Günther Lutz

Günther Lutz

Günther Lutz (* 5. August 1910 in Kiel) war ein deutscher Nationalsozialist und Dozent für Philosophie an der Universität Greifswald.

Leben

Lutz war von früher Jugend an in der nationalsozialistischen Bewegung engagiert.[1] Noch als Schüler gründete er im September 1927 die erste pommersche Hitlerjugend (HJ) in Stettin und wurde am 1. November 1927 HJ-Gauleiter von Pommern/Grenzmark. Im Jahr 1929 wurde er Kulturreferent in der Reichsleitung der HJ und erhielt das Goldene HJ-Ehrenzeichen. Weiterhin gründete er 1930 den NS-Schülerbund in Stettin und 1931 das „Jungwerk“ (Deutsche Tatjugend), in dem er Gauführer war. Aufgrund der vielfältigen Aktivitäten musste Lutz zweimal eine Klasse in der Schule wiederholen. Er trat bereits am 1. April 1931 der NSDAP bei (Mitgliedsnummer 516 786). Ab Sommersemester 1931 gehörte er dem Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbund an. Dazu war er von April 1931 bis November 1931 in Stettin Mitglied der SA (Sturm 12) und wurde am 1. März 1933 Mitglied der SS (Nr. 107.464), wo er 1937 den Rang eines Untersturmführers erreichte.

Lutz studierte nach dem Abitur ab 1931 Germanistik, Philosophie und Theologie an den Universitäten Berlin, Greifswald und Rostock. Die Dissertation über das „Gemeinschaftserlebnis in der Kriegsliteratur“, mit der er in Greifswald bei Wolfgang Stemmler und Walther Schultze-Soelde promoviert wurde, hat er „Reinhard Heydrich zugeeignet“. Über die anschließend geplante Arbeit „Grundlegung einer nationalsozialistischen Gemeinschaftswissenschaft“, in der er als Forschungsprojekt der DFGOntologie, Wesen und Gestalt der ns. Gemeinschaft, und ihre Stellung innerhalb der philosophischen Disziplinen“ ausarbeiten wollte,[2] gab es keine Veröffentlichungen. Beim Erbbiologischen Institut des Reichsgesundheitsamtes war Lutz im Herbst 1937 an „Untersuchungen über psychophysische Konstitution, Beruf und Lebensleistung hervorragender Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts“ beteiligt.[2] Nach einer Tätigkeit Ende 1937 als Referent im SD-Hauptamt erhielt Lutz ohne Habilitation am 1. April 1938 einen Lehrauftrag als Dozent für Philosophie an der Universität Greifswald. Vor August 1940 übernahm er das Referat „Wissenschaftliches Schrifttum“ im Propagandaministerium. Ab 1. Oktober 1942 wurde er Obergruppenleiter der Hauptstelle „Wissenschaftliches Schrifttum“ im Amt „Wissenschaftsbeobachtung und -wertung“ des Amtes Rosenberg.

Ab 1940 war er an der Schriftleitung der über weite Strecken auch inhaltlich gleich gestalteten Zeitschriften „Deutscher Wissenschaftlicher Dienst“ und „Europäischer Wissenschafts-Dienst“ beteiligt. An diesen Zeitschriften waren ab 1940 Walther Wüst vom Ahnenerbe der SS, ab 1942 Wilhelm Ziegler vom Propagandaministerium, Rudolf Mentzel von der DFG, Paul Ritterbusch für das Reichserziehungsministerium, Gustav Adolf Scheel als Reichsstudentenführer, Ludwig Siebert für die Deutsche Akademie und Theodor Vahlen als Leiter der Reichsakademie der Wissenschaften sowie ab 1944 Walter Groß aus dem Amt Rosenberg beteiligt. Ein weiteres Projekt war die Wiederbelebung der Kant-Studien, die 1937 zum letzten Male erschienen waren, und deren neue Herausgeber als „Kant-Studien Neue Folge“ im Jahr 1942 neben Lutz die regimetreuen Philosophen August Faust, Hans Heyse und Ferdinand Weinhandl wurden.

Die einzige größere Arbeit war 1941 ein Beitrag zu dem von Theodor Haering im Rahmen der Aktion Ritterbusch herausgegebenen Sammelband „Das Deutsche in der Deutschen Philosophie“ über Nietzsche.

Von 1942 bis 1945 war Lutz auf Vorschlag Richard Oehlers Mitglied im Vorstand der Nietzsche-Gesellschaft.

Nach Kriegsende wurde Lutzens Schrift Die Front-Gemeinschaft (Hans Adler, Greifswald 1936) in der Sowjetischen Besatzungszone auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt.[3]

Schriften

  • Das Gemeinschaftserlebnis in der Kriegsliteratur. (Phil. Diss.), Hans Adler, Greifswald 1936
  • Wissenschaft als völkische Notwendigkeit. Kriegseinsatz, Aufgabe und Zukunft der deutschen Wissenschaft. In: Deutscher Wissenschaftlicher Dienst. 1/10, 1940, S. 1–2
  • Die Stunde der Wissenschaft. In: Europäischer Wissenschafts-Dienst. 1/16, 1941, S. 1–2
  • Mussolini über Nietzsche. Zum 97. Geburtstag Nietzsches am 15. Oktober. In: Deutscher Wissenschaftlicher Dienst. 61, 1941, S. 1–2
  • Nietzsche. In: Theodor Haering (Hrsg.): Das Deutsche in der deutschen Philosophie. Kohlhammer, Stuttgart/Berlin 1941 [2. Aufl. 1943], S. 449–487.
  • [Rez.:] Thyssen: Der philosophische Relativismus […]. In: Kant-Studien. N.F. 43, S. 305–309.

Einzelnachweise

  1. Zu den biographischen Angaben siehe: George Leaman, Gerd Simon: Die Kant-Studien im Dritten Reich. In: Kant-Studien. Band 85, 1994, S. 443–469, pdf-Seite 28–29, sowie Christian Tilitzkis: Die Universitätsphilosophie in der Weimarer Republik und im Dritten Reich. Akademie, Berlin 2002, insbesondere S. 895–897.
  2. a b Lothar Mertens: „Nur politisch Würdige“. Die DFG-Forschungsförderung im Dritten Reich 1933–1937. Akademie, Berlin 2004, S. 347.
  3. http://www.polunbi.de/bibliothek/1946-nslit-l.html

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Поможем сделать НИР

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Lutz (Name) — Lutz ist ein männlicher Vorname (Kurzform von Ludwig bzw. Lucius) und ein Familienname. Bekannte Namensträger – Vorname Lutz Hachmeister (* 1959), deutscher Hochschullehrer für Journalistik, Sachbuchautor und Filmproduzent Lutz Helmig (* 1946),… …   Deutsch Wikipedia

  • Lutz Mohaupt — (* 7. August 1942 in Grünberg/Schlesien) ist ein lutherischer Theologe und war bis 2005 langjähriger Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg. 2005 wurde er Pressesprecher des Hamburger Senats und sitzt seit Frühjahr 2008 als Abgeordneter für die CDU …   Deutsch Wikipedia

  • Günther Nenning — (* 23. Dezember 1921 in Wien; † 14. Mai 2006 in Waidring, Tirol) war ein österreichischer Journalist, Autor, politischer Aktivist und Religionswissenschafter. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Journalismus …   Deutsch Wikipedia

  • Lutz Heilmann — Lutz Eberhard Heilmann (né le 7 septembre 1966 à Zittau, Allemagne) est un homme politique allemand, membre du parti Die Linke. Heilmann était le premier ancien employé officiel de la Stasi (MfS dans le jargon de l époque) à siéger au… …   Wikipédia en Français

  • Lutz Eberhard Heilmann — (* 7. September 1966 in Zittau) ist ein deutscher Politiker der Partei Die Linke. Heilmann ist der bislang einzige Abgeordnete des Deutschen Bundestags von dem bekannt wurde, dass er hauptamtlicher Mitarbeiter des Ministeriums für… …   Deutsch Wikipedia

  • Günther Schumacher — (* 27. Juni 1949 in Rostock) ist ein ehemaliger Radrennfahrer aus der Bundesrepublik Deutschland, der zweimal Olympiasieger wurde. Der Bahnradsportler gewann bei den Olympischen Spielen 1972 mit dem Bahnvierer in der Besetzung Jürgen Colombo,… …   Deutsch Wikipedia

  • Lutz Heilmann — Lutz Eberhard Heilmann (* 7. September 1966 in Zittau) ist ein deutscher Politiker der Partei Die Linke. Heilmann ist der bislang einzige Abgeordnete des Deutschen Bundestags, von dem bekannt wurde, dass er hauptamtlicher Mitarbeiter des… …   Deutsch Wikipedia

  • Gunther von Hagens — in Cologne, 2000 Born 10 January 1945 (1945 01 10) (age 66) Skalmierzyce, Kalisch, Poland …   Wikipedia

  • Lutz Heilmann — Lutz Eberhard Heilmann (Zittau, 7 de septiembre de 1966) es un político alemán del partido Die Linke. Heilmann es el primer ex trabajador del Ministerium für Staatssicherheit (MfS; «Ministerio para la Seguridad del Estado»), más conocido por… …   Wikipedia Español

  • Günther Schilling — (* 16. August 1930 in Leipzig) ist ein deutscher Agrikulturchemiker auf dem Gebiet der Physiologie und Ernährung der Kulturpflanzen. Er hat maßgeblich dazu beigetragen, die Pflanzenernährungslehre auf eine biochemisch physiologische Grundlage zu… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”