Jakob II. Pütrich

Jakob II. Pütrich

Jakob Pütrich (* 1523; † 12. Dezember 1594)[1][2] war als Jakob II. von 1567 bis 1594 Fürstpropst von Berchtesgaden.

Inhaltsverzeichnis

Leben und Wirken

Sein Vorgänger Wolfgang II. Griesstätter zu Haslach hat 1558 den Augustiner-Chorherren Jakob Pütrich, „einen wohl gesitteten, der weltlichen und geistlichen Dinge erfahrenen Mann“, aus dem Kapitel von elf bayerischen und salzburgischen Edelleuten als Koadjutor herangezogen, um ihn zu seinem Nachfolger aufzubauen. Doch um die Zustimmung für das Amt des Koadjutors zu erringen, musste Püttrich als erster des Berchtesgadener Klosterstifts eine Wahlkapitulation eingehen und den Chorherren Versprechungen machen, wonach deren Einkünfte erhöht und ihnen bessere Unterkünfte verschafft würden. Ferner sollte er einen Prediger einstellen, um sie von dieser Aufgabe zu entbinden und taugliche Kapitulare mit bestimmten Ämtern betrauen, für die sie wiederum Sonderzahlungen zu beanspruchen hätten.[3][4]

Bei seiner Wahl zum Fürstpropst hatte er seine Zugeständnisse noch zu erweitern: Höhere Bezüge an Geld und Lebensmitteln wie Wein und „Herrenbrote“. Dazu die Zustimmung zu mehr Zerstreuung der Chorherren durch Jagden, Fischfang, Vergnügungsfahrten auf dem Königssee und ähnliches mehr. Die daraus abzulesende geschwächte beziehungsweise abhängige Position als Fürstpropst zeigte auch deutlich, wie sehr die Chorherren „verweltlicht“ waren und selber immer weniger leisten, dafür umso mehr genießen wollten.[5]

Als Jakob II. gebot er 1572 nach dem Beispiel der Erzbischöfe von Salzburg „mehreren Untertanen am Dürrnberg, die dem Glauben abtrünnig geworden waren, aus dem Land zu ziehen.“[2]

Er ließ keine Sakral- sondern Profangebäude errichten, wie 1574 das kleine, 1960 abgerissene Lustschloss Etzerschlößl am Fuße der Gern, das jedoch den Bürgern auch zeitweilig als Zufluchtsort bei Epidemiegefahr offenstand. Mit seinen zehn Räumen, ursprünglich mit kostbarer Zirbenholzvertäfelung und kunstvollen Öfen ausgestattet, ging das Etzerschlößl später an diverse Besitzer über und diente zuletzt als Kinderheim. Die zum Ensemble gehörende und wegen ihrer Baufälligkeit ebenfalls abgerissene Etzermühle war eine der „altromantischsten Gebäude des Landes“ und am Austritt des Gerer Baches gelegen.[6] Daneben wurden in Püttrichs Auftrag noch das Gasthaus Neuhaus sowie die Meierhöfe Dietfeld und Rosenhof erbaut, von denen letzterer erst als Pfannhaus fungierte.[7]

Während seiner Regentschaft kam es am 24. August 1583 innerhalb der Klostermauern zu einem Totschlag, als beim Abendessen nach einem Streit der Kaplan Caspar Pritzner dem Kapitular Georg von Weissenburg ein Tischmesser in den Leib stieß. Der Laienpriester wurde sofort in Haft genommen und der Vorfall Rom gemeldet. Das vom Salzburger Erzbischof Johann Jakob Khuen von Belasi zusammengestellte „besondere Gericht“ aus mehreren Äbten und Pröpsten kam jedoch erst im Februar 1585 zu einem Urteil: Ausstoß aus dem Priesteramt und fünf Jahre Kerker. 1588 gelang es Pritzner zu fliehen und seine Spur verlor sich.[8]

Wenig später hat der 1587 gewählte Erzbischof Wolf Dietrich von Raitenau eine neue Runde eröffnet, um seinem Bistum Salzburg das Berchtesgadener Land samt seinen Pfründen einzuverleiben. Dazu erhöhte er erst die Salzpreise, um Püttrich dann zu „Verhandlungen“ einzuladen. Gefangengenommen, sollte er in Dreitagesfrist darüber „nachdenken“, ob er den Preiserhöhungen zustimmte oder die Einstellung des Salztransports aus Schellenberg hinnahm. Nach Unterzeichnung des derart abgepressten Vertrages, widerrief ihn Püttrich in Berchtesgaden sofort wieder und fand schließlich Unterstützung bei dem noch jungen Prinzen Ferdinand von Bayern. Gegen den Willen eines Teils der Bevölkerung und der Kapitulare, die als neu gewonnene Anhänger des Erzbischofs bereits nach Salzburg umgesiedelt waren und später auch nicht mehr zurückkehren durften, setzte er 1591 den 12-jährigen Ferdinand als Koadjutor durch. Als der Erzbischof mit seinen Truppen in Berchtesgaden einfiel, um es in Besitz zu nehmen, war Püttrich bereits nach München geflohen. Der Vater Ferdinands Herzog Wilhelm V. vertrieb 1591 die Salzburger aus dem zukünftigen Besitz seines Sohnes – denn nach dem Tode Püttrichs ging die Fürstpropstei Berchtesgaden vereinbarungsgemäß in dessen Kurkölnische Administration und verblieb dort noch für zwei weitere Regenten.[9]

Nach seinem Tod hinterließ Jakob Pütrich, so das Inventurergebnis vom 21. Februar 1595, einen wohl bereits auch von seinen Vorfahren angesammelten, „beträchtlichen Nachlass“ an Silbergeschirr.[2]

Familiengeschichte

Der Name Pütrich könnte sich aus der Bezeichnung Pütsche für ein altes Salzmaß ableiten. Das Wappen der Pütriche zeigt auf dem Grabmal des Bruders von Jakob II. zwei Wein- oder Salzfässer.[5]

Das aus dem Rheinland stammende Geschlecht der Pütrichs zählte zu den angesehensten Patrizierfamilien in München. Ein Pütrich war auch Bürgermeister der Stadt.[5]

Das 1289 erstmalig urkundlich erwähnte Innere Sendlinger Tor hieß unter anderem Pütrichturm, nachdem der Torturm 1319 in das Stadthaus der Großbürgerfamilie Pütrich einbezogen worden war. In der Münchener Altstadt gibt es im Graggenauer Viertel das Pütrich-Seelhaus, und das Angerviertel wurde 1420/21 als „des Hans Pütrichs Viertel“ bezeichnet.

1334 wurde Schloss Reichertshausen samt seinen Gütern an den Münchner Bürger Ludwig Pütrich verkauft. 1347 erhielt dieser von Kaiser Ludwig dem Bayern die geschlossenen Hofmarksrechte. Sein Nachkomme Jakob Pütrich besaß zudem die Hofmarken von Baar und Reichertshofen.

Kilian Püttricher, ein Onkel Jakobs II., war von 1525 bis 1535 Abt zu St. Peter in Salzburg, und Jakobs Schwester Anna von 1588 bis 1600 Äbtissin des adligen Benediktinen-Frauenstifts Nonnberg.[5]

Jakob bestellte zudem seinen jüngeren Bruder Hieronymus Pütrich zum Landrichter in Berchtesgaden. Während das Grab des Fürstpropstes unbekannt ist, liegt der 1595 verstorbene Bruder unter einer schön gestalteten Grabplatte im Kreuzgang zwischen Berchtesgadener Stiftskirche und dem vormaligen Augustiner-Chorherrenstift.[10]

Literatur

  • Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594). Plenk, Berchtesgaden 1991
  • Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. Verlag Berchtesgadener Anzeiger, Berchtesgaden 1986 ISBN 3-925647-00-7
  • A. Helm, Hellmut Schöner (Hrsg.): Berchtesgaden im Wandel der Zeit. Reprint von 1929. Verein für Heimatkunde d. Berchtesgadener Landes. Verlag Berchtesgadener Anzeiger sowie Karl M. Lipp Verlag, München 1973.

Einzelnachweise

  1. Zu Studium u.a. in Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594). Plenk, 1991. S. 4
  2. a b c Joseph Ernst von Koch-Sternfeld: Geschichte des Fürstenthums Berchtesgaden und seiner Salzwerke. Band 2, ab S. 131 f.
  3. Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 101-102
  4. Zu Jakobs Wahlkapitulation anlässlich seiner Amtsübernahme als Koadjutor - u.a. in Walter Brugger, Heinz Dopsch, Peter F. Kramml: Geschichte von Berchtesgaden: Zwischen Salzburg und Bayern (bis 1594). Plenk, 1991. S. 576
  5. a b c d Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 103-104
  6. Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 181
  7. Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 105
  8. Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 105-106
  9. Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 106-108
  10. Manfred Feulner: Berchtesgaden - Geschichte des Landes und seiner Bewohner. S. 104-105


Vorgänger Amt Nachfolger
Wolfgang II. Griesstätter zu Haslach Fürstpropst von Berchtesgaden
1567-1594
Ferdinand von Bayern

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