Eisenerzgrube Kiruna

Eisenerzgrube Kiruna
Eisenerzgrube Kiruna
Der Erzberg Kiirunavaara mit Lüftungsschacht der Grube und Verwaltungsgebäude im Vordergrund.
Der Erzberg Kiirunavaara mit Lüftungsschacht der Grube und Verwaltungsgebäude im Vordergrund.
Abbau von Eisenerz
Abbautechnik Untertagebau
Flözname Kiirunavaara
Rohstoffgehalt 60 %
Größte Tiefe -625m NNdep1
Betreibende Gesellschaft LKAB
Beschäftigte 1.800
Betriebsbeginn 1900
Geografische Lage
Koordinaten 67° 51′ 1″ N, 20° 11′ 34″ O67.85028120.192699Koordinaten: 67° 51′ 1″ N, 20° 11′ 34″ O
Eisenerzgrube Kiruna (Norrbotten)
Eisenerzgrube Kiruna
Lage Eisenerzgrube Kiruna
Standort Kiruna
Gemeinde Kiruna
Bundesland Norrbottens län
Staat Schweden
Revier Kiruna Revier

p0p2

Die Eisenerzgrube Kiruna liegt südwestlich der gleichnamigen Stadt Kiruna in Schweden. Sie ist das wichtigste Bergwerk der LKAB (Luossavaara-Kiirunavaara Aktiebolag) und gilt als weltgrößter Eisenerz-Untertagebau [1] [2]. Die Grube gewinnt im Teilsohlenbruchbau aus dem Erzberg Kiirunavaara hochwertigen, phosphorhaltigen Magnetit.

Blick auf Kiruna von der alten Mine auf dem Luossavaara zur neuen Mine auf dem Kiirunavaara
Blick auf Kiruna von der alten Mine auf dem Luossavaara zur neuen Mine auf dem Kiirunavaara

Inhaltsverzeichnis

Geografie und Geologie

Geografische Lage

Die Eisenerz-Lagerstätte liegt nördlich des Polarkreises in der Provinz Norrbottens län. Der wichtigste Erzberg Kiirunavaara gehört zum Bergbaurevier Kiruna, das neben dem 1985 stillgelegten kleineren Erzberg Luossavaara auch die Lagerstätten Rektorn, Per Geijer Flöz, Henry Flöz, Haukivaara, Nukutusvaara und Tuolluvaara umfasst.[3]

Jährlich werden 26 Millionen Tonnen Roherz aus der Grube gefördert, mit dem Ausbau soll ab 2012 die Produktion auf 33 Millionen Tonnen steigen. Aus dem Roherz werden 19 Millionen Tonnen Fertigprodukte hergestellt, wobei der größte Teil als Pellet versandt wird. Für den Transport zu den Häfen Narvik und Luleå wird die schwedische Erzbahn benutzt.

Geologie

Das Kiruna-Flöz stellt durch seinen hohen Magnetit-Gehalt die zweitstärkste magnetische Anomalie der Erde dar. Das an der Erdoberfläche gemessene Maximum von 70.000 nT [4] ist etwa gleichstark wie das magnetische Normalfeld. Sogar in 400 km Höhe konnten vom ESA-Satelliten Swarm noch 10 nT festgestellt werden [5]. Das Flöz ist ungefähr vier Kilometer lang und durchschnittlich achtzig Meter mächtig.[6] Die Mächtigkeit nimmt in die Tiefe und gegen Norden auf 150 bis 180 Meter zu.[7] Es fällt um 50 bis 60 Grad und streicht in nordöstliche Richtung. Die Tiefe der Lagerstätte ist unbekannt, sie reicht aber sicher bis zwei Kilometer.[8]

Die Lagerstätte bildete sich ungefähr vor 1,6 Mrd. Jahren nach intensivem Vulkanismus durch die Ausfällung von eisenreichen Lösungen auf einem Syenit-Porphyr-Grundstock. Das Flöz wurde durch weitere vulkanischen Ablagerungen aus Rhyolith und Sedimenten überlagert, bevor es in die heutige Lage gekippt wurde. Die Lagerstätte besteht beinahe ausschließlich aus Magnetit und Apatit. Das Gestein enthält bis zu 60 % Eisen und durchschnittlich 0,9 % Phosphor.[1] Der Phosphoranteil stammt von dem stellenweise eingeschlossenen Apatit. Die Anzahl der Einschlüsse steigt gegen das Muttergestein und gegen Süden.

Ursprünglich bevorratete das Flöz ungefähr 1,8 Milliarden Tonnen Erz, wovon ungefähr eine Milliarde Tonnen bereits abgebaut wurden. Der Betreiber LKAB schätzte 2009, dass über der neu erschlossenen Hauptfördersohle 1365 m noch 602 Millionen Tonnen sichere Vorräte liegen, weitere 82 Millionen Tonnen gelten als wahrscheinliche Vorräte. Der Eisengehalt dieser Vorräte liegt über 45 %.[9] Unterhalb den neuen Sohle dürften sich noch 328 Millionen Tonnen Erz befinden.[1] Der Eisengehalt nimmt mit der Tiefe eher ab, dafür sinkt auch der Anteil an Phosphor.

Bergschäden

Obwohl im Bereich des Bergwerks an der Oberfläche Pingen sichtbar sind, wurde die Stadt Kiruna lange Zeit vom Bergbau kaum beeinträchtigt. Einzig das südlich des Sees Luossajärvi gelegene Quartier Ön wurde bereits in den 1960er und 1970er Jahren aufgegeben und als Betriebsgelände eingezäunt.[10] Mit der geplanten Erweiterung des Bergbaus in Richtung Norden wurde im Juni 2010 beschlossen, die Stadt fünf Kilometer nach Osten zu verlegen.[11] Bereits im Juni 2007 musste der südliche Teil des Sees Luossajärvi trocken gelegt werden. Der Abbau darunter begann etwa sechs Monate später.[12] Bis 2012 soll die Eisenbahnlinie neu verlegt sein, die westlich am Kiirunavaara vorbei führen wird.[13] Bis 2013 werden auch die Bundesstraße und die historischen Gebäude Bolagshotellet und Hjalmar Lundbohmsgården von Bergschäden betroffen sein.[14]

Geschichte

Der Kiirunavaara wurde 1696 erstmals schriftlich erwähnt, doch lohnte sich ein Erzabbau trotz des reichen Vorkommens lange Zeit nicht. Der Fundort war zu weit abgelegen in einer unwirtlichen Umgebung und das phosphorhaltige Erz konnte mit den damals zur Verfügung stehenden Technologien nicht verarbeitet werden. Das Erzvorkommen wurde erst mit der Erfindung des Thomas-Verfahren in den 1870er Jahren interessant, denn damit konnten auch phosphorhaltige Erze verarbeitet werden. Nachdem die schwedischen Erzbahn fertig gestellt war, begann im Jahre 1900 der Abbau im industriellen Stil.

Abbautechnik

Die Gewinnung erfolgte bis 1957 ausschließlich im Tagebau, danach wurde schrittweise der Untertagebau eingeführt bis der Abbau über Tag 1962 gänzlich eingestellt wurde.[15] Untertags wurde teilweise Firstenstoßbau[16] und Pfeilerbau[17], später ausschließlich Teilsohlenbruchbau angewendet.

Das Erz wird in acht verschiedenen Abbaubereichen gewonnen. Die Strecken liegen im Abstand von 28,5 Meter übereinander und 25 Meter nebeneinander. Die jeweils nach Mitternacht ausgelöste Sprengung löst ungefähr 8500 Tonnen Haufwerk, das mit Fahrladern zu Rollengruppen gebracht und in diese grob klassiert abgestürzt wird. Auf der Hauptsohle wird das Material von Grubenbahnen übernommen und zu Brechern gebracht. Das auf ca. 10 cm Korngröße zerkleinerte Roherz wird von den unter dem Brecher liegenden Rollen in Skips gestürzt und an den Tag gefördert.[1]

Die Grube ist über fünf Wendelstrecken erschlossen und wird mit zehn Lüftungsschächten bewettert.[18]

Schachtförderanlage

Das Haufwerk wird über mehrere von ABB gelieferte Skipförderanlagen an den Tag gebracht. Die Förderung geschieht über zwei Stufen, wobei das Haufwerk auf der Sohle 775 m umgeladen wird.

Das Maschinenhaus der unteren Stufe liegt auf 740 m und beherbergt die Anlagen für vier Skipförderer, welche das Haufwerk von der Sohle 1045 m fördern. Eine fünfte Anlage wird ab 2012 das Roherz von der neuen Sohle 1365 m fördern. Die obere Stufe umfasst sieben Skipfördereranlagen, deren Maschinen in dem 1954 errichtete Schachtturm auf dem Kiirunavaara untergebracht sind.[7] Die Förderkörbe erreichen Geschwindigkeiten bis 17 Meter pro Sekunde.[19]

Aufbereitungsanlagen

Das Roherz der Grube wird von einer Sieberei, zwei Konzentratoren und zwei Pelletieranlagen verarbeitet. Die am 17. Juni 2008 in Betrieb genommene Rost-Drehofen-Pelletanlage KK4 ist die weltgrößte ihrer Art. Sie kann bis zu 6 Millionen Tonnen Pellets pro Jahr produzieren. Die fertigen Produkte der Grube sind Feinsinter und Pellets.

Ein Teil des Roherzes wird mit Zügen nach Svappavaara verbracht und dort zu Pellets verarbeitet.[1]

Hauptsohlen

Die Sohlen der Erzgrube Kiruna sind nach der Höhe in Bezug auf die heutige Spitze des Kiirunavaaras benannt. Die Bergspitze trägt die Bezeichnung 0 m, der Schachtkopf der Aufzugsanlage befindet auf dem Niveau 142 m, der Eingang zur Grube auf dem Niveau 230 m. Der Kiirunavaara war ursprünglich höher, doch die ehemalige Bergspitze bestand aus Eisenerz und wurde deshalb bereits 1910 abgebaut. Mit den Jahren wird der Abstand zwischen den Hauptsohlen immer größer.[7][20]

345 m

Die erste Hauptsohle wurde auf dem Grund des alten Tagebaus im liegenden Gestein angelegt, so dass eine Grubenbahn das vorgebrochene Haufwerk zum neu angelegten Skipförderer bringen konnte. Weiter wurde in dieser Hauptsohle auch die erste unter Tage liegende Kantine und Werkstatt angelegt. Die Sohle beherbergte bis 1999 auch das Besucherbergwerk.[17] Auf dieser Sohle verkehrte auch von 1953 bis 1961 eine normalspurige Straßenbahn für das Personal, welche 'Kiruna Under Jord' (KUJ, dt.: Kiruna-U-Bahn) genannt wurde.

540 m

In den 60er Jahren wurde die zweite Hauptsohle eingerichtet und alle Produktionseinrichtungen von der 345 m Sohle hierher gebracht. Seit dem Umzug der Betriebseinrichtungen in die tiefere Hauptsohle werden einige leere Stollen für die Zucht von Shiitake genutzt. Auf der Sohle 540 m befindet sich auch das heutige Besucherbergwerk LKAB InfoMine.[17]

775 m

1979 wurde die nächste neue Hauptsohle eingerichtet. Erstmals werden fahrerlose Grubenbahnen und Fahrlader eingesetzt. Die Grubenarbeiter sitzen Seite an Seite in einer Leitwarte und führen ihre Fahrzeuge mit Hilfe von Joystick und Videomonitoren. Ein Arbeiter kann dabei bis zu drei Fahrlader gleichzeitig bedienen, weil diese die Strecke zwischen den Querschlägen und den Sturzschächten automatisch befahren und das Material selbsttätig in diese abstürzen – einzig die Aufnahme des Haufwerk erfolgt handgesteuert.[17]

1045 m

Seit 1999 ist die Hauptfördersohle 1045 m in Betrieb, welche bis 2018 genutzt werden soll. Auf der dreihundert Meter unter dem Meeresspiegel liegenden Sohle verkehren sieben Grubenbahnzüge, welche von der Leitwarte auf der 775 m Sohle gesteuert werden und jeweils 500 Tonnen Haufwerk zu den vier Brecheranlagen befördern.[1]

1365 m

Am 28. Oktober 2008 beschloss LKAB den Bau einer weiteren Hauptsohle für 1,7 Milliarden Dollar. Diese Sohle soll 2012 in Betrieb gehen und nicht nur die Grube erweitern, sondern auch deren Jahresproduktion erhöhen. Dazu werden die beiden Hauptsohlen 1045 m und 1365 m etwa sieben bis acht Jahre parallel in Betrieb sein. Die Förderung von der neuen Sohle soll ungefähr bis 2030 in Betrieb bleiben.

Auf der Sohle werden 1600 Tonnen-Grubenbahnzüge auf Normalspurgleisen eingesetzt. Sie werden von elektrischen Lokomotiven gezogen, welche aus einer Fahrleitung mit Strom versorgt werden. Die vierachsigen 106 Tonnen schweren Lokomotiven werden von Schalker Eisenhütte gebaut.[21][1]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Kiruna Iron Ore Mine, Sweden auf mining-technology.com (Englisch) abgerufen am 5. Dezember 2010.
  2. Der noch größere Abbau der Kursker Magnet-Anomalie in Südrussland erfolgt im Tagebau
  3. Ines Kurmies, Technische Universität Bergakademie Freiberg: The magnetite-apatite ore of the Kiruna district, Northern Sweden
  4. Magnetik, Vorlesung TU Freiberg
  5. Die Missionsziele des ESA-Satelliten SWARM, abgerufen am 25. September 2011
  6. Mineralienatlas Lexikon - Mineralienportät / Magnetit, abgerufen am 5. Dezember 2010
  7. a b c LKAB Kiruna’s new haulage level - ABB mine hoist upgrade for production increase Projektbeschreibung von ABB Schweden (Englisch)
  8. C. Quinteiro, M. Quinteiro, O. Hedstrom: Underground Iron Ore Mining at LKAB, Sweden
    in W. A. Hustrulid: Underground mining methods: engineering fundamentals and nternational case studies, Society for Mining Metallurgy & Exploration, 2001, ISBN 978-0-87335-193-5
  9. LKAB: Annual Report and Sustainability Report 2009
  10. Gemeinde Kiruna: City in Tranformation, abgerufen am 11. Dezember 2010
  11. krone.at, 21. Juni 2010: Schwedische Stadt wandert um 5 km nach Osten
  12. LKAB, 29. Juni 2007:Dewatering of the southern part of Lake Luossajärvi, Kiruna, Pressemitteilung (Englisch)
  13. Gemeinde Kiruna:Kiruna ny jaärnveg, abgerufen 11. Dezember 2010
  14. Gemeinde Kiruna:Kiruna - a city in tranformation, abgerufen am 11. Dezember 2010
  15. LKAB: About LKAB/History 1920-1969 abgerufen am 7. Dezember 2010
  16. SME Mining Engineering Handbook: Hard-rock mining: Method advantages and disadvantages
  17. a b c d Kjell Törmä: Kiruna 100-årsboken 2000, ISBN 91-630-9371-5
  18. L. Mukka, C. Blomgren: Extension of the main ventilation system at LKABs Kiruna Mine for the new main haulage level 1365 m, 12th U.S./North American Mine Ventilation Symposium 2008, Wallace, ISBN 978-0-615-20009-5 (Englisch)
  19. J. Olsson, M. Hedqvist:Malmens Väg - Fordonen i gruvan (Schwedisch)
  20. LKAB:About LKAB/History 1696-1919 abgerufen am 7. Dezember 2010
  21. 7. April 2010: Lokomotiven von Schalke demnächst auch in Schweden, Mitteilung der Schalker Eisenhütte abgerufen am 6. Dezember 2010

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