Heilung unerwünscht

Heilung unerwünscht
Filmdaten
Deutscher Titel Heilung unerwünscht – Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern
Produktionsland Deutschland
Originalsprache Deutsch
Erscheinungsjahr 2009
Länge 44 Minuten
Stab
Regie Klaus Martens
Drehbuch Klaus Martens
Produktion Mathias Werth
Musik Detlef Kleinert
Kamera Christa Fuchs
Schnitt Roswitha Patommel
Besetzung
  • Peter Altmeyer
  • Axel Gottschick
  • Thomas Hein
  • Ronald Januchowski
  • Karsten Klingelhöller
  • Wolfgang Knirsch
  • Thomas Schettler
  • Markus Stücker
  • Rüdiger Weiss
  • Torsten Zuberbier

Heilung unerwünscht – Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern ist ein Dokumentarfilm des Journalisten und Filmemachers Klaus Martens. Die Erstausstrahlung des 44-minütigen Films erfolgte am 19. Oktober 2009 im Ersten.[1] Der Film wurde am 23. und 24. Oktober 2009 bei Phoenix und am 4. und 5. November 2009 in EinsExtra in einer 60-Minuten-Version gesendet. Eine für den 30. November 2009 angekündigte Wiederholung des Films im WDR-Fernsehen wurde abgesetzt.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Die Dokumentation von Klaus Martens schildert den Fall des Erfinders Karsten Klingelhöller, der vor 20 Jahren Vitamin B12 mit Avocadoöl mischte. Das Mittel soll gegen Neurodermitis wirksam sein. Die im Film auftretenden Ärzte, welche die Salbe in kleineren klinischen Studien untersuchten, äußerten sich nach anfänglicher Skepsis positiv beeindruckt von der Wirksamkeit und bezeichneten sie als nebenwirkungsfrei. Ermutigt von den positiven Studienergebnissen versuchte Karsten Klingelhöller zahlreiche Pharmaunternehmen zur Vermarktung des Produkts, für das der Name „Regividerm“ bereits vorgesehen war, zu bewegen. Alle Hersteller sagten jedoch ab oder wollten keine Garantie geben, dass die Salbe im Handel erscheinen werde. Der Drehbuchautor leitete, gestützt von Aussagen des Erfinders, aus dieser Handlung den Vorwurf ab, Unternehmen der Pharmaindustrie hätten sich jahrelang aus strategischen Gründen geweigert, die Salbe zur Behandlung des atopischen Ekzems (Neurodermitis) und der Psoriasis (Schuppenflechte) zu produzieren und zu vermarkten, obwohl sie keine Zweifel an der Wirksamkeit gehabt hätten. Der Verkauf eigener Produkte dieser Hersteller, die meist deutlich stärkere Nebenwirkungen haben, sollte nicht durch die Salbe bedroht werden.

Diese Thesen vertrat Klaus Martens auch in einer Folge der Diskussionssendung Hart aber fair, und sie ist auch Thema des gleichnamigen Buchs zum Film, das am 5. November 2009 erschien und sofort in die Top 10 der Spiegel-Bestsellerliste einstieg.

Reaktionen

Die Sendung erfuhr zunächst ein positives Echo bei Betroffenen. Die Psoriasis-Selbsthilfe-Arbeitsgemeinschaft bezeichnete den Film als aufklärend und bedankte sich bei dem Autor und dem WDR, dass sie den Mut gehabt hätten, die Dokumentation zu senden.[2] Wenig später meldeten sich vermehrt kritische Stimmen aus Fachkreisen, der Presse und Patientenorganisationen. Kritiker, wie die FAZ, die Süddeutsche Zeitung, Ökotest, der Stern und der Deutsche Psoriasis Bund, vermuten eine gezielte PR-Kampagne seitens Klaus Martens für die Salbe und das Buch zum Film. Zwei Tage nach der Ausstrahlung des Films wurde bekannt, dass die Schweizer Firma Mavena Health Care AG die Creme auf den Markt bringen wolle, woraufhin Martens suggeriert hätte, dieser Schritt sei eine Reaktion auf seinen Film. Tatsächlich sei diese Entscheidung bereits Wochen vor der Ausstrahlung getroffen worden, so dass nur vier Wochen nach Ausstrahlung das Produkt auf den Markt kommen konnte, zeitgleich mit der Veröffentlichung des Buchs zum Film.[3][4][5][6] Laut dem Deutschen Neurodermitis Bund habe sich die ARD journalistisch ins Abseits gestellt.[7] Zudem wurde der Film auch inhaltlich kritisiert. Die durchgeführten Studien seien zu klein und methodisch unzureichend gewesen, um, wie im Film behauptet, die Wirksamkeit bei Neurodermitis und Psoriasis zweifelsfrei zu belegen. In späteren Statements relativierten die im Film auftretenden Ärzte diesbezüglich ihre Aussagen. Der vom WDR zur Begutachtung der klinischen Studien herangezogene klinische Pharmakologe Peter Schönhöfer warnte den Sender bereits während der Produktion über die unzureichende Aussagekraft der Studien[8] Auch die Bezeichnung der Salbe als Medikament sei irreführend, da sie als Medizinprodukt in den Handel kommen sollte. Zudem kann der Vorwurf, die pharmazeutischen Hersteller seien nicht an der Vermarktung der Salbe interessiert gewesen, um eigene Produkte zu schützen, nicht auf alle ablehnenden Hersteller übertragen werden.[3][9]

Am 27. Oktober 2009 wurde der Film vorübergehend mit der Begründung: „Leider darf das Video "Heilung unerwünscht" aus rechtlichen Gründen nicht mehr in der Das Erste Mediathek gezeigt werden.“ aus der ARD-Mediathek entfernt.

Einer von Wolfgang Stock eingereichten Programmbeschwerde gegen den Beitrag hat der WDR-Programmausschuss stattgegeben. Stock argumentierte, „das Feature verletze die Grundsätze der journalistischen Fairness dahin gehend, dass in dem Beitrag die schwierige medizinische Situation sehr vereinfacht und einseitig dargestellt worden sei.“ [10][11] Am 14. Mai 2010 hat sich der WDR mit sofortiger Wirkung von Klaus Martens getrennt und arbeitsrechtliche Schritte gegen ihn eingeleitet. Der WDR teilte mit, dass Martens gegen Programmgrundsätze verstoßen und falsche Angaben gegenüber dem WDR gemacht habe im Zusammenhang mit seinem Feature Heilung unerwünscht und seiner nachfolgenden Buchveröffentlichung.[12] Das Arbeitsgericht Köln hat am 20. Januar 2011 in erster Instanz diese Kündigung für unwirksam erklärt, da die Gründe für die Entlassung bei einer Gesamtschau angesichts des langjährigen Arbeitsverhältnisses nicht ausreichend seien.[13]

Literatur

  • Klaus Martens: Heilung unerwünscht. Die dramatische Geschichte eines Medikaments. Dumont Literatur und Kunst Verlag; Auflage: 1. (5. November 2009), ISBN 978-3-8321-9531-1.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rückschau: Heilung unerwünscht - Wie Pharmakonzerne ein Medikament verhindern, WDR vom 19. Oktober 2009
  2. Selbsthilfe-Vereinigung verteidigt ARD-Film "Heilung unerwünscht"
  3. a b Köppelle, Winfried (2009): Schleichwerbung für Quacksalbe und Wunderbuch. Laborjournal, November 2009, 68-70. Volltext-Version
  4. Süddeutsche Zeitung: Das große Jucken
  5. Frankfurter Allgemeine: Schuppenflechte-Therapie - Rosarot ist die Hoffnung
  6. Öko-Test: Neurodermitis-Creme - Falsche Heilsversprechen
  7. Wirbel um Regividerm. Stellungnahme des Deutschen Neurodermitis-Bundes e.V. Hamburg, 22. Oktober 2009
  8. http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/medien_wirtschaft/salbe102.html
  9. WDR.de - Reaktionen auf "Heilung unerwünscht"
  10. Ann-Christin Sievers: Beim WDR geht es rund - Die seltsame Geschichte einer Programmbeschwerde, Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 21. Mai 2010, Feuilleton S. 37.
  11. WDR-Rundfunkrat: Pressemitteilung vom 20.05.2010 - WDR-Rundfunkrat entscheidet über Programmbeschwerden gegen „Heilung unerwünscht“ und „Hart aber fair“. 20. Mai 2010, archiviert vom Original am 21. Mai 2010, abgerufen am 21. Mai 2010: „Das Gremium kam dabei mit großer Mehrheit zu der Überzeugung, dass die Sendung „Heilung unerwünscht“ gegen das Gebot der journalistischen Fairness (§ 5 Absatz 4 Satz 3 WDR-Gesetz) verstoßen hat.“
  12. wdr.de: WDR trennt sich von Redakteur. Pressemitteilung vom 14. Mai 2010
  13. justiz-nrw.de:Pressemitteilung vom 21. Januar 2011 "Arbeitsgericht Köln: Fristlose Kündigung eines WDR-Redakteurs unwirksam"

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