Gerhard Elsner

Gerhard Elsner

Gerhard Elsner (* 30. Oktober 1930 in Senftenberg / Niederlausitz) ist ein deutscher Maler und Graphiker.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Gerhard Elsner wurde am 30. Oktober 1930 in Senftenberg geboren. Von 1952 bis 1954 studierte er Kunst und Geschichte an der Universität Freiburg, sowie Malerei an der Freiburger Staatlichen Akademie der Künste bei Rudolf Dischinger und Heinrich Wittmer, von 1954 bis 1956 war er Schüler von Wilhelm Schnarrenberger, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe. Nachdem er das Staatsexamen für das Lehramt in Kunst (Karlsruhe) und für Geschichte (Freiburg) abgelegt hatte, absolvierte er von 1957 bis 1960 sein Referendariat für Kunstgeschichte in Offenbach. Von 1960 bis 1970 war er als Kunstlehrer in Frankfurt am Main tätig, später wechselte er als Gymnasiallehrer für Kunst nach Überlingen an den Bodensee. 1992 beendete er seine pädagogische Tätigkeit, um sich ganz der Malerei zu widmen. 1997 zog Gerhard Elsner nach München um. Von 1972 bis 1997 war er Mitglied des Internationalen Bodenseeclubs, der mit zahlreichen Ausstellungen dazu beitrug, das Werk Elsners in die Öffentlichkeit zu tragen sowie Mitglied im Verband Bildender Künstler Baden-Württemberg, dessen Vorsitz er zeitweise innehatte.

Werk

„Die Entwicklung des Elsnerschen Werks vollzieht sich in Wellen und Schüben. Ein Aspekt der Wirklichkeit wird nach allen Seiten hin durchforscht, seine Möglichkeiten werden unermüdlich ausgelotet. Dann ist der Punkt erreicht, an dem der Abstoß zu etwas Neuem erfolgt. Ein solcher Schritt geschieht in Augenblicken des Stagnierens (…), einer inneren Ratlosigkeit, in der sich auf einmal etwas Neues anbietet, das leidenschaftlich ergriffen wird und die Stagnation zum Schwung neuer Produktion löst.“ [1]

Die in den fünfziger Jahren entstandenen frühen Werke zeigen mit den stillebenhaften Motiven und der gedämpften Farbigkeit noch den Einfluss des Karlsruher Lehrers Wilhelm Schnarrenberger. Anfang der sechziger Jahre tritt eines der künftig werkbestimmenden Motive auf: die Stadt. Die Bilder dieser Zeit sind flächig angelegt und betonen das struktive Element. Der kleinteilig-verschachtelte Aufbau zielt auf eine Ornamentalisierung des Stadtmotivs. In den siebziger Jahren wird das feste Gerüst durch einen impulsiveren Strich aufgebrochen, die Konturen durch eine monochrome Farbgebung verwischt. Elsner bevorzugt gebrochene Farben in Braun, Grau und Schwarz. Er nutzt den Kontrast zwischen den Nichtfarben Schwarz und Weiß und ihren Übergängen. Seit Mitte der 70er Jahre stellt Elsner die Stadt nicht mehr in der aufrisshaften Totalen dar, sondern einzelne Straßen, die von hohen Fassaden gesäumt werden und in denen der Blick des Betrachters durch Ecken und Winkel gehemmt wird. Die Straßen werden bevölkert von nur umrisshaft gestalteten, wie in einer Momentaufnahme erstarrten Figuren. Ihr Weg auf der einen Straße ohne Ausweichmöglichkeit scheint unveränderlich vorgezeichnet. Die Großstadt wird zur Chiffre für Vereinsamung und Entseelung des modernen Lebens.

Mit den Bildern der achtziger und neunziger Jahre nimmt Elsner weitere Symbole hinzu: Unterführungen, U-Bahn-Schächte oder Rolltreppen sind Chiffren für das Gefangensein des Menschen in einer mechanisierten, blind beschleunigten Welt. Unterschwellig thematisiert der Maler auch den Übertritt in eine von Schatten bevölkerte Unterwelt. Die Stadt gilt ihm als Metapher für das Eingeschlossensein des Menschen in seiner privaten und gesellschaftlichen Vorhölle und für seine Erlösungssehnsucht. Die seit Mitte der neunziger Jahre entstandenen Bilder zeichnet die Rückkehr zu stärkerer Farbigkeit aus. Häufig sind es Darstellungen von Figurenpaaren oder –gruppen. Elsner kommt hier durch Reduzierung und Betonung der Linearität häufig zu charakteristischen Gestaltungslösungen. Entscheidend für den Gesamteindruck ist auch die vom Maler mit großer Aufmerksamkeit behandelte Oberflächenstruktur: durch pastosen Auftrag bis hin zur Reliefwirkung wird sie zum ausdrucksbestimmenden Faktor. Die Rückkehr zur Flächigkeit, eine glatte Oberfläche und die Nutzung des Hell-Dunkel-Kontrasts sind charakteristisch für die späten Landschaftsbilder. Sie wurden entscheidend durch eine 2004 unternommene Reise nach Norwegen und auf die Lofoten angeregt. Als Techniker ist Elsner ein aufgeschlossener Experimentator. Neben den Gemälden in Öl entstanden zahlreiche Arbeiten in Mischtechnik, in denen der Künstler auch außermalerische Medien und Bildträger einbezieht. Zu Elsners Schaffen gehören auch Graphiken (vorwiegend Radierungen und Linolschnitte). In den sechziger Jahren entstanden mehrere Kreuzweg-Zyklen für Kirchen.

Werkeinordnung

Wegen seines unermüdlichen Interesses am Menschen ist Elsner als moderner Realist zu verstehen. Ihm geht es jedoch nicht um die naturgetreue Abbildung oder ein konkretes Einzelwesen, sondern um die Bedingung der menschlichen Existenz in der Moderne selbst. Malerei soll nach Elsners Ansicht „Probleme der Zeit wiedergeben und ausdrücken.“ [2] In den alltäglichen Situationen, die Passanten in Straßenschluchten, beleuchteten Schaufenstervitrinen oder durch U-Bahn-Geschosse hastende Menschen zeigen, wird ein symbolischer, sogar mythischer Untergrund sichtbar. Elsner schöpft seine Inspiration etwa aus den Carceri von Piranesi, aber auch aus literarischen Quellen wie mittelalterlichen Legenden [3] oder Hermann Kasacks Roman Die Stadt hinter dem Strom. Besonders in den Bildern der neunziger Jahre geht Elsner sehr weit in der Auflösung der dinglichen Formen, überschreitet jedoch niemals die Grenze zur reinen Abstraktion.

Einzelausstellungen (Auswahl)

Werke im Besitz folgender Museen und öffentlichen Einrichtungen

Literatur

  • Christoph Bauer (Hrsg.): Kunstförderung des Landes Baden-Württemberg, Katalog der Neu-Erwerbungen 1989-1992, Singen 1993
  • Dorothee Bauerle-Willert ((Hrg.): Kunstförderung des Landes Baden-Württemberg, Katalog der Neu-Erwerbungen 1983,1984 und 1985, Stuttgart 1986
  • Gerhard Elsner (Ill.) / Joe Rippier (Text): Against the Stream. Poems, Colin Smythe, Gerrards Cross 1999
  • Hans-Helmut Hofstaetter (Hrsg.): Kunstförderung des Landes Baden-Württemberg, Katalog der Neu-Erwerbungen 1978, Freiburg 1979
  • Jochen Ludwig (Hrsg.): Die Kunst der frühen Jahre. Freiburg 1945-1960, Freiburg i. Br. 1992
  • Jochen Ludwig: Tonspur. Zu den Bildern der Sammlung. Museum für Neue Kunst, Freiburg i. Br. 1998
  • Gert K. Nagel: Schwäbisches Künstlerlexikon. Vom Barock bis zur Gegenwart, München 1986

Einzelnachweise

  1. Manfred Zander: Einführender Vortrag zur Ausstellung „Gerhard Elsner. Malerei“ in der Städtischen Galerie „Fauler Pelz“ in Überlingen, vom 26. April 1980
  2. Zitiert nach: Gabriele Felix: Probleme der Zeit, in: Süddeutsche Zeitung, 22./23. März 2003, Nr. 68
  3. Gerhard Elsner: Die Darstellungen der Legende von den drei Lebenden und den drei Toten in Überlingen am Bodensee“, in: „das münster“ Heft 3, 43. Jahrgang, München/Zürich 1990

Weblinks


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