- Walter Drobnitzky
-
Walter Drobnitzky (* 1900 in Liegnitz; † 1986 in Münster) war evangelisch-lutherischer Pfarrer in Oberschlesien und Westfalen. Als führendes Mitglied und zeitweise Vorsitzender der Hochkirchlichen Vereinigung förderte er in Wort und Schrift die „katholische“ Erneuerung des Protestantismus und war ein Vorreiter der Ökumenischen Bewegung. Er gehörte zu den geschätztesten Mitarbeitern Friedrich Heilers.
Inhaltsverzeichnis
Biografie
Nach Theologiestudium und Vikarsjahren wurde Drobnitzky Pfarrer der evangelischen Gemeinde in Lipiny im seit 1922 polnischen Teil Oberschlesiens. Am Zweiten Weltkrieg nahm er als Soldat teil. 1944 wurde er in Lettland verwundet und kam ins Lazarett nach Herford. Seine Frau hatte in ihrem Elternhaus in Spenge in Westfalen Zuflucht gefunden. Nach seiner Gesundung wurde die Familie dort wieder vereint. Ende 1945 beauftragte ihn die Leitung der Evangelischen Kirche von Westfalen mit der Seelsorge im Internierungslager Staumühle, wo die britische Militärregierung bis 1948 Führungspersonen des NS-Regimes und andere Kriegsgefangene interniert hatte. Nach der Auflösung des Lagers bekam er die dritte Pfarrstelle der Apostelkirchengemeinde in der Innenstadt von Münster, die er bis zu seiner Emeritierung innehatte. Ab 1956 war er außerdem Standortpfarrer für die evangelischen Bundeswehrangehörigen in Münster, bis 1960 für diese Aufgabe eine eigene Pfarrstelle geschaffen wurde.
Wirken
Drobnitzky gehörte zu der Theologengeneration, die 1918 das Ende des Landesherrlichen Kirchenregiments miterlebt hatte und nach einer neuen Form und Verfassung der evangelischen Kirchen suchte.
Mit der Hochkirchlichen Vereinigung, der er bald nach ihrer Gründung 1918 beigetreten war, gab Drobnitzky auf die Verfassungsfrage eine sakramentale Antwort. Die Kirche sei nicht zuerst Gesinnungs- oder gar Volksgemeinschaft, sondern gründe in der Stiftung Jesu Christi, die in der Universalität und Kontinuität des Bischofsamts und in den Sakramenten konkret werde. Diese Sicht von Kirche verband er mit dem Anliegen der spirituellen Intensivierung des persönlichen und gemeindlichen Lebens und der Wiedergewinnung „katholischer“, d.h. gesamtchristlicher Formen in Messe und Stundengebet.
Verschärft stellte sich die Frage nach Wesen und Verfassung der Kirche seit 1933 mit den NS-Gleichschaltungsversuchen in der Person des Reichsbischofs Ludwig Müller und der Deutschen Christen. Während Friedrich Heiler diese Entwicklung von Anfang an kompromisslos ablehnte, befürwortete Drobnitzky zunächst ein diplomatisches und aktiv mitgestaltendes Vorgehen. Noch im Jahr 1933 gab Heiler die Leitung der Hochkirchlichen Vereinigung einvernehmlich an Drobnitzky ab. Dieser strebte ein Treffen mit dem neuen Reichsbischof an, das jedoch nicht zustande kam. Daraufhin formulierte er in einem offenen Brief die Voraussetzungen, unter denen die Hochkichliche Vereinigung die neue Kirchenleitung anerkennen könne. Die wichtigste war, daß der Herr Reichsbischof sich klar und deutlich trenne von der Reichsleitung der 'Deutschen Christen', insbesondere von deren Reichsleiter, der in erster Linie die Verantwortung für das zerstörende Treiben germanischen Heidentums in der Kirche trägt.[1] Der Brief blieb unbeantwortet.
Waren Heilers und Drobnitzkys Ziele bisher vorrangig die einer innerevangelischen Erneuerung, so brachten die folgenden Jahre einen intensiven Austausch mit römisch-katholischen Theologen, der damals völliges Neuland war. Am ökumenischen Hermsdorfer Gespräch über die Gnadenlehre und die Ekklesiologie (Pfingsten 1934), einer historischen Novität, die u.a. vom Berliner Bischof Nikolaus Bares unterstützt wurde, konnte Drobnitzky nur vorbereitend mitwirken. Es verlief so fruchtbar, dass er und Heiler im Anschluss den Plan einer korporativen Anlehnung der Hochkirchlichen Vereinigung an Rom entwickelten und eine Denkschrift dazu durch Bischof Bares an die Kurie leiteten. Bares starb jedoch kurz darauf, und von Rom aus drang lediglich die Nachricht in die Weltpresse, Heiler wolle zur katholischen Kirche zurückkehren.[2]
Nach dem Krieg und seiner Zeit als Lagerpfarrer in Staumühle setzte Drobnitzky in Münster seine geistliche und ökumenische Arbeit fort. Die britische Besatzung brachte eine intensive Begegnung mit dem Anglikanismus. Nach der Zeit der Selbstisolation Deutschlands wurden weltweite Kontakte möglich. Zu einem ökumenischen Zentrum in Münster wurde die St.-Johannes-Kapelle, in der Drobnitzky am Ersten Advent 1948 den ersten Gottesdienst nach fast anderthalb Jahrhunderten leitete.
Ergebnis jahrzehntelanger Arbeit und Erprobung war das Evangelisch-katholische Stundengebet, das Drobnitzky zusammen mit einem Förderkreis im Anschluss an Vorarbeiten von Heiler und Albrecht Volkmann 1982 in endgültiger Form herausgeben konnte.
Einzelnachweise
Literatur
- Hans Hartog: Evangelische Katholizität. Weg und Vision Friedrich Heilers, Mainz 1995, ISBN 3-7867-1836-9, S. 34, 56, 58, 61-64, 67, 73, 155ff, 160ff, 165ff, 190
- Walter Drobnitzky/Ruth Puffert: Aus der „Jugendzeit“ der Ökumene, in: Presbyterium der Apostel-Kirchengemeinde (Hg.): 700 Jahre Apostelkirche Münster, Münster 1984, S. 275-279
Weblinks
Wikimedia Foundation.