Cervelat

Cervelat
Gegrillter Cervelat mit typisch eingeschnittenen Enden

Der Cervelat [ˈz̥ɛrʋeˌla] (von italienisch cervellata, aus lateinisch cerebellum, der Verkleinerungsform von cerebrum, „Gehirn“) ist eine Schweizer Brühwurst und unterscheidet sich von der in Deutschland bekannten Zervelatwurst.

Inhaltsverzeichnis

Begriff

In einigen Regionen der Schweiz ist der Cervelat auch als Cervelas (französischsprachige Schweiz), Zervela, in Zürich phonetisch Servela, in Basel als Klöpfer oder in St. Gallen auch als Stumpen bekannt. Unter diesen Bezeichnungen sowie unter dem Begriff Rote Wurst und Stadtwurst lässt sich die Spezialität auch in Süddeutschland finden, im Rest Deutschlands ist diese Art Wurst als Bockwurst bekannt. Im Allgäu, in Oberschwaben, am Hochrhein und Vorarlberg ist der Cervelat als Schübling bekannt. Die in der Schweiz bekannte Wurst Schüblig (ohne n) entspricht hingegen der deutschen Speckwurst (Schübligziischtig).

Während in der welschen Schweiz die Bezeichnung Cervelas verwendet wird, ist die Deutschschweizer Schreibweise Cervelat gemäss Le Robert Historique älter. Erstmals erscheint diese Schreibweise 1552 bei Rabelais. Sie geht auf das milanesische Dialektwort zervelada und das daraus entstandene italienische cervelato zurück.[1] In der Schweiz werden jährlich 160 Millionen Cervelats produziert, der Schweizer isst also im Durchschnitt 21 Cervelats pro Jahr.

Zusammensetzung und Verwendung

Ursprünglich handelte es sich um eine «grosse saucice courte remplie de chair et de cervelle de porc» (dicke kurze Wurst, gefüllt mit Fleisch und Schweinehirn), das heutige Basisrezept geht auf dasjenige der Basler vom Ende des 19. Jahrhunderts zurück.[1]

Die Wurstmasse besteht aus etwa zu gleichen Teilen Rindfleisch, Schweinefleisch, Rückenspeck/gemahlener Schwarte und Eis sowie Gewürzen, Pökelsalz und Kutterhilfsmittel. Heute werden keine Innereien mehr zur Cervelat verarbeitet. Die Zutaten werden im Kutter zerkleinert, in Naturdarm (importierte, meist brasilianische Rinderdünndärme) gefüllt, circa eine Stunde bei 65 bis 70 °C zuerst geräuchert und dann bei 75 °C im Wasserbad oder im Kochschrank gebrüht.

Der Cervelat wird auf mannigfaltige Weise zubereitet, so z. B.

  • gegrillt oder (in Hälften) gebraten
  • als Bestandteil des Wurstsalats oder Wurstkäsesalats („roh“)
  • „roh“ mit Brot und Senf oder Mayonnaise (auch bekannt als „Waldfest“ oder ugs. "vo fuscht", also von Faust)
  • an den Enden eingeschnitten, auf einen zugespitzten Zweig gesteckt und über die Glut gehalten
  • in Scheiben geschnitten und gebraten
  • längs eingeschnitten, mit Käse gefüllt und mit Speck umwickelt (Arbeiter-Cordonbleu)
  • in heissem Wasser warmgemacht.
  • in Stücke/Scheiben geschnitten und mit brauner Bratensauce (Cervelat-Gulasch)

Knappheit

Seit dem 1. April 2006 dürfen aufgrund eines EU-Importverbotes, das im Rahmen der bilateralen Verträge auch für die Schweiz gilt, keine Rinderdärme mehr aus Brasilien importiert werden. Die für den Cervelat verwendeten Därme von Zebu-Rindern sind jedoch zarter und von kleinerem Durchmesser als die europäischer Rassen, und haben einige Eigenschaften, die sie in der Kombination bisher für den Cervelat unverzichtbar machten:

  • Sie sind fest genug, um sich bei der rohen Wurst leicht abziehen zu lassen (wichtig z. B. für den Schweizer Wurstsalat, bei dem Cervelat eine unabdingbare Zutat ist).
  • Sie sind zart genug, dass man sie bei der gebratenen Wurst mitessen kann (wichtig für die Cervelats vom Grill bei jedem Volksfest und die gebratenen Cervelats beim Schulausflug)
  • Sie ziehen sich beim Braten leicht zusammen und geben dem gebratenen Cervelat so die typische Form.

Bisher wurde kein Ersatz gefunden, der alle diese Eigenschaften in sich vereint. Da die Vorräte zur Neige gehen, drohte Medienberichten zufolge der Cervelat-Produktion im Laufe des Jahres 2008 das Aus.[2] Im August 2008 meldeten die Medien, dass die Versorgung mit argentinischen, uruguayischen und paraguayischen Importen – als Ersatz für brasilianische Rinderdärme – gesichert ist.[3] [4]

Sonstiges

  • 1891 wurde der Cervelat zum ersten Mal im Zusammenhang mit dem Schweizer Nationalfeiertag, der Bundesfeier am 1. August, erwähnt.[5]
  • Als „Cervelatprominenz“ werden in der Schweiz abwertend weniger wichtig einzustufende Schweizer Lokalberühmtheiten bezeichnet.
  • Im Südwesten Deutschlands, insbesondere in der Südpfalz rund um Landau in der Pfalz, wird als regionale Spezialität der „Nussdorfer Cervelat“ (auch „Nussdorfer Servelat“ geschrieben) hergestellt, eine Wurst aus Rind- und Schweinefleisch, welche in der Regel in heissem Wasser erhitzt wird.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Le Matin Dimanche, 27. Januar 2008, S. 25.
  2. Baldiges Aus für die Schweizer Nationalwurst?, NZZ Online, 29. Dezember 2007
  3. http://www.nzz.ch/nachrichten/medien/zukunft_des_cervelat_scheint_gesichert_1.810677.html Zukunft der Cervelat scheint gesichert
  4. http://www.nzz.ch/nachrichten/schweiz/rinderdaerme_aus_brasilien_laut_studie_unbedenklich_1.1196062.html
  5. Fritz von Gunten: Alles ist Wurst. Auf dem Wurstweg durch die Schweiz. Ott 2006 ISBN 978-3-7225-0042-3

Weblinks


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