- Irmingard von Bayern
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Irmingard Marie Josepha Prinzessin von Bayern (* 19. Mai 1923 in Berchtesgaden; † 23. Oktober 2010 in Leutstetten) war eine Angehörige der Wittelsbacher.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Irmingard wurde 1923 als zweites von insgesamt sechs Kindern des letzten bayerischen Kronprinzen Rupprecht von Bayern[1] und seiner zweiten Ehefrau Antonia von Luxemburg geboren und in der Berchtesgadener Stiftskirche vom späteren Papst Pius XII. getauft.
Ebenso wie ihre Schwestern Hilda und Gabriele wurde Irmingard in der Sommerresidenz der Familie in Berchtesgaden geboren. Nach der Ernennung von Adolf Hitler zum Kanzler und seitdem dieser ebenfalls in Berchtesgaden den Berghof bezog, änderte die Familie ihre Gewohnheit, ihre Sommerferien auf ihrem dortigen Sitz zu verbringen, da Rupprecht eine Begegnung mit Hitler vermeiden wollte. Seither wurden die Sommer im Schloss Hohenschwangau in den bayerischen Alpen verbracht. Bald mussten die Angehörigen der Wittelsbacher die Verfolgung durch die Nationalsozialisten erleiden. Das Regime betrieb die schleichende Verstaatlichung des Familienvermögens. Bereits zu Anfang der NS-Diktatur wurde das Wittelsbacher Palais in München konfisziert. Ab Oktober 1933 wurde dort das Münchner Hauptquartier der Gestapo eingerichtet, ab 1934/35 wurde es zum Gestapo-Gefängnis umfunktioniert. Schloss Leutstetten, die Sommerresidenz der Familie, wurde mit Kriegsbeginn ebenfalls konfisziert. Dort wurden nun deutsche Flüchtlinge aus dem Frontgebiet an der Saar untergebracht.[2]
Ab 1936 wurde die damals 13-jährige Irmingard daher gemeinsam mit ihrer Schwester Editha zunächst für etwas über zwei Jahre in das Internat am Konvent vom Heiligen Herzen im englischen Roehampton geschickt.[3] Im Jahr darauf kamen auch ihre Schwestern Hilda und Gabrielle. Ihr Bruder Henry kam 1938 nach England und studierte dort bereits mit 16 Jahren an der Universität Oxford. Für Irmingard folgten noch Aufenthalte in Schulen in Belgien und im italienischen Padua.
Exil
Die größte Zeit des Zweiten Weltkriegs verbrachte sie jedoch auf Einladung des italienischen Königs Vittorio Emanuele im Exil in Italien. Der König hatte seinen privaten Salonwagen nach München geschickt, um der Familie die Ausreise zu ermöglichen. Abgeschnitten von ihrem Vermögen in Deutschland war sie dort auf die Unterstützung durch Freunde und Verwandte angewiesen. Ihrem Vater Rupprecht gelang es, sich vor den Nationalsozialisten über Jahre in Florenz zu verstecken, wo er in einem Apartment im Palazzo Pecori-Giraldi [4] des bayerischen Barons Theodor von Fraunberg und seiner italienischen Frau Countessa Adriana Pecori-Giraldi untergebracht war.[5] [2]
KZ-Haft
Wenige Tage nach dem Attentat vom 20. Juli 1944 wurde auch Irmingard und mit ihr viele andere Angehörige der Wittelsbacher in Sippenhaft genommen und als sogenannte Ehrenhäftlinge in Konzentrationslager verschleppt. Am 27. Juli 1944 wurde Irmingards Mutter mit den Geschwistern von der SS festgesetzt. Die gerade erst 19jährige Irmingard hatte noch versucht, allein über die Alpen in die neutrale Schweiz zu fliehen. Doch wurde sie, an Typhus erkrankt, im September 1944 am Gardasee von der Gestapo verhaftet.[6]. Durch die Krankheit und eine Infektion in Folge einer fehlerhaften Bluttransfusion während der Gefangenschaft geschwächt, erlebte sie im Krankenhaus in Innsbruck die alliierten Luftangriffe auf die Stadt. Nach mehreren Krankenhausaufenthalten unter Bewachung und nach Verhören in der Gestapo-Zentrale in der Berliner Prinz-Albrecht-Str.8, wurde sie im Januar 1945 in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht, wo der Rest ihrer Familie bereits inhaftiert war. Ende Februar 1945, als die Rote Armee die Reichshauptstadt bereits fast vollständig eingeschlossen hatte, wurden Irmgard und ihre Familie in das Konzentrationslager Flossenbürg in der Nähe von Regensburg verbracht. In ihrer Autobiographie beschreibt Irmingard, wie sie, als die Familie von den Wachen zum Abtransport abgeholt wurde, fest mit ihrer Hinrichtung rechnete.[7] In Flossenbürg waren die Wittelsbacher in einer Baracke in Sichtweite des Krematoriums untergebracht. Irmingard berichtet: "Jeden Tag sah man Kolonnen von halb verhungerten Menschen in gestreiften Anzügen vorbeiwanken. (...) Sie wurden in die nahegelegenen Steinbrüche zur Arbeit getrieben." [8] Noch am 8. April wurden sie dann in das KZ Dachau überführt und kurze Zeit später nach Plansee verbracht. Die amerikanische Armee befreite sie und ihre Familie bei Kriegsende im Ammerwald in Tirol, nachdem bereits einige französische Militärinternierte nach der Flucht der SS-Bewacher vor den anrückenden alliierten Truppen die Außenlager mit den Sonderhäftlingen übernommen hatten.[9]
Künstlerin
Die Erinnerungen an die Verfolgung durch die Nationalsozialisten und ihre KZ-Haft verarbeitete sie in ihrer künstlerischen Tätigkeit als Malerin und in Ihrem Buch Jugend-Erinnerungen 1923-1950. Besonders schlimme Erinnerungen verband sie mit Flossenbürg. Sehr plastisch berichtet sie in ihrer Autobiografie „Wir waren in einer Sonderbaracke untergebracht, vor unserem Fenster wurden jeden Tag Tote aufgeschichtet wie Holz.“ [10] Im September 2007 schrieb sie in einem Grußwort: "Die Erinnerungen an die vielen Menschen die in der Zeit (des Nationalsozialismus, d.Verf.) in den Tod getrieben wurden einerseits und den vielen, die in den Tod getrieben haben andererseits, haben mich nie verlassen." [11] Ihre Erlebnisse in den nationalsozialistischen Lagern und die ständige Todesangst, in der sie schwebte [12] [13] ist auch in ihren Bildern allgegenwärtig. Sie finden Ausdruck in Werken wie "Todesangst" und "Zug der Häftlinge". Ausstellungen fanden u.a. in Deutschland und Italien statt. [14] Bis ins hohe Alter hat sich Irmingard von Bayern unter anderem als Kuratoriumsmitglied des Kulturvereins „Brücke 7“ für die Erinnerung an den Holocaust engagiert,[15] der sie im Jahre 2008 für ihre Arbeit mit dem „Weltfriedenstag-Gedenkpreis“ ausgezeichnet hat. [16]
Familie
Am 19. Juli 1950 heiratete sie ihren Cousin Ludwig Karl Maria Prinz von Bayern. 1951 kam mit Luitpold Prinz von Bayern das einzige überlebende Kind der Ehe zur Welt. 1955 erwarb sie die Schlossbrauerei Kaltenberg, die von ihrer Familie bis heute unter dem Namen Schloßbrauerei Kaltenberg Irmingard Prinzessin von Bayern GmbH geführt wird.[17] 1976 übernahm Irmingards Sohn Luitpold die Leitung der Brauerei.
Irmingard verstarb 2010 im Alter von 87 Jahren auf ihrem Schloss Leutstetten[18] und wurde auf dem Familienfriedhof bei Kloster Andechs beigesetzt.
Nachkommen
- Luitpold Rupprecht Heinrich Prinz von Bayern (* 1951) ∞ 1979: Kathrin Beatrix Wiegand (* 1951)
- Maria Prinzessin von Bayern (* u. † 3. Januar 1953)
- Philippa Prinzessin von Bayern (* u.† 26. Juni 1954)
Werke
- Irmingard von Bayern: Jugend-Erinnerungen 1923-1950. Mit einem Vorwort von Andreas Kraus. St. Ottilien 2000. ISBN 3-8306-7041-9
Literatur
- Christiane Funke: Mit aufrechtem Gang durch finstere Zeiten. In: Süddeutsche Zeitung vom 26. April 2004, S. R2.
- Volker Koop: In Hitlers Hand. Sonder- und Ehrenhäftlinge der SS. Böhlau Verlag, Wien, 2010. 295 Seiten. ISBN 978-3-412-20580-5
- Elke Reichert: "Man fühlt sich wie Schlachtvieh." Prinzessin Irmhild teilte das Los vieler Wittelsbacher während der NS-Zeit: sie gehörte zu den Geiseln, die sich Hitler hielt. In: Ernst Fischer (Hg.): Unter der Krone. München 2006, S. 156-158.
- Susanne Stübinger: Irmingards Prinzessin von Bayerns Jugend-Erinnerungen. In: Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte 64 (3/2001), S. 833-834.
- Werner Vitzthum: Irmingard Prinzessin von Bayern. Jugend-Erinnerungen. In: Heimat-Blätter 16 (1/2002), S. 2.
Weblinks
- Literatur von und über Irmingard von Bayern im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Nachruf in der Bunten
- Süddeutsche Zeitung
- Nachruf im Münchner Merkur
- Bild
- MZ
- Princess Irmingard of Bavaria. The Telegraph 18. November 2010
- Abendzeitung[19]
- Irmingard von Bayern, 4.v.l., Mai 1945
Einzelnachweise
- ↑ Die Wittelsbacher Die Erben des Königshauses
- ↑ a b http://www.jacobite.ca/essays/ww2.htm
- ↑ Dieter J. Weiss: Kronprinz Rupprecht von Bayern (1869-1955). Eine politische Biografie. Regensburg 2007, S. 182f.
- ↑ Siehe hierzu mit Illustrationen http://www.jacobite.ca/gazetteer/Florence/PalazzoPecori.htm
- ↑ James Donohoe: Hitler's conservative opponents in Bavaria. Leiden 1961, S. 312.
- ↑ http://www.merkur-online.de/lokales/starnberg/wittelsbacher-trauern-ihren-ruhenden-pol-mm-979157.html Wittelsbacher trauern um ihren "ruhenden Pol". Münchner Merkur 27. Oktober 2010
- ↑ Irmingard von Bayern: Jugend-Erinnerungen 1923-1950. ... S. 313.
- ↑ Irmingard von Bayern: Jugenderinnerungen 1923-1950. ... S. 316.
- ↑ http://brueckesieben.de/downloads/nagelneuerede22.maerzns.pdf Hans-Günter Richardi: SS-Geiseln in der Alpenfestung. Die Verschleppung prominenter KZ-Häftlinge aus Deutschland nach Südtirol. Bozen 2005, S. 90ff.
- ↑ Irmingard von Bayern: Jugend-Erinnerungen 1923-1950. Mit einem Vorwort von Andreas Kraus. St. Ottilien 2000. ISBN 3-8306-7041-9
- ↑ Irmingard von Bayern, Schreiben vom 1. September 2007. http://www.bruecke-7.de/images/irmingard1.gif
- ↑ Irmingard von Bayern: Jugend-Erinnerungen: 1923-1950. ...
- ↑ Christiane Funk: Eine-aufrechte-Wittelsbacherin.html Eine aufrechte Wittelsbacherin. SZ 27. Oktober 2010|http://www.sueddeutsche.de/j56386/3680713/
- ↑ Hier stellvertretend Ausstellungen in Berlin und Meran (Italien) Siehe: Bauen & Wohnen, Band 15, Beilage der Südtiroler Illustrierten (1994). http://www.bruecke-7.de/weltfriedenstag/2008/index.html
- ↑ http://www.bruecke-7.de/downloads/irmingardvonbayern.pdf
- ↑ http://www.bruecke-7.de/weltfriedenstag/2008/index.html dem Kuratorium des sich für Toleranz und gegen Gewalt engagierenden Vereins gehören unter anderem Björn Engholm, Joachim Gauck, Stefan Heym und Siegfried Scheffler an.
- ↑ Christiane Funke: Eine aufrechte Wittelsbacherin. In: Süddeutsche Zeitung vom 27. Oktober 2010, S. 46.
- ↑ Irmingard Prinzessin von Bayern gestorben
- ↑ Weitere Links mit Nachrufen auf der Diskussionsseite
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