- Franz Dorotheus Gerlach
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Franz Dorotheus Gerlach (* 18. Juli 1793 in Wolfsbehringen bei Gotha; † 31. Oktober 1876 in Basel) war ein schweizerischer klassischer Philologe und Althistoriker deutscher Herkunft. Der langjährige Professor an der Universität Basel (1819–1875) befasste sich mit den römischen Geschichtsschreibern und mit der frühen römischen Geschichte.
Leben
Gerlach besuchte das Gymnasium illustre in Gotha, wo ihn sein Lateinlehrer Friedrich Wilhelm Döhring an die Literatur und Sprache der Römer heranführte. So studierte Gerlach ab 1813 Theologie und Philologie, zunächst an der Universität Leipzig, dann in Göttingen. Hier schloss er sich eng an Arnold Hermann Ludwig Heeren an und wandte sich der Alten Geschichte zu. Nach dem Examen (1816) arbeitete er kurz als Kollaborator am Göttinger Gymnasium. Aber schon 1817 zog er in die Schweiz, wo er eine Stelle als Lehrer an der Kantonsschule Aarau erhalten hatte. Zwei Jahre später, 1819, wurde Gerlach auf die neu eingerichtete ordentliche Professur für lateinische Sprache und Literatur an der Universität Basel berufen. Gleichzeitig wurde er Lehrer am Basler Pädagogium. Zu diesen Ämtern kamen ab 1829 die Leitung der Universitätsbibliothek (als Oberbibliothekar) und die Wahl in den Erziehungsrat (1835). 1833 wurde er in Basel eingebürgert. Gerlach wirkte lange Jahre in Basel; zu seinen jüngesten Kollegen zählte Friedrich Nietzsche, der 1869 auf die Professur für griechische Sprache und Literatur berufen wurde. Erst 1875, im Alter von 82 Jahren, legte Gerlach seine Ämter nieder.
Seit seinem Umzug nach Basel trat Gerlach durch zahlreiche Schriften hervor. Er verfasste eine kritische Textausgabe des römischen Geschichtsschreibers Sallust in drei Bänden (1823–1831) und eine Ausgabe mit Übersetzung und Kommentar der Germania des Tacitus (1835–1837), in der als Mitherausgeber Wilhelm Wackernagel genannt wird; dieser hatte jedoch seine Mitarbeit zurückgezogen. Ähnlich bedeutend ist Gerlachs Leistung als Althistoriker. Seine bedeutendsten Werke sind die Historischen Studien in drei Bänden (1841–1863), Die Geschichtschreiber der Römer bis auf Orosius (1855), Vorgeschichte, Gründung und Entwicklung des römischen Staats in Umrissen (1863) und P. Cornelius Scipio und seine Zeit (1868). Sein großangelegtes Werk Die Geschichte der Römer, das er gemeinsam mit Johann Jakob Bachofen verfasste, blieb unvollendet; nur der erste Band, der den Zeitraum von der Frühgeschichte bis zur Königszeit behandelte, erschien 1851 in zwei Teilen. Die Römische Geschichte von Theodor Mommsen, die wenige Jahre später erschien (1854–1856), erübrigte eine Fortsetzung des Werkes.
Literatur
- Jacob Achilles Mähly: Gerlach, Franz Dorotheus. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 14 f.
- Andreas Staehelin: Professoren der Universität Basel aus fünf Jahrhunderten: Bildnisse und Würdigungen, Basel 1960, S. 120.
Weblinks
Wikisource: Franz Dorotheus Gerlach – Quellen und Volltexte- Literatur von und über Franz Dorotheus Gerlach im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gerlach, Franz Dorotheus im Historischen Lexikon der Schweiz
Erster Lehrstuhl: Emanuel Linder (1819–1843) | Wilhelm Vischer-Bilfinger (1832–1861) | Otto Ribbeck (1861–1862) | Adolph Kießling (1862–1869) | Friedrich Nietzsche (1869–1879) | Jacob Wackernagel (1879–1902) | Ferdinand Sommer (1902–1909) | Rudolf Herzog (1909–1914) | Werner Jaeger (1914–1915) | Peter von der Mühll (1917–1952) | Bernhard Wyss (1952–1976) | Joachim Latacz (1981–2002) | Anton Bierl (seit 2002)
Zweiter Lehrstuhl: Franz Dorotheus Gerlach (1819–1875) | Jacob Achilles Mähly (1875–1890) | Georg Ferdinand Dümmler (1890–1896) | Erich Bethe (1897–1903) | Alfred Körte (1903–1906) | Hermann Schöne (1906–1909) | Friedrich Münzer (1909–1912) | Ernst Lommatzsch (1912–1913) | Walter F. Otto (1913–1914) | Johannes Stroux (1914–1922) | Günther Jachmann (1922–1925) | Kurt Latte (1925–1931) | Harald Fuchs (1932–1970) | Josef Delz (1970–1987) | Fritz Graf (1987–1999) | Jerzy Styka (2000–2001) | Henriette Harich-Schwarzbauer (seit 2002)
Dritter Lehrstuhl: Franz Misteli (1879–1898) | Max Niedermann (1911–1925) | Jacob Wackernagel (1915–1936) | Albert Debrunner (1940–1949) | Karl Meuli (1942–1961) | Felix Heinimann (1966–1980)
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