Reichshofkanzlei

Reichshofkanzlei

Die Reichshofkanzlei war seit 1559 die ständige Kanzlei des Heiligen Römischen Reiches. Sie ging auf ältere Vorgänger zurück. Nominell stand ihr der Erzbischof von Mainz als Reichserzkanzler vor. Faktischer Leiter war der Reichsvizekanzler.

Reichkanzleitrakt der Wiener Hofburg als Sitz der Reichshofkanzlei

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Seit dem Mittelalter gab es eine Reichskanzlei. Ihre Bezeichnung war unterschiedlich. Teilweise wurde sie als königliche Hofkanzlei, seit dem Spätmittelalter auch als römische Kanzlei bezeichnet. Sie war die Einrichtung, die insbesondere für die Ausfertigung der königlichen Urkunden zuständig war. Anfangs war sie Teil der Hofkapelle und unterstand dem Erzkaplan. Dies war seit 965 der Erzbischof von Mainz. Seit dem 11. Jahrhundert lautete der Titel Erzkanzler. Dieser blieb auch nomineller Leiter der Kanzlei, als diese im 12. Jahrhundert von der Hofkapelle getrennt wurde. Vertreter des Mainzer Erzbischofs und eigentlicher Leiter war ein zunächst vom König ernannter Kanzler. Auch wenn der Erzbischof von Köln weiterhin Erzkanzler für Italien und der Erzbischof von Trier Erzkanzler für Burgund blieb, lagen die faktischen Dienstgeschäfte auch in der Hand des Kanzlers.

Der Einfluss der Behörde schwankte im Lauf der Jahrhunderte teilweise stark. Seit dem 13. Jahrhundert gewann der Erzbischof von Mainz zu Lasten des Königs stärkeren Einfluss auf die Kanzlei. Diese Entwicklung wurde durch die Goldene Bulle vorübergehend gestoppt. In der Zeit Maximilians I. wurde 1498 als Gegengewicht zu der vom Mainzer Erzbischof beherrschten Reichskanzlei eine Hofkanzlei geschaffen. Ursprünglich gedacht auch für Reichsangelegenheiten, wurde die Zuständigkeit bald auf Angelegenheiten der österreichischen Erblande und Burgund beschränkt. Während des ersten Reichsregiments zwischen 1500 und 1502 war die Reichskanzlei die Kanzlei des Regiments. Nach dem Scheitern des Reichsregiments wurden die Kompetenzen wieder beschnitten. Sie verlor zeitweise die Führung des Reichssiegels, und die Hofkanzlei beanspruchte wieder die Zuständigkeit für Reichsangelegenheiten. De facto war der Hofkanzler auch Reichskanzler.

Nominell wurde auch die Leitung der Hofkanzlei 1516 und 1519 dem Mainzer Erzbischof übertragen. Seit König Sigismund war dessen Vertreter am königlichen Hof der Reichsvizekanzler.

Reichshofkanzlei

Zur Zeit Ferdinands I. hat die Hofkanzlei zunächst weiterhin auch Reichssachen behandelt. Im Jahr 1559 wurden Hof- und Reichskanzlei vereinigt. Neben der Ausstellung von Urkunden und der Bewältigung des Schriftverkehrs bewahrte die Kanzlei das kaiserliche Siegel auf und war für das Reichsarchiv zuständig. Die noch im ersten Jahr erlassene Kanzleiordnung sah die Trennung von Angelegenheiten des Reiches und der Erbländer vor. Wirklich umgesetzt wurde diese Bestimmung indes nie.

Der Reichsvizekanzler gehörte nach 1669 auch der geheimen Konferenz an. Er spielte damit eine eigenständige politische Rolle bei den Geschäften des Reiches. Die tatsächliche Besetzung dieses Amtes war zwischen König und Erzbischof bis zum Ende des Reiches oft umstritten. Anfangs konnte der Erzbischof den Vizekanzler noch benennen, später zeitweise nur noch vorschlagen. Seit 1660 hat der Kaiser das Recht des Erzbischofs, den Reichsvizekanzler und das übrige Personal zu bestimmen, respektiert.

Die Kosten wurden aus Steuern bestritten, die von der Kanzlei selbst erhoben wurden. Angesiedelt war sie stets am Hof des Königs und Kaisers. In der Regel war ihr Sitz daher in Wien. Unter Rudolf II. war sie meist in Prag und zur Zeit Karls VII. aus dem Haus Wittelsbach in dessen Nähe angesiedelt.

Im Jahr 1620 wurde für die österreichischen Angelegenheiten und Fragen des Hauses Habsburg die österreichische Kanzlei ausgegliedert. In der Folgezeit verlor die Reichshofkanzlei in Konkurrenz mit der neuen Behörde zunehmend an Einfluss. Spätestens seit Joseph II. spielte sie etwa in Fragen der Außenpolitik keine Rolle mehr.

Reichserzkanzler

siehe: Liste der Bischöfe von Mainz

Reichsvizekanzler

Literatur

  • Gerhard Taddey: Reichshofkanzlei. In: Gerhard Taddey (Hrsg.): Lexikon der deutschen Geschichte. Personen, Ereignisse, Institutionen. Von der Zeitwende bis zum Ausgang des 2. Weltkrieges. 2. überarbeitete Auflage. Kröner, Stuttgart 1983, ISBN 3-520-80002-0, S. 1023.
  • Anton Schindling, Walter Ziegler (Historiker) (Hrsg.): Die Kaiser der Neuzeit 1519–1918. Heiliges Römisches Reich, Österreich, Deutschland. Beck, München 1990, ISBN 3-406-34395-3, S. 446.
  • Reinhold Zippelius: Kleine deutsche Verfassungsgeschichte. Vom frühen Mittelalter bis zur Gegenwart. 6. neu bearbeitete Auflage. Beck, München, 2002, ISBN 3-406-47638-4, (Beck'sche Reihe 1041), S. 43.
  • Peter Claus Hartmann: Das Heilige Römische Reich deutscher Nation in der Neuzeit 1486–1806. Reclam, Stuttgart 2005, ISBN 3-15-017045-1, (Universal-Bibliothek 17045), S. 70.

Weblinks


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