- Joseph Philipp von Stichaner
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Joseph Philipp von Stichaner, mit vollem Namen Joseph Philipp Carl Edler von Stichaner (* 1. Juli 1838 in Speyer; † 14. April 1889 in Straßburg) war ein deutscher Verwaltungsbeamter und Bezirkspräsident im Elsass.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Sein Großvater Joseph von Stichaner hatte in den Jahren 1817 bis 1832 als Regierungspräsident die bayerische Verwaltung in der Pfalz aufgebaut. Philipps Eltern waren der Regierungsrat Joseph August von Stichaner (1799–1861) und Henriette Lichtenberger (1816–1878); in erster Ehe war der Vater mit deren Schwester Eleonore (1809–1833) verheiratet. Die Lichtenbergers gehörten damals zu den führenden Unternehmerfamilien in Speyer und auf der Rheinschanze. Seinen einzigen Bruder Philibert (1842–1861) verlor er fast gleichzeitig mit dem Vater.
Am 2. August 1883 heiratete er Seraphine Jordan, die Tochter des Deidesheimer Bürgermeisters und Landraths Ludwig Andreas Jordan (1811–1883), bayerischer Landtagsabgeordneter, Mitglied des Reichstags und Weingutsbesitzer. Sein Schwager wurde Emil Bassermann-Jordan. Die Ehe blieb kinderlos. Zum Kreis seiner Vettern gehörten Philipp Lichtenberger, Reichstagsabgeordneter und Bürgermeister und Carl Spatz, Erbauer und Gründungsdirektor der heutigen Pfalzgalerie in Kaiserslautern.
Leistungen
In den Jahren 1857 bis 1860 studierte Stichaner Jura in Würzburg und Heidelberg. Er war auch Würzburger Rhenane. 1863 schlug er nach dem Staatsexamen die Beamtenlaufbahn ein. Ab 1869 konnte er sich als Assessor am Bezirksamt Germersheim bewähren. Nur ein Jahr später eröffnete ihm der Deutsch-Französische Krieg völlig neue Perspektiven. Carl von Tauffkirchen-Guttenberg verwaltete verschiedene französische Départements als Zivilkommissar. Stichaner führte als Vertreter des Grafen häufig selbstständig die Geschäfte des Départements Maas in Bar-le-Duc. Hierfür wurde er mit dem eisernen Kreuz 2. Klasse ausgezeichnet.
Nach einer weiteren Aufgabe in Straßburg wurde der erst 33-jährige Stichaner am 1. Februar 1872 zum Kreisdirektor in Weißenburg ernannt. Seine Stellung lag unter der eines französischen Unterpräfekten und über der eines Landrats (damals „Bezirksamtmann") in der pfälzischen Heimat.
In seinem Kreis, heute Arrondissement, förderte er besonders Landwirtschaft und Viehzucht. Als Beispiele seien genannt die Obstbaumzucht, Verbesserung der Fruchtfolge und die Einführung des Simmentaler Rindes. In Betschdorf bewahrte er die ortsansässigen Töpfereien vor dem Untergang.
Als Kreisdiektor förderte den Erhalt von Baudenkmälern. Besonders setzte er sich für die Abteikirche in Weissenburg ein, für die er ein Glasfenster und den Radleuchter stiftete. Für sich selbst erwarb er 1874 die Ruine der Burg Fleckenstein und bewahrte sie vor dem weiteren Verfall. Stichaner setzte sich auch ein Denkmal mit dem Bau der „Friedenskirche" von Frœschwiller. Im September 1876 besuchte er sie nach der Fertigstellung gemeinsam mit Kaiser Wilhelm I.
1878 scheiterte er als Reichstagskandidat, da der katholische Klerus gegen ihn, obwohl er auch Katholik war, agitierte. Im Gegensatz zur Straßburger Regierung konnte Stichaner in seinem Kreis jedoch ein gutes Verhältnis zu Bürgern und zur Frankreich treuen Führungsschicht herstellen. Deshalb wurde er auch am 15. November 1886 zum Bezirkspräsidenten für den Bezirk Unterelsass ernannt. Stichaner hatte damit den Rang eines Regierungspräsidenten, also den gleichen, den sein Großvater noch 54 Jahre zuvor in der Pfalz innehatte. In Straßburg hatte er jedoch mit einer großen Zahl von Widrigkeiten zu kämpfen. Infolge jahrelanger Überarbeitung erlitt er am 3. Dezember 1888 den ersten Schlaganfall, von dem er sich nicht wieder erholen sollte.
An seinem Begräbnis konnten 82 von 83 Bürgermeistern des Kreises Weissenburg teilnehmen. Die Stadt ehrte ihn 1893 mit einer Gedenkstele am ehemaligen Hagenauer Tor. Das fünf Meter hohe Denkmal mit seinem Porträt hat beide Weltkriege überdauert und ziert heute eine Brunnenanlage. Der Platz davor trägt den Namen „Place Stichaner". Für die Ausbildung junger Handwerker aus dem Kreis hat Stichaner ein Stiftungsvermögen von 20 000 Mark hinterlassen.
Auch in der Liebe zur Geschichte zeigte sich das Familienerbe. So unterstützte er die elsässischen Forschungen des Geschichtsschreibers Joh. Georg Lehmann. Der „Historische Verein der Pfalz", den sein Großvater 1827 gegründet hatte, war nach dessen Weggang wieder eingegangen. Der Enkel rief deshalb im Jahr 1869 mit zehn anderen Mitstreitern zur erfolgreichen Wiedergründung auf, die bis zum heutigen Tag Bestand hatte.
Literatur
- Friedrich v. Oertzen: Joseph von Stichaner, ein Lebensbild aus dem Elsaß (mit Foto Stichaners). Freiburg i. B. 1897.
- Johann Josef Hermann Schmitt: Stichaner, Joseph Philipp Karl Edler von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 54, Duncker & Humblot, Leipzig 1908, S. 513–519.
- Rudolf H. Böttcher: Joseph Philipp von Stichaner. In: Familienbuch Lichtenberger. Unveröffentlichtes Manuskript, Li2T.
- Rudolf H. Böttcher: Verwandtschaftstafel. In: Die Familienbande der pfälzischen Revolution, Ein Beitrag zur Sozialgeschichte einer bürgerlichen Revolution. PRFK (1999) 14 = 48, S. 279.
Weblinks
- Der Stichaner-Brunnen in Weissenburg im Elsass: [1]
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