Alternativkörper

Alternativkörper

Der Begriff Alternativkörper ist eine Verallgemeinerung des algebraischen Körperbegriffs der Mathematik. Bei der Definition des Alternativkörpers verzichtet man auf das Kommutativgesetz und das Assoziativgesetz für die Multiplikation. Stattdessen wird gefordert, dass die Multiplikation die Eigenschaft der Alternativität hat.

Jeder Schiefkörper ist ein Alternativkörper, jeder Alternativkörper ist zugleich ein Links- und ein Rechtsquasikörper. Endliche Alternativkörper sind stets Körper.[1] (→ Siehe dazu auch: Moufangebene).

Eine wichtige Anwendung finden die Alternativkörper in der synthetischen Geometrie. Ruth Moufang bewies 1933, dass jede Moufangebene isomorph zu einer projektiven Koordinatenebene \mathbb P^2 (A) über einem Alternativkörper A ist.[2]

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Eine Menge M mit zwei Verknüpfungen + und \cdot ist ein Alternativkörper[3], wenn gilt:

(A_1) \quad a\cdot (a\cdot b)=(a\cdot a)\cdot b und
(A_2) \quad a\cdot (b\cdot b)= (a\cdot b)\cdot b,

Kern eines Alternativkörpers

Hauptartikel: Affine Translationsebene

Jeder Alternativkörper ist ein Links- und ein Rechtsquasikörper. Analog zu Quasikörpern kann man für jeden Alternativkörper A seinen Kern definieren:

S=\operatorname{Kern}(A)=\lbrace x\in A: \forall a,b\in A\quad x(ab)=(xa)b \rbrace.

Dieser Kern S ist durch die Definition eindeutig bestimmt und erfüllt mit den Verknüpfungen aus dem Alternativkörper die Axiome eines Schiefkörpers. Der Alternativkörper A ist genau dann ein Schiefkörper, wenn er mit seinem Kern übereinstimmt. Beachte, dass der Kern im allgemeinen kein (im Sinn der Inklusion) maximaler Schiefkörper im Alternativkörper sein muss.

Eigenschaften

Aus der Alternativität folgt weiterhin das Flexibilitätsgesetz

(F)\!\,\quad a \cdot (b \cdot a) = (a \cdot b) \cdot a

Die beiden Alternativitäten (A1) und (A2) und das Flexibilitätsgesetz (F) sind „zyklische“ Gesetze: Gelten zwei dieser Gesetze, dann folgt daraus das dritte.

In einem Alternativkörper gelten ferner die Moufang-Identitäten für die Multiplikation:

[a \cdot (b \cdot a)] \cdot c = a \cdot [b \cdot (a \cdot c)]

und

(a \cdot b) \cdot (c \cdot a) = a \cdot [(b \cdot c) \cdot a].

Ruth Moufang zeigte 1934, dass drei beliebige unterschiedliche Elemente a, b, c aus einem Alternativkörper A, die der Relation (a \cdot b) \cdot c = a \cdot (b \cdot c) genügen, einen Schiefkörper erzeugen. Dies ist eine Verschärfung eines Satzes von Artin. Der Satz von Artin besagt, dass zwei beliebige unterschiedliche Elemente einen Schiefkörper erzeugen. Die so erzeugten Schiefkörper sind genau dann Teilmengen des Kerns von A, wenn die erzeugenden Elemente in diesem Kern liegen.

Jeder Alternativkörper ist sowohl ein Links- als auch ein Rechtsmodul über jedem in seinem Kern enthaltenen Schiefkörper, also insbesondere über dem Kern selbst.

Beispiele

  • Das bekannteste Beispiel eines „echten“ Alternativkörpers, der also kein Schiefkörper ist, sind die (reellen) Oktonionen.
  • Jeder Körper und allgemeiner jeder Schiefkörper ist ein Beispiel für einen Alternativkörper.

Literatur

  • Ruth Moufang: Zur Struktur von Alternativkörpern. Mathematische Annalen, Band 110 (1935), Seiten 416-430.
  • Ruth Moufang: Alternativkörper und der Satz vom vollständigen Vierseit, Abh.Math. Sem. Hamburg 9 (1933)
  • Max August Zorn: Theorie der alternativen Ringe. Abh. Math. Sem. Hamburg 8 (1930), 123–147.

Einzelnachweise

  1. Zorn (1930)
  2. Moufang (1933)
  3. Alternative fields by Hauke Klein HTML (engl.)

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужен реферат?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Moufangebene — Moufangebenen sind projektive Ebenen, in denen der kleine projektive Satz von Desargues allgemeingültig ist. Sie sind nach der deutschen Mathematikerin Ruth Moufang benannt, die diese Ebenen in den 1930er Jahren untersuchte.[1] Sie konnte zeigen …   Deutsch Wikipedia

  • Schiefkörper — Ein Schiefkörper oder Divisionsring ist eine Menge mit zwei zweistelligen Verknüpfungen „+“ und „·“, die alle Eigenschaften eines Körpers besitzt, außer dass die Multiplikation nicht notwendigerweise kommutativ ist. Ein Schiefkörper ist somit ein …   Deutsch Wikipedia

  • Ternärkörper — Ein Ternärkörper ist eine algebraische Struktur, die in der synthetischen Geometrie als Koordinatenbereich einer beliebigen affinen Ebene dient. Als Menge besteht der Ternärkörper dabei aus den Punkten einer fest gewählten Geraden der Ebene,… …   Deutsch Wikipedia

  • Klassifikation projektiver Ebenen — Die übliche Klassifikation projektiver Ebenen erfolgt in der synthetischen Geometrie anhand der Operation der jeweiligen Gruppe ihrer Kollineationen. Die Lenz Barlotti Klassifikation klassifiziert die Ebenen durch Eigenschaften der Operation… …   Deutsch Wikipedia

  • Cayley-Zahl — Die Oktaven, auch Oktonionen oder Cayleyzahlen, sind eine Verallgemeinerung der Quaternionen und besitzen das Mengensymbol . Sie entstehen durch die Anwendung des Verdopplungsverfahrens aus den Quaternionen. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Cayleyzahl — Die Oktaven, auch Oktonionen oder Cayleyzahlen, sind eine Verallgemeinerung der Quaternionen und besitzen das Mengensymbol . Sie entstehen durch die Anwendung des Verdopplungsverfahrens aus den Quaternionen. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Flexibilitätsgesetz — Unter dem Flexibilitätsgesetz versteht man in der Mathematik die folgende Regel für eine Verknüpfung * Das Flexibilitätsgesetz wird automatisch von kommutativen oder assoziativen Verknüpfungen erfüllt. Es wird dann bedeutsam, wenn eine… …   Deutsch Wikipedia

  • Mathematische Struktur — Dieser Artikel gibt einen Überblick über die Hierarchie mathematischer Strukturen. Unter einer mathematischen Struktur wird hier eine Menge verstanden, die mit bestimmten Eigenschaften ausgestattet ist. Algebraische Strukturen sind mit einer oder …   Deutsch Wikipedia

  • Oktonion — Die Oktaven, auch Oktonionen oder Cayleyzahlen, sind eine Verallgemeinerung der Quaternionen und besitzen das Mengensymbol . Sie entstehen durch die Anwendung des Verdopplungsverfahrens aus den Quaternionen. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2… …   Deutsch Wikipedia

  • Oktonionen — Die Oktaven, auch Oktonionen oder Cayleyzahlen, sind eine Verallgemeinerung der Quaternionen und besitzen das Mengensymbol . Sie entstehen durch die Anwendung des Verdopplungsverfahrens aus den Quaternionen. Inhaltsverzeichnis 1 Geschichte 2… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”