- Fano-Axiom
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Das Fano-Axiom ist in der synthetischen Geometrie ein Inzidenzaxiom sowohl für affine Ebenen als auch für projektive Ebenen. Es ist nach dem italienischen Mathematiker Gino Fano benannt. In affinen oder projektiven Ebenen über einem Schiefkörper oder Körper K gilt das Fano-Axiom genau dann, wenn die Charakteristik von K nicht 2 ist. Die ebenfalls nach Fano benannte Fano-Ebene, das Minimalmodell einer projektiven Ebene, erfüllt das Fano-Axiom nicht.
Inhaltsverzeichnis
Affines Fano-Axiom
Eine affine Ebene A erfüllt das Fano-Axiom, wenn dort gilt:
- Bei jedem nichtentarteten Parallelogramm schneiden sich die Diagonalen. Oder gleichwertig:
- In keinem nichtentarteten Parallelogramm sind die Diagonalen parallel.
Ausführlich und formaler lautet das Axiom so: Sind P1,P2,P3,P4 Punkte der affinen Ebene A, von denen keine drei auf einer Geraden liegen, dann gilt: Aus und folgt .
Für eine affine Translationsebene sind die folgenden Aussagen beide äquivalent zum Fano-Axiom:
- Keine Translation hat die Ordnung 2, das heißt für jede Translation τ folgt aus , dass ist.
- Der Schiefkörper der spurtreuen Endomorphismen der Translationsgruppe hat eine von 2 verschiedene Charakteristik.
Für eine affine Ebene folgt die erste dieser Aussagen aus dem Fano-Axiom.
Projektives Fano-Axiom
Die projektive Form des Fano-Axioms kann auf zwei Arten formuliert werden, die zueinander dual sind. Dazu werden die Begriffe vollständiges Viereck bzw. vollständiges Vierseit benötigt, die ebenfalls zueinander dual sind.
Vollständiges Viereck
Ein vollständiges Viereck in einer projektiven Ebene besteht aus 4 Punkten (den Ecken des Vierecks) in allgemeiner Lage, das heißt keine drei davon liegen auf einer gemeinsamen Gerade. Die 6 Verbindungsgeraden der Ecken heißen die Seiten des Vierecks, je zwei Seiten, die nicht durch eine gemeinsame Ecke gehen, heißen Gegenseiten des Vierecks.
Ein vollständiges Viereck heißt Anti-Fano-Viereck, wenn die Schnittpunkte der Gegenseiten auf einer Geraden liegen, sonst heißt es Fano-Viereck.[1]
→ Ein vollständiges Viereck, aufgefasst als geordnete Menge von vier Punkten, bildet eine projektive Punktbasis.
Das projektive Axiom
Das projektive Fano-Axiom lautet:
- Die Schnittpunkte der Gegenseiten (Diagonalpunkte) in einem beliebigen vollständigen Viereck sind nicht kollinear.[2]
Das Fano-Axiom fordert also, dass jedes vollständige Viereck der projektiven Ebene ein Fano-Viereck ist. Dann nennt man die projektive Ebene eine Fano-Ebene. Ist dagegen jedes vollständige Viereck ein Anti-Fano-Viereck, dann wird die projektive Ebene gelegentlich als Anti-Fano-Ebene bezeichnet.
Bemerkungen
Zum projektiven Fano-Axiom ist zu beachten:
- Es gibt projektive Ebenen, die weder Fano- noch Anti-Fano-Ebenen sind.
- Jede desarguesche projektive Ebene ist entweder eine Fano- oder eine Anti-Fano-Ebene. Sie ist eine Anti-Fano-Ebene, wenn die Charakteristik ihres Koordinatenschiefkörpers 2 ist, und eine Fano-Ebene bei jeder anderen Charakteristik.
- Allgemeiner ist sogar jede Moufangebene entweder eine Fano- oder eine Anti-Fano-Ebene. Dort lautet das Kriterium: Ist S der Kern des Koordinatenalternativkörpers A der Ebene, dann ist diese Ebene eine Anti-Fano-Ebene, wenn die Charakteristik dieses Schiefkörpers ist, und eine Fano-Ebene bei jeder anderen Charakteristik von S.
- Die Fano-Ebene ist im axiomatischen Sinn eine Anti-Fano-Ebene!
Folgende Beziehungen zum affinen Fano-Axiom bestehen:
- Durch Ausschneiden einer projektiven Gerade („Schlitzen“) bzw. projektive Erweiterung entsteht aus einer projektiven desargueschen Fano-Ebene stets eine affine desarguesche Ebene, die das affine Fano-Axiom erfüllt, und umgekehrt.
- Durch Schlitzen einer Moufangebene, in der das projektive Fano-Axiom gilt, entsteht stets eine affine Translationebene, in der das affine Fano-Axiom gilt.
- Falls die projektive Erweiterung einer affinen Translationsebene, die das Fano-Axiom erfüllt, eine Moufangebene ist, dann erfüllt auch diese Moufangebene das Fano-Axiom.
- Durch Schlitzen einer projektiven Fano-Ebene entsteht stets eine affine Ebene, die dem affinen Fano-Axiom genügt.
Vollständiges Vierseit
Ein vollständiges Vierseit in einer projektiven Ebene besteht aus 4 Geraden (den Seiten des Vierseits) in allgemeiner Lage, das heißt keine drei davon gehen durch einen gemeinsamen Punkt. Die 6 Schnittpunkte der Seiten heißen die Ecken des Vierseits, je zwei Ecken, die nicht auf einer Seite liegen, heißen Gegenecken des Vierseits.
Die duale Form des projektiven Fano-Axioms lautet:
- Die Verbindungsgeraden der Gegenecken (Diagonalen) in einem beliebigen vollständigen Vierseit sind nicht kopunktal. [3]
Für eine Moufangebene und spezieller für eine desarguessche Ebene ist diese duale Form des projektiven Fano-Axioms äquivalent zum eigentlichen Axiom.
Literatur
- Wendelin Degen und Lothar Profke: Grundlagen der affinen und euklidischen Geometrie, Teubner, Stuttgart, 1976, ISBN 3-519-02751-8
- Lothar Wilhelm Julius Heffter: Grundlagen und analytischer Aufbau der projektiven, euklidischen und nichteuklidischen Geometrie., 3. wesentlich überarbeitete Auflage, Teubner, Stuttgart 1958
- Hermann Schaal: Lineare Algebra und analytische Geometrie, Band II, Vieweg 1980, ISBN 3-528-13057-1
Einzelnachweise
- ↑ Hauke Klein: Fano axiom (engl.)
- ↑ Weisstein, Eric W. "Fano's Axiom." From MathWorld--A Wolfram Web Resource (engl.)
- ↑ Hermann Schaal: Lineare Algebra und analytische Geometrie, Band II, S. 220
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