First Nations im Territorium Yukon. Die Angehörigen dieser indianischen Gruppe leben in und um Dawson, daher wurden sie früher auch Dawson Indian Band oder nach der von ihnen gesprochenen Sprache Han genannt. Diese gehört zur Sprachfamilie des Athabaskischen, als einziger Stamm des Yukon gehört die Gruppe um Dawson zu den Han, die auch in Alaska leben. Das für die Indianer Kanadas zuständige Ministerium zählte im April 2011 genau 698 Menschen zum Stamm.[1] Die vom Stamm selbst geführte Liste umfasste am 5. Mai 2008 hingegen 1.048 Mitglieder, von denen 338 in Dawson lebten, 218 in anderen Orten Yukons, 492 außerhalb, davon 65 außerhalb Kanadas.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Frühgeschichte

Die Vorfahren der Tr’ondek Hwech’in lebten überwiegend von der Jagd auf Karibuherden, vor allem die Porcupine- und die Forty-Mile-Herde, dazu kamen Elche, Schafe, Murmeltiere und Alaska-Pfeifhasen sowie Vögel und Fische, vor allem Lachse aus dem Yukon und dem Klondike. Die Lachse, vor allem Chinook (Königslachs) und später im Jahr Chum (Ketalachs), zogen zum Laichen den Yukon und seine Nebenflüsse aufwärts und boten ab Ende Juni Gelegenheit zum gemeinschaftlichen Fang. Das raue Klima erforderte ein halbnomadisches Leben, den Winter verbrachte man in eigenen Winterdörfern.

Um Dawson lassen sich rund 8.000 Jahre alte menschliche Spuren nachweisen. Die älteste Spur ist jedoch ein Stück eines Karibugeweihs, das etwa 11.000 Jahre alt ist, und das an einem Nebenfluss des Klondike gefunden wurde, dem Hunker Creek. Wichtigster Fundplatz ist Tr’ochëk, eine Insel, die heute zu den nationalen historischen Stätten Kanadas gehört, und die gegenüber von Dawson liegt.

Um 5000 v. Chr. wurden die zuvor verbreiteten massiven Werkzeuge durch Kompositwerkzeuge ersetzt, bei denen Knochen, Geweih und vor allem sehr kleine Klingen (microblades) zu Werkzeugen verbunden wurden. Obsidianfunde weisen auf einen weiträumigen Handel hin.

Um 3000 bis 2500 v. Chr. verschwanden die Microblades, als Jagdwaffe wurde der Atlatl eingesetzt. Spätestens um 600 n. Chr. kamen Pfeil und Bogen auf. Auch Handel mit Kupfer, das vom Copper und vom White River kam, setzte ein. Es wurde zu Werkzeugen, wie Ahlen und Projektilspitzen verarbeitet, aber auch zu Schmuck. Dentalia-Muscheln (Gehäuse von Kahnfüßern) und Obsidian kamen zu den Tr’ondek Hwech’in. Sie boten dafür Birkenrinde, aus der Körbe hergestellt wurde, roten Ocker und getrockneten Lachs.

Die regionale Gruppe der Han setzte sich aus lokalen Gruppen zusammen, die um 1900 als David’s und Charley’s band bekannt waren, sowie der Gruppe am Klondike. Nur letztere ist als Tr’ondek Hwech’in anzusprechen.

Die größte local band war die am Klondike. Sie war Teil eines ausgedehnten Handelsnetzes. Dabei brachten die zu den Tlingit gehörenden Chilkat Güter von der Küste ins Hinterland. So kamen Robbenfett, das butterartige Öl des Kerzenfischs (Eulachon), Dentalia-Muscheln, Kisten aus dem Holz des Riesenlebensbaums, Heilpflanzen, aber auch europäische Waren wie Messer, Pfannen und Glasperlen, die für den Schmuck der dominierenden Schicht in großem Umfang gebraucht wurden, zu den Tutchone im südlichen Yukon.[2] Die Han, die nördlich von ihnen lebten, tauschten diese Güter wiederum gegen andere Pelze und Roten Ocker ein, einen Farbstoff. Hinzu kamen Birkenrinde und Lachs. Die südlichen Güter tauschten sie wiederum bei den im Norden lebenden Gwich'in ein.

Krankheiten, gegen die eine nur geringe Immunität bestand, dezimierten die Bevölkerung. 1835 bis 1839 erreichten Pocken Alaska. 1847 berichtet ein Missionar hohen Sterblichkeitsraten, insbesondere unter den Frauen; ähnlich 1851. 1865 brachten Mannschaften der Hudson’s Bay Company eine schwere Scharlach-Epidemie in den Yukon. 1865 klagte die Hudson’s Bay Company (HBC), die Frauen seien besonders betroffen.

Streit um Handelsmonopole, Mission (zirka 1800 bis 1896)

Zwischenhändler brachten schon Jahrzehnte vor Ankunft der ersten Europäer russische und britische Waren in die Region, wobei die Tlingit diesen Handel dominierten. Begehrt waren Gewehre und Glasperlen, die überwiegend gegen Pelze getauscht wurden. John Bell von der HBC eröffnete einen Posten am Peel River, das spätere Fort McPherson. 1846 entstand der kleine Handelsposten Lapierre’s House am Westhang der Richardson Mountains, 1847 Fort Youcon. Parallel dazu setzte die HBC von Süden an, indem Robert Campbell 1839/40 Handelsposten am Frances Lake und am oberen Pelly River errichtete. Am 21. August 1852 plünderten und zerstörten die Chilkat jedoch den Posten. Die HBC musste den südlichen Yukon zugunsten von Fort Youcon im heutigen Alaska aufgeben. Ein Monopol war im Yukon nicht durchsetzbar. Als 1867 die Amerikaner Alaska kauften und feststellten, dass Fort Youcon auf ihrem Gebiet lag, musste die HBC 1869 das Fort räumen.

Die ökonomisch vergleichsweise flexiblen Tr’ondek hielten andere Stämme von ihren Handelsorten wie Forty Mile fern. Als 1847 erstmals Europäer in das Gebiet der Tr’ondek kamen, war ihr Häuptling Gäh St’ät oder „Rabbit skin hat“ (Kaninchenfellhut), den die Neuankömmlinge „Catsah“ nannten.[3] Er taucht in einem Tagebucheintrag des Jahres 1852 auf. Die ersten Europäer stellten fest, dass neben traditionellen Handels-, Tausch- und Verschenkgütern wie Birkenrinde, Roter Ocker, Felle oder Lachs, auch schon Tee, Tabak, Glasperlen oder metallene Kessel bekannt waren. Anfang August 1847 besuchte erstmals eine größere Gruppe ein Fort. Die Ankömmlinge wirkten auf dessen Leiter besonders „wild“, da sie lange Haare trugen und ihre Hemden mit Perlen und Messing schmückten. Sie brachten Pfeifen aus Zinn und Blech mit, die sie bei Russen eingetauscht hatten.

Fort Yukon blieb trotz dieser anfänglichen Schwierigkeiten bis 1869 der Haupthandelsposten für die Han, bis die USA Alaska kauften. Aus Alaska kam der spätere Häuptling Isaac, der dem Wolf Clan entstammte und um 1859 geboren worden war.

1874 gründete Jack McQuesten im Dienst der Alaska Commercial Company einen Handelsposten bei Fort Reliance, rund 10 km unterhalb der Mündung des Klondike. Er führte die Yukon, das erste Dampfboot auf dem Yukon River. An seinem Handelsposten trafen sich Han, Upper Tanana und Northern Tutchone. Häuptling Catsah (Gah ts’at) hatte auf die Gründung von Fort Reliance gedrängt. Viele Gruppen nutzten die Konkurrenzsituation und wandten sich den Amerikanern zu. Die Briten mussten ihre Konditionen anpassen.

1880 entstand eine Konkurrenzgründung im Han-Gebiet durch die Western Fur and Trading Company rund 130 km flussabwärts bei David’s Village nahe dem heutigen Eagle (bis 1881). 1882 entstand für die Alaska Commercial Company in der gleichen Gegend der Posten Belle Isle. Sein ehemaliger Arbeitgeber eröffnete daraufhin den aufgegebenen Posten neu. Schon 1883 endete diese für die Han vorteilhafte Konkurrenzsituation, als die Alaska Commercial Company ihren Rivalen übernahm.

Die Amerikaner setzten nun Dampfboote ein, wie die Yukon oder die St Michael, was die Warenmengen erhöhte. Nun kamen einerseits Massengüter wie Mehl und – was die HBC ablehnte – Repetiergewehre und Segeltuch für Zelte in das Gebiet, aber auch exotische Waren, wie chinesische Teetassen. Damit wurde die Mittlerposition der Han für solche Waren gestärkt.

1885 entdeckte man Gold am Stewart River, manche Pelzhändler wechselten in das neue Gewerbe. 1886 kam es zu einem ersten größeren Goldfund am Fortymile River (Ch’ëdäh Dëk) und mehrere hundert Männer zogen hierher. Die Tr’ondek Hwech’in versorgten den neuen Ort Forty Mile mit Lebensmitteln sowie mit Pelzen. Ihr Führer war inzwischen Chief Isaac, der der Schwiegersohn von Gäh St’ät war. 1895 brachten Goldfunde am American Creek Eagle City hervor.

Manche Tr’ondek arbeiteten als Träger, als Packer für die Boote, oder beim Waschen des Goldes mit, doch erwarben nur wenige Indianer Claims. Offenbar genügte ihnen die geringe Aussicht auf weit entfernt liegenden Lohn nicht als Motiv, um die ungesunde und langwierige Arbeit auf sich zu nehmen. Zudem hatten sie keine Pläne, ihre Heimat zu verlassen, und Gold war dort von schnell sinkendem Wert. Die erfolgreichen Goldsucher von außerhalb hingegen wollten das Gebiet so schnell wie möglich wieder verlassen und mit ihrem Ertrag ein komfortables Leben in den südlichen Städten führen.

1862 kam als erster Missionar William West Kirkby nach Fort Youcon, 1864 erschien der spätere anglikanische Bischof William Bompas im Norden. 1891 besuchte er die Region und kehrte im nächsten Jahr zurück. Er wurde Bischof von Selkirk, das später Yukon hieß.

Bompas glaubte, die Han, „dieses niedrigste aller Völker“[4], vor Alkoholkonsum und sexuellen Kontakten zu den ganz überwiegend männlichen Pelzhändlern und Goldsuchern, wie vor allen schlechten Einflüssen schützen zu müssen. Die HBC förderte hingegen diese Art von Kontakten, zumindest für die niederen Ränge, um die meist jungen Männer durch die Ehe mit einer Indianerin länger im Land zu halten.[5]

Bompas setzte sich für ein striktes Alkoholverbot ein, die Polizeitruppe verhängte Bußgelder gegen Alkoholhändler, die ihr Produkt an Indianer verkauften. Jedoch brachten gerade diese Eindämmungsversuche Schwarzbrenner, Schmuggler, Pelzhändler, Goldsucher und Indianer zusammen und förderten ungewollt den Alkoholmissbrauch.

Goldrausch, Chief Isaac, Umsiedlung nach Moosehide (1896 bis 1897)

1894 lebten bereits rund tausend Goldsucher im Yukon. Doch erst mit dem Klondike-Goldrausch ab 1896 kamen über 100.000 Weiße in die Region. Unmittelbar auf der gegenüberliegenden nördlichen Flussseite des Tr’ondek-Dorfes Tr'ochëk entstand Dawson, die mit Abstand größte Goldgräberstadt mit zeitweise über 40.000 Einwohnern.

Bis zum Goldrausch war Tr'ochëk das Sommerlager von Häuptling Isaac.[6] 1892 traf er Bischof Bompas und ließ sich taufen.

Um Konflikte zu vermeiden, begannen die Han ab Herbst 1896 mit Bischof William Bompas und Inspector Charles Constantine zu verhandeln. Im Frühjahr 1897 zogen sie einige Kilometer flussabwärts nach Moosehide. Isaac übergab sicherheitshalber viele Kultgegenstände, vor allem aber Lieder und Geschichten an die Verwandten in Alaska, zu denen er weiterhin enge Beziehungen pflegte. So feierte er 1907 ein Potlatch in Eagle mit Chief Alex.

Im Frühjahr 1898 kamen, nachdem Zeitungen die Nachricht weltweit bekannt gemacht hatten, zehntausende von Goldsuchern nach Dawson. Währenddessen wurde ab Mai 1898, als der Yukon wieder befahrbar war, Tr'ochëk von Neuankömmlingen mit Beschlag belegt, und Lousetown entstand, auch Klondike City genannt. Dort siedelten sich zahlreiche Prostituierte an.

Moosehide (1897 bis zirka 1960)

Aus den Erinnerungen der Han-Ältesten geht hervor, dass sie und ihr Häuptling Isaac ihr Schicksal selbst in die Hand nahmen und die Fremden willkommen hießen, auch wenn ihre Gier nach Gold unverständlich blieb. Isaac fürchtete die negativen Folgen des Kontakts und machte selbst den Vorschlag zur Umsiedlung nach Moosehide.[7] Am 27. März 1900 richtete die Regierung ein Reservat in Moosehide ein.

Die Zahl der Indianer im Territorium fiel zwischen 1901 und 1911 um mehr als die Hälfte von 3.322 auf 1.489.[8] Dabei gerieten die Han gleichfalls in Bedrängnis. Neben der massiven Verdrängung durch die überwältigende Mehrheit der Neuankömmlinge wurden die Tr’ondek von Krankheiten wie Tuberkulose befallen.

Zwischen 1904 und 1919 sicherte sich der Häuptling vier Claims, nicht um Gold zu suchen, sondern um die Siedlung um Moosehide zu sichern. Ab 1913 besuchten acht Moosehide-Kinder die Schule in Carcross. Diese Schule, die Choutla School, war 1911 eröffnet worden. Sie bestand bis Anfang der 60er Jahre. 1920 entstand ein Haus für Kinder aus „Mischehen“, das St Paul’s Hostel (bis 1952).

Die Ressourcen schwanden und die Jagd erforderte immer längere Abwesenheiten. Zugleich verbrauchten Dampfboote und Brennöfen die Wälder um Dawson, so dass Isaac versuchte, ein Waldgebiet unter Schutz zu stellen, aus dem sein Stamm seinen Bedarf decken konnte. Ende der 20er Jahre war jedoch das Reservat zugunsten von Holzfällern verkleinert worden.

Als Missionar arbeitete bis 1926 Benjamin Totty, den Bompas angeworben hatte, in Moosehide. Die Kirche initiierte den Moosehide Men’s Club und die Senior Women’s Auxiliary. 1932 entstand die vermutlich einzige indigene Anglican Young People’s Organization in Kanada. Weitergehende Befugnisse erhielt der von der Polizei eingesetzte Constable. Um 1911 stellte die Mounted Police einen der Stammesangehörigen als Constable ein. 1912 wurde ein Constable vereidigt, dessen Aufgabe darin bestand, die Bewohner von Moosehide wegen einer Masernepidemie davon abzuhalten, Dawson zu besuchen. Die Special Constables sollten für Ruhe sorgen.

1921 wählten die Leute von Moosehide einen ersten Rat. Den Vorsitz des siebenköpfigen Gremiums übernahm Esau Harper, Chief Isaac wurde nur vice-chairman, also zweiter Vorsitzender. Seine Aufgabe sah der Rat darin, das Dorf sauber zu halten, sich um Kranke und Alte zu kümmern, die Schulpflicht durchzusetzen, Männer und Frauen zu überwachen und gegen Alkoholmissbrauch vorzugehen.

Alle Indianer sollten abends Dawson verlassen, Männer durften nur in Begleitung eines Kameraden in der Stadt übernachten. Weiße durften nur noch in Geschäften nach Moosehide kommen.[9] Insgesamt betrachtete der Indianeragent Hawskley den Rat von Moosehide als bloßes Experiment.[10]

Isaac führte den Stamm bis zu seinem Tod am 9. April 1932 und wurde ein Ehrenmitglied des Yukon Order of Pioneers. Sein Leichnam wurde auf einem Wagen von zwei Pferden über das Eis nach Moosehide gezogen; an der Beerdigung nahmen alle Indianer der Umgebung teil und viele Bewohner Dawsons, bei denen er vielfach in hohem Ansehen stand.

Im Januar 1936 wurde Chief Charlie Isaac abgesetzt und durch Chief John Jonas ersetzt. James oder Jimmie Wood, ein Absolvent der Choutla Scholl in Carcross, übernahm das Häuptlingsamt um 1940. Nach zehn Jahren der Krankheit starb der Häuptling 1956 an Tuberkulose. Ihm folgte abermals Chief Jonas, doch war er bereits 78 Jahre alt. Er war der letzte der so genannten Mooshide Chiefs.

Die Tr’ondek Hwech’in, die sowohl an der Phase der Konkurrenz zwischen Tlingit und Hudson’s Bay Company im Pelzhandel, als auch an der kurzlebigen Phase des von Amerikanern dominierten Freihandels partizipiert hatten, konnten zunächst als Träger, Schlittenhundeführer, Jäger, Fischer oder Packer Geld verdienen. Nun brach der Goldrausch mitten in ihrem Gebiet herein. Dabei fanden sie saisonale Arbeit an verschiedenen Orten, was ihrer bisherigen Lebensweise sehr entgegenkam. Die Dampfer boten einfache Arbeiten, aber auch die Holzproduktion, Frauen arbeiteten in Wäschereien oder als Köchinnen in den Camps. Meist zogen die Männer während des Sommers, ähnlich wie früher zur Jagd, an die neuen Einkunftsstätten und nahmen danach ihre zyklischen Wanderungen und ihren winterlichen Lebensstil wieder auf, so dass eine gemischte Ökonomie auf der Grundlage der alten Ökonomie entstand.

Die Tr’ondek standen nach 1905 weitgehend abseits der regionalen ökonomischen Entwicklung. Diese wurde von großen Rohstoffunternehmen dominiert. Um Dawson bot auch nach wie vor die Jagd Einkommensmöglichkeiten. 1904 brauchte die Stadt etwa 2.300 Karibus und 600 Elche bei 9.000 Einwohnern.[11]

Die Pelzindustrie erlebte im Yukon, im Gegensatz zu Kanada insgesamt, eine gewisse Wiederbelebung. Bestanden 1921 27 Handelsposten von 18 verschiedenen Unternehmen oder Personen, so waren es 1930, auf dem Höhepunkt, 46 Posten von 30 Unternehmern.[12] Dabei schwankte der Markt zwischen 23.000 (1933) und über 600.000 Dollar (1944-46) als Jahresertrag extrem stark.[13] Die Weltwirtschaftskrise traf die Tr’ondek dadurch, dass die wenigen Arbeitsplätze auf den Schaufelraddampfern nun durch Weiße besetzt wurden. Zudem trieb die massenhafte Arbeitslosigkeit viele von ihnen in die Jagd, so dass sie den Indianern noch mehr Konkurrenz machten. In den Vierzigerjahren gingen die Wildbestände so stark zurück, dass die Jagd um Dawson verboten wurde. Darüber hinaus schlossen die letzten Goldminen, viele Weiße verließen das Territorium. Nur noch rund 2.700 Nicht-Indianer lebten im Yukon.

Viele Tr’ondek meldeten sich zur Armee, andere gingen in den südlichen Yukon, um ab 1942 beim Bau des Alaska Highway mitzuarbeiten. Mehr als 30.000 Arbeiter, meist aus den USA, waren dort beschäftigt. Zu Recht fürchteten viele Han, sich mit den aus dem Süden eingeschleppten Krankheiten anzustecken, Epidemien, die nach wie vor ganze Orte auslöschten, wie etwa Champagne am Alaska Highway, das heute fast eine Geisterstadt ist.

1947 und 1948 brach der Pelzmarkt in den USA und damit bei den westlichen Han zusammen, das gleiche galt für die kanadischen Märkte. Dies machte die Indianer wiederum von der Wohlfahrt abhängig, die ab etwa 1955 die Indianer des Yukon erreichte.

1957 schloss die Schule in Moosehide, was auch die letzten Bewohner veranlasste, nach Dawson zu gehen. Die Regierung unterstützte den Hausbau, schuf aber durch die nahe beieinander stehenden Häuser ein eigenes indianisches Quartier in der Stadt.

Insgesamt erreichte die anglikanische Kirche zusammen mit der Polizeitruppe und einem erheblichen Teil der Bevölkerung eine Phase relativ stabiler Segregation ab etwa 1905, die bis 1942 andauerte. So wehrte man sich in Dawson 1925 heftig gegen eine Schule für Kinder aus gemischten Beziehungen. Dabei verfügte man über kein legales Mittel, um Indianer aus den Städten fernzuhalten. Dennoch mussten sie Dawson im Sommer ab 19 Uhr, im Winter ab 17 Uhr verlassen.[14] Ab 1929 mussten Indianer Dawson um 20 Uhr verlassen, 1933 brauchten sie zum Aufenthalt in der Stadt eine Sondererlaubnis.

Ende der 40er Jahre zogen viele Moosehider nach Dawson, doch überredete der zuständige Indianeragent sie zurückzukehren, da er Ausbrüche von Tuberkulose fürchtete. Die völlige Vernachlässigung medizinischer Versorgung, die Segregation und die Armut hatten in der Tat dazu geführt, dass die Tuberkulose sich ausbreitete. Schon 1907 war es zudem bei einer Diphtheriewelle zu 7 Toten in Moosehide gekommen. In Dawson weigerten sich weiße Mütter, den Raum mit Indianerinnen zu teilen.

Bei der umfassenden Segregation und Vernachlässigung stagnierte die Zahl der Indianer im Yukon bei hohem Krankheitsstand und hoher Kindersterblichkeit von 1911 bis 1951 bei rund 1.300 bis 1.600. 1901 hatte ihre Zahl noch bei 3.322 gelegen, 1961 waren es erst wieder 2.207, 1971 2.580.[8]

Zugleich wurde ihre Lebensgrundlage durch Überjagung der Karibuherden verstärkt bedroht. So umfasste die Forty Mile Herd 1920 rund 568.000 Tiere, doch bereits 1953 existierten nur noch 50.000 Tiere. Bis 1973 schrumpfte die Herde durch weitere Überjagung auf 6.500 Exemplare zusammen. [15]

Rückkehr nach Dawson, Landfrage, Verträge (seit 1960)

Die Community Hall in Dawson

Erst 1960 erhielten die Indianer Kanadas das Wahlrecht, 1961 nahmen die Yukoner Indianer erstmals an einer Wahl im Territorium teil. In den 70er Jahren entwickelten die wenigen noch lebenden Han-Sprecher zusammen mit Linguisten eine eigene Schrift, was dem Sprachunterricht förderlich war. Zudem wurden Erinnerungsbräuche wie das Moosehide Gathering, das alle zwei Jahre stattfindet, initiiert.

Im Dezember 1973 wurde Premierminister Pierre Trudeau das Manifest der Landforderungen Together today, for our children tomorrow überreicht. 1975 forderten die Tr’ondek Tr’ochëk als integralen Bestandteil ihrer Landforderungen. Im Juli 1995 beschloss der Stamm, seinen Namen von Dawson First Nation offiziell in Tr’ondëk Hwëch’in First Nation zu ändern. 1997 kaufte die Regierung Kanadas alle Claims im Bereich von Tr’ochëk. Am 16. Juli 1998 kam es zum Vertragsabschluss. Der Stamm erhielt 2598,52 km² Siedlungsland, dazu 1553,99 km² Land der Kategorie A, wo ausschließliche Jagdrechte, aber auch Anspruch auf die Landoberfläche und die darunter liegende Schicht besteht, dazu 1044,52 km² Land der Kategorie B, wo die Tr’ondek nur Anspruch auf die Bodenoberfläche (also nicht auf Bodenschätze), dazu gemeinsames Jagdrecht mit anderen besitzen. Im gesamten traditionellen Gebiet behalten Stammesangehörige Jagdrecht. Bei Entwicklungsprojekten, z. B. der Gewinnung von Bodenschätzen, wird der Stamm beteiligt. Zudem sollte für alle Zeit der Tombstone Territorial Park unter Schutz stehen. So entstand ein Schutzgebiet von 2.100 km². Des Weiteren wurden drei historische Stätten (Historic Sites) eingerichtet: Forty Mile, Fort Cudahy und Fort Constantine. Es sollten alle Maßnahmen getroffen werden, die Karibuherden wieder herzustellen. 2002 wurde Tr'ochëk als National Historic Site of Canada ausgewiesen. Auch die Han in Alaska können dem Vertrag beitreten.

Durch Rückgabe von Kulturgütern wird die Kultur der Han auch für Touristen zunehmend sichtbar. Neben dem Kulturzentrum versucht man, auch die anderen Orte einzubeziehen.

Am 22. August 1998 gab sich der Stamm eine Verfassung.[16] Die meisten staatlichen Aufgaben liegen seitdem in ihrer Hand.

Revitalisierung und Repräsentation der Kultur

Moosehide Gathering

Alle zwei Jahre findet das Moosehide Gathering statt, das ein halbes Jahrhundert der Umsiedlung in Erinnerung behalten will. Solche Versammlungen wurden seit langem abgehalten, um die weit verstreuten Gruppen zusammen zu bringen. Dort wurden politische Streitigkeiten geschlichtet, geheiratet, man traf sich mit Angehörigen anderer First Nations, etwa um zu handeln, rituelle Feste, wie das Potlatch wurden begangen. Mit der Missionierung traten neben die Lachswanderungen auch Ostern und Weihnachten als Termine in den Vordergrund. Nach Mooshide kamen dann Leute aus Forty Mile und Eagle, aus Tetlin, aber auch Gwich'in vom Peel und Blackstone River, Nördliche Tutchone und Tanana. Dabei hatten vor allem die Häuptlinge, wie Isaac, Gegenbesuche zu machen, wie bei der Ernennung eines Nachfolgers für einen verstorbenen Häuptling. Im Gegensatz zu British Columbia, wo ab 1885 der Potlatch verboten war, kam es in Yukon zu keinen Verhaftungen, jedoch durch Anwesenheit der Polizei zur Überwachung, durch die Missionare zur Umwandlung in einfache Feierlichkeiten. Erst in den 70er Jahren kam es zu einer Wiederbelebung der traditionellen Potlatchfeiern. So kam es 1993 zu einem ersten Moosehide Gathering, es folgte ein zweites 1994. Seitdem findet die Feier alle zwei Jahre statt. Hunderte von Besuchern aus Alaska, Yukon und den Nordwest-Territorien besuchen die viertägige Feier. 1998 wurde entsprechend die Annahme des Landnutzungsvertrags gefeiert, dabei wurden Geschenke verteilt, die die Erinnerung wach halten und die Zeugen verpflichten. Zugleich erhalten die jüngeren Stammesmitglieder Gelegenheit, die Reichweite ihrer Kultur kennenzulernen, indem sie sie ausüben.

Rückkehr von Kulturgütern und -wissen aus Eagle

Die Lieder, die Chief Isaac an die in Eagle in Alaska lebenden Verwandten übergeben hatte, sind inzwischen wieder in den Besitz des Stammes zurückgekehrt. Damit wird wieder das Erlernen der Sprache gefördert.

Dänojà Zho Cultural Centre

Das Dänojà Zho Cultural Centre (Vor-langer-Zeit-Haus) der Tr’ondek Hwech’in am Yukon

Zudem konnte im Monat der Vertragsunterzeichnung, also im Juli 1998, das Dänojà Zho Cultural Centre (auch Long time ago house) eröffnet werden. Es entstand durch Mittel, die der Stamm anlässlich der 100-Jahr-Feier des Klondike-Goldrauschs erhielt.[17] 1999 erhielt das Zentrum die Lieutenant Governor of British Columbia’s Medal in Architecture für seine Architektur. Das Haus ist das einzige, das in Dawson, das als nationale historische Stätte eigentlich keine neueren Bauten als die der Goldgräberzeit gestattet, moderne Architektur mit Elementen der viel älteren Kultur der Tr’ondek Hwech’in verbindet.

Black City

Das Jagdgebiet der Blackstone Uplands teilten sich die Tr’ondek mit zwei Gwich'in-Stämmen, den Tukudh-Gwich’in vom oberen Porcupine River und den Teetl’it-Gwich’in vom oberen Peel River. Die Uplands waren durch den Seela-Pass mit dem Yukon und über den Chandindu mit dem Twelvemile River verbunden. Black City, gelegentlich auch Blackstone Village genannt, war eine der dortigen Siedlungen mit rund 40 bis 50 Einwohnern am Westufer des East Blackstone River, unweit des Dempster Highway. Die Siedlung lag nahe an einem Wanderpfad zweier Karibuherden, die in den Uplands überwinterten.[18] Andere Orte waren Calico Town, Ts’ok giitlin und Cache Creek.

Viele Gwich’in, die Dawson zwei mal pro Jahr über einen Pfad durch das Chandindu Valley auf Hundeschlitten oder Traghunden mit Fleisch versorgten, blieben in Moosehide, manche auch in der Umgebung von Dawson. In Moosehide fanden um Weihnachten entsprechende Empfangsfeierlichkeiten statt, und Familien wurden gegründet, wie die Martins, Henrys und Semples, die in Moosehide blieben.

Manche brachten auch unbekannte Krankheiten, wie die Grippe mit, und eine unbekannte Zahl von ihnen wurde vom Diakon Richard Martin beigesetzt.

Das Ende des 19. Jahrhunderts entstandene Black City war um 1927 jedoch wieder verlassen, seine Bewohner waren nach Moosehide, Old Crow oder Fort McPherson gegangen. Um 1938 erfolgte wohl der letzte Jagd- und Handelszug der Gwich’in durch das Gebiet. Sie kamen vom Hungry Lake, Doll Creek oder den Burning Mountains.

Heute ist das Gebiet von Black City im Rahmen des Tombstone-Parks geschützt, archäologische Projekte dienen der Erforschung, aber auch der stärkeren Anbindung der Jüngeren an die Region. 1989 begannen Grabungen in Black City und im Umland. Das Management der Stätte liegt ausschließlich bei den Tr’ondek Hwech’in, Jagd und Fischfang werden bis heute praktiziert.

Literatur

  • Chief Isaac, Trondek Heritage (PDF, 588 kB)
  • Chris Clarke und K'änächá Group, Sharon Moore (Hg.): Tr'ëhuhch’in näwtr'udäh'¸a = finding our way home. Dawson City, Yukon: Tr'ondëk Hwëch’in Publ., ca. 2009, ISBN 978-0-9688868-3-0.
  • Ken S. Coates: Best Left as Indians. Native-White Relations in the Yukon Territory, 1840-1973, Montreal, Kingston: McGill-Queen’s University Press 1991, Paperback 1993.
  • Helene Dobrowolsky: Hammerstones: A History of the Tr’ondek Hwech’in. Tr’ondek Hwech’in Han Nation 2003.
  • Innovative Buildings. Homes for the Tr'ondëk Hwëch'in Hän. FlexHousingTM in Dawson City
  • Craig Mishler, William E. Simeone: Han, People of the River: Hän Hwëch'in: An Ethnography and Ethnohistory. University of Alaska Press 2004, ISBN 1-889963-41-0.
  • Cornelius Osgood: The Han Indians: A Compilation of Ethnographic & Historical Data on the Alaska-Yukon Boundary Area. Yale University Publications in Anthropology 1971.

Siehe auch

Weblinks

Anmerkungen

  1. Tr'ondëk Hwëch'in. Registered Population
  2. Julie Cruikshank: Life Lived Like a Story: Life Stories of Three Yukon Native Elders, University of Nebraska Press 1990, S. 8.
  3. Dies und das Folgende nach Early Traders and Steamboats
  4. Zitiert nach Coates, S. 78.
  5. Coates, S. 76.
  6. Dies und das Folgende nach Tr’ondëk Hwëch’in Interpretive Manual, Abschnitt Chief Isaac
  7. So berichtete eine Tochter Isaacs (Mishler/Simeone S. 22).
  8. a b Coates, Table 7, S. 74
  9. Coates, S. 177, Mishler/Simeone, S. 23.
  10. Coates, S. 304 Anm. 105.
  11. Coates, S. 50.
  12. Coates, S. 56f.
  13. Coates, S. 58, Table 4.
  14. Coastes, S. 94.
  15. Feds to shut Fortymile hunt, in: Anchorage Daily News, 20. August 2009
  16. Der Verfassungstext findet sich hier.
  17. Allen+Maurer Architects Ltd..
  18. Zur Porcupine-Herde s. Porcupine Caribou Management Board

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